Am 8. März 2006 wurde der Preis ‚Spitzenvater des Jahres zum
ersten Mal verliehen. Die Verleihung stieß auf heftige Kritik, warum bekommen
Väter einen Preis für etwas, was eigentlich selbstverständlich ist und von
Müttern täglich geleistet wird. Der Begriff des #MentalLoad war damals noch
nicht so gebräuchlich.
Das die Motive der Initiatorin des Preises, Frau Ulrike Detmers, aber 17 Jahre später immer noch aktuell sind, macht die Aktion des @Fatherhood Institute aus London deutlich. Es würdigte am Weltfrauentag die Arbeit von sechs Väterforscherinnen und veröffentlichte ihre Antworten auf die Frage „: Warum ist es für Sie, für Frauen und für die Gesellschaft wichtig, Männer als engagierte Väter und Betreuer zu unterstützen?“.
Auch ich teile die Vision von einer Gesellschaft, in
der alle Kinder eine starke und positive Beziehung zu ihrem Vater haben, in der
sowohl Mütter als auch Väter als Erwerbstätige und Betreuungspersonen
unterstützt werden und in der Jungen und Mädchen auf ihre künftige gemeinsame
Rolle bei der Betreuung von Kindern vorbereitet werden.
Die Beteiligung der Väter bringt nicht nur ihren
Kindern viele Vorteile. Auch für die Mütter ist sie von Bedeutung, denn sie
trägt dazu bei, ihre Mutterschaft und ihre Beziehung zu ihrem Baby zu
gestalten, und ermöglicht eine gleichberechtigtere Aufteilung von Betreuung und
Hausarbeit.
Aus diesem Grund ist meine Unterstützung engagierter Vaterschaft ein
Schlüssel zu einer geschlechtergerechten Welt – einer Welt frei von
Vorurteilen, Stereotypen und Diskriminierung.
Gewürdigt wurden Dr. Helen Norman, Dr. Jasmine Kelland, Jane van Zyl, Professorin Tina Miller, Nikki van der Gaag und Dr. Anna Machin, deren Buch „The Life of Dad: The Making of the Modern Father” auch in Deutschland unter dem Titel „Papa werden, Die Entstehung des modernen Vaters“ erschienen ist. Ihr Antwort lautet:
“Wir wissen, dass Männer biologisch genauso für
die Elternschaft prädestiniert sind wie Frauen, dass sie genauso starke Bindungen
aufbauen wie Mütter, sich aber in einzigartiger und wichtiger Weise von ihnen
unterscheiden, und dass sie eine einzigartige und eigenständige Rolle in der
Entwicklung ihres Kindes spielen. Als
Gesellschaft müssen wir die Väter als die große ungenutzte Taskforce für die
psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen anerkennen: Ihre besondere
Rolle beim Aufbau von Resilienz kann das Risiko von Einsamkeit, geringem
Selbstwertgefühl und Depressionen bei unseren Kindern verringern.“
Der Preis „Spitzenvater des Jahres“ ist übrigens eingestellt worden. In der Stellungnahme von Frau Detmers heißt es dazu: „Auch wegen der stark angestiegenen Energiekosten und erhöhten Rohstoffpreise mussten wir leider als Familienunternehmen kurzfristig diverse Sparmaßnahmen ergreifen. Das hat unter anderem dazu geführt, dass der Gleichstellungspreis Spitzenvater des Jahres ab sofort eingestellt werden musste.“
In dieser Studie aus dem Jahr 2010 untersuchten Penny
Sorensena und Neil J. Coopera, wie 14 Großväter, die in einem ländlichen Gebiet
im Osten Englands leben, ihr Großvatersein und -werden verstehen. Mit den
Großvätern wurden locker strukturierte Interviews geführt, um ihnen die
Möglichkeit zu geben, über die Themen zu sprechen, die sie für wichtig hielten.
Mit Hilfe der ‚Grounded-Theory‘ wurde die Großvaterschaft in den
Lebensgeschichten der Teilnehmer verortet, wobei drei Hauptelemente im
Vordergrund standen: das Mann-Werden, die Aufrechterhaltung der Männlichkeit
während der Vaterschaft und die potenzielle Neupositionierung der Männlichkeit als
Großvater. Diese Studie zeigt, dass die Großvaterschaft vor allem eine
individuelle Erfahrung ist.
Zu Beginn der Studie stellen die Autor*innen die bisherige
Forschungslage dar. Großelternschaft hat ihrer Auffassung nach in der Forschung
einige Aufmerksamkeit erregt, aber ältere Menschen in Familien wurden
tendenziell stereotypisiert oder übersehen und bei der Untersuchung von Großeltern
bedeutet der Begriff „Großeltern” meist „Großmutter. Ältere Männer erden als
unsichtbare Männer beschrieben, die in der Forschung häufig vernachlässigt
werden.
Die frühe Forschung zur Großelternschaft verknüpfte die
Großmutterschaft mit geschlechtsspezifischen Betreuungsaufgaben und
positionierte Großväter als Randfiguren. Eine Studie über Familien in East
London aus dem Jahr 1957 lieferte einige der ersten Erkenntnisse über die
Beziehungen zwischen Rentnern und ihren Kindern, zeigte aber insbesondere die Bedeutung
der Mutter-Tochter-Beziehung auf, insbesondere den gegenseitigen Austausch bei
häuslichen und pflegerischen Tätigkeiten.
Mit dem Wandel der Familienstrukturen und dem Eintritt von
mehr Frauen in den Beruf wird der potenzielle Wert von Großeltern in der
britischen Politik zunehmend anerkannt. Dementsprechend hat die Forschung zur
Großelternschaft zugenommen, wobei anerkannt wird, dass sie routinemäßige
Unterstützung bei der Kinderbetreuung und Hilfe in Krisenzeiten, z. B. bei
Beziehungsabbrüchen, leisten.
In dem politischen Diskurs wird nach wie vor davon
ausgegangen, dass Großmütter oder geschlechtsneutrale “Großeltern” an
der Familienbetreuung beteiligt sind. Diese Position wird von der
zeitgenössischen Forschung geteilt, die an den traditionellen Erwartungen an
Frauen als „Angehörigenpflegerinnen” festhält, die für die
Aufrechterhaltung von Familienbeziehungen über den gesamten Lebensverlauf
hinweg von zentraler Bedeutung sind.
Es wird davon ausgegangen, dass diese Identitätsnorm das Engagement von
Großmüttern für ihre Enkelkinder fördert. Im Gegensatz dazu war für viele
Männer, die Großväter sind, die Arbeit die Grundlage ihrer Identität, und
männliche Berufe schlossen Betreuungsarbeit aus, insbesondere für die Generation,
die in den 1950er und 1960er Jahren ins Berufsleben eintrat. Ohne Erfahrung in
der Pflegearbeit können ältere Männer in der Familienforschung ins Abseits
geraten.
In einer US-amerikanischen Arbeit über Großelternschaft
wurden 1964 fünf verschiedene Stile der Großelternschaft entwickelt: formell; spaßsuchend;
Reservoir der Familienweisheit; distanzierte Figur; und Elternersatz. Die „formelle”
Rolle wurde von etwa einem Drittel der Großväter und Großmütter eingenommen,
die sich an das hielten, was sie als „richtige” Bindung ansahen, während
sie eine Trennung zwischen Elternschaft und Großelternschaft aufrechterhielten.
Die Rolle des Vergnügungsträgers, die als Freizeitbeschäftigung und Quelle des
Selbstgenusses charakterisiert wird, wurde von 24 % der Großväter und 29 % der
Großmütter eingenommen. Die Rolle des Reservoirs der Familienweisheit wurde von
6 % der Großväter und 1 % der Großmütter eingenommen. Die Rolle der
distanzierten Figur, die wenig soziales oder emotionales Engagement für die
Enkelkinder beinhaltet, wurde von 29 % der Großväter gegenüber 19 % der
Großmütter angegeben. Während 14 % der Großmütter eine elterliche
Betreuungsrolle übernahmen, waren keine Großväter in dieser Funktion zu finden.
20 Jahre später fanden weitere Studien heraus, dass
Großmütter sich stärker engagierten, wenn die Enkelkinder noch klein waren,
während das Engagement der Männer mit zunehmendem Alter der Kinder zunahm. Und,
dass Großväter den Wunsch nach einer kontinuierlichen Beziehung zu ihren
Enkelkindern haben und ein starkes emotionales Engagement zeigen. Großväter
üben ihre Großelternschaft auf individuelle Weise aus und vermischen ihre
Rollen oft.
Sich für die Familie einzusetzen und zu ihrem Wohlergehen beizutragen, kann auch
als generative Tätigkeit betrachtet werden. Männer und Frauen können nach
Abschluss der Erziehung der eigenen Kinder Aspekte ihrer selbst, die sie
verdrängt haben, zurückgewinnen. Insbesondere Männer, die für die elterliche
Rolle als Ernährer und Verteidiger der Familie ihre fürsorglichen Züge aufgegeben
haben, können nach dem Wegfall der elterlichen Verantwortung diese
Eigenschaften zurückgewinnen und beginnen, „Sinnlichkeit, Zugehörigkeit und
mütterliche Tendenzen” zu zeigen.
“Als Mann hatte man nicht wirklich viel mit seinen
Kindern zu tun, man musste es auch nicht. Das hat nur deine Frau gemacht. Es
war nicht so wie heute, wo alles aufgeteilt werden muss und jeder zuerst
darüber spricht und all das. Die Kinder waren ihr Ding.”
Als Ergebnis der 14 Interviews halten die Autor*innen fest,
dass die Gespräche über die Großvaterschaft mit denen über die Kindheit und die
Vaterschaft einhergingen. Die eigenen Kindheitserfahrungen beeinflusste die Art
von Vätern, die die Männer wurden, und diese wiederum beeinflusste die Art von
Großvätern, die sie wurden.
Der historische Kontext, Zweite Weltkrieg und Wehrdienst, prägte die
Karrierewege vieler Männer, aber auch die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung
in den Familien machte sie zu Ernährern. Die Erwerbsarbeit war ein zentrales
Element ihrer männlichen und väterlichen Identitäten. Als Ernährer beschrieben
sie, dass sie durch die Geburt von Kindern länger arbeiten mussten, was
bedeutete, dass sie weniger Zeit mit ihren Kindern verbringen konnten. Die
Vaterschaft wurde zwar als positiv beschrieben, sie hatten aber nicht so viel
mit den Kindern zu tun, da die Mutter die zentrale Familienfigur war.
Die Mehrheit der Männer betrachtete die Großvaterschaft als
eine Gelegenheit, neue und enge Beziehungen zu den Kindern in der Familie
aufzubauen. Der Verwandtschaft spielte dabei keine Rolle, es wurden keine
Unterschiede zwischen Stiefenkeln und leiblichen Enkeln gemacht. Diese Männer
waren nicht die in der 1980er Jahren beschriebenen „distanzierten
Großvaterfiguren“. Vielmehr waren sie aktive Mitgestalter von Beziehungen, und
diese Rolle war von zentraler Bedeutung für ihre Selbstidentität.
Enkelkinder, insbesondere Enkel, ermöglichten den Männern einen Zugang zur
Emotionalität und schufen eine Nähe, die sie mit ihren Kindern nur selten
erlebt hatten. Während väterliche Identitäten sozial und historisch konstruiert
sind und entsprechende Vorstellungen davon haben, wie „gute Vaterschaft”
ausgeübt wird, scheint Großvaterschaft stärker individualisiert zu sein. Großvaterschaft
bietet einen „Spielraum“ bei der Schaffung neuer männlicher Identitäten
innerhalb der Familie.
Diese Studie zeigt die Bedeutung des Vaters als Versorger im
Leben von Männern, die jetzt Großväter sind. Sorensena und Coopera halten es
für wahrscheinlich, dass die heutigen Väter, die sich mit der Erwartung des
engagierten Vaters auseinandersetzen, die Großvaterschaft anders umsetzen und
erleben als ihre Väter. Die Teilnehmer dieser Studie beschrieben, dass sie als
Väter ein Leben am Rande ihrer Familien führten, was es ihnen erschwerte, aktiv
an den Alltagserfahrungen ihrer Kinder teilzuhaben. Als Großväter waren diese
Männer im Leben ihrer Enkelkinder präsent und nahmen diese Rolle mit
Begeisterung an. Im Gegenzug beeinflussten die Enkelkinder das Leben der
Männer, indem sie eine Quelle demonstrativer Emotionalität einbrachten, die
ihnen in ihrer Erfahrung als Väter fehlte.
Veränderungen in der
Enkelbetreuung, das Wohlbefinden von Eltern und das Wohlergehen von Kindern waren
die Kernpunkte der von der Stiftung Ravensburger Verlag angestoßenen Studie,
deren Ergebnisse im Sommer des vergangenen Jahres präsentiert wurden
Oma und Opa gefragt? war die
Ausgangsfrage des zweijährigen Projektes, mit dem sich ein Team aus Familien-
und Bildungsforscherinnen am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW
Berlin) und am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB Wiesbaden und
Berlin) befasst hat.
Für den Zusammenhalt der
Generationenuntereinander hat die Frage, inwiefern Oma und Opa gefragt
sind, eine wichtige Bedeutung: Die Betreuung der Enkel durch die Großeltern
kann zum Zusammenhalt der Enkel- und Großelterngeneration beitragen, aber auch
zum Zusammenhalt der Eltern- und Großelterngeneration.
Im ersten Teil der Studie geht es
um die Frage, wie sich vor dem Hintergrund familienpolitischer Veränderungen
die Betreuung durch Großeltern über die Zeit veränderte. In welchem
Zusammenhang stehen Großelternbetreuung und Kita-Betreuung? In einem zweiten
Studienschwerpunkt wurde die Frage beantwortet, in welchem Zusammenhang eine
Großelternbetreuung und kindliche Entwicklungsmaße sowie elterliche Zufriedenheit
stehen.
Als Ergebnis ihrer Untersuchung halten
die Forscher*innen fest, dass die Betreuung der Enkel durch Großeltern in
Deutschland seit vielen Jahren ein bedeutsamer Bestandteil der
Betreuungswirklichkeit von Kindern zwischen null und zehn Jahren ist. Im Detail
zeigt sich, dass bei Kindern im Krippenalter die Großeltern sowohl am Vor- als auch
Nachmittag eine Bedeutung haben, während es bei älteren Kindern die
Nachmittagsbetreuung ist.
Neben der planmäßigen Unterstützung sind Großeltern auch für die Betreuung in
Notfällen relevant. Ungefähr 60 Prozent aller Großmütter und 40 Prozent aller
Großväter unterstützen im Notfall bei der Betreuung ihrer Enkelkinder.
Zusätzlich betreuen Großeltern im Bedarfsfall. Wird die Großelternabfrage nicht
auf eine regelmäßige Betreuung beschränkt, sondern umfasst auch eine Betreuung
„nach Bedarf“, gibt rund die Hälfte aller Eltern von unter Dreijährigen und
etwa 55 Prozent der Eltern von Kindern zwischen drei und sechs Jahren, die noch
die Kita besuchen, an, dass die Großeltern normalerweise eine
Kinderbetreuungsfunktion übernehmen.
Wenn Großeltern bei der
Kinderbetreuung mitwirken, kann man bei Müttern zwei Effekte beobachten: Sie
sind zufriedener mit der Kinderbetreuung und mit ihrer eigenen Freizeit. Ihre
Zufriedenheit mit der Kinderbetreuungssituation steigt um 14 Prozent an. Dieser
Effekt geht auf Eltern mit Kindern im Kindergartenalter zurück – für diejenigen
mit Grundschulkindern ist er nicht festzustellen.
Bei den Vätern sind die Effekte
auf die Zufriedenheit im statistischen Sinne nicht so stabil. Die Zufriedenheit
der Väter mit der Kinderbetreuungssituation steigt um 21 Prozent, wenn ihre
Kinder von den Großeltern betreut werden. Die Kinderbetreuung durch die Großeltern
senkt jedoch die Zufriedenheit der Väter mit ihrer Karriere um 7 Prozent.
Die Effekte der Betreuung der Großeltern
auf die Kinder entspricht nicht denen, die einer Kita mit einer hohen Qualität
zugesprochen werden. Dies wird damit erklärt, dass Kinder in Kitas mit Gleichaltrigen
agieren, die Kita einen expliziten Bildungsauftrag hat und dort pädagogische
Fachkräfte beschäftigt sind.
„Der Befund, dass wir kaum Effekte im Mittel aller Kinder messen können, zeigt
aber auch, dass eine Großelternbetreuung nicht zu einer größeren
Entwicklungsauffälligkeit von Kindern oder Ähnlichem beiträgt. Vielmehr kann
vermutet werden, dass diese gemeinsame Zeit mit den Großeltern Wirkungen zeigt,
die eher mittel- bis langfristiger Natur sind.“
In ihren Schlussfolgerungen für
die zukünftige Kinderbetreuungspolitik, beschreibt die Studie auch in den
kommenden Jahren einen großen Bedarf, dass Familien auf diese
„Betreuungsressourcen“ zurückzugreifen. Für Familien, deren Großeltern nicht mehr
leben oder zu weit weg wohnen, müssten diese Ungleichheiten im Zugang und der
Verfügbarkeit von intergenerationalen Unterstützungsleistungen durch
ehrenamtliche und professionelle „Großelterndienste“ begegnet werden.
Großelternbetreuung ist, so ein
weiteres Ergebnis, in den letzten Jahren trotz Kita-Ausbau weitgehend konstant
geblieben, sie ist eine wichtige Komponente im Leben von jungen Familien und
hilft den Eltern. Eltern, die sie nicht nutzen können, wünschen sich in großem
Maß eine stärkere Einbindung von Oma und Opa. Erwerbstätigen Eltern stehen weiterhin
vor großen Herausforderungen – selbst wenn die Kita-Betreuung noch weiter
ausgebaut wird.
Sie sind vor allem auf eine
familienfreundliche Arbeitswelt angewiesen. Eine Arbeitswelt die Möglichkeiten bereit
hält, auf Notfälle und ungeplante Bedarfe reagieren zu können. Eine familienbewusste
Unternehmenskultur ist von großer Bedeutung und wird in Zukunft noch an
Bedeutung zunehmen.
Studie der TU Braunschweig und FH Kiel gibt Einblicke in
Selbstbild und Selbstverständnis von Vätern
Wie nehmen Väter sich selbst und ihre Familie wahr? Haben
sie Probleme, Vaterschaft und Berufstätigkeit zu vereinbaren? Wie sieht es mit
der Geschlechtergerechtigkeit und der Arbeitsorganisation im Familienalltag
aus? Diese und andere Fragen untersuchten Sozialwissenschafter*innen der
Technischen Universität Braunschweig und der Fachhochschule Kiel in ihrer
Studie „VAPRO – You don’t need to be
Superheroes“.
(c) Kim Bräuer
Die Rolle von Vätern ist in den vergangenen Jahren immer
mehr in den gesellschaftlichen Fokus gerückt. Debatten wie
#dazuhatpapanichtszusagen, Diskussionen um einen 14-tägigen Vaterschutz und
nicht zuletzt die Erweiterung der Elternzeit um zwei Vätermonate spiegeln diese
Entwicklung wider. „Trotz der vermehrten Diskussion um die Rolle von Vätern ist
diese seit einigen Jahren nicht mehr umfassend wissenschaftlich untersucht
worden. Diese Lücke wollten wir mit unserer Studie schließen“, erklärt Projektleiterin Dr. Kim Bräuer von der TU Braunschweig.
Im Rahmen der VAPRO-Studie befragte das Team um Bräuer und Prof. Dr. Kai
Marquardsen von der Fachhochschule Kiel 2.200 Väter online und führten 55
qualitative Interviews. Dabei berücksichtigten sie neben rechtlichen und
biologischen Vätern auch Pflegeväter, Väter in Co-Parenting-Konstellationen und
homosexuelle Väterpaare. Außerdem wurden nicht nur die Männer selbst befragt,
sondern auch die (Eigen-)Darstellung von Vaterschaft in sozialen Medien
analysiert.
Das Bild vom Vater, der mit seinem Einkommen die Familie
ernährt und mit den Kindern höchstens am Wochenende spielt, ist passé.
Tatsächlich ist es Vätern heute vor allem wichtig, ihre Kinder „empathisch und
verständnisvoll“ zu erziehen. Das ist eines der zentralen Ergebnisse der
VAPRO-Studie. Das Ideal des emotionalen Vaters ist weit verbreitet. So ist es
fast 60 Prozent der Väter am wichtigsten, dass sie ihrem Kind bzw. ihren
Kindern Zuneigung zeigen. Der Trend zu vermehrter aktiver Vaterschaft sei klar
erkennbar, so die Wissenschaftler*innen. Dabei engagieren sich die Väter am
häufigsten in der Kinderbetreuung, indem sie zum Beispiel mit den Kindern
spielen. Deutlich seltener übernehmen die Väter aktive Erziehungsmaßnahmen.
Das Bild vom Vater als Ernährer dominiert nicht mehr
Ein Großteil der befragten Väter hat sich von dem Bild des
Vaters als Ernährer gelöst. Nur rund 12 Prozent von ihnen halten es für ihre
wichtigste Aufgabe, der Familie finanzielle Sicherheit zu bieten. „Die von uns
befragten Väter haben angegeben, dass ihnen monetäre Werte nicht so wichtig
seien, wie soziale oder emotionale Werte“, erklärt Prof. Dr. Kai Marquardsen.
In diesem Zusammenhang kritisierten viele der Interviewten ihre eigenen Väter
unter anderem als „zu bestimmend“, als „abwesend“ und „mit der Arbeit zu
beschäftigt“. Sie nutzen ihre Väter als „negatives Vorbild“ und betonen, dass
sie selbst als Vater bewusst anders handeln würden.
Dennoch sind fast 85 Prozent der Väter wöchentlich 40
Stunden oder mehr erwerbstätig, während fast drei Viertel der anderen
Elternteile nicht oder maximal 30 Stunden in der Woche arbeiten. Trotzdem nimmt
fast jeder zweite Vater an, dass er sich genauso viel um familiäre
Angelegenheiten der Kinderbetreuung kümmert, wie der andere Elternteil.
Lediglich jeder zehnte Vater übernimmt die meisten Aufgaben der Familienarbeit.
Dies sind vor allem Väter, die ihre Erwerbstätigkeit beendet oder deren Umfang
reduziert haben, um mehr Zeit für ihre Familie und die Versorgung der Kinder zu
haben.
Viele Väter, auch das ist eine Erkenntnis der Studie, geben
an, ihren eigenen Vorstellungen guter Vaterschaft nicht gerecht zu werden.
„Hier zeigen sich Parallelen zur Mutter als Allrounderin, die im Job
erfolgreich sein muss und gleichzeitig liebevoll die Kinder und ihre Verwandten
umsorgt“, erklärt Kim Bräuer. „Der Trend geht also weg von der ‚klassischen‘
Rollentrennung hin zu einem ‚Alle-erfüllen-alle-Rollen‘ und dieses möglichst
perfekt. Dabei erleben die Väter nicht nur einen Work-Family-Konflikt. Es
scheint auch darum zu gehen, sich in ihrem Freundeskreis, in Vereinen oder bei
der Versorgung der Eltern einzubringen und ihren Kindern auf diese Weise
soziale Werte vorzuleben,“ so Bräuer.
Väter bloggen nicht über Armut
Im Rahmen ihrer Studie haben die Sozialwissenschaftler*innen
die Instagram-Accounts von sieben sehr populären Väterbloggern und deren Bild
von Vaterschaft analysiert. Hier herrscht das Ideal des zumeist weißen, aktiven
Vaters. Vaterschaft in Armut oder Vatersein mit Migrationserfahrung würden
hingegen kaum thematisiert, erklärt Prof. Marquardsen. „Das lässt sich damit
erklären, dass Armut mit Scham behaftet ist und Väter in Armutslagen sich –
auch virtuell – nicht offenbaren wollen. Väter, deren Leben von einem geringen
Einkommen geprägt ist oder die auf Leistungen vom Staat angewiesen sind, finden
unter Väterbloggern also niemanden in ähnlicher Lebenslage.“ Auch unter
#ichbinarmutsbetroffen fanden die Wissenschaftler*innen nur wenige Berichte von
Vätern in Armutslagen.
Es sei schwierig gewesen, für Interviews Kontakt zu
Betroffenen herzustellen, da diese in besonderer Weise unter dem Druck
gesellschaftlicher Normalitätsvorstellungen stünden, erklärt der Kieler
Sozialwissenschaftler: „Selbstverständlich finden wir auch unter Vätern in
Armutslagen eine Vielfalt im Erleben von Vaterschaft. Aber im Unterschied zu
anderen Vätern ist für sie vor allem die materielle Versorgung der Familie
wichtigeres Thema. In unseren Interviews wurde deutlich, dass für sie
insbesondere Herausforderungen auf materieller Ebene eine Rolle spielen, die
bei Vätern in gesicherten Verhältnissen kein Thema waren “, so Marquardsen. „Insgesamt
besteht bezüglich des Erlebens von Vaterschaft von Vätern in Armut aber weiter
dringender Forschungsbedarf. Nicht zuletzt wissen wir noch zu wenig darüber,
welche kurz- und längerfristigen Einflüsse gesellschaftliche Krisenereignisse
wie Corona oder eine steigende Inflation auf die Praxis gelebter Vaterschaft in
verschiedenen Milieus haben.“
Handlungsempfehlungen für die Praxis
Ziel des Projekts war es auch, Handlungsempfehlungen für
Arbeitgeber*innen, Koordinator*innen von Väternetzwerken und politische
Akteur*innen zu entwickeln, um die Lebenslagen von Vätern sichtbarer zu machen
und ihre Situation und die ihrer Familien nachhaltig zu verbessern.
Väterarbeit, so die Empfehlung der Forschenden, solle sich verstärkt auf deren
alltägliches Handeln beziehen. Es gehe weniger darum, ein neues Bild von
Vaterschaft zu vermitteln, als die Väter stärker in alltägliche Aufgaben
einzubinden, erklärt Bräuer: „Es wäre denkbar, Väter aktiv als Elternsprecher
anzufragen, Väterschwimmkurse anzubieten oder sie aktiv zum Beispiel in
Elternchats anzusprechen.“ Unterstützung wünschen sich die
Wissenschaftler*innen außerdem durch entsprechende familienpolitische Reformen.
„Das würde es vielen Vätern leichter machen, spezielle Angebote der
Arbeitgeber*innen auch tatsächlich anzunehmen.“
Studiendesign
Die VAPRO Studie hatte eine Laufzeit von zweieinhalb Jahren
und wurde von der Stabstelle für Chancengleichheit der TU Braunschweig und dem
Braunschweiger Zentrum für Gender Studies finanziert. Die Forscher*innen
wählten einen Methoden-Mix und werteten 55 qualitative Interviews, eine
Online-Umfrage mit bundesweit 2.200 Teilnehmern und sieben Instagram-Accounts
von Väterbloggern aus.
Was macht das Vaterwerden mit Männern? Wissenschaftler
untersuchen, wie sich Männer psychisch und physisch während der
Schwangerschaft, der Geburt und in den ersten Jahren mit ihren Kindern
verändern. Diese Dokumentation geht auf eine Entdeckungsreise und begleitet
drei Männer in Deutschland, Frankreich und Schweden während ihres Abenteuers,
Papa zu werden und Vater zu sein.
Die arte Dokumentation zeigt, wie sich Männer während der Schwangerschaft, der Geburt und in den ersten Lebensjahren ihrer Kinder verändern, und welche Bedeutung sie dabei für ihre Kinder haben. Anna Machin, Evolutionsanthropologin der Universität Oxford, erforscht das Verhältnis von Vätern zu ihren Kindern. Die Ergebnisse ihrer Studien belegen, dass gegen Ende der Schwangerschaft und bei der Geburt das Testosteron der Väter sinkt. Das hilft ihnen, liebevoller auf ihre Kinder zu reagieren. Die Forschungsresultate Marian Bakermans-Kranenburgs von der Universität Leiden deuten darauf hin, dass Väter, die bereits in der Schwangerschaft täglich mit ihrem Baby kommunizieren, auch später eine stärkere Bindung zum Kind haben. Was passiert bei der Geburt mit Männern? Damit hat sich der Gynäkologe Kai Bühling im Rahmen einer Studie beschäftigt. Rund 90 Prozent der Väter erleben die Geburt als positiv – aber es gibt auch Männer, die sich um negative Veränderungen sorgen, vor allem, was die Sexualität angeht. Die Neurobiologin Ruth Feldman aus Tel Aviv hat sich in großangelegten Studien die Gehirnregionen von Müttern und Vätern angeschaut. Ihr Ergebnis: Nicht nur die Gehirne der Frauen, sondern auch die der Männer verändern sich nach der Geburt – vorausgesetzt, sie sind engagierte Väter.
Spannende wissenschaftliche Erkenntnisse, verwoben mit persönlichen Geschichten von Vätern aus drei unterschiedlichen Ländern, ergeben einen faszinierenden Film über das Phänomen des Vaterwerdens und der Wichtigkeit des Vaterseins.
‚Experten zufolge könnte die Pandemie zu einer tiefgreifenden Veränderung der Väterrolle führen‘ lautete eine Vermutung, die in einem Beitrag des Guardian über die Auswirkungen der ersten sechs Monate der Corona Pandemie geäußert wurde. Die Zahl der Stunden, die Männer mit ihren Kindern verbringen, ist in diesem Zeitraum sprunghaft angestiegen und könnte zu einer dauerhaften Neubewertung des Wertes der Vaterschaft und zu einer Veränderung der Arbeitsmuster führen.
„Das Jahr 2020 hat das Bild der Gesellschaft von der
Vaterschaft verändert und könnte nach Ansicht von Forschern, Wirtschaftsführern
und Aktivisten den tiefgreifendsten Wandel bei den Betreuungsaufgaben seit dem
Zweiten Weltkrieg bewirken.“
Führungskräfte haben aus erster Hand erfahren, was es
bedeutet, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, und dass beide
Elternteile dazu in der Lage sein müssen, wird Ann Francke, Geschäftsführerin
des Chartered Management Institute, in dem Beitrag zitiert, und „Väter sind von
entscheidender Bedeutung, um die Gleichstellung von Müttern voranzubringen, ohne
Fortschritte für Väter zu Hause kann es keine Fortschritte für Mütter am
Arbeitsplatz geben, das sind zwei Seiten derselben Medaille.
Drei Monate später wurde erneut die Frage aufgeworfen, ob die Erfahrungen, die Väter während des Lockdowns gemacht haben, zu einer dauerhaften Veränderung führen könnten. In dem Artikel kommt auch Michael Lamb, Psychologieprofessor in Cambridge und Autor mehrerer wissenschaftlicher Texte über Vaterschaft und die Aufteilung der elterlichen Arbeit zu Wort:
„… die Erfahrungen der Väter werden sehr unterschiedlich
sein, denn einige haben die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, andere
nicht, und wieder andere haben ihren Arbeitsplatz vielleicht ganz verloren. „Dennoch
sehen wir jetzt, dass viele Männer sich engagieren und erkannt haben, dass es
ziemlich schwierig ist, gleichzeitig ein Haus zu führen, ein guter Vater zu
sein und den beruflichen Anforderungen gerecht zu werden.”
Lamb sieht dies als große Chance: „Für viele Väter wird
dieses Jahr eine Chance gewesen sein, Beziehungen aufzubauen, die tiefer und
breiter sind, als es sonst der Fall gewesen wäre. Es wird Väter geben, die
einige der Freuden und Vorteile der Vaterschaft auf eine Art und Weise
erkennen, wie es ihnen in der Vergangenheit nicht möglich war.”
Ende Dezember, also knapp drei Jahre nach dem Beginn der Pandemie liegen nun Zahlen vor, die nahelegen, dass die Pandemie tatsächlich als „Katalysator für Veränderungen“ gewirkt hat: Die Covid-Beschränkungen waren ein außerordentlicher Katalysator für Veränderungen im Leben der berufstätigen Väter, sagte Adrienne Burgess, Mitgeschäftsführerin des Fatherhood Institute. Ihre Analyse zeigt, dass die Zeit, die alle Väter in Großbritannien mit der Betreuung ihrer Kinder verbringen, seit 2015 um fast ein Fünftel (18 %) gestiegen ist, von durchschnittlich 47 Minuten pro Tag auf 55 im Jahr 2022.
„Mütter arbeiten mehr und Väter übernehmen mehr
Kinderbetreuung und Hausarbeit. Wenn es darum geht, wie wir die Gleichstellung
der Geschlechter messen, haben sich in diesen beiden Bereichen gewaltige
Verschiebungen ergeben”, sagte Burgess.
Die Pandemie scheint auch Auswirkungen auf die
Betreuungsarbeit von berufstätigen Vätern zu haben. In den Jahren 2014-15
verbrachten Mütter in Großbritannien 86 % mehr Zeit mit der Betreuung von
Kindern als Männer, was im Zeitraum März-April 2020 auf 13 % zurückging.
Seitdem hat sich die Kluft zwar vergrößert, ist aber immer
noch geringer als zuvor. Im März 2022 verbrachten Mütter 53 % mehr Zeit mit der
Betreuung ihrer Kinder als Männer – ein Rückgang der Betreuungslücke um 33
Prozentpunkte.
Vielleicht handelt es sich um eine Momentaufnahme, aber immer mehr Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit tatsächlich verändert: Mütter arbeiten mehr und Väter kümmern sich mehr. Das wirkt nachhaltig jüngste Forschungen über die Einstellung zur Geschlechterrolle legen nahe, dass diese ‚neuen Väter‘ ein „exponentielles Wachstum der Geschlechtergleichheit über Generationen hinweg” bewirken können.
Diese Beschreibung und die Zahlen beziehen sich auf
Großbritannien, ich bin aber der Überzeugung, dass die Effekte, die Michael
Lamb beschrieben hat, auch auf Väter in Deutschland und andere Ländern
übertragen lassen.
Leben die Eltern nicht mehr zusammen, sind Väter unzufriedener mit den Familienarrangements. Diese und weitere Erkenntnisse liefert eine aktuelle Studie der Eidgenössischen Kommission für Familienfragen (EKFF).
Zwei von fünf Ehen werden in der Schweiz geschieden. Bei
etwas weniger als der Hälfte der Scheidungen (46%) sind minderjährige Kinder
involviert. Doch über den Alltag und die Lebensumstände von Kindern, deren
Eltern nicht mehr zusammenwohnen, ist wenig bekannt.
Diese Lücke schließt eine Anfang Dezember publizierte Studie,
die von der Eidgenössischen Kommission für Familienfragen (EKFF) in Auftrag
gegeben wurde. Diese basiert auf einer repräsentative Onlinebefragung, an der
fast 3000 getrenntlebende Eltern und 244 Jugendliche teilgenommen haben.
Demnach sind fast drei Viertel der Kinder regelmäßig bei
beiden Eltern sind und übernachten auch dort. Allerdings verbringt die Hälfte
der Kinder im Alltag mindestens zwei Drittel der Nächte bei der Mutter.
Weiter legt die Studie dar, dass die Betreuungsanteile von
Mutter und Vater vor der Trennung das Familienarrangement nach der Trennung
beeinflussen. So sei es wahrscheinlicher, dass die Kinder später beim
überwiegend betreuenden Elternteil wohnen, wenn bereits vor der Trennung eine
ungleiche Aufteilung herrschte.
Das gelebte Familienarrangement hängt eng mit dem
Ausbildungsniveau der Eltern – und somit ihren Verdienstmöglichkeiten – zusammen.
So ist der Anteil der Kinder, die in beiden Haushalten wohnen, bei Eltern ohne
Berufsabschluss deutlich tiefer (33%) als bei jenen mit Hochschulabschluss (62%).
Solche Arrangements sind der Studie zufolge in erheblichem Maß eine Frage der
finanziellen Ressourcen.
Drei Viertel der Mütter und zwei Drittel der Väter haben in
der Studie angegeben, dass die aktuelle Lösung für ihre Situation die beste
sei. Bei näherem Hinschauen zeigt sich aber, dass die Väter in allen
Familienarrangements weniger zufrieden sind als die Mütter. ‚Die
Unzufriedenheit der Väter richtet sich insbesondere auch gegen die Aufteilung
der finanziellen Lasten zwischen ihnen und den Müttern‘, schreiben die
Forschenden. …
Eine weitere Erkenntnis, welche die Studie liefert: Eltern
beteiligen die Kinder nach der Trennung häufig nicht an Entscheidungen zum Betreuungsmodell.
‚War ein Kind bei der Trennung zwischen 8 und 17 Jahre alt, so hat ca. die
Hälfte der Eltern es beim Aushandeln des Familienarrangements nach seinen
Wünschen gefragt‘, schreiben die Autor*innen. War das Kind jünger, sinkt der
Anteil auf knapp einen Viertel.
‚Bringing
Baby Home‘ lautet der Titel der aktuellen Studie des britischen
Fatherhoodinstituts. Dabei wurden empirische Daten über Väter und
Vaterschaft im Vereinigten Königreich im ersten Jahr nach der Geburt
untersucht. Wer sind die Väter, wie agieren sie, was beeinflusst ihr
Handeln, welche Wirkungen auf Kinder und Mütter haben sie und wie gehen
die Gesundheitsdienste mit ihnen um.
Was das Fatherhoodinstitut herausgefunden hat, bestätigt eine
bedauerliche Tatsache: Die Gesundheits-Systeme sind nicht darauf
ausgerichtet, neue Väter anzusprechen und zu unterstützen, obwohl es
eindeutige Beweise dafür gibt, dass ein routinierter Umgang mit ihnen in
der Perinatalperiode dringend erforderlich ist. Es gibt drei klare
Gründe, die für eine bessere Unterstützung sprechen:
Die körperliche und seelische Gesundheit der Väter hat erhebliche
Auswirkungen auf die künftige Gesundheit und das Wohlbefinden des
Kindes. Zu den negativen Folgen für das Kind, die nachweislich mit den
Eigenschaften und Verhaltensweisen der Väter zusammenhängen, gehören ein
erhöhtes Risiko für Fettleibigkeit, Atemprobleme und eine
beeinträchtigte kognitive Entwicklung.
Mütter wollen und können von einer besseren Einbindung des Vaters
profitieren, indem sie bessere Geburtsergebnisse und -erfahrungen, eine
bessere Unterstützung bei der Erholung nach der Geburt und bei der
Aufnahme und Fortsetzung des Stillens sowie ein größeres Potenzial für
eine Aufteilung der Betreuungsaufgaben erhalten
Die Perinatalperiode ist ein „goldener Moment“, um
Gesundheitsprobleme und Verhaltensweisen der Väter selbst zu erkennen
und anzugehen.
Die Studie sowie eine Zusammenfassung der Ergebnisse finden Sie hier.
Innerhalb des Teilprojekts an der LMU München „Sich fair
trennen und weiter gemeinsam erziehen” wird aktuell eine Studie zum
Alltag in Trennungsfamilien durchgeführt. Hierfür werden getrennte Eltern
zu ihrem Wohlbefinden, und zu ihren täglichen Herausforderungen und
Bewältigungsstrategien, z.B. in der Zusammenarbeit mit dem anderen Elternteil,
befragt.
Es ist den Forscher:innen besonders wichtig, mit der Studie
eine große Bandbreite von Eltern, und insbesondere auch Väter zu erreichen. Die
Vielfalt der Erfahrungen der Studienteilnehmenden soll uns helfen, das
Online-Angebot auf der Website auf den Bedarf von getrennten Vätern und Müttern
zuzuschneiden. Die Eltern erhalten für ihre Teilnahme an der Studie zudem eine Aufwandsentschädigung
von 40 €.
In der Studie geht es um die Situation von Familien, in
denen sich die Eltern getrennt haben. Es ist auch geplant, ein Online-Angebot
zu entwickeln, das Eltern bei der Gestaltung gemeinsamer Elternschaft nach
einer Trennung unterstützt. Um das Angebot hilfreich und passend gestalten zu
können, möchten die Forscher:innen in der Tagebuchstudie mehr darüber erfahren,
welche besonderen Herausforderungen getrennte Eltern im Alltag bewältigen
müssen, was ihnen dabei hilft, Schwierigkeiten zu meistern, und zu welchen
Themen sie Fragen haben oder sich Unterstützung wünschen.
Die Studie wird vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Weitere Informationen zur Teilnahme finden Sie auf der Webseite des Projekts.
In einer neuen Studie der Universität Cambridge (Vereinigtes Königreich) wurden Väter, die sich hauptsächlich um das Kind kümmern, mit Müttern, die sich hauptsächlich um das Kind kümmern, und mit Doppelverdiener-Paaren aus Mutter und Vater verglichen. Die Forscher fanden keine statistisch signifikanten Unterschiede in Bezug auf die Qualität der Elternschaft, Depressionen, Ängste, Stress, das Gefühl der sozialen Unterstützung, die Qualität der Ehe, Konflikte mit dem Kind oder das Verhalten des Kindes selbst.
„Die vorliegende Studie stellt die Annahme in Frage, dass
Frauen für die primäre Kinderbetreuung besser geeignet sind als Männer …
Väter und Mütter sind in der primären Betreuungsrolle gleichermaßen
kompetent.”
Auf der Grundlage dieses Ergebnisses empfehlen die
Forscher:innen: „Die hohe Qualität der Elternschaft, die von den Vätern in der
Hauptbetreuungsrolle gezeigt wird, legt nahe, dass mehr Väter ermutigt werden
sollten, sich in der Kindererziehung zu engagieren. Um dies zu erreichen,
müssen politische Maßnahmen, die dies erleichtern, wie geteilter Elternurlaub
und flexible Arbeit, einschließlich mehr Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeiten,
sowohl von den Regierungen als auch von einzelnen Unternehmen umfassend
gefördert werden.”
Frühere Forschungen zu Vätern, die die Hauptpflege
übernehmen, konzentrierten sich häufig auf schwule Väter, die durch Adoption
oder Leihmutterschaft Eltern wurden. In diesen Studien wurde auch festgestellt,
dass die Anpassung der Kinder positiv war. Die vorliegende Studie erweitert die
Untersuchungen auf heterosexuelle Elternpaare.
An der Studie, die zwischen 2017 und 2019 im Vereinigten
Königreich durchgeführt wurde, nahmen 41 Väter als Hauptbezugspersonen, 45
Mütter als Hauptbezugspersonen und 41 Doppelverdienerpaare (sowohl Mutter als
auch Vater) teil. Die Mütter und Väter waren seit mindestens sechs Monaten die
Hauptbetreuer ihrer Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren. Ihr:e Partner:in war
der bzw. die Hauptverdiener:in; einige Hauptbetreuer (Väter mehr als Mütter)
waren auch teilzeitbeschäftigt oder arbeiteten flexibel von zu Hause aus,
verbrachten aber mehr Zeit mit der Betreuung als mit der Arbeit.
In den Doppelverdiener-Familien waren beide Elternteile
erwerbstätig und viele arbeiteten Vollzeit. Die Familien waren überwiegend
weiß, hatten ein hohes Bildungsniveau und keine ernsthaften finanziellen
Schwierigkeiten.
Anhand von Fragebögen und Interviews bewerteten die Forscher
mit zuvor getesteten Messinstrumenten Depressionen, Ängste, Stress, soziale
Unterstützung, die Qualität der Ehe, die Beziehung zwischen den Eltern, die
Akzeptanz/Ablehnung des Kindes durch die Eltern, die Qualität der Elternschaft
und das Verhalten der Kinder. Bei der Bewertung des Verhaltens der Kinder
füllten die Vorschul- oder Schullehrer der Kinder ebenfalls einen Fragebogen
aus.
Diese Studie bestätigt zahlreiche frühere
Forschungsergebnisse, die zeigen, dass das Erziehungsverhalten von Vätern und
Müttern ähnlich ist und dass sie einen ähnlichen Einfluss auf die Entwicklung
der Kinder haben. Väter, die als Hauptbezugspersonen fungieren, beschreiben
ihre Rolle in der Regel so, dass sie eine enge Bindung zu ihrem Kind aufbauen.