Wenn ein Paar mit Kindern sich trennt ist dies eine enorme
Herausforderung zur Neuorganisation für alle Familienmitglieder. In der Regel
fehlen den Eltern Erfahrungen wie sie ihre Kinder dabei am besten begleiten
können, meist sind sie akut und lange danach damit beschäftigt, ihre eigene
Situation neu einzurichten.
Auch wenn in den letzten Jahren immer mehr Eltern für ihre
Kinder eine gute Regelung suchen und dabei Rat und Hilfe suchen, erleben immer
noch zu viele Kinder unsichere und schlimmstenfalls hochstreitende
Eltern.
Der Familienkongress des Väteraufbruch für Kinder beschäftigt
sich deshalb nach einer Bestandsaufnahme der Lage von Trennungskindern und
ihren Familien mit Konzepten, wie Familien vor, während und nach einer Trennung
unterstützt und wie sie das für sich und ihre Kinder geeignete Betreuungsmodell
finden können.
Der Familienkongress findet von Freitag, den 24. November, 19:00 Uhr bis Sonntag, 26. November, 15:00 Uhr, im Stephanstift, in 30625 Hannover statt.
Referent:innen
Dr. Stefan Rücker, Leitung Forschungsgruppe PETRA u.a.
Prof. Dr. Nina Weimann-Sandig, Professur für Soziologie und Empirische Sozialforschung, EFS Dresden
RA Sabine Hufschmidt, Mediatorin/Anwältin
n.n.
Themen
Von der Bindungsfürsorge bis Eltern-Kind-Entfremdung – wie Erziehungsverhalten getrennter Eltern auf Kinder wirkt (Dr. Stefan Rücker, Leitung Forschungsgruppe PETRA u.a)
Kinder brauchen beide Eltern (Prof. Dr. Nina Weimann-Sandig, Professur für Soziologie und Empirische Sozialforschung, EFS Dresden)
Chancen der Familienmediation – auch bei hochstrittigen Trennungseltern? (RA Sabine Hufschmidt, Mediatorin/Anwältin)
Mutter, Mutter Kind – Regenbogenfamilien und mögliche Eltern-Kind-Beziehungen mit anschließender Diskussion (Film am Vorabend)
Teilnahmebeitrag
In den Kosten ist auch die Verpflegung Mittag-, Kaffee und
Abendessen enthalten.
80,00 € Mitglieder und Kooperationsvereinbarungen mit anderen Verbänden
60,00 € Studierende
110,00 € sonstige Teilnehmende bei Anmeldung bis zum 31.10.2023
140,00 € ab dem 01.11.2023 (soweit noch Plätze verfügbar)
Nähere Informationen zum Programm werden auf der Kongress-Seite veröffentlicht und fortlaufend aktualisiert. Dort ist ab sofort auch eine Voranmeldung möglich.
Bei diesem Online-Werkstattgespräch hat Marc Schulte vom
Papaladen in Berlin über die Erfahrungen mit dem von ihm und Eberhard Schäfer
entwickelten Ratgebers ‚Stark und verantwortlich – für Väter nach Trennungen‘
und dem damit verbundenen Gruppenprogramm berichtet.
Die Beratung von Vätern in Trennungssituationen ist ein
Baustein eines umfangreichen Beratungsangebots das auch Paarberatung,
psychosoziale, Elterngeld- und Strategie-Beratung umfasst. Die Väter die in
einer Trennungssituation ins Väterzentrum kommen, sind häufig (knapp 34 %) in
einer (hoch) strittigen Situation und erleben ihre „Trennung Hoch 4“ von
Partnerin, Kind(ern), sozialem Umfeld und Wohnung als fundamentale Lebenskrise
und ihre Situation als Einzelschicksal. Sie sehen im Rechtsweg häufig den
einzigen (Aus-) Weg und fühlen sich ohnmächtig, verzweifelt und wütend. Sie
sehen sich einem professionellen Frauennetzwerk gegenüber, erwarten eine
Beratung auf Augenhöhe und Gerechtigkeit.
Die von den Vätern vermutete „Fürsprecherrolle“ ermöglicht in
der Regel eine schnelle und positive Beziehungsaufnahme, die auch dadurch
gestützt wird, dass das Väterzentrum keine „klassische“ Beratungsstelle ist.
Die Beratungshaltung ist dabei durch folgende Grundsätze geprägt:
Annahme des Anliegens
Wertschätzung des Engagements des Vaters und
allem, was er in Bezug auf die Kinder tut und getan hat
Reflexion und Rückmeldung zu problematischen
Kommunikationsmustern
Perspektivwechsel (raus aus der Ohnmachts- und
Opferrolle hin zum Akteur – „Was geht gut, wie könnte es noch besser gehen?“
Trennung von Paarebene und Elternebene
Blick auf das Kind, seine Bedürfnisse,
Potenziale….
Wertschätzung gegenüber der Mutter (nicht jede
Handlung der Mutter ist gegen den Vater gerichtet)
Keine Festlegung auf ein „Ideal“ Familienmodell
nach Trennung
Sprachsensibilität z.B. statt „Umgang“ –
„Betreuungszeit“ – nicht „Kindesmutter“ sondern „Mutter der Kinder“
Das Gruppenprogramm „Stark und Verantwortlich“ für Väter
in Trennungssituationen
… wird seit 2009 kontinuierlich weiterentwickelt. Es gibt zwei
Durchgänge pro Jahr mit bislang rund 300 Teilnehmern. Es findet an 10 Abenden
jeweils drei Stunden mit 10 Teilnehmern statt. Grundlage ist die „kollegiale
Beratung“ – denn die Väter sind die Experten ihrer Situation. Dazu kommen Expertenabende
mit Vertreter:innen des Jugendamts oder des Familiengerichts und Themenabende.
Die Evaluation des Programms hat ergeben, dass 100% der
Teilnehmenden den Kurs weiterempfehlen würden, 76 % besser mit der
Gesamtsituation umgehen können und 25 % bessere Betreuungsvereinbarungen mit
der Mutter getroffen haben.
In der sich anschließenden Diskussion ging es zunächst
darum, welche Angebote es für Väter in einer Trennungssituation es in NRW gibt.
Mehrere, der selbst in der Beratung tätigen Teilnehmer empfahlen das Programm
‚Kinder im Blick‘, dass in vielen Städten angeboten wird.
Des Weiteren ging es um die Frage, wie Berater:innen in den
‚klassischen‘ Beratungseinrichtungen für die Anliegen von Vätern
‚sensibilisiert‘ werden können und der im Koalitionsvertrag der Bundesregierung
formulierte Anspruch, „in der Beratung nach Trennung und Scheidung insbesondere
das Wechselmodell in den Mittelpunkt zu stellen“ umgesetzt werden kann, zumal
dies in die Hoheit der Länder fällt.
Die LAG Väterarbeit wird dies unter anderem bei ihren
nächsten Gesprächen mit Landespolitiker:innen thematisieren.
Take
aways
Leitlinien für erfolgreiche gemeinsame Elternschaft für
die Familie nach der Familie
Die Gefühle gegen den Expartner sind weniger
wichtig als das aktuelle Verhalten ihm gegenüber. Die Zurückstellung von
negativen Gefühlen entspricht definitiv dem Kindeswohl.
Das Bedürfnis nach Privatsphäre ist zu
respektieren. Nur Informationen über das Kind müssen ausgetauscht werden.
Fragen von Unterhalt und Umgang sind getrennt zu
diskutieren.
Die Zeiträume mit dem Kind, die für jeden
Elternteil vorgesehen sind „heilig“.
Jedes Elternteil hat das Recht seinen eigenen
Elternstil zu entwickeln. Solange DADURCH kein Schaden für das Kind entsteht,
sollt dies akzeptiert werden.
Die Angebote , die der jeweils andere dem Kind
macht, eröffnen einen erweiterten Erfahrungsraum. Jedes Elternteil hat seine
besonderen Stärken und kann sie dem Kind zum nutzen vermitteln.
Diese Art von Beziehungsgestaltung erscheint für
sich trennende Eltern möglicherweise unangenehm und unbequem. Ist es einem
Elternteil möglich, diese Haltung durchzustehen, wird möglicherweise auch der
Expartner damit beginnen sich ähnlich konstruktiv zu verhalten.
Um herauszufinden, wie Kinder mit getrennten Eltern gut
aufwachsen können hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend im Jahr 2015 die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ in Auftrag gegeben.
Zu einer
Veröffentlichung der Studienergebnisse kam es bislang nicht. Auf Nachfrage
teilte die Bundesregierung im Dezember 2020 mit, dass die abschließenden
Arbeiten an der Studie noch immer ausgeführt würden. Nach dem Tod des Studienleiters Herrn Prof. Dr.
Petermann sei die Forschungsdirektorin des Deutschen Jugendinstituts, Frau
Prof. Dr. Walper, zur Auswertung und Finalisierung der Studie hinzugezogen
worden. Auch die mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen hätten zu
weiteren Verzögerungen geführt, sodass eine Veröffentlichung erst im Jahr 2021
möglich sei.
Aus dem
Jahresbericht 2019 der mit der Studie beauftragten Forschungsgruppe Petra geht
hervor, dass entgegen den Erwartungen weiterhin an der Studie „Kindeswohl und
Umgangsrecht“ gearbeitet werden musste, weil es „Modifikationswünsche“ des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend umzusetzen galt.
Zudem wurde bekannt, dass das Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend im Verlauf der Studie Vorgaben änderte, obwohl das
Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz in einer Stellungnahme
eine Verfahrensänderung als nicht erforderlich erachtete. Damit ein Kind an der
Studie teilnehmen durfte, mussten fortan beide Eltern der Befragung des Kindes
zustimmen. Zu Beginn der Studie reichte noch die Zustimmung eines Elternteils
aus.
Auch wurde die Studie anfangs von einem wissenschaftlichen
Beirat begleitet, der insgesamt viermal getagt haben soll. Die letzte
Beiratssitzung fand bereits im April 2017 und somit vor Abschluss der Studie statt.
Mitgliedern des Beirates zufolge wurden bereits am 30. April 2019 dem
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine „weit
entwickelte Fassung der Studie“ übergeben. Die Frage, was abgegeben wurde,
beschäftigte auch das Verwaltungsgericht Berlin. Laut den Rechtsanwälten der
Auftraggeberin entsprechen die vorgelegten Unterlagen noch keinen
wissenschaftlichen und fachlichen Standards.
Zuletzt wurde bekannt, dass der Bundesbeauftragte für den
Datenschutz und die Informationsfreiheit die weitere Auswertung der Studie
aufgrund von erheblichen datenschutzrechtlichen Bedenken untersagt hat. In dem
entsprechenden Bescheid vom Februar 2021 werden die Einwilligungen der
Studienteilnehmer bemängelt. Bereits im Frühjahr 2017 soll der
Bundesbeauftragte gegenüber dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend erstmals entsprechende Bedenken ge-äußert haben. Laut
Bundesministerium stünden die Behörden seither im Austausch, um offene Fragen
und Beanstandungen zur Studie zu klären. Das Bundesministerium prüft derzeit
die Kritik und ob die Untersagungsverfügung einer verwaltungsgerichtlichen
Überprüfung unterzogen werden soll.
Das ist ein kurzer Abriss der ‚offiziellen Lesart‘ des
Schicksals der „Petra Studie“, soweit es aus Anfragen der Parteien im Bundestag
nachzuvollziehen ist. Auf der Internetseite www.fragdenstaat.de
ist dazu zu lesen: „Die Ergebnisse liegen schon lange vor und wurden bisher
nicht veröffentlicht. Die Studie wurde mit Steuergeldern finanziert und die
Öffentlichkeit hat ein Recht auf die Ergebnisse. Der Hinweis des Ministeriums
auf „laufende Gerichtsverfahren“ erschien damals schon vorgeschoben und
lässt sich nach weiteren Monaten des Abwartens nicht mehr aufrecht erhalten.“
In einem Spiegel Beitrag vom 11. Februar 2022 wird über die
Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts vom August 2021 berichtet: „Familienministerium
muss Studie zu Trennungskindern herausgeben“
„Die Studie entspricht absolut den wissenschaftlichen
Gütekriterien, das bestätigen uns auch unabhängige Fachleute. Wir haben die
Vorgaben des Ministeriums, wie besprochen, umgesetzt“, wird Stefan Rücker, Leiter
der Forschungsgruppe Petra dort zitiert.
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin legte das
Familienministerium Berufung ein: Es ist nicht der Auffassung, dass es einen
Anspruch auf Zugang zu Entwurfsfassungen gibt. Eine Sprecherin des Ministeriums
teilte jetzt mit, die Studie solle fertiggestellt werden. Die neue
Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) messe ihr eine „hohe Bedeutung“ zu.
Da inzwischen weitere zwei Jahre vergangen sind ist davon
auszugehen, dass den politisch Verantwortlichen im Familienministerium, und
seit der Vergabe im Jahr 2015 sind es sechs Ministerinnen: Schwesig, Barley, Giffey,
Lambrecht, Spiegel und Paus, die Ergebnisse der Studie nicht passen und die wichtigste
Zielsetzungen der „PETRA-Studie“, eine empirische Grundlage dafür zu schaffen,
Umgangsregelungen nach einer Trennung der Eltern stärker am Wohl und an den
Bedürfnissen von Kindern anzupassen und Belastungen zu vermindern, nicht zu den
prioritären Zielen gehört. Das erklärt auch, warum wichtige Reformvorhaben im
Familienrecht seit Jahren nicht in die Wege geleitet werden.
Zum Schluss eine kurze Anekdote: der Autor dieses Beitrags war in seiner Eigenschaft als Mitglied im Vorstand des Bundesforum Männer im Juni 2014 bei einem Gespräch im Familienausschuss des Bundestages. Der damalige Vorsitzende Paul Lehrieder nahm bei seiner Begrüßung das gerade erschienene Buch von Frau Sünderhauf: „Wechselmodell: Psychologie-Recht-Praxis; Abwechselnde Kinderbetreuung durch Eltern nach Trennung und Scheidung“ in die Hand und erklärte sinngemäß: Mit dem Thema werden wir uns jetzt auch befassen, aber bevor wir etwas entscheiden, wird es dazu erst einmal eine Studie geben.
Knapp ein Viertel aller Eltern in Deutschland trennen sich –
jedes Jahr sind davon etwa 200.000 Minderjährige betroffen. Mehr als drei
Millionen Trennungskinder gibt es insgesamt.
Wie erleben Familien die Trennung und wie können Eltern und
Kinder sie gut bewältigen? Was können Eltern beachten, um das Wohl ihrer Kinder
im Blick zu behalten? Vier getrennte Familien zeigen, welche unterschiedlichen
Lösungen sie gefunden haben.
Der erste Teil der Doppelfolge widmet sich der Anfangsphase.
Wie sagt man den Kindern, dass die Eltern sich nicht mehr lieben? Wie gibt man
ihnen Halt, wenn die Familie zerbricht? Über mehrere Monate gewähren
Trennungsfamilien Einblicke in ihr Leben.
Jenny und Alex haben es drei Monate herausgezögert und ihren
vier Kindern dann im Sommerurlaub erzählt, dass sie sich trennen. Bea und
Benedikt wählten das gemeinsame Frühstück. Claudia und Safet stritten sich so
oft und so heftig, dass ihre beiden Söhne die Trennung quasi miterlebt haben.
Ähnlich lief es auch bei Michaela und ihrem Ex-Partner.
Wie wählt man den richtigen Zeitpunkt, es den Kindern zu
sagen und wie geht es danach weiter? Moderatorin Collien Ulmen-Fernandes
ergründet, was Eltern beachten können. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
aus verschiedenen Fachbereichen geben konkrete Hilfestellungen, wie eine
Trennung zum Wohle aller und insbesondere mit Rücksicht auf die Kinder gelingen
kann.
Welche langfristigen Folgen die Trennung der Eltern auf das
zukünftige Leben der Kinder hat, erforschen Experten der Kinder- und
Jugendpsychiatrie an der Universität Leipzig. Verändert sich das Verhalten von
Kindern, die eine Trennung erleben? Unsere Trennungskinder machen den Test.
Ein Thema – zwei Formate: Während ZDFneo die Perspektive
aller Familienmitglieder beleuchtet, kommen in dem „PUR+ spezial: Meine
Eltern trennen sich“ vor allem die Kinder der Familien zu Wort. Das Format
von ZDFtivi für den KiKA bietet Reportagen und konkrete Tipps für Trennungskinder.
Ein Vater aus ärmlichen Verhältnissen macht sich zu Fuß auf den Weg ins 300 Kilometer entfernte Belgrad, um für das Sorgerecht für seine Kinder zu kämpfen. Mit berstender Ruhe inszeniert Srdan Golubović diesen Roadtrip, in dem Goran Bogdan als schweigsamer, stoischer Held glänzt.
Wenn die Liebe aus ist und sich Eltern trennen, muss auch
geregelt werden, wie die gemeinsamen Kinder in Zukunft leben und betreut werden
sollen.
Die meisten Mütter und Väter erziehen die Kinder weiterhin
gemeinsam. Aber bei einigen Paaren beginnt nach der Trennung ein erbitterter
Rosenkrieg. Auch um die Kinder. Je größer die Verletzungen beim verlassenen
Elternteil, umso größer ist manchmal auch der Wunsch, dem Ex-Partner das Kind
zu entziehen. „Ich war so verletzt“, sagt eine Mutter, „so voller Hass, dass
ich mich auf diese Weise gerächt habe. Was das für unsere Kinder bedeutet, habe
ich überhaupt nicht bedacht.“
Meistens sind es Väter, die den Kontakt zum Kind auf diese
Weise verlieren, in etwa 10 Prozent der Fälle verlieren die Mütter das Kind.
Der Entfremdungsprozess beginnt häufig damit, dass vereinbarte Treffen abgesagt
werden, dass Anrufe nicht entgegengenommen und Geburtstags- oder
Weihnachtsgeschenke zurückgeschickt werden. Und das, obwohl doch ein
gemeinsames Sorgerecht vereinbart wurde. „Mich um mein Kind zu kümmern, ist
nicht nur mein Recht, sondern auch meine Pflicht“, beklagt einer der Väter,
„Aber das ist nicht erwünscht. Ich soll nur zahlen, mich ansonsten aber
raushalten. Dabei braucht mein Sohn auch seinen Vater.“
Die betroffenen Eltern gehen zum Jugendamt und zum
Familiengericht. Da wird dann um jede Minute, jede Stunde Umgang mit dem Kind
gestritten. Oft unterstützen Gutachter und Verfahrensbeistände den Elternteil,
bei dem das Kind überwiegend lebt, und befördern damit sogar noch die
Entfremdung zum anderen Elternteil.
Die Leidtragenden einer solchen Entwicklung sind vor allem
die Kinder. Sie werden oftmals unbewusst zu Komplizen des die Entfremdung
forcierenden Elternteils und übernehmen die Gefühle desjenigen, mit dem sie den
größten Teil der Zeit verbringen. Aus Angst, diesen auch noch zu verlieren –
sagen Psychologen. „Ich hatte solche Schuldgefühle,“ erklärt ein junger Mann,
der seiner Mutter sagte, dass er sie nicht mehr besuchen will. Er leidet bis
heute darunter, obwohl er wieder Kontakt zur Mutter hat.
Laut Forschungen von Dr. Stefan Rücker von der Universität
Bremen gibt es pro Jahr etwa 120.000 Scheidungskinder und 80.000
Trennungskinder unverheirateter Elternpaare – in Summe erleben also jährlich
etwa 200.000 Kinder die Trennung ihrer Eltern. 10 bis 15 Prozent von ihnen
verlieren zu einem Elternteil den Kontakt.
In der Dokumentation von Liz Wieskerstrauch erzählen betroffene Väter und Mütter was es bedeutet, das eigene Kind erst immer seltener und schließlich gar nicht mehr zu sehen. Und ein inzwischen erwachsenes Kind schildert die Not, in der es sich befunden hat, und die Auswirkungen auf sein Leben heute. Um die Entfremdung eines Elternteils zu verhindern, helfe nur, rechtzeitig, also direkt nach der Trennung, zu intervenieren, sagt Dr. Stefan Rücker. Getrennte Eltern sollten sich Hilfe holen und eine Mediation in Anspruch nehmen, damit sie lernen, trotz Trennung ihre Elternschaft gemeinsam wahrzunehmen, egal ob die Kinder und Eltern im Residenzmodell oder im Wechselmodell leben. https://www1.wdr.de/fernsehen/die-story/sendungen/kampf-ums-kind-100.html
Sendetermin: Die Story, am 27. Mai 2020, 22.15 – 23.00 Uhr im WDR Fernsehen
Die Befragung hat zwar einen anderen Hintergrund, da aber da auch wegen Corona viele Kontakte fragiler geworden sind, aktueller denn je, es geht ja ums gesundbleiben.
Eine Studie der norwegischen Universität Bergen hat nun untersucht, was mit der Kommunikation zwischen Scheidungskindern und ihren Eltern passiert und wie dies die Gesundheit der Kinder beeinflusst. Die Studie umfasste 1225 Jugendliche, die 2011 und 2013 befragt wurden. Zu Beginn waren 213 der Teenager Scheidungskinder, zwei Jahre später 270. Sie gaben Auskunft, ob sie es als schwierig empfinden, mit ihren Eltern zu sprechen, und ob sie den Kontakt zu einem Elternteil verloren haben. Zudem wurden sie zu ihrem Selbstvertrauen und zu gesundheitlichen Problemen wie Kopfschmerzen, Depressionen und Schlafstörungen befragt.
Die Studie ergab, dass insbesondere die Kommunikation
zwischen den Kindern und dem Vater leidet. «Die meisten gesundheitlichen
Probleme hatten Kinder, die angaben, den Kontakt zum Vater verloren zu haben,
oder die es schwierig fanden, nach der Scheidung mit ihm zu sprechen», schreibt
Eivind Meland, Professor am Institut für öffentliche Gesundheit. Besonders den
Mädchen falle es schwer, mit ihrem Vater zu sprechen. Die Scheidung scheint die
Kommunikation mit der Mutter nicht zu beeinflussen. Dass insbesondere das
Vertrauensverhältnis zum Vater leidet, führt der Studienautor darauf zurück,
dass vor Gericht oft die Mütter das Sorgerecht bekämen.
Die Studie zeigte aber auch, dass die Trennung das Selbstvertrauen und die Gesundheit derjenigen Teenager nicht negativ beeinflusste, die nach der Scheidung angaben, ein gutes Verhältnis zu beiden Elternteilen zu haben.
Aufgrund der Coronakrise wird das öffentliche Leben stark
eingeschränkt und es gilt die dringende Empfehlung, soziale Kontakte möglichst
zu vermeiden. Für Kinder fühlt sich die Zeit bereits jetzt wie eine Ewigkeit
an. Daher sollte klar sein: Die Rechtsordnung verbietet den Umgang des Kindes
mit beiden Elternteilen nicht, sondern sorgt für eine kindeswohlgerechte
Regelung des Umgangs.
1. Was bedeutet die Coronakrise für Umgang und Sorge mit
Kindern, wenn die Eltern getrennt leben?
Zunächst einmal: Die Coronakrise ändert nichts daran, dass
minderjährige Kinder auf ihre Eltern angewiesen sind, um eine Persönlichkeit zu
entwickeln. Der regelmäßige Umgang eines Kindes mit jedem Elternteil gehört
deshalb in der Regel zum Wohl des Kindes. Das Kind hat daher ein Recht auf Umgang
mit jedem Elternteil, das der andere Elternteil nicht ablehnen kann. Der Umgang
kann in Ausnahmefällen für das Kind schädlich sein. Das beurteilt im Einzelfall
das Familiengericht. Das Familiengericht kann den Umgang regeln, einschränken
oder ausschließen, wenn dafür die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
2. Was bedeutet die Empfehlung, soziale Kontakte zu
vermeiden, für den Umgang?
Die Empfehlung, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden,
bezieht sich nicht auf die Kernfamilie, auch wenn die Eltern nach einer
Trennung in zwei getrennten Haushalten leben. Kinder sollen selbstverständlich
auch weiterhin sozialen Kontakt zum anderen Elternteil behalten. Hinzu kommt:
Gibt es eine Umgangsregelung oder eine gerichtliche Entscheidung zum Umgang,
gilt sie trotz der Coronakrise weiter. Bei der Frage, wie man die persönliche
Begegnung zwischen Eltern und Kind in Zeiten der Coronakrise am besten
organisiert, dürfte eine Rolle spielen, wie das Kind zum anderen Elternteil
gelangt und ob es auf dem Weg zu ihm mit weiteren Personen in Kontakt kommen
würde bzw. wie sich das vermeiden ließe.
3. Wie kann eine Umgangsregelung oder eine gerichtliche
Entscheidung an die aktuelle Situation angepasst werden?
Ergibt sich Bedarf für eine Änderung der Umgangsregelung,
sind alle Beteiligten aufgerufen, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Der
Weg zum Familiengericht ist weiterhin möglich, wenn eine solche Lösung
scheitert. Das gilt auch für die Frage, ob das Kind von einem Elternteil zum
anderen Elternteil wechseln soll.
4. Was gilt, wenn eine Umgangsregelung krisenbedingt
nicht eingehalten wird?
Befindet sich das Kind bei einem Elternteil und tritt
vorübergehend ein Umstand ein, der dem Wechsel des Kindes zum anderen
Elternteil entgegensteht, so muss darin im Einzelfall nicht zwangsläufig eine
schuldhafte Verletzung der Umgangsregelung zu sehen sein. Ein Ordnungsgeld
wegen Umgangsverweigerung kann dann nicht verhängt werden. Der Elternteil, der
von der Umgangsregelung abweicht, muss aber in einem Ordnungsgeldverfahren darlegen,
dass er die Zuwiderhandlung gegen die Vereinbarung nicht zu vertreten hat.
5. Welche Umstände können eine Änderung der
Umgangsregelung notwendig machen?
Nicht jeder Umstand steht einem Wechsel des Kindes zum
anderen Elternteil entgegen.
Erkrankt das Kind beispielsweise an einer nicht hoch infektiösen Krankheit,
kommt es für den Wechsel etwa auf die Transportfähigkeit des Kindes an.
Grundsätzlich sind beide Eltern für die Betreuung des erkrankten Kindes
zuständig, so dass der Wechsel des Kindes zum anderen
Elternteilkindeswohlgerecht sein kann.
Durch die Coronakrise sind aber einige besondere Umstände denkbar:
Ein nur allgemeines Risiko – wie die Möglichkeit, auf dem Weg in einen
Verkehrsunfall zu geraten oder sich unterwegs trotz Vorsichtsmaßnahmen zu
infizieren – dürfte nicht zur Rechtfertigung einer Abweichung von der
Umgangsregelung ausreichen. Zudem dürfte eine landesweite Ausgangs- oder
Kontaktbeschränkung, die Kontakt zur Wahrnehmung des Sorge- oder Umgangsrechts
weiterhin erlaubt, kein Hindernis darstellen.
Anders könnte dies unter anderem zu beurteilen sein, wenn das Kind im anderen
Elternhaus Kontakt zu einer positiv getesteten Person zu erwarten hat oder wenn
das Kind, ein Elternteil oder eine andere dem Haushalt eines Elternteils
angehörige Person zu einer Risikogruppe gehört.
In jedem Fall sind diese Umstände im Hinblick auf das Wohl des konkreten Kindes
im Rahmen der elterlichen Entscheidung oder im Streitfall einer gerichtlichen
Entscheidung (über die Verweigerung des Umgangs bzw. Verweigerung der
rechtzeitigen Rückkehr des Kindes) zu bewerten. Dabei ist auch das Verhalten
der beiden Elternteile – insbesondere zur Risikobegrenzung – einzubeziehen.
6. Was ist, wenn keine persönliche Begegnung mit dem
anderen Elternteil, den Großeltern oder anderen Bezugspersonen möglich ist?
Das Umgangsrecht zielt vor allem auf die Ermöglichung einer
persönlichen Begegnung. Ist eine persönliche Begegnung eines Elternteils mit
dem Kind aber nicht möglich, kann es sich ggf. anbieten, verstärkt die
Möglichkeit des Umgangs „auf Distanz“ zu nutzen. Telefon und Videoanrufe können
dazu beitragen, dass der Kontakt zum anderen Elternteil in den kommenden Wochen
aufrecht erhalten bleibt. Dasselbe gilt, wenn die Entfernung zwischen den
elterlichen Haushalten womöglich bedingt durch die Auswirkungen des Virus
schwer zu überwinden ist. Selbstverständlich sind diese Kommunikationsformen
auch eine gute Möglichkeit, damit das Kind mit seinen Großeltern und anderen
Bezugspersonen Kontakt halten kann.
Mein Kommentar zu dem Vorschlag von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), das Unterhaltsrecht zu reformieren:
Die Möglichkeit von Frauen ein eigenes Konto zu führen und ohne Erlaubnis des Ehemanns eine berufliche Tätigkeit auszuüben, … – in den vergangenen Jahrzehnten hat es zahlreiche wichtige Anpassungen des Rechts an gesellschaftliche Wirklichkeiten gegeben. Die nun von der Familienministerin angekündigte Anpassung der im BGB formulierten Betreuungs- und Barunterhaltsverpflichtungen „Einer betreut – einer zahlt“ ist längst überfällig. Viele Väter übernehmen – auch nach einer Trennung – Betreuungsaufgaben und -leistungen, die bei der Festlegung des Barunterhalts bislang unberücksichtigt bleiben. Eine Änderung haben sowohl der Familiengerichtstag als auch der Deutsche Juristentag angemahnt.
Ich begrüße es, dass die Ministerin dieses heiße Thema nun aufgreift. Es geht meiner Meinung nicht darum, jemanden besser zu stellen, sondern um einen fairen Ausgleich der erbrachten Leistungen. Auch ist dies ist kein Sparmodell: zwei Kinderzimmer nach einer Trennung kosten mehr Geld als in einer gemeinsamen Wohnung. Neue Lebenswirklichkeiten brauchen passende Rahmenbedingungen wie zum Beispiel qualitativ hochwertige und wohnortnahe Kinderbetreuungsangebote und Anreize im Steuerrecht, die eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit unterstützen – von Anfang an.
Das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen veranstaltet in Kooperation mit der Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit am 16. Januar eine Fachtagung zum Doppelresidenzmodell: ‚Eltern bleiben trotz Trennung‘