Hans-Georg Nelles vertritt das Väterexpertennetz Deutschland VEND-eV in der LAG und ist auch deren Vorsitzender.
Ergänzen Sie bitte den Satz ‚Vater werden ist …‘
das spannendste Projekt, auf dass Mann sich einlassen kann und bei
dem alle Beteiligten gemeinsam wachsen, auch wenn sie schon oder irgend
wann einmal Erwachsene sind.
Welche Eigenschaften fallen ihnen beim Wort ‚Vater‘ ein?
… vom Wortstamm her bedeutet Vater ‚nähren, hüten, schützen‘. Das ist
quasi die Beschreibung der traditionellen Vaterrolle. Heute wollen
Väter aber mehr sein als Ernährer der Familie. Sie wollen die
Entwicklung ihrer Kinder von Anfang an aktiv begleiten und eine
Hauptrolle in ihrem Leben einnehmen.
Was sollte Mann beim Vater werden unbedingt beachten?
‚Vater werden ist nicht schwer‘ hat Wilhelm Busch vor über 150 Jahren
gedichtet, aber machen sich Viele die Entscheidung fürs ‚Vater werden‘
nicht leicht. Es gibt Einiges zu beachten und ändern tut sich danach
fast Alles. Aber darauf kann Mann sich vorbereiten, alleine, gemeinsam
mit der Partnerin und anderen werdenden Vätern. Es ist wichtig für sich
als Vater und gemeinsam als Eltern positive Vorstellungen und Bilder zu
entwickeln. Also eine Vorstellung davon, wie man Vater sein möchte.
Anschließend können Bedingungen geschaffen und Entscheidungen getroffen
werden, die eine Verwirklichung der (gemeinsamen) Vorstellungen
ermöglichen.
Was würde Ihrer Meinung nach Vätern in Zukunft das Vater sein erleichtern?
… wenn Vätern von Anfang an die Kompetenzen und Bedeutung
zugeschrieben wird, die sie für die Entwicklung ihrer Kinder haben und
ihnen auch die Zeit zugestanden wird, die Vatersein braucht. Es braucht
aber auch passende Rahmenbedingungen in Gesellschaft und Unternehmen
sowie von Seiten der Väter mehr Gelassenheit und Zuversicht.
An welches Erlebnis mit Ihrem Vater erinnern Sie sich am liebsten?
Das sind die Fahrradtouren die er mit uns unternommen hat. Außerdem
habe ich einem Haushalt ohne Auto erfahren, (trotzdem) mobil sein zu
können.
Die Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit in NRW
veranstaltet am 16. November eine Online Tagung mit der Überschrift ‚Lockdown
als Chance?. Was ist damit gemeint?
Im Rückblick auf das Frühjahr 2020 und den Beginn des Jahres
2021 kommen uns zunächst die Einschränkungen und Schließungen von Schulen und
Kindertagesstätten in den Sinn, die zu großen Mehrbelastungen in Familien
geführt haben. Corona hat dabei wie ein Brennglas gewirkt und an vielen Stellen
deutlich gemacht, was gut läuft und was nicht.
Wir wollen mit dieser Tagung noch einmal die Lupe darauf richten, was ‚gut‘
gelaufen ist, welche Erfahrungen Väter gemacht haben, die sich, zu Beginn
vielleicht unfreiwillig, in Familie engagiert haben und welche Wirkungen diese
Erlebnisse auf ihr Vatersein haben.
Und der Titel der Tagung hat ja noch einen zweiten Teil: ‚Weichenstellungen für
mehr väterliches Engagement‘. Es wird darum gehen, Konsequenzen aus diesen
‚Learnings‘ zu ziehen und zu schauen, wo strukturelle Hindernisse beseitigt
werden können um dieses Engagement auf Dauer sicher zu stellen und mehr Vätern
das zu ermöglichen, was sie wollen, sich gleichermaßen in Familie und Beruf zu
engagieren und in beiden Sphären erfolgreich zu sein
Was erwartet die Teilnehmenden am 16. November konkret?
Am Vormittag wird es zunächst zwei Beiträge geben: David
Juncke von der Prognos AG wird zunächst aktuelle Zahlen und Fakten aus dem
gerade veröffentlichten Väterreport vorstellen, Anne Buschmeyer vom Deutschen
Jugend Institut wird diese ‚Fakten‘ mit Ergebnissen aus qualitativen Interviews
mit Vätern, die sie 2020 und 21 geführt hat, ergänzen. Anschließend diskutieren
die beiden gemeinsam mit einem Elternpaar, das sich schon vor der Pandemie
Erwerbs- und Familienarbeit partnerschaftlich aufgeteilt haben, deren Auswirkungen
auf Väter und Mütter.
Am Nachmittag geht es dann in einer ersten Runde um Ideen und Visionen für die
Gestaltung von entscheidenden Lebenssituationen von Vätern. Als
Impulsgeber:innen haben wir Autor:innen gewonnen, die sich intensiv mit dem
jeweiligen Thema auseinandergesetzt haben.
In einer zweiten Runde geht es dann darum, aus den Ideen konkrete
Weichenstellungen für mehr väterliches Engagement abzuleiten und die Schritte
zu ihrer Verwirklichung zu definieren.
Welche Konsequenzen werden die Ergebnisse der Tagung
haben?
Als Ergebnis der Fachtagung werden wir für die Bereiche: ‚Geburt
& Gesundheit‘, ‚Bildung & Erziehung‘, ‚Recht & Beratung‘, ‚Erwerbs-
& Care Arbeit‘ sowie ‚Gleichberechtigung & Beteiligung‘ konkrete Ansätze
für mehr väterliches Engagement haben. Diese ermöglichen Vätern und Müttern, denjenigen
die sie begleiten und beraten vor allem aber denjenigen, die Rahmenbedingungen
(mit-) gestalten, vermeintliche Sachzwänge und andere Faktoren, die nicht zu
den ‚erwünschten‘ Zielen führen, zu korrigieren und Weichen anders zu stellen.
Wir als Landesarbeitsgemeinschaft sind vor fünf Jahren unter anderem
angetreten, Vätern Wege in die Familie zu erleichtern. Wir werden diese
Ergebnisse für unsere Lobbyarbeit nutzen, im kommenden Jahr sind ja auch
Landtagswahlen in NRW. Darüber hinaus werden wir die konkreten Vorschläge auch
im fachlichen Austausch mit anderen Verbänden und Institutionen zur
Verbesserung der Arbeit mit Vätern nutzen.
Für die Teilnahme an der Tagung
werden keine Kosten erhoben, eine Anmeldung ist hier möglich:
Bei dieser Veranstaltung wird es darum gehen, Lebenssituationen und
-ereignisse, in denen väterliches Engagement beeinflusst wird, zu
identifizieren und diejenigen, die Väter in diesen Phasen begleiten und
beraten mit denen ins Gespräch zu bringen, die gesellschaftliche und
politische Rahmenbedingungen mitgestalten.
Dabei werden die Erfahrungen, die Väter und alle anderen, in der Corona
Pandemie, während der Lockdowns mit Schul- und Kitaschließungen, im
Homeoffice und in der Ausübung systemrelevante Berufe gemacht haben im
Vordergrund stehen und die Chancen der Learnings dieser 18 Monate
ausgewertet.
Ergebnis dieser Tagung sind konkrete Ansätze, die es einerseits Vätern
bzw. denjenigen die sie begleiten und beraten ermöglichen,
Entscheidungsabläufe ‚transparenter‘ zu gestalten und andererseits
denjenigen, die Rahmenbedingungen (mit-) gestalten, erlauben
vermeintliche Sachzwänge und andere Faktoren, die nicht zu den
‚erwünschten‘ Zielen führen, zu korrigieren und Weichen anders zu
stellen.
Programm
Ab 9.00 Uhr Login der Teilnehmenden
9.30 Uhr Eröffnung und Einführung
Videogrußbotschaft Andreas Bothe, Staatssekretär MKFFI
LAG-V Mitglieder im Gespräch: Hans-Georg Nelles, Stephan Buttgereit und
Jürgen Haas zu den Herausforderungen und Erfahrungen in der Arbeit der
letzten 18 Monate.
10.00 Uhr Keynotes
Engagement von Vätern, Entwicklung, Bedeutung und Rahmenbedingungen
David Juncke Prognos AG
Corona als Brennglas – Erfahrungen von Vätern und Chancen/ Ansatzpunkte für Veränderungen mehr väterliches Engagement
Anna Buschmeyer, Deutsches Jugendinstitut München
11:20 Uhr Pause
11:35 Uhr Videoimpuls: Portraits von Paaren und ihren Erfahrungen in unterschiedlichen Familienkonstellationen
… lautet der Titel des #Vaeter Buchs von Benjamin Wockenfuß,
dass an diesem Freitag erscheint. Grafisch ist es ein Hingucker und auf den
zweiten Blick fällt auf, dass es eigentlich mindestens zwei Bücher sind. Am
einen Ende ist ein in sieben Kapitel gegliederter ‚Wissens-Input‘ wie es der
Autor nennt, am anderen Ende ist eine wunderbare ‚Power-Papa & Kreativ-Kid
Geschichte, die von Stefanie Messing bebildert ist. In der Mitte des Buches ein
analoges Planungstool für die ersten 22 Tage #TollerPapa.
Man kann das Buch aber auch einfach umdrehen und dann ergibt
sich eine andere Reihenfolge und eine andere Perspektive. Das gibt den Anspruch
und die Haltung von Ben, so tritt der Autor den Lesern und Leserinnen gegenüber,
ganz gut wieder. Sein Buch soll kein Fachbuch sein und die fachlichen
Erfahrungen die er weitergibt sind seine Erkenntnisse, seine Wahrheit und seine
Gefühle.
Das besondere an dem Buch ist, dass es nicht nur an
verschiedenen Stellen an fachlich fundierte Texte verweist, die per QR-Code
leicht zu erreichen sind, sondern auch in den sozialen Medien über den im Titel
formulierten Hashtag eine Community für #Vaeter eröffnet und diese zum aktiven
Austausch ihrer Erfahrungen einlädt.
Die im Untertitel vorsichtig formulierte These ‚Erziehung
ist (auch) Männersache‘ bildet, versehen mit einem Ausrufezeichen und dem
Zusatz ‚… Echt?‘ ist auch die Überschrift zum Kapitel 1. Der Autor positioniert
sich hier aber eindeutig: ‚Jeder Mann kann Erziehung!‘ „Ein Vater ist mehr als
nur ein Assistent der Mutter. Er hat eigene/ andere Fähigkeiten, die Kinder
dringend brauchen.“
So ist es, aber so einfach ist es leider nicht. Lernen tut
Mensch dass, was er tut und es gibt weder die geborene Mutter noch den
geborenen Vater. Das was einen tollen Papa, einen (hinreichend) guten Vater
ausmacht wird gelernt, indem ich es mache und von anderen abgucke. Das was Mann
macht oder besser lässt hängt vielfach von gesellschaftlichen und eigenen
Erwartungen und gegenseitigen Rollenzuschreibungen ab. Wockenfuß führt noch
weitere Faktoren an, die den Lernprozess und eine gelingende Erziehungsgestaltung
beeinflussen: Aktives Mitfühlen, Verantwortung annehmen und aushalten und trotz
Uneinigkeit ein Elternteam bleiben.
Zu allen drei Punkten bietet er dann praktische Tools an, die
dazu anleiten, sich mit seinen eigenen Positionen und Haltungen
auseinanderzusetzen und diese auch zu visualisieren. Am Ende dieses und jedem
der folgenden 6 Kapitel gibt es ein ‚Fazit to Go‘ einen Einseiter, auf dem die
wichtigsten Aussagen noch einem kurz und grafisch ansprechend zusammengefasst
werden.
Die einzelnen Abschnitte sind jeweils in sich abgeschlossen
und das Buch kann kreuz und quer gelesen und bearbeitet werden. Dazu fordert
der Autor auch explizit auf, es sei ein Arbeitsbuch und das Notieren von
Gedanken und die Verschriftlichung von Routinen erleichtere den Blick auf das
Wesentliche. Dazu bietet Wockenfuß an vielen Stellen neben den im Buch
skizzierten analogen auch digitale Werkzeuge an und stellt deren Vorzüge
heraus. Das macht er auch in Bezug auf die digitalen Medienzugänge für Kinder: „Durch
digitale Medien, wie etwas Spiele-Apps, haben Kinder die Chance, kreative Gestalter:innen
statt lineare Konsument:innen zu sein. Ein großer Schatz!“
Die im Kapitel 4 dargestellte ‚Einfachheit im Vatersein‘ und
dem Plädoyer für Langeweile aus der Kreativität erwächst getreu der Gleichung ‚Weniger
ist Mehr‘ erinnert mich an eine zentrale Aussage aus dem 2015 erschienen Buch ‚Geht
Alles gar nicht Warum wir Kinder, Liebe und Karriere nicht vereinbaren können‘
von Marc Brost und Heinrich Wefing:
„ … Auch früher gab es Erwartungen an Väter …, aber sie
waren klarer und eindeutiger, weil es auch klare und eindeutige Rollen gab. Heute
dagegen gibt es unendlich viele Erwartungen, weil es unendlich viele
Möglichkeiten gibt, … ein guter Vater zu sein, und deswegen scheint es das
Beste zu sein, einfach alle Erwartungen zu erfüllen.“
Benjamin Wockenfuß zeigt einen ‚einfachen‘ Weg auf, mit
diesen Erwartungen und Möglichkeiten umzugehen. Nicht nur zu Hause mit der
Familie, sondern auch im Beruf. Er schlägt hier einen neues Verständnis dafür
vor, wie Arbeitswelt und Vatersein zusammengehen können. „Welche Position in
meinem Selbstbild übernimmt meine Arbeit eigentlich? Wie sinnstiftend ist sie
für mich?“ Die praktischen Vorschläge an dieser Stelle sind meiner Auffassung
nach eher auf Väter mit gut abgesicherten Jobs zugeschnitten. Diejenigen die
zwei oder drei prekäre Jobs zur Absicherung des Lebensunterhalts haben, stellen
sich die Frage „Brauche ich wirklich eine Vollzeitstelle“ wohl nicht.
Eine gute Zusammenfassung formuliert der als Experte in
Kapitel 6 zitierte Organisationsberater Hendrik Epe: [es] … wird deutlich, dass
ich (m)eine Rolle als Vater … darin sehe, Ambiguitätstoleranz vorzuleben. Es
gibt nicht den einen, richtigen Weg in der Erziehung der Kinder, ebenso wenig
wie es die eine, richtige Art und Weise der Gestaltung der Arbeitswelt der
Zukunft gibt.
#TollerPapa liefert jede Menge Anregungen für Väter, diese
ambivalenten Möglichkeiten zu entdecken, eigene Positionen zu bilden und sich gemeinsam
mit den Kindern weiter zu entwickeln und der Papa zu sein, den man selber als
Kind gebraucht hätte. Das Wendebuch zum Preis von 18 € ist eine tolle
Investition sowohl für werdende als auch schon vor langer Zeit gewordene Väter.
… Du und ich in Wellenpommes-Mayo Du und ich im Opel zu Winnetou Du in Graz am Tanzen auf Grappa Dein Gesicht, ich am Heulen wegen Hanna Du am Rand, ich auf der Bühne heiser „Tu immer, was du liebst, auch wenn du scheiterst“ Sehen auch dich und die Kartons in Friedrichsheim „Mach’s gut Junge, ich fahr’ heim“ …
Erklärung
des VEND-eV zum internationalen Vatertag
Bezahlte und unbezahlte Arbeit
Jede Krise wirkt wie ein
Brennglas für bestehende Probleme. So ist es auch mit Corona: Es wird deutlich,
dass wir von dem Wunsch der meisten Väter und Mütter, sich Erwerbs- und
Familienarbeit partnerschaftlich aufzuteilen, noch weit entfernt sind. 2018 arbeiteten
in den alten Bundesländern lediglich 18%, in den neuen 44% der Mütter mit
Kindern unter sechs Jahren in Vollzeit, 58% bzw. 42% in Teilzeit und 24% bzw.
14% waren voll und ganz für ihre Kinder da. Demgegenüber arbeiteten in allen
Bundesländern über 90% der Väter in Vollzeit.
Ergebnis ist eine Rollenzuschreibung
der unbezahlten Haus- und Carearbeit auf die Mütter. Wir fordern die
Bundesregierung daher auf, alle Regelungen, die diese Ungleichheit festschreiben,
zu beseitigen und Vätern den Einstieg in die Carearbeit zu erleichtern. Eine
14tägige Freistellung mit Lohnersatz für Väter aus Anlass der Geburt ihres
Kindes, die in der im letzten Jahr verabschiedeten EU-Vereinbarkeitsrichtlinie vorgesehen ist, ist unserer Auffassung nach ein
wichtiger erster Schritt in diese Richtung.
Ferner erwarten wir von der
Politik, dass Väter ein klar geregeltes individuelles Anrecht auf eine längere
Phase von Elternzeit mit Elterngeld zuerkannt bekommen (mindestens vier Monate, besser sieben
Monate) – und dabei müssen auch diejenigen Väter einbezogen werden, die nicht
mit der Mutter des Kindes in einem Haushalt leben.
Vätern und Müttern im Rahmen
einer Familienarbeitszeit zu ermöglichen, ihre Arbeitszeiten bis zum dritten
Lebensjahr des Kindesgemeinsam auf 32 Stunden zu reduzieren und die
Verdienstdifferenzen durch ein entsprechendes ‚Kurzarbeitergeld‘ auszugleichen,
ist ebenfalls eine wichtige Weichenstellung.
Die Erfahrungen der letzten
drei Monate zeigen deutlich, dass die Familien, wo sich Väter und Mütter schon
vor Corona Erwerbs- und Familienarbeit partnerschaftlich aufgeteilt haben,
diese Aufteilung auch im Krisenmodus bestehen bleibt und zusätzliche
Belastungen gleichmäßiger verteilt werden.
Zuhause in Beziehung mit den Kindern
Aber auch wenn Frauen zuhause
einen großen Teil der Care-Arbeiten übernehmen, Kinder betreuen und beschulen,
engagierten sich Väter während des Lockdown und der Schließung der Schulen und
Kindertagesstätten verstärkt in Familie und mit ihren Kindern. Väter, die in
Kurzarbeit waren und sind und deren Frauen in den sogenannten systemrelevanten
Berufen arbeiten, im Einzelhandel, in der Pflege oder im Krankenhaus,
übernehmen selbstverständlich Beschulung und Betreuung ihrer Kinder sowie die
Aufgaben im Haushalt. Dass dies die vollzeitbeschäftigten Väter – sei es im
Homeoffice oder an der Werkbank – nicht im gleichen Maße machen können, liegt
auf der Hand. Doch auch diese Väter engagieren sich bis zur Belastungsgrenze
und häufig darüber hinaus in und für ihre Familien.
Damit dies dauerhaft gelingen
kann, brauchen die Väter neben väter- und familienfreundlichen gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen ebenso individuelle Unterstützung, Beratung und passende
Bildungsangebote, vor allem aber Austauschmöglichkeiten mit anderen Vätern.
Väterzentren, Familienbildung für Väter mit ihren Kindern ab der Geburt und
Vater-Kind-Angebote, sollten zu den Standardangeboten gehören.
Vor allem aber gilt es, Väter
in ihren unterschiedlichen Lebenslagen in den Blick zu nehmen und sichtbar zu
machen:
den getrenntlebenden Vater, der sein Kind im
Wechselmodell betreut und dazu jede zweite Woche täglich 16 Stunden arbeitet um
in der anderen für seine Tochter da sein zu können
die Väter, die in beengten Wohnverhältnissen
Homeoffice und -schooling am Küchentisch erledigen sollen
und auch die Väter, die sich an ihren Arbeitsplätzen
Sorgen um ihre Gesundheit machen und sich nach 10 Stunden Erwerbsarbeit zuhause
ihren Kindern widmen.
Konsequenzen für eine neue ‚Normalität‘
#Vaterschaftistmehr als die
finanzielle Absicherung der Lebensgrundlagen der Familie. Väter haben eine
eigene Bedeutung für die Entwicklung der Kinder und können von Anfang an eine
Beziehung zu ihnen aufbauen. Damit dies in Zukunft noch besser gelingt, müssen gesetzliche
und gesellschaftliche Rahmenbedingungen verändert werden. Dazu gehören unserer
Auffassung nach in jedem Fall:
ein gemeinsames Sorgerecht für beide Elternteile ab
der Geburt
ein Eltern – Coaching, beginnend im Rahmen der
Geburtsvorbereitung, in dem Aufgaben und Erwartungen wie auch Problemstellungen
der Vater- bzw. Mutterschaft auch auf der Paarebene angesprochen und verhandelt
sowie Eltern begleitet und unterstützt werden können
bei Trennung kein präferiertes Residenzmodell, sondern
ein am Wohl des Kindes und dem Bedürfnis nach beiden Elternteilen orientiertes
Betreuungs- und Lebensmodell
reale Gleichbehandlung vor Gericht einhergehend mit
einer Qualifizierung von Familienrichter_Innen* zu einem veränderten
Familienbild und -begriff, in dem eine gleichberechtigte Familiengestaltung
zentral ist
die Berücksichtigung von Getrennt- und
Alleinerziehendenhaushalten sowie die nachhaltige Unterstützung beider Formen
bei allen Maßnahmen der Familienförderung
digitale und analoge Bildungs- und Beratungsangebote,
die einen niedrigschwelligen Zugang für Väter ermöglichen, etwa durch die
Kooperation von Familienbildungsstätten mit Unternehmen.
Das
neue Escape-Game ‚Wo ist Papa?‘ lädt zum gemeinsamen Rätseln rund um das Thema
Väter-Leben ein. Einrichtungen, Institutionen und Organisationen aus
Niedersachsen können sich bis zum 6. Juli 2020 um die Ausrichtung einer
Spielrunde bewerben. Es gibt viele gute Gelegenheiten dafür: Elternabende in
der Kita, als Teil eines Geburtsvorbereitungskurses oder in der Familien- und
Erwachsenenbildung. Die qualifizierte Spielleitung wird vom Projektträger
mannigfaltig e.V., Institut für Jungen- und Männerarbeit, vermittelt. Das
Projekt wird vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und
Gleichstellung gefördert.
Das Spiel bietet viele Einsatzmöglichkeiten. Freie Gruppen
in Einrichtungen und Vereinen können “Wo ist Papa?” für Väterabende
nutzen, auch Gleichstellungsbeauftragte, Kitas und viele andere können so neue
Impulse in ihrer Arbeit für Väter und Familien setzen.
Das Escape-Game wird in einem unverschlossenen Raum
gespielt, das Ziel ist die Rätsellösung: Wo ist Papa? Wieso ist er
verschwunden? Ist ihm etwas passiert? Ist ein Notfall eingetreten? Hat er
seinem Leben eine Wendung gegeben? Viele kleine Aufgaben müssen erledigt und
Hinweise gefunden und kombiniert werden. Bei “Wo ist Papa?” steht
zunächst der Spaß am gemeinsamen kreativen Prozess im Vordergrund. Nach der
Veranstaltung findet ein Auswertungsgespräch mit der einladenden Einrichtung
statt.
Die Spieler und Spielerinnen bringen ihr Wissen und ihre
Erfahrungen zum Thema Vater-Sein ein und entdecken dabei viele neue Aspekte. Im
Suchen nach den Wendungen im Escape-Game erlebt jede Person sich selbst, und
neben Bestätigungen und neuen Informationen kann so manches Vater-Klischee als
solches erkannt werden.
Durchführung und Kosten
“Wo ist Papa?” wird in Gruppen von 6 bis 12
erwachsenen Personen gespielt. Ein Durchlauf dauert etwa drei Stunden, eine
inhaltliche Einheit von etwa einer Stunde kann je nach Bedarf mitgebucht
werden.
Für die Durchführung des Escape-Games in ihren Räumen können
sich Einrichtungen, Institutionen und Organisationen aus Niedersachsen
bewerben. Es können bis zu 22 Veranstaltungen in ganz Niedersachsen zwischen
September 2020 und Juni 2021 durchgeführt werden.
Bewerbungen sollten bis zum 6. Juli 2020 bei
mannigfaltig e.V. eingegangen sein. Dann wird eine erste Vergaberunde
gestartet. Auch nach dem ersten Bewerbungsschluss kann sich weiter beworben
werden, um weitere Angebote später zu realisieren. Bei freien Kapazitäten
können Zusagen auch später erfolgen.
Pro Durchführung ist eine pauschale Kostenbeteiligung von
200 Euro an den Projektträger zu zahlen. Im Rahmen des Projektes werden die die
Fahrtkosten, das Honorar und eventuelle Übernachtungskosten vom Projektträger
übernommen.
… vermutlich
sitzen Sie jetzt im Homeoffice oder halten mit wenigen Kolleg*innen die
Stellung in Ihrer Einrichtung. Die tägliche (Väter-) Arbeit hat sich in den
letzten 14 Tagen grundlegend verändert.
Auch für
unsere Zielgruppe: Väter, die zuhause arbeiten können oder müssen, fragen sich,
wie sie dies geregelt bekommen, wenn sie gleichzeitig Kinder betreuen und/ oder
beschulen sollen. Väter, die täglich noch zum Arbeitsplatz fahren machen sich
Gedanken wie lange das noch gut geht und die in den systemerhaltenden Berufen
arbeiten bis zum Limit oder darüber hinaus.
Das sind in
jedem Fall belastende und Konflikt befördernde Situationen für Väter (und
Mütter) in den Familien, vor allem vor dem Hintergrund, dass Freizeit-,
Bildungs- und Beratungsangebote in der herkömmlichen Form vorläufig nicht
zur Verfügung stehen. In den Medien sind bereits Berichte über die Zunahme von
Konflikten und Gewalt im häuslichen Umfeld zu lesen.
• Umgang mit
wirtschaftlichen Sorgen und Ängsten
• Gestaltung des Familienalltags in Zeiten der Schul- und Kitaschließungen
• Kommunikationstipps für die Partnerschaft in der Krise
• Unterstützung der Kinder beim Lernen
• Umgang mit Krisensituationen, insbesondere wenn die Kinder bei der Mutter
leben
• Unterstützung werdender Väter. Was tun, wenn ich als Vater nicht mit in den
Kreissaal darf?
• Das Positive nicht aus dem Auge verlieren …
• …
gibt es aber
gar nicht. Und auch väter- und männerspezifische Beratungsangebote sind eher selten
(www.männerberatungsnetz.de). Dazu
kommen für Sie Sorgen um die eigene Gesundheit und die Zukunft Ihrer
Einrichtung und deren Angebote.
Die
Geschäftsstelle der LAG Väterarbeit möchte diese ‚kontaktlose‘ Zeit nutzen,
gemeinsam mit Ihnen zu überlegen, was Väter jetzt brauchen, welche Angebote wir
ihnen machen können und wie wir und die Väter die Erfahrungen, die jetzt
gemacht werden, auch in Zukunft nutzen können.
Denn mehr
Zeit mit und für die Kinder zu haben ist ja (eigentlich) das, was sich die
große Mehrheit der Väter wünscht.
Ich lade Sie daher herzlich
dazu ein, Ihre Gedanken und Ideen aber auch Sorgen und Befürchtungen mit mir zu
teilen. Zunächst per Mail, wir werden uns in den nächsten Tagen aber auch
Gedanken zu interaktiveren Formaten machen. Alle die mitmachen bekommen die
gesammelten, anonymisierten Ergebnisse zurück und wir werden Sie dabei
unterstützen, die Ideen und Vorschläge bei Ihrer zukünftigen Arbeit umzusetzen.
In diesem
Sinne freue ich mich auf Ihre Rückmeldungen. In jeder Krise steckt auch eine
Chance und die können und müssen wir jetzt nutzen.
Dr. Anna Machin ist eine in Oxford ansässige Evolutionsanthropologin, Autorin und Rundfunksprecherin, die zehn Jahre lang die Psychologie, Biologie und das Verhalten neuer Väter untersucht hat. Hier erklärt sie, warum dieses neu gewonnene Wissen bedeutet, dass wir die Art und Weise, wie wir über Väter sprechen, ändern müssen, weg von alten Stereotypen, um ihre einzigartige und besondere Rolle im Leben ihrer Kinder und die Macht, die sie besitzen, um echte positive Veränderungen der Ungleichheit in unserer Gesellschaft herbeizuführen, anzuerkennen.