Fotografien von Martin Moog mit Texten und Impulsen zur
Vielfalt von Vätern in NRW
Das Selbstverständnis von Vätern sowie die Zuschreibungen
und Erwartungen an sie sind seit Jahrzehnten im Wandel. Väter wollen gute Väter
sein, von Anfang an für ihre Kinder da sein, ihre Entwicklung aktiv begleiten,
es besser machen als ihre eigenen, vielfach abwesenden Väter.
Im Alltag fällt es ihnen, auch aufgrund von unpassenden Rahmenbedingungen, schwer,
diese Vorstellungen zu leben.
Martin Moog, Fotograf aus Frankfurt, der seit knapp 20
Jahren als ‚Tagesvater‘ arbeitet, hat Väter mit ihren Kindern und Männer, die
in verschiedenen Situationen für Kinder Verantwortung übernommen haben,
porträtiert. Seine Fotografien zeichnen ein Bild davon, wie ‚engagierte
Vaterschaft‘ aussehen kann und welche Zufriedenheit Männer und Kinder in dieser
Zweisamkeit ausstrahlen.
Konfrontiert und ergänzt werden die Fotografien mit Wünschen
von Vätern sowie Zahlen und Fakten zu den vielfältigen Lebenswirklichkeiten von
Vätern in NRW.
Ausstellungseröffnung
Dienstag, 16. Mai, 19 Uhr
Tillmann Prüfer, Autor des Buchs ‚Vatersein, Warum wir mehr
denn je neue Väter brauchen‘ und der Zeit Kolumne ‚Prüfers Töchter‘ wird im
Gespräch mit dem Vorsitzenden der LAG-Väterarbeit darlegen, warum Feminismus
eine große Chance für Väter ist, auch ihr Schweigen zu brechen und aus dem
aktuellen Buch lesen.
Ausstellungszeitraum
Dienstag, 16. Mai bis Mittwoch, 14. Juni, Freiraum im KAP1
Eine Ausstellung der Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit in NRW im Rahmen der ‚Tage der Familie‘ des Ministeriums für Kinder, Jugendliche, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW.
Veränderungen in der
Enkelbetreuung, das Wohlbefinden von Eltern und das Wohlergehen von Kindern waren
die Kernpunkte der von der Stiftung Ravensburger Verlag angestoßenen Studie,
deren Ergebnisse im Sommer des vergangenen Jahres präsentiert wurden
Oma und Opa gefragt? war die
Ausgangsfrage des zweijährigen Projektes, mit dem sich ein Team aus Familien-
und Bildungsforscherinnen am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW
Berlin) und am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB Wiesbaden und
Berlin) befasst hat.
Für den Zusammenhalt der
Generationenuntereinander hat die Frage, inwiefern Oma und Opa gefragt
sind, eine wichtige Bedeutung: Die Betreuung der Enkel durch die Großeltern
kann zum Zusammenhalt der Enkel- und Großelterngeneration beitragen, aber auch
zum Zusammenhalt der Eltern- und Großelterngeneration.
Im ersten Teil der Studie geht es
um die Frage, wie sich vor dem Hintergrund familienpolitischer Veränderungen
die Betreuung durch Großeltern über die Zeit veränderte. In welchem
Zusammenhang stehen Großelternbetreuung und Kita-Betreuung? In einem zweiten
Studienschwerpunkt wurde die Frage beantwortet, in welchem Zusammenhang eine
Großelternbetreuung und kindliche Entwicklungsmaße sowie elterliche Zufriedenheit
stehen.
Als Ergebnis ihrer Untersuchung halten
die Forscher*innen fest, dass die Betreuung der Enkel durch Großeltern in
Deutschland seit vielen Jahren ein bedeutsamer Bestandteil der
Betreuungswirklichkeit von Kindern zwischen null und zehn Jahren ist. Im Detail
zeigt sich, dass bei Kindern im Krippenalter die Großeltern sowohl am Vor- als auch
Nachmittag eine Bedeutung haben, während es bei älteren Kindern die
Nachmittagsbetreuung ist.
Neben der planmäßigen Unterstützung sind Großeltern auch für die Betreuung in
Notfällen relevant. Ungefähr 60 Prozent aller Großmütter und 40 Prozent aller
Großväter unterstützen im Notfall bei der Betreuung ihrer Enkelkinder.
Zusätzlich betreuen Großeltern im Bedarfsfall. Wird die Großelternabfrage nicht
auf eine regelmäßige Betreuung beschränkt, sondern umfasst auch eine Betreuung
„nach Bedarf“, gibt rund die Hälfte aller Eltern von unter Dreijährigen und
etwa 55 Prozent der Eltern von Kindern zwischen drei und sechs Jahren, die noch
die Kita besuchen, an, dass die Großeltern normalerweise eine
Kinderbetreuungsfunktion übernehmen.
Wenn Großeltern bei der
Kinderbetreuung mitwirken, kann man bei Müttern zwei Effekte beobachten: Sie
sind zufriedener mit der Kinderbetreuung und mit ihrer eigenen Freizeit. Ihre
Zufriedenheit mit der Kinderbetreuungssituation steigt um 14 Prozent an. Dieser
Effekt geht auf Eltern mit Kindern im Kindergartenalter zurück – für diejenigen
mit Grundschulkindern ist er nicht festzustellen.
Bei den Vätern sind die Effekte
auf die Zufriedenheit im statistischen Sinne nicht so stabil. Die Zufriedenheit
der Väter mit der Kinderbetreuungssituation steigt um 21 Prozent, wenn ihre
Kinder von den Großeltern betreut werden. Die Kinderbetreuung durch die Großeltern
senkt jedoch die Zufriedenheit der Väter mit ihrer Karriere um 7 Prozent.
Die Effekte der Betreuung der Großeltern
auf die Kinder entspricht nicht denen, die einer Kita mit einer hohen Qualität
zugesprochen werden. Dies wird damit erklärt, dass Kinder in Kitas mit Gleichaltrigen
agieren, die Kita einen expliziten Bildungsauftrag hat und dort pädagogische
Fachkräfte beschäftigt sind.
„Der Befund, dass wir kaum Effekte im Mittel aller Kinder messen können, zeigt
aber auch, dass eine Großelternbetreuung nicht zu einer größeren
Entwicklungsauffälligkeit von Kindern oder Ähnlichem beiträgt. Vielmehr kann
vermutet werden, dass diese gemeinsame Zeit mit den Großeltern Wirkungen zeigt,
die eher mittel- bis langfristiger Natur sind.“
In ihren Schlussfolgerungen für
die zukünftige Kinderbetreuungspolitik, beschreibt die Studie auch in den
kommenden Jahren einen großen Bedarf, dass Familien auf diese
„Betreuungsressourcen“ zurückzugreifen. Für Familien, deren Großeltern nicht mehr
leben oder zu weit weg wohnen, müssten diese Ungleichheiten im Zugang und der
Verfügbarkeit von intergenerationalen Unterstützungsleistungen durch
ehrenamtliche und professionelle „Großelterndienste“ begegnet werden.
Großelternbetreuung ist, so ein
weiteres Ergebnis, in den letzten Jahren trotz Kita-Ausbau weitgehend konstant
geblieben, sie ist eine wichtige Komponente im Leben von jungen Familien und
hilft den Eltern. Eltern, die sie nicht nutzen können, wünschen sich in großem
Maß eine stärkere Einbindung von Oma und Opa. Erwerbstätigen Eltern stehen weiterhin
vor großen Herausforderungen – selbst wenn die Kita-Betreuung noch weiter
ausgebaut wird.
Sie sind vor allem auf eine
familienfreundliche Arbeitswelt angewiesen. Eine Arbeitswelt die Möglichkeiten bereit
hält, auf Notfälle und ungeplante Bedarfe reagieren zu können. Eine familienbewusste
Unternehmenskultur ist von großer Bedeutung und wird in Zukunft noch an
Bedeutung zunehmen.
Was macht das Vaterwerden mit Männern? Wissenschaftler
untersuchen, wie sich Männer psychisch und physisch während der
Schwangerschaft, der Geburt und in den ersten Jahren mit ihren Kindern
verändern. Diese Dokumentation geht auf eine Entdeckungsreise und begleitet
drei Männer in Deutschland, Frankreich und Schweden während ihres Abenteuers,
Papa zu werden und Vater zu sein.
Die arte Dokumentation zeigt, wie sich Männer während der Schwangerschaft, der Geburt und in den ersten Lebensjahren ihrer Kinder verändern, und welche Bedeutung sie dabei für ihre Kinder haben. Anna Machin, Evolutionsanthropologin der Universität Oxford, erforscht das Verhältnis von Vätern zu ihren Kindern. Die Ergebnisse ihrer Studien belegen, dass gegen Ende der Schwangerschaft und bei der Geburt das Testosteron der Väter sinkt. Das hilft ihnen, liebevoller auf ihre Kinder zu reagieren. Die Forschungsresultate Marian Bakermans-Kranenburgs von der Universität Leiden deuten darauf hin, dass Väter, die bereits in der Schwangerschaft täglich mit ihrem Baby kommunizieren, auch später eine stärkere Bindung zum Kind haben. Was passiert bei der Geburt mit Männern? Damit hat sich der Gynäkologe Kai Bühling im Rahmen einer Studie beschäftigt. Rund 90 Prozent der Väter erleben die Geburt als positiv – aber es gibt auch Männer, die sich um negative Veränderungen sorgen, vor allem, was die Sexualität angeht. Die Neurobiologin Ruth Feldman aus Tel Aviv hat sich in großangelegten Studien die Gehirnregionen von Müttern und Vätern angeschaut. Ihr Ergebnis: Nicht nur die Gehirne der Frauen, sondern auch die der Männer verändern sich nach der Geburt – vorausgesetzt, sie sind engagierte Väter.
Spannende wissenschaftliche Erkenntnisse, verwoben mit persönlichen Geschichten von Vätern aus drei unterschiedlichen Ländern, ergeben einen faszinierenden Film über das Phänomen des Vaterwerdens und der Wichtigkeit des Vaterseins.
Hans-Georg Nelles vertritt das Väterexpertennetz Deutschland VEND-eV in der LAG und ist auch deren Vorsitzender.
Ergänzen Sie bitte den Satz ‚Vater werden ist …‘
das spannendste Projekt, auf dass Mann sich einlassen kann und bei
dem alle Beteiligten gemeinsam wachsen, auch wenn sie schon oder irgend
wann einmal Erwachsene sind.
Welche Eigenschaften fallen ihnen beim Wort ‚Vater‘ ein?
… vom Wortstamm her bedeutet Vater ‚nähren, hüten, schützen‘. Das ist
quasi die Beschreibung der traditionellen Vaterrolle. Heute wollen
Väter aber mehr sein als Ernährer der Familie. Sie wollen die
Entwicklung ihrer Kinder von Anfang an aktiv begleiten und eine
Hauptrolle in ihrem Leben einnehmen.
Was sollte Mann beim Vater werden unbedingt beachten?
‚Vater werden ist nicht schwer‘ hat Wilhelm Busch vor über 150 Jahren
gedichtet, aber machen sich Viele die Entscheidung fürs ‚Vater werden‘
nicht leicht. Es gibt Einiges zu beachten und ändern tut sich danach
fast Alles. Aber darauf kann Mann sich vorbereiten, alleine, gemeinsam
mit der Partnerin und anderen werdenden Vätern. Es ist wichtig für sich
als Vater und gemeinsam als Eltern positive Vorstellungen und Bilder zu
entwickeln. Also eine Vorstellung davon, wie man Vater sein möchte.
Anschließend können Bedingungen geschaffen und Entscheidungen getroffen
werden, die eine Verwirklichung der (gemeinsamen) Vorstellungen
ermöglichen.
Was würde Ihrer Meinung nach Vätern in Zukunft das Vater sein erleichtern?
… wenn Vätern von Anfang an die Kompetenzen und Bedeutung
zugeschrieben wird, die sie für die Entwicklung ihrer Kinder haben und
ihnen auch die Zeit zugestanden wird, die Vatersein braucht. Es braucht
aber auch passende Rahmenbedingungen in Gesellschaft und Unternehmen
sowie von Seiten der Väter mehr Gelassenheit und Zuversicht.
An welches Erlebnis mit Ihrem Vater erinnern Sie sich am liebsten?
Das sind die Fahrradtouren die er mit uns unternommen hat. Außerdem
habe ich einem Haushalt ohne Auto erfahren, (trotzdem) mobil sein zu
können.
Die Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit in NRW
veranstaltet am 16. November eine Online Tagung mit der Überschrift ‚Lockdown
als Chance?. Was ist damit gemeint?
Im Rückblick auf das Frühjahr 2020 und den Beginn des Jahres
2021 kommen uns zunächst die Einschränkungen und Schließungen von Schulen und
Kindertagesstätten in den Sinn, die zu großen Mehrbelastungen in Familien
geführt haben. Corona hat dabei wie ein Brennglas gewirkt und an vielen Stellen
deutlich gemacht, was gut läuft und was nicht.
Wir wollen mit dieser Tagung noch einmal die Lupe darauf richten, was ‚gut‘
gelaufen ist, welche Erfahrungen Väter gemacht haben, die sich, zu Beginn
vielleicht unfreiwillig, in Familie engagiert haben und welche Wirkungen diese
Erlebnisse auf ihr Vatersein haben.
Und der Titel der Tagung hat ja noch einen zweiten Teil: ‚Weichenstellungen für
mehr väterliches Engagement‘. Es wird darum gehen, Konsequenzen aus diesen
‚Learnings‘ zu ziehen und zu schauen, wo strukturelle Hindernisse beseitigt
werden können um dieses Engagement auf Dauer sicher zu stellen und mehr Vätern
das zu ermöglichen, was sie wollen, sich gleichermaßen in Familie und Beruf zu
engagieren und in beiden Sphären erfolgreich zu sein
Was erwartet die Teilnehmenden am 16. November konkret?
Am Vormittag wird es zunächst zwei Beiträge geben: David
Juncke von der Prognos AG wird zunächst aktuelle Zahlen und Fakten aus dem
gerade veröffentlichten Väterreport vorstellen, Anne Buschmeyer vom Deutschen
Jugend Institut wird diese ‚Fakten‘ mit Ergebnissen aus qualitativen Interviews
mit Vätern, die sie 2020 und 21 geführt hat, ergänzen. Anschließend diskutieren
die beiden gemeinsam mit einem Elternpaar, das sich schon vor der Pandemie
Erwerbs- und Familienarbeit partnerschaftlich aufgeteilt haben, deren Auswirkungen
auf Väter und Mütter.
Am Nachmittag geht es dann in einer ersten Runde um Ideen und Visionen für die
Gestaltung von entscheidenden Lebenssituationen von Vätern. Als
Impulsgeber:innen haben wir Autor:innen gewonnen, die sich intensiv mit dem
jeweiligen Thema auseinandergesetzt haben.
In einer zweiten Runde geht es dann darum, aus den Ideen konkrete
Weichenstellungen für mehr väterliches Engagement abzuleiten und die Schritte
zu ihrer Verwirklichung zu definieren.
Welche Konsequenzen werden die Ergebnisse der Tagung
haben?
Als Ergebnis der Fachtagung werden wir für die Bereiche: ‚Geburt
& Gesundheit‘, ‚Bildung & Erziehung‘, ‚Recht & Beratung‘, ‚Erwerbs-
& Care Arbeit‘ sowie ‚Gleichberechtigung & Beteiligung‘ konkrete Ansätze
für mehr väterliches Engagement haben. Diese ermöglichen Vätern und Müttern, denjenigen
die sie begleiten und beraten vor allem aber denjenigen, die Rahmenbedingungen
(mit-) gestalten, vermeintliche Sachzwänge und andere Faktoren, die nicht zu
den ‚erwünschten‘ Zielen führen, zu korrigieren und Weichen anders zu stellen.
Wir als Landesarbeitsgemeinschaft sind vor fünf Jahren unter anderem
angetreten, Vätern Wege in die Familie zu erleichtern. Wir werden diese
Ergebnisse für unsere Lobbyarbeit nutzen, im kommenden Jahr sind ja auch
Landtagswahlen in NRW. Darüber hinaus werden wir die konkreten Vorschläge auch
im fachlichen Austausch mit anderen Verbänden und Institutionen zur
Verbesserung der Arbeit mit Vätern nutzen.
Für die Teilnahme an der Tagung
werden keine Kosten erhoben, eine Anmeldung ist hier möglich:
Bei dieser Veranstaltung wird es darum gehen, Lebenssituationen und
-ereignisse, in denen väterliches Engagement beeinflusst wird, zu
identifizieren und diejenigen, die Väter in diesen Phasen begleiten und
beraten mit denen ins Gespräch zu bringen, die gesellschaftliche und
politische Rahmenbedingungen mitgestalten.
Dabei werden die Erfahrungen, die Väter und alle anderen, in der Corona
Pandemie, während der Lockdowns mit Schul- und Kitaschließungen, im
Homeoffice und in der Ausübung systemrelevante Berufe gemacht haben im
Vordergrund stehen und die Chancen der Learnings dieser 18 Monate
ausgewertet.
Ergebnis dieser Tagung sind konkrete Ansätze, die es einerseits Vätern
bzw. denjenigen die sie begleiten und beraten ermöglichen,
Entscheidungsabläufe ‚transparenter‘ zu gestalten und andererseits
denjenigen, die Rahmenbedingungen (mit-) gestalten, erlauben
vermeintliche Sachzwänge und andere Faktoren, die nicht zu den
‚erwünschten‘ Zielen führen, zu korrigieren und Weichen anders zu
stellen.
Programm
Ab 9.00 Uhr Login der Teilnehmenden
9.30 Uhr Eröffnung und Einführung
Videogrußbotschaft Andreas Bothe, Staatssekretär MKFFI
LAG-V Mitglieder im Gespräch: Hans-Georg Nelles, Stephan Buttgereit und
Jürgen Haas zu den Herausforderungen und Erfahrungen in der Arbeit der
letzten 18 Monate.
10.00 Uhr Keynotes
Engagement von Vätern, Entwicklung, Bedeutung und Rahmenbedingungen
David Juncke Prognos AG
Corona als Brennglas – Erfahrungen von Vätern und Chancen/ Ansatzpunkte für Veränderungen mehr väterliches Engagement
Anna Buschmeyer, Deutsches Jugendinstitut München
11:20 Uhr Pause
11:35 Uhr Videoimpuls: Portraits von Paaren und ihren Erfahrungen in unterschiedlichen Familienkonstellationen
… lautet der Titel des #Vaeter Buchs von Benjamin Wockenfuß,
dass an diesem Freitag erscheint. Grafisch ist es ein Hingucker und auf den
zweiten Blick fällt auf, dass es eigentlich mindestens zwei Bücher sind. Am
einen Ende ist ein in sieben Kapitel gegliederter ‚Wissens-Input‘ wie es der
Autor nennt, am anderen Ende ist eine wunderbare ‚Power-Papa & Kreativ-Kid
Geschichte, die von Stefanie Messing bebildert ist. In der Mitte des Buches ein
analoges Planungstool für die ersten 22 Tage #TollerPapa.
Man kann das Buch aber auch einfach umdrehen und dann ergibt
sich eine andere Reihenfolge und eine andere Perspektive. Das gibt den Anspruch
und die Haltung von Ben, so tritt der Autor den Lesern und Leserinnen gegenüber,
ganz gut wieder. Sein Buch soll kein Fachbuch sein und die fachlichen
Erfahrungen die er weitergibt sind seine Erkenntnisse, seine Wahrheit und seine
Gefühle.
Das besondere an dem Buch ist, dass es nicht nur an
verschiedenen Stellen an fachlich fundierte Texte verweist, die per QR-Code
leicht zu erreichen sind, sondern auch in den sozialen Medien über den im Titel
formulierten Hashtag eine Community für #Vaeter eröffnet und diese zum aktiven
Austausch ihrer Erfahrungen einlädt.
Die im Untertitel vorsichtig formulierte These ‚Erziehung
ist (auch) Männersache‘ bildet, versehen mit einem Ausrufezeichen und dem
Zusatz ‚… Echt?‘ ist auch die Überschrift zum Kapitel 1. Der Autor positioniert
sich hier aber eindeutig: ‚Jeder Mann kann Erziehung!‘ „Ein Vater ist mehr als
nur ein Assistent der Mutter. Er hat eigene/ andere Fähigkeiten, die Kinder
dringend brauchen.“
So ist es, aber so einfach ist es leider nicht. Lernen tut
Mensch dass, was er tut und es gibt weder die geborene Mutter noch den
geborenen Vater. Das was einen tollen Papa, einen (hinreichend) guten Vater
ausmacht wird gelernt, indem ich es mache und von anderen abgucke. Das was Mann
macht oder besser lässt hängt vielfach von gesellschaftlichen und eigenen
Erwartungen und gegenseitigen Rollenzuschreibungen ab. Wockenfuß führt noch
weitere Faktoren an, die den Lernprozess und eine gelingende Erziehungsgestaltung
beeinflussen: Aktives Mitfühlen, Verantwortung annehmen und aushalten und trotz
Uneinigkeit ein Elternteam bleiben.
Zu allen drei Punkten bietet er dann praktische Tools an, die
dazu anleiten, sich mit seinen eigenen Positionen und Haltungen
auseinanderzusetzen und diese auch zu visualisieren. Am Ende dieses und jedem
der folgenden 6 Kapitel gibt es ein ‚Fazit to Go‘ einen Einseiter, auf dem die
wichtigsten Aussagen noch einem kurz und grafisch ansprechend zusammengefasst
werden.
Die einzelnen Abschnitte sind jeweils in sich abgeschlossen
und das Buch kann kreuz und quer gelesen und bearbeitet werden. Dazu fordert
der Autor auch explizit auf, es sei ein Arbeitsbuch und das Notieren von
Gedanken und die Verschriftlichung von Routinen erleichtere den Blick auf das
Wesentliche. Dazu bietet Wockenfuß an vielen Stellen neben den im Buch
skizzierten analogen auch digitale Werkzeuge an und stellt deren Vorzüge
heraus. Das macht er auch in Bezug auf die digitalen Medienzugänge für Kinder: „Durch
digitale Medien, wie etwas Spiele-Apps, haben Kinder die Chance, kreative Gestalter:innen
statt lineare Konsument:innen zu sein. Ein großer Schatz!“
Die im Kapitel 4 dargestellte ‚Einfachheit im Vatersein‘ und
dem Plädoyer für Langeweile aus der Kreativität erwächst getreu der Gleichung ‚Weniger
ist Mehr‘ erinnert mich an eine zentrale Aussage aus dem 2015 erschienen Buch ‚Geht
Alles gar nicht Warum wir Kinder, Liebe und Karriere nicht vereinbaren können‘
von Marc Brost und Heinrich Wefing:
„ … Auch früher gab es Erwartungen an Väter …, aber sie
waren klarer und eindeutiger, weil es auch klare und eindeutige Rollen gab. Heute
dagegen gibt es unendlich viele Erwartungen, weil es unendlich viele
Möglichkeiten gibt, … ein guter Vater zu sein, und deswegen scheint es das
Beste zu sein, einfach alle Erwartungen zu erfüllen.“
Benjamin Wockenfuß zeigt einen ‚einfachen‘ Weg auf, mit
diesen Erwartungen und Möglichkeiten umzugehen. Nicht nur zu Hause mit der
Familie, sondern auch im Beruf. Er schlägt hier einen neues Verständnis dafür
vor, wie Arbeitswelt und Vatersein zusammengehen können. „Welche Position in
meinem Selbstbild übernimmt meine Arbeit eigentlich? Wie sinnstiftend ist sie
für mich?“ Die praktischen Vorschläge an dieser Stelle sind meiner Auffassung
nach eher auf Väter mit gut abgesicherten Jobs zugeschnitten. Diejenigen die
zwei oder drei prekäre Jobs zur Absicherung des Lebensunterhalts haben, stellen
sich die Frage „Brauche ich wirklich eine Vollzeitstelle“ wohl nicht.
Eine gute Zusammenfassung formuliert der als Experte in
Kapitel 6 zitierte Organisationsberater Hendrik Epe: [es] … wird deutlich, dass
ich (m)eine Rolle als Vater … darin sehe, Ambiguitätstoleranz vorzuleben. Es
gibt nicht den einen, richtigen Weg in der Erziehung der Kinder, ebenso wenig
wie es die eine, richtige Art und Weise der Gestaltung der Arbeitswelt der
Zukunft gibt.
#TollerPapa liefert jede Menge Anregungen für Väter, diese
ambivalenten Möglichkeiten zu entdecken, eigene Positionen zu bilden und sich gemeinsam
mit den Kindern weiter zu entwickeln und der Papa zu sein, den man selber als
Kind gebraucht hätte. Das Wendebuch zum Preis von 18 € ist eine tolle
Investition sowohl für werdende als auch schon vor langer Zeit gewordene Väter.
… Du und ich in Wellenpommes-Mayo Du und ich im Opel zu Winnetou Du in Graz am Tanzen auf Grappa Dein Gesicht, ich am Heulen wegen Hanna Du am Rand, ich auf der Bühne heiser „Tu immer, was du liebst, auch wenn du scheiterst“ Sehen auch dich und die Kartons in Friedrichsheim „Mach’s gut Junge, ich fahr’ heim“ …
Erklärung
des VEND-eV zum internationalen Vatertag
Bezahlte und unbezahlte Arbeit
Jede Krise wirkt wie ein
Brennglas für bestehende Probleme. So ist es auch mit Corona: Es wird deutlich,
dass wir von dem Wunsch der meisten Väter und Mütter, sich Erwerbs- und
Familienarbeit partnerschaftlich aufzuteilen, noch weit entfernt sind. 2018 arbeiteten
in den alten Bundesländern lediglich 18%, in den neuen 44% der Mütter mit
Kindern unter sechs Jahren in Vollzeit, 58% bzw. 42% in Teilzeit und 24% bzw.
14% waren voll und ganz für ihre Kinder da. Demgegenüber arbeiteten in allen
Bundesländern über 90% der Väter in Vollzeit.
Ergebnis ist eine Rollenzuschreibung
der unbezahlten Haus- und Carearbeit auf die Mütter. Wir fordern die
Bundesregierung daher auf, alle Regelungen, die diese Ungleichheit festschreiben,
zu beseitigen und Vätern den Einstieg in die Carearbeit zu erleichtern. Eine
14tägige Freistellung mit Lohnersatz für Väter aus Anlass der Geburt ihres
Kindes, die in der im letzten Jahr verabschiedeten EU-Vereinbarkeitsrichtlinie vorgesehen ist, ist unserer Auffassung nach ein
wichtiger erster Schritt in diese Richtung.
Ferner erwarten wir von der
Politik, dass Väter ein klar geregeltes individuelles Anrecht auf eine längere
Phase von Elternzeit mit Elterngeld zuerkannt bekommen (mindestens vier Monate, besser sieben
Monate) – und dabei müssen auch diejenigen Väter einbezogen werden, die nicht
mit der Mutter des Kindes in einem Haushalt leben.
Vätern und Müttern im Rahmen
einer Familienarbeitszeit zu ermöglichen, ihre Arbeitszeiten bis zum dritten
Lebensjahr des Kindesgemeinsam auf 32 Stunden zu reduzieren und die
Verdienstdifferenzen durch ein entsprechendes ‚Kurzarbeitergeld‘ auszugleichen,
ist ebenfalls eine wichtige Weichenstellung.
Die Erfahrungen der letzten
drei Monate zeigen deutlich, dass die Familien, wo sich Väter und Mütter schon
vor Corona Erwerbs- und Familienarbeit partnerschaftlich aufgeteilt haben,
diese Aufteilung auch im Krisenmodus bestehen bleibt und zusätzliche
Belastungen gleichmäßiger verteilt werden.
Zuhause in Beziehung mit den Kindern
Aber auch wenn Frauen zuhause
einen großen Teil der Care-Arbeiten übernehmen, Kinder betreuen und beschulen,
engagierten sich Väter während des Lockdown und der Schließung der Schulen und
Kindertagesstätten verstärkt in Familie und mit ihren Kindern. Väter, die in
Kurzarbeit waren und sind und deren Frauen in den sogenannten systemrelevanten
Berufen arbeiten, im Einzelhandel, in der Pflege oder im Krankenhaus,
übernehmen selbstverständlich Beschulung und Betreuung ihrer Kinder sowie die
Aufgaben im Haushalt. Dass dies die vollzeitbeschäftigten Väter – sei es im
Homeoffice oder an der Werkbank – nicht im gleichen Maße machen können, liegt
auf der Hand. Doch auch diese Väter engagieren sich bis zur Belastungsgrenze
und häufig darüber hinaus in und für ihre Familien.
Damit dies dauerhaft gelingen
kann, brauchen die Väter neben väter- und familienfreundlichen gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen ebenso individuelle Unterstützung, Beratung und passende
Bildungsangebote, vor allem aber Austauschmöglichkeiten mit anderen Vätern.
Väterzentren, Familienbildung für Väter mit ihren Kindern ab der Geburt und
Vater-Kind-Angebote, sollten zu den Standardangeboten gehören.
Vor allem aber gilt es, Väter
in ihren unterschiedlichen Lebenslagen in den Blick zu nehmen und sichtbar zu
machen:
den getrenntlebenden Vater, der sein Kind im
Wechselmodell betreut und dazu jede zweite Woche täglich 16 Stunden arbeitet um
in der anderen für seine Tochter da sein zu können
die Väter, die in beengten Wohnverhältnissen
Homeoffice und -schooling am Küchentisch erledigen sollen
und auch die Väter, die sich an ihren Arbeitsplätzen
Sorgen um ihre Gesundheit machen und sich nach 10 Stunden Erwerbsarbeit zuhause
ihren Kindern widmen.
Konsequenzen für eine neue ‚Normalität‘
#Vaterschaftistmehr als die
finanzielle Absicherung der Lebensgrundlagen der Familie. Väter haben eine
eigene Bedeutung für die Entwicklung der Kinder und können von Anfang an eine
Beziehung zu ihnen aufbauen. Damit dies in Zukunft noch besser gelingt, müssen gesetzliche
und gesellschaftliche Rahmenbedingungen verändert werden. Dazu gehören unserer
Auffassung nach in jedem Fall:
ein gemeinsames Sorgerecht für beide Elternteile ab
der Geburt
ein Eltern – Coaching, beginnend im Rahmen der
Geburtsvorbereitung, in dem Aufgaben und Erwartungen wie auch Problemstellungen
der Vater- bzw. Mutterschaft auch auf der Paarebene angesprochen und verhandelt
sowie Eltern begleitet und unterstützt werden können
bei Trennung kein präferiertes Residenzmodell, sondern
ein am Wohl des Kindes und dem Bedürfnis nach beiden Elternteilen orientiertes
Betreuungs- und Lebensmodell
reale Gleichbehandlung vor Gericht einhergehend mit
einer Qualifizierung von Familienrichter_Innen* zu einem veränderten
Familienbild und -begriff, in dem eine gleichberechtigte Familiengestaltung
zentral ist
die Berücksichtigung von Getrennt- und
Alleinerziehendenhaushalten sowie die nachhaltige Unterstützung beider Formen
bei allen Maßnahmen der Familienförderung
digitale und analoge Bildungs- und Beratungsangebote,
die einen niedrigschwelligen Zugang für Väter ermöglichen, etwa durch die
Kooperation von Familienbildungsstätten mit Unternehmen.