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Archiv für Oktober 26th, 2006

‚Kinder sind die Verlierer dieser Gesellschaft’

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 26. Oktober 2006

Auf einer Pressekonferenz in Berlin hat das internationale Kinderhilfswerk World Vision Deutschland heute ein Konzept für eine umfangreiche Kinderstudie vorgestellt, die in dieser Bandbreite in Deutschland noch nie durchgeführt wurde.

Die Erhebung wird unter Leitung des renommierten deutschen Sozialwissenschaftlers Prof. Dr. Klaus Hurrelmann und Prof. Dr. Sabine Andresen vorgenommen. Die Ergebnisse sollen im Herbst 2007 anlässlich der Frankfurter Buchmesse vorgestellt werden.

Erstmals wird damit Kindern zwischen 3 bis 12 Jahren eine Plattform gegeben, auf der sie über ihre Lebenssituation, Träume, Wünsche und Perspektiven selbst umfangreich Auskunft geben können. Viertklässler werden repräsentativ befragt und durch qualitative Porträts 3-12 jähriger Kinder ergänzt.

„Kinder sind in der sozialwissenschaftlichen Forschung, Sozialberichterstattung und der amtlichen Statistik lange ungenügend berücksichtigt worden. Einer der Gründe liegt in der Vorstellung begründet, Kinder seien noch nicht in der Lage, als Experten Auskunft zu geben. Die geplante Studie soll offensiv dieses Defizit überwinden und das Potenzial von Kindern als Experten ihrer eigenen Lebens- und Sichtweisen aufgreifen und für die Gewinnung fehlender Erkenntnisse über Kindheit und Kindsein in der Gegenwart nutzen“, so der Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Klaus Hurrelmann.

In einem Interview mit der Welt äußerte sich Hurrelmann zur Situation der Kinder in Deutschland:
WELT.de: Herr Hurrelmann, was ist das Besondere dieser Studie und wozu soll sie dienen?

Klaus Hurrelmann: Bisher gibt es viele Einzelstudien zum Thema Kindheit. Wir aber wollen die gesamte Lebenssituation der Kinder erforschen und sie dabei als Experten in eigener Sache sprechen lassen. In dieser Breite gab es bisher keine Erhebung in Deutschland. Die Ergebnisse der Studie sollen zur Verbesserung der Elternförderung dienen und politisches wie gesellschaftliches Handeln im Sinne von Kindern beeinflussen.

WELT.de: Wie werden Sie methodisch vorgehen? Hurrelmann: Wir wollen uns an der Shell Jugendstudie orientieren und mit Fragebögen und Interviews arbeiten. Befragt werden sollen rund 3000 Grundschulkinder im Alter von neun bis zehn Jahren. Die Auswahl wird deutschlandweit über das Zufallsprinzip erfolgen. Einzelinterviews mit Fünfjährigen sollen das Bild abrunden.

WELT.de: Gegenwärtig leben in Deutschland 2,5 Millionen Kinder unterhalb der Armutsgrenze. Sind Kinder die großen Verlierer?

Hurrelmann: Leider gehört ein großer Teil der Kinder zu den Verlierern dieser Gesellschaft oder anders gesagt, haben Leute mit Kindern ein größeres Risiko, zu verarmen. Dieser Trend kann nur gestoppt werden, wenn es uns gelingt, die Arbeitslosenquote zurückzudrehen. Arbeitslosigkeit ist die Hauptursache für Verarmung. So gibt es gerade unter den Langzeitarbeitslosen sehr viele Menschen mit Kindern.

WELT.de: In Berlin wird in den Koaltionsverhandlungen jetzt darüber entschieden, die Kita künftig kostenfrei zu machen. Ist das der richtige Weg?

Hurrelmann: Unbedingt! Momentan befinden wir uns auf einem völlig falschen Subventionsweg für Bildung. Eigentlich müssen Kita und Grundschule total kostenfrei sein. Dort werden die Weichen gestellt. Weiter oben, beim Studium etwa, kann hingegen eher dafür gezahlt werden.

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Die ‚Generation Praktikum‘ verlässt Deutschland

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 26. Oktober 2006

Mehr Deutsche als jemals zuvor sind im letzten Jahr aus der Bundesrepublik fortgezogen. Rund 145.000 Bürger verlegten ihren Wohnsitz ins Ausland – so viele wie seit 1950 nicht, als das Statistische Bundesamt mit der Erfassung solcher Wegzüge begann.

Während die Arbeitgeber dafür alleine die hohe Steuer- und Abgabenlast in Deutschland verantwortlich machen, liefert der Psychologe Joachim E. Lask vom WorkFamily-Institut eine differenziertere Erklärung:

Weit mehr als die Hälfte der deutschen Emigranten sind unter 35 Jahre und damit meist hoch qualifizierte Fachkräfte. “Menschen suchen nach guten Realisierungschancen ihrer zwei Topthemen im Leben ‚Familie und Arbeit‘. Staaten, die bes­sere Betreuungsstrukturen, familiengerechtere Steuersysteme ha­ben und insgesamt ein familienfreundliches Gesellschaftsklima bieten, ha­ben deutliche Standortvorteile für qualifizierte Fachkräfte“.

Dies bestätigt auch Christina Bausch, die beim katholischen Raphaelswerk Abwanderer berät und seit gut zwei Jahren einen wahren Ansturm verzeichnet in der Zeit: »Mit der Arbeitslosigkeit hat es viel zu tun, aber auch mit Unzufriedenheit am Arbeitsplatz oder mit der Zukunft der Kinder.« Private Gründe können so vielfältig sein wie die Liebe zur spanischen Sonne, zur Kinderfreundlichkeit der Norweger oder zur Toleranz der Briten. »Viel hat mit der sozialen Kälte in Deutschland zu tun«, glaubt Bausch. Das kann schwerer wiegen als Geld.

Auch hier sind die statistischen Zahlen vom Bundesamt (2002) eindeutig: die Bedeutung von Familie in den Einstellungen der Menschen ist ungebrochen hoch. Dies gilt besonders für junge Menschen aber auch für alle anderen Altersgruppen. 70 Prozent der 18 bis 30-jähri­gen ist der Ansicht, dass man Familie braucht um glücklich zu sein. Mit zunehmendem Alter steigt diese Zahl sogar auf 80 Prozent.

Wie eine gelingende Work-Family-Balance auch mit erhöhter Mobilitätsanforderung an Mitarbeiter gelingen kann, ist auch das Thema des dies­jährigen WorkFamily-Kongresses, unter der Schirmherrschaft von Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen, in Frankfurt am Main. Zu­kunfts­forscher Matthias Horx spricht darüber wie Leben zwischen „Fast Burnern und Life-Work-Seilartisten“ gelingen kann und Bestsellerautor und Wissenschaftler Dr. Peter Wendl präsentiert seine aktuellen Konzepte zur Vorbereitung, Begleitung und Reintegration von Paaren in Fern- und Wochenendbeziehungen. Zudem zeigt Joachim E. Lask auf, wie der informelle Lernort Familie für die Personalentwicklung optimal genutzt werden kann.

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„Bewerbern fehlt Persönlichkeit“

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 26. Oktober 2006

Einer Untersuchung von Kienbaum bei 141 führenden deutschen Unternehmen zufolge gibt es im Moment zwar noch genügend Bewerber für die meisten Stellen, viele können aber dennoch nicht besetzt werden, wie die FAZ in ihrer heutigen Ausgabe berichtet:

Jeder zweite deutsche Personalmanager klagt über mangelnde Verfügbarkeit geeigneter Bewerber. Es handle sich dabei aber nicht um ein quantitatives Problem gaben die Personaler in der Befragung an. Die Hälfte der 141 Personalverantwortlichen aus führenden deutschen Unternehmen sahen den Grund für das Scheitern einer Neueinstellungen in der Persönlichkeit des Kandidaten.

Defizite zeigten sich demnach in der Sozialkompetenz (48 % der Befragen), Leistungsmotivation und Analysevermögen (jeweils 21 %). Den Ausbildungsstand sehen hingegen nur 14 % der Befragten als Einstellungshindernis. Für Walter Jochmann, Vorsitzender Geschäftsführer bei Kienbaum, seien die Zahlen keine Überraschung: „Diese Entwicklung bestätigt unsere Einschätzung. Es kann nicht ausreichen, sich bei Neueinstellungen nur auf die fachliche Qualifikation des Bewerbers zu verlassen. Für eine erfolgreiche Personalplanung ist es ebenso wichtig, den persönlichen Kompetenzen der Mitarbeiter vertrauen zu können.“‘

Den demographischen Wandel betrachten schon jetzt 59 % der Befragten ihrer als Thema täglichen Arbeit. Häufigste Strategie gegen die Demographie-Falle ist die Intensivierung des Talent- und Nachfolgemanagements (80 %). 52 % arbeiten an neuen Konzepten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auf die Personalentwicklung älterer Mitarbeiter setzen 35% der Befragten. „Diese Ansätze gehen in die richtige Richtung“, so Jochmann. „Nicht das Lebensalter, sondern Parameter wie Erfolg, Leistungsmotivation, Analysevermögen, erreichte Ziele sowie körperliche Fitness sollten Personalentscheidungen maßgeblich beeinflussen“.

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