Vater werden – was heißt das eigentlich, wie geht das, und
wer bringt mir das bei? Was muss ich wissen? Wie kann ich meine Partnerin
unterstützen? Und was für ein Vater möchte ich sein?
Geht es um Schwangerschaft und Geburtsvorbereitung, steht in
der Regel die Frau im Fokus. Dabei tun sich auch für Männer viele Fragen auf.
“37°Leben” begleitet zwei junge Männer ins Abenteuer Vater werden,
erlebt mit ihnen die Zeit der Schwangerschaft bis zur Geburt.
Vor der Geburt nochmal ‚die Sau rauslassen‘
Daniel (28) wohnt zusammen mit seiner Frau Amelie (28) in
Würzburg. Die beiden sind frisch verheiratet und erwarten ihr erstes Kind.
Daniel arbeitet als Verkäufer in einem Motorradladen und fährt auch in seiner
Freizeit Motorrad. Ob er das Risiko noch eingehen wird, wenn ihr Baby da ist?
Vor der Geburt will er noch einmal auf der Rennstrecke
“die Sau rauslassen” – so der Deal mit seiner Frau, die ihren Onkel
durch einen Motorradunfall verloren hat. Was Daniels neue Rolle als Vater
betrifft, ist er in Amelies Augen manchmal zu gelassen: Die Bücher zum Vater
werden, die sie ihm gekauft hat, hat er bisher nicht angerührt. Noch scheint
viel Zeit bis zur Geburt. Doch als bei Amelie Komplikationen auftreten, geht
plötzlich alles ganz schnell.
Geänderte Prioritäten
Julian (32) ist noch mitten im Studium, seine Freundin Gitta
(32) hat ihren Job gekündigt. Die beiden haben sich gerade einen Van gekauft
und wollen damit auf große Reise gehen, als sie plötzlich einen positiven
Schwangerschaftstest in den Händen halten. Ein Kind – das wollten sie
unbedingt, aber gerade jetzt? Für Julian bekommen mit einem Mal ganz andere
Dinge Priorität: Gelegenheitsjobs suchen, die Wohnung umgestalten, ein
Geburtshaus finden. Unterstützung bekommen sie von Freunden und Familie.
Wie ändert sich die Partnerschaft?
Julian setzt sich aktiv mit der Vaterrolle auseinander und möchte einen Väterkurs besuchen: Was für ein Vorbild will er sein? Was ändert sich für ihre Partnerschaft? Aus der großen gemeinsamen Reise mit dem Van sollen jetzt viele kleine Touren werden – gemeinsam wollen Julian und Gitta noch einmal den letzten Sommer ohne Kind genießen.
Um die
Sparauflagen im Etat des Familienministeriums zu erfüllen, hatte Lisa Paus vorgeschlagen,
die Einkommensgrenze beim Elterngeld ab dem 1. Januar 2024 auf 150.000 €
abzusenken. Beschlossen wurde nun, die Einkommensgrenze schrittweise zu senken:
Bis Ende März 2024 soll sie beim aktuellen Niveau von 300.000 Euro an zu
versteuerndem Einkommen bleiben. Dann bis Ende März 2025 soll ein
abgesenktes Niveau von 200.000 Euro gelten. Erst ab April 2025 soll eine
niedrigere Einkommensgrenze von 175.000 Euro gelten, also 15 Monate später und mit
175.000 statt nur 150.000 Euro wie ursprünglich geplant. Väter und Mütter
sollen so mehr Zeit bekommen, sich auf die Änderung einzustellen.
Auch bei der
Aufteilung der Elternzeit sind von 2024 an Änderungen geplant. Es bleibt zwar bei
der maximalen Bezugsdauer von 14 Monaten. Diese soll aber nur noch beansprucht
werden können, wenn die Eltern innerhalb des ersten Lebensjahres des Kindes maximal
einen Monat parallel nehmen. Mindestens einer der Partnermonate muss allein
genommen werden. Bei Mehrlingsgeburten soll diese Änderung nicht gelten.
„Durch die Einschränkung des Parallelbezugs von Elterngeld
ermutigen wir Väter, sich mindestens einen Monat allein als Partner zu nehmen“,
sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sönke Rix. „Dies wird sich
auch nachhaltig auf die Aufgabenverteilung zwischen Paaren auswirken. Denn wo
Väter schon früh die alleinige Verantwortung für Familie und Hausarbeit
übernehmen, nehmen sie sich später auch mehr Zeit dafür und entlasten so die
Mütter.“ Ähnlich äußert sich auch die Grünen-Familienpolitikerin Nina Stahr. Die
Neuregelung erfülle nach Auffassung von Rix auch die im Koalitionsvertrag vereinbarte
‚Stärkung der gemeinsamen elterlichen Verantwortung‘.
Das dies von den betroffenen Männern und Vätern komplett anders gesehen wird, macht unter anderem die kürzlich veröffentlichte Studie des Bundesforums Männer deutlich. „Politik muss Männer auch in ihren eigenen gleichstellungsrelevanten Bedarfen ernst nehmen. Wer das nicht tut, verspielt ihre Zustimmung und erhöht das Risiko, sie an die Gegner von Gleichstellungspolitik zu verlieren“, kommentiert Dag Schölper, Geschäftsführer des Bundesforums Männer, die Studie.
Die im Koalitionsvertrag geplanten Maßnahmen einer
geschlechtergerechten Familienpolitik bekommen von der Ampel ein ‚Rotsignal‘:
die Vaterschaftsfreistellung aka Familienstartzeit, die zum 1. Januar 2024
kommen sollte, steckt immer noch in der ministeriellen Abstimmung und in Sachen
Elterngeld gibt es außer Sparmaßnahmen keine Entwicklungsperspektiven.
Selbst der im 9. Familienbericht skizzierte Vorschlag, von
den 14 Monaten Elternzeit jeweils 3 Monate dem Vater bzw. der Mutter zuzuordnen
und 8 Monate der freien Verteilung zu überlassen (3-8-3 Modell) ist nicht
aufgegriffen worden. Der Anreiz für eine partnerschaftliche Aufteilung dieses
Modells besteht darin, dass es für die ersten 7 Monate jeweils 80 % des
Nettogehalts geben soll, ab dem 8 Monat die Lohnersatzquote dann auf 50%
absinken sollte. Der Höchstbetrag des Elterngeldes sollte auf 2.016 € festgelegt
und Monate, die die Partner bzw. die Väter mindestens nehmen müssen auf zwei
erhöht werden.
Das wäre ein bescheidener Schritt hin zum Ziel einer
gerechten Aufteilung von Erwerbs- und Pflegtätigkeiten gewesen, im Hinblick auf
die vielfach geäußerten Wünsche junger Väter und Mütter erscheint er aber als
politisch mutlos und ermutigt Väter zu wenig, ihr Erwerbsverhalten nachhaltig
zu verändern. Selbst das vom Familienministerium geförderte Bündnis Sorgearbeit
fair teilen fordert eine 7-7 Regelung beim Elterngeld: 7 Monate für die Väter
und 7 Monate für die Mütter.
Das „Fatherhoodinstitut“ hat unter der Überschrift ‚The kids
are alright – Adolescents and their fathers in the UK’ eine neue Studie
veröffentlicht. Dabei konnten sie auf eine einmalige Datenlage zugreifen.
Im Großbritannien gibt es eine Reihe von „Längsschnittstudien”,
in denen Kohorten von Kindern über einen längeren Zeitraum hinweg in mehreren Wellen
Daten erhoben wurden. Dies ermöglicht es Forscher*innen, über eine gesamte
Lebensspanne Zusammenhänge zwischen „Vaterfaktoren” (Verhalten, Umstände,
Eigenschaften, Einstellungen usw. der Väter) und der Entwicklung ihrer Kinder
zu verfolgen. Weitere Daten stammen aus großen einmaligen „Momentaufnahmen”,
häufig Erhebungen, die Zusammenhänge zwischen den „Vater-Faktoren” zum
jeweiligen Zeitpunkt und der Entwicklung und dem Wohlbefinden der Kinder
aufzeigen können. Insgesamt konnten aus 118 Studien und deren detaillierte
Analysen Ergebnisse abgeleitet werden
Die wichtigsten Ergebnisse sind:
Erstens wurde festgestellt, dass wir nicht in einer „vaterlosen”
Gesellschaft leben. Letztes Jahr meldeten in England 95,4 % der Mütter und
Väter die Geburt ihres Kindes gemeinsam an (die Prozentsätze sind in den
anderen Ländern des Vereinigten Königreichs ähnlich); und von den 95 % der
Väter, die im Jahr 2000 im Leben ihres Kindes anwesend waren, waren neun von
zehn auch noch im Teenageralter Teil ihres Lebens.
Zweitens hat die Forschung gezeigt, dass Väter wichtig sind
– vom ersten Tag an. Längsschnittstudien haben ergeben, wenn Väter im Jahr nach
der Geburt an Depressionen leiden, ist dies mit schlechteren Schulleistungen im
Alter von 16 Jahren und mit höheren Depressionswerten bei 9- bis 10-Jährigen verbunden
– und, wenn der Bildungsstand des Vaters niedrig war, sowohl bei Söhnen als
auch bei Töchtern im Alter von 16 Jahren.
Die Qualität der Beziehung zwischen Vater und Kind während
der Adoleszenz spielt ebenfalls eine Rolle – und zwar sind sowohl die „Zeit mit
Papa” als auch die Qualität der Beziehung von Bedeutung. Wenn Väter
beispielsweise wenig Zeit mit ihren Teenagern verbringen, geht dies mit hohen
Werten für „Gesamtschwierigkeiten” und Hyperaktivität sowie einem
niedrigeren Glücksniveau einher – und bei Jungen auch mit Mobbing. Umgekehrt
sind Lebenszufriedenheit und Selbstwertgefühl höher, wenn Jugendliche die
Beziehung zum Vater als „eng” erleben, psychische Probleme und
Selbstverletzungen sind dann weniger wahrscheinlich.
Nähere Informationen zu der Studie finden Sie hier.
Einstellungen von Männern zu Gleichstellung und
Gleichstellungspolitik
Wie blicken
Männer heute auf Gleichstellung und Gleichstellungspolitik? Haben sich
Einstellungen und Sichtweisen in den letzten Jahren verändert und wenn ja, wie?
Um das näher zu beleuchten, hat das Bundesforum Männer die repräsentative
Studie „Männerperspektiven. Einstellungen von Männern zu Gleichstellung und
Gleichstellungspolitik“ in Auftrag gegeben. Diese schließt an die
Untersuchungen „Männer. Rolle vorwärts – Rolle rückwärts“ (2007) sowie
„Männer-Perspektiven. Auf dem Weg zu mehr Gleichstellung?“ (2015) an und
liefert im Zeitvergleich aktuelle Befunde für ausgewählte Fragestellungen.
Im Rahmen einer Zoom-Konferenz sind heute die Ergebnisse vorgestellt worden.
Durchgeführt wurde die Studie von Prof. Dr. Carsten Wippermann (DELTA-Institut für
Sozial- und Ökologieforschung GmbH).
zentrale Befunde der Studie sind:
84 % der Männer sind der
Auffassung, dass Gleichstellung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wichtig
ist
14 % sind voll und ganz der
Überzeugung, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland realisiert
ist
Für 83 % der Männer gilt: Für
eine Partnerschaft ist es gut, wenn beide berufstätig sind.
Leitbild aktiver Vaterschaft
von Anfang an gewinnt an Bedeutung. Nur noch 40 % der Männer antworten auf die
Frage „Wer sollte in den ersten Monaten nach der Geburt zuhause bleiben und
sich um das Kind kümmern?“ Die Frau.
67 % der Männer finden,
Gleichstellungspolitik befasst sich noch zu wenig mit den Bedürfnissen und
Anliegen von Männern.
Als konkrete Angebote und
Maßnahmen der Gleichstellungspolitik halten sie folgende für nützlich:
86 % Mehr Männer für soziale Berufe gewinnen
85 % Bundesweite Beratungsangebote für Männer und Jungen als Täter und Opfer
von Gewalt
77 % Ausweitung der Partnermonate beim Elterngeld
Zusammenfassend lässt sich sagen,
Eine große Mehrheit der
Männer findet Gleichstellung richtig und wichtig – sowohl
gesamtgesellschaftlich, mit Blick auf Unternehmen und ihre
Vereinbarkeitskultur als auch in Bezug auf die eigene Partnerschaft.
Positive Einstellungen und Haltungen von Männern zu Gleichstellung haben
seit 2015 nochmals zugenommen.
Über zwei Drittel der
Männer sind der Ansicht, dass sich Gleichstellungspolitik noch zu wenig
mit den Bedürfnissen und Anliegen von Männern befasst. Ebenso viele Männer
finden aber auch, dass noch zu wenig für Mütter gemacht werde. 46 %
der Männer sind zudem der Ansicht, dass sowohl die Bedürfnisse und
Anliegen von Männern als auch die von Frauen noch zu wenig im Fokus der
Gleichstellungspolitik stehen.
Es zeigt sich eine
gegenläufige Entwicklung unter Männern: Zunehmende Zustimmung für
Gleichstellung, aber abnehmende Zustimmung für Gleichstellungspolitik.
2015 zählte noch ein gutes Drittel zu den Befürwortern einer aktiven,
offensiven Gleichstellungspolitik, heute sind es nur noch ein knappes
Viertel. Auf der anderen Seite wuchs im gleichen Zeitraum der Anteil der
Gegner einer weiter gehenden Gleichstellungspolitik auf ein gutes Fünftel.
Aus den Ergebnissen leitet das Bundesforum Männer
folgende politische Schlussfolgerungen ab:
Gleichstellungspolitik
muss Männer differenziert und zielgruppenspezifisch adressieren:
Aktive Befürworter von
Gleichstellungspolitik weiter ermutigen, bestärken und unterstützen.
Wenig an Gleichstellung
interessierte Männer und skeptische Gegner mit einladenden und
einbeziehenden Maßnahmen überzeugen.
Ein zentraler
Hebel für mehr Gleichstellung ist, die Übernahme von Sorgearbeit durch Männer
und Väter stärker zu fördern. Wichtige Bausteine dazu sind die Einführung der
Vaterschaftsfreistellung nach Geburt (Familienstartzeit), der Ausbau der
Partnermonate beim Elterngeld und die Förderung vollzeitnaher Teilzeit.
Um toxische
Vorstellungen von Männlichkeit zu überwinden und gesellschaftliche Normen
weiter in Richtung Gleichstellung und Vielfalt zu verändern, sind
geschlechterreflektierte Ansätze in Bildung, Beratung und psychosozialer Arbeit
notwendig. Insgesamt braucht es einen flächendeckenden Ausbau von Bildungs- und
Beratungsangeboten für Jungen, Männer und Väter.
Felix hat einen 13 Monate alten Sohn Emil und war 5 Monate in Elternzeit. In dieser Zeit hat er ManyDads, ein Väternetzwerk in Düsseldorf, gegründet.
Was war der Anlass für dich, ManyDads zu gründen?
Der Anlass war, dass ich gemerkt habe, dass Väter meistens
alleine unterwegs sind. Als ich im Zoopark unterwegs war, habe ich gemerkt,
dass viele Väter, die mit dem Kind unterwegs sind, die Zeit maximal nutzen
wollen und sich viele Podcasts anhören. Viele Väter haben Ohrstöpsel drin und
laufen mit dem Kinderwagen durch die Gegend. Manchmal kommt ein müdes Lächeln,
wenn ein anderer Vater entgegenkommt. Aber im Prinzip bleiben Väter irgendwie
immer alleine. Und Mütter, die sich schon aus den Vorbereitungskursen kennen,
sind wesentlich kommunikativer. Deshalb wollte ich einfach eine Plattform
anbieten, auf der sich Väter vernetzen können. Nur diese Angebote, die es
derzeit gibt, sind gut, aber es gibt viel mehr für Frauen. Und die sprechen die
Männer nicht an. Insofern wollte ich einfach eine Möglichkeit anbieten, wo sich
Väter vernetzen können.
Wie bist du dabei vorgegangen?
Ich habe es zunächst zwei, drei befreundeten Vätern
vorgeschlagen, um Feedback zu bekommen, ob das Sinn macht oder nicht. Dann habe
ich ganz einfach eine Website gebaut und eine WhatsApp-Gruppe dahinter
geschaltet und habe dann Minikärtchen verteilt und verschiedenen Leuten
Bescheid gesagt: „Könnt ihr das bitte den Männern, die jetzt gerade Väter
geworden sind, geben?“ Und das hat Anklang gefunden. Auf einmal kamen dann 10
und dann 20 Leute dazu. Mit der Rheinischen Post ist das Ganze auf über 100
hochkatapultiert. Mittlerweile macht das Jugendamt Werbung für uns mit ihrem
Besuchsdienst. Die nehmen das in ihre Listen auf und bieten es den neuen Vätern
an. Aber viel mehr zählt eigentlich diese Mund-zu-Mund-Empfehlung. Wenn
irgendwer da schon drin ist oder wenn irgendwer irgendwen kennt, dann schicken
sie Leute vorbei, und wir haben wöchentlich neue Väter in der Runde.
Das klingt wie ein toller Schneeballeffekt. Was sind
jetzt die praktischen Erfahrungen? Springen die Väter darauf an? Rennen die dir
die Bude ein? Beziehungsweise, das Ganze läuft ja online, sind die Zahlen auch
entsprechend explodiert?
Es läuft gut an, wir haben mehrere Aktionen daraus gebaut.
Zum Beispiel gibt es auch eine Kooperation mit dem DRK, dort gibt es ein
Väterfrühstück. Dann gibt es einige Väter, die zum Beispiel zu Sportaktivitäten
aufrufen. Es gibt jemanden, der bei Regentagen in die Stadtbibliothek einlädt,
dass er dann dort vor Ort ist. Und dann treffen sich die Leute. Es wird sich
auch viel ausgetauscht, was der beste Kinderwagen ist, oder wo man bei Regen
mit den Kindern hingehen kann. Daraus ist zum Beispiel eine Ausflugsliste
entstanden.
Ich muss aber auch sagen, die Beteiligung war sehr hoch, als
die Kinder noch nicht in der Kita waren, also so ungefähr vor August. Da war
viel los. Da waren viele Männer, die wahrscheinlich auch die Eingewöhnung
übernehmen, auch in Elternzeit. Das sind typischerweise diese zwei Monate. Und
danach ist die Aktivität ein bisschen zurückgegangen. Aber ich glaube, dass die
bald wieder hochgeht. Und es gibt natürlich auch viele Väter, die immer sehr
gerne mitlesen, was man denn so alles machen kann, aber jetzt nicht den aktiven
Part in der Community haben.
Was erleichtert Vätern in der Community mitzumachen oder
eben andersrum, was meinst du, was hindert sie daran, aktiv zu werden?
Ich glaube, das sind die ganz einfachen, unkonventionellen
Angebote, bei denen man sich nicht drei Wochen vorher anmelden muss. Oder bei
denen es den Vätern auch leicht gemacht wird. In eine ganz neue Gruppe
reinzukommen und sich vorzustellen, ist für viele bestimmt ein Schritt aus der
Komfortzone heraus. Also es muss, glaube ich, viele Events geben, bei denen man
unkonventionell vorbeischauen kann und dann einfach Teil der Gruppe ist.
Gibt es auch Faktoren, wo du meinst, okay, wenn man die
wegräumen würde, dann wird es den Vätern auch leichter fallen?
Ich experimentiere gerade ein bisschen mit der Sprache. Weil
ich glaube, dass die Art und Weise, wie Dinge heutzutage angeboten werden,
Väter nicht anspricht. Ganz oft wird von ‚Hilfe‘ gesprochen. Und das ist etwas,
wo viele Väter sagen „Nein, ich brauche keine Hilfe, ich würde aber total gerne
Teil der Community sein.“ Oder ganz oft wird auch eine sehr starke Sprache, die
für Mütter sehr passend ist, genutzt. Das ist für Väter aber nicht so passend.
Ich habe noch nicht wirklich die Sprache gefunden, die funktioniert. Aber ich
glaube, man muss da ein bisschen rumexperimentieren und kann dann die Angebote
besser beschreiben.
Was meinst du, brauchen ‚frischgebackene‘ Väter, um ins
Vatersein gut reinzukommen?
Ganz viele haben gerade am Anfang sehr viele Fragen, sei es
so pragmatische Sachen, wie, wie komme ich eigentlich in die Elternzeit rein?
Welche Formulare muss ich ausfüllen? Aber viele sind natürlich auch dann gerade
in diesen zwei Monaten vor der Kita-Eingewöhnung dabei und fragen sich, wie
läuft das eigentlich? Wie viel Zeit muss ich da einplanen? Also, es sind sehr
pragmatische Fragen rund um die Planung.
Dazu kommt sowas wie, man will nicht allein mit dem Kind
draußen sein und trifft sich gerne mal mit ein, zwei Vätern.
Wir haben in unserer Community sehr unterschiedliche
Charaktere. Und vielleicht muss man auch so seine zwei, drei Leute finden, mit
denen man sehr gut klarkommt und die in der Nähe wohnen.
Die Nähe ist übrigens sehr, sehr wichtig. Wir haben diese
Community zunächst für ganz Düsseldorf aufgemacht. Aber jemand, der in Bilk
wohnt, fährt nicht mal eben zum Nordpark, um dort für ein, zwei Stunden zu
sein. Das ist ja meistens so dieses Zeitfenster mit ganz jungen Kindern. Das
bedeutet, es muss eigentlich sehr lokal sein. Es hat sich so eine Gruppe rund
um den Zoopark aufgebaut. Dann Leute eher im Stadtzentrum. Und es entstehen
gerade weitere Gruppen in Oberkassel, in Unterrath auch. Und mittlerweile gibt
es auch jemanden, der das für Köln vorgeschlagen hat.
Wenn du jetzt drei Wünsche offen hättest, was wären deine
Wünsche?
Ich würde mir wünschen, dass Arbeitgeber Väter noch stärker
in die Elternzeit pushen. Väter scheuen oftmals zu fragen, ob man auch mehr als
zwei Monate in Elternzeit gehen kann. Dabei müsste man ja eigentlich gar nicht
fragen.
Weitere Angebote für Väter wären ebenfalls super. Sowas wie
das Frühstück. Ein Väter-Grillen oder so ein Treff. Also weitere Angebote sind,
glaube ich, sehr, sehr gut. Das würde sehr gut angenommen werden.
Und ein dritter Wunsch wäre, dass es Unterstützung von
weiteren Organisationen gibt. Also sei es monetär, dass man vielleicht auch mal
hier und da ein bisschen mehr Werbung machen kann. Oder auch mal eine noch
bessere Community-Seite in die Hand nimmt, vielleicht mal eine App baut, etc.
Es wäre gut, wenn man Subventionen bekäme. Aber auch generell, zum Beispiel mit
euch, mit Väterarbeit in NRW, dass wir uns da gegenseitig bekannt machen. Das
Interview wird dann ja auch wieder bei ManyDads gepostet. Und das Angebot in
Kooperation mit dem DRK, das funktioniert super. Es gibt aber noch
weitere Organisationen. Ich glaube, wir müssen uns alle so vernetzen, dass es
ein Ökosystem wird. Dass es egal ist, ob der Vater bei ManyDads ist oder an
einem anderen Event teilnimmt. Es muss ein Ökosystem von guten Angeboten für
Väter sein. Sodass man nicht immer zwei Monate bis zum nächsten Event warten
muss.
Das ist eine schöne Vision, vielen Dank für das Gespräch.
‚Father Unknown‘
erzählt die Geschichte von Alfie, der während eines Englischkurses
herausfindet, dass er Vater werden wird. Alfies Leben bestand bisher
hauptsächlich aus Monsterdosen, U-Bahn-Sprüngen, Xbox-Spielen und dem knappen
Entgehen eines Rauswurfs aus der Klasse, aber die Dinge werden sich ändern…
und zwar schnell.
Diese Show
hat eine faszinierende Reise hinter sich. Geboren aus der Leidenschaft, ihre
Geschichte zu erzählen, haben die jungen Väter von The North East Young Dads
and Lads den Humangeographen Dr. Michael Richardson und den Kreativpraktiker
Jonah York für die Produktion ihrer Geschichte gewonnen. Beide Künstler haben
eine unglaublich enge Verbindung zu diesen jungen Männern, da sie in den
letzten drei Jahren in verschiedenen Funktionen für die
Wohltätigkeitsorganisation gearbeitet haben und von dem kreativen Potenzial
dieser jungen Männer und ihrer Geschichten inspiriert wurden.
Father
Unknown ist eine Zusammenstellung einer Auswahl von jungen Vätern, die an einem
langfristigen künstlerischen Projekt teilgenommen haben. Diese jungen Väter
durchdringen den gesamten kreativen Prozess von Father Unknown und treten als
Autoren, Interviewer, Schöpfer und Vermittler auf. Dies ist mehr als eine Show,
es ist Fürsprache, Jugendarbeit und eine Feier der Elternschaft, der Familie
und des Heranwachsens, der Höhen, der Tiefen und der unsterblichen Liebe, die
jeder junge Vater für sein Kind empfindet.
Father
Unknown ist ein witziger, herausfordernder und ehrlicher Blick auf die junge
Vaterschaft, der in Zusammenarbeit mit jungen Vätern der North East Young Dads
and Lads und der Newcastle University entstanden ist.
Das Stück
wurde am 15. Juni im Gala Durham und anschließend am 16. und 17. Juni 2023 im
Northern Stage aufgeführt. Diese digitale Theaterfassung der Show wurde am
Freitag, den 16. Juni, von Stephen Smith vom Threedom Theatre auf der Northern
Stage (Stage 3) gefilmt.
Die geschlechtergerechte Aufteilung von Erwerbs- und Pflegearbeit ist auch hierzulande ein Thema. Initiativen wie Equal Care Day und ‚Sorgearbeit fair teilen‘ möchten Gesellschaft und insbesondere Männer dafür zu sensibilisieren. Erfolgversprechende Ansätze dazu liefert auch der Bericht ‚State of the World’s Fathers‘.
Dieser enthüllt eine bemerkenswerte Wertschätzung der Pflege
durch die befragten Männer. In einer Online-Umfrage assoziierte eine
überwältigende Mehrheit ‚Pflege‘ mit positiven Begriffen. ‚Liebe‘ war das am
häufigsten genannte Wort in allen Ländern.
Weitere häufig genannte Wörter waren ‚Hilfe‘, ‚Schutz‘, ‚Aufmerksamkeit‘,
‚Verantwortung‘, ‚Gesundheit‘, ‚Freundlichkeit‘ und ‚Familie‘.
Die meisten der an der Umfrage beteiligten Männer geben an,
dass sie Betreuungsarbeit leisten und bereit sind, mehr zu tun. Aber viele
Hindernisse stehen ihnen im Weg, einschließlich gesellschaftlicher Normen und
finanzieller Zwänge.
Der Bericht stellt fest, dass Mütter nach wie vor einen
größeren Teil der Verantwortung für Betreuungsaufgaben wie Putzen, physische
und emotionale Kinderbetreuung, Kochen und Partnerpflege tragen. In allen
Ländern, die für den Bericht befragt wurden, geben Frauen an, 1,32-mal mehr
körperliche Kinderbetreuung und 1,36-mal mehr Hausputz zu leisten als Männer.
Aber auch Väter in so unterschiedlichen Ländern wie
Argentinien, Irland, China, Kroatien und Ruanda geben an, dass sie erhebliche
Stunden für verschiedene unbezahlte Betreuungsaufgaben im Haushalt aufwenden.
Die Studie ‚State of the World’s Fathers‘ führt diese
Verschiebung auf mehrere Faktoren zurück, darunter die Auswirkungen von
COVID-19, sich verändernde Geschlechternormen in Bezug auf die Pflege und
strukturelle Faktoren wie Pflegesysteme und Elternzeitpolitik.
In 15 Ländern stimmen zwischen 70 und 90 % der Männer der
Aussage zu: ‚Ich fühle mich für die Betreuungsarbeit genauso verantwortlich wie
meine Partnerin‘.
Teresa Bücker, Journalistin und Autorin appellierte beim #VaeterSummitNRW am 26. August 2023 in Essen an alle Männer: „Ihr müsst laut
und deutlich sagen: Wir wollen mehr Zeit mit unseren Familien!” Väter
müssten sich politisch für mehr Familienzeit und bessere Teilzeitlöhne
einsetzen. „Sie müssen unbequemer werden.”
Jürgen Haas ist seit vielen Jahren als Koordinator der Väterkindagentur im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen in der Familienbildung tätig. Ihm ist Vernetzungsarbeit und die Kooperation mit andern für die Belange von Vätern und Kindern sehr wichtig. Als Supervisor, Gestalttherapeut und wissenschaftlicher Referent hat er zahlreiche Zugänge zur Männer- und Väterarbeit und ist selbst leidenschaftlich gerne Vater und Großvater von zwei Töchtern und einem Enkelkind.
Ergänzen Sie bitte den Satz ‚Vater werden ist …‘
… eine wunderbare Herausforderung und ein nachhaltiges Erlebnis.
Welche Eigenschaften fallen ihnen beim Wort ‚Vater‘ ein?
Was sollte Mann beim Vater werden unbedingt beachten?
Nach meiner nun fast 30 jährigen Erfahrung ist es wichtig immer mit dem eigenen Kind empathisch und nachhaltig in Kontakt zu bleiben und dies auch in sogenannten schwierigen Zeiten. Für mich beginnt diese Nähe und die von Verantwortung und Liebe getragene Verbundenheit vor der Geburt und gilt ein Leben lang, durch alle Lebensabschnitte und -phasen meines Kindes, bzw. meiner Kinder. Dieser Kontakt setzt gemeinsame Zeit voraus, für die es wichtig ist zu kämpfen, um konsequent Zeiträume und Zeitfenster zu sichern. Ich finde es wichtig elterliche Verantwortung gemeinsam zu tragen und trotz der Diversität mit Blick auf Einstellungen und Ansichten gemeinsame Wege zu suchen. Diese Grundhaltung sollte ggf. auch über die Partnerschaft hinaus (Stichwort: Trennung) Gültigkeit haben.
Was würde Ihrer Meinung nach Vätern in Zukunft das Vater sein erleichtern?
Die Anerkennung von Care-Aufgaben als wichtigen gesellschaftlichen und nachhaltigen Beitrag und als elementare Voraussetzung für eine partnerschaftliche Aufteilung von Erziehungsverantwortung. In Konsequenz bedeutet dies für mich die Festschreibung und Umsetzung von politischen Maßnahmen und Rahmenbedingungen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zur finanziellen Absicherung von Familien.
An welches Erlebnis mit Ihrem Vater erinnern Sie sich am liebsten?
Mein Vater war Küchenmeister und hat leidenschaftlich gerne gekocht. An jedem Sonntag hatte ich die Gelegenheit ihm beim Kochen zuzuschauen und ihn dabei zu unterstützen. Es hat mich sehr beeindruckt, wie er mit Gewürzen „jonglieren“ und Geschmacksnuancen komponieren konnte. Das er mich daran teilhaben ließ und mir die Dinge liebevoll und mit viel Geduld erklärte, hat bei mir Spuren und wunderschöne Erinnerungsbilder hinterlassen, an denen ich gerne meine Kindern in Geschichten und Erzählungen teilhaben lasse.
(Nicht-)Anerkennung von Familien- und Erwerbsarbeit bei
Paaren
Mit dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz rückte die
Figur des aktiven Vaters in den Fokus. Gleichzeitig wirken traditionelle
Verweisungen in sozialpolitischen Regelungen, Normen und Betriebskulturen.
Stefanie Aunkofer analysiert väterliche Elternzeitnahmen
anhand von qualitativen Paarinterviews mit Blick auf Anerkennung von Familien-
und Erwerbsarbeit und zeigt: Erwerbsarbeit bleibt die Quelle von Anerkennung.
Vätern den Zugang zur familialen Sphäre partiell über Elternzeit zu öffnen
reicht nicht aus. Für eine tatsächliche Egalisierung ist vielmehr ein
grundlegender Wandel im Geschlechter- und Anerkennungsverhältnis notwendig.
Der Band ist im Beltz Verlag erschienen und kann als Print für 50 € bestellt oder mit OpenAcessLizenz als pdf heruntergeladen werden.