„Das
Väterberatungszentrum soll eine offene und niederschwellige Anlaufstelle
für Väter sein – auch für jene, die von klassischen Beratungsangeboten
nicht erreichbar sind – und damit das Wohl der Kinder fördern. Der
offene Ansatz als Treffpunkt und Kommunikationsort für Väter fördert
soziale Begegnungen von Vätern und deren Kindern. Der Ort des
Austausches und der Informationsvermittlung soll den Zugang zu Beratung
erleichtern und die Akzeptanz für pädagogische Angebote erhöhen.“
Ausschreibung der Stadt München für ein Väterberatungszentrum
Stellungnahmen der Parteien zu den Forderungen der LAG Väterarbeit zur Landtagswahl
Die LAG Väterarbeit hat im Vorfeld der Landtagswahl am 15 Mai fünf
konkrete väterpolitische Forderungen aufgestellt und die im Landtag
vertretenen Parteien darum gebeten darzulegen, inwieweit eine Stimme für
Ihre Partei zu einer Umsetzung in den kommenden 5 Jahren beitragen
wird.
Die dritte Forderung lautet:
„Finanzierung von zunächst einer qualifizierten
Beratungseinrichtung für Väter je Regierungsbezirk. Dazu gehört auch,
dass entsprechende Fachkräfte weitergebildet und gefördert werden, um
vätersensibel beraten zu können.“
Die CDU hat dazu geantwortet:
Mit von uns seit 2017 initiierten Maßnahmen wie bspw.
Expertenworkshops, der Website vaeter.nrw oder auch der Förderung der
Fachstelle und der Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit NRW arbeiten
wir bereits daran, spezielle Angebote für Väter in Nordrhein-Westfalen
zu unterstützen, um den Anteil der Väter in Elternzeit zu erhöhen. In
der Datenbank „Angebote für Väter“ sind vielfältige Bildungs- und
Beratungsangebote in Nordrhein-Westfalen zusammengestellt und über eine
Suchfunktion abrufbar. Ergänzend wollen wir multiprofessionelle Teams
künftig nicht nur an Schulen, sondern auch in verantwortlichen
Expertengremien zur Qualitätssicherung von Unterricht, Aus- und
Fortbildung, um die bestehenden Angebote bedarfsorientiert ausbauen und
ergänzen zu können. In der Jugendhilfe muss es verpflichtende und
ständige Weiter- und Fortbildungsangebote für Fachkräfte geben, um für
vielfältige Beratungssituationen zu schulen.
Die FDP hat dazu geantwortet:
Den bestehenden Einrichtungen der Familienbildung und -beratung kommt
eine ganz besondere Bedeutung bei der Vermittlung von
Erziehungskompetenzen und der allgemeinen sowie anlassbezogenen Beratung
zu. Wir wollen diese Angebote darum weiter stärken, unter anderem auch
im Hinblick darauf, väter- und kultursensibel Beratung und Unterstützung
zu liefern. Ziel ist es, den Familien bedarfsgerecht, auf die
jeweiligen Erziehungsberechtigten ausgerichtete Beratung und
Unterstützung zukommen zu lassen.
Die Grünen haben dazu geantwortet:
NRW hat eine breit aufgestellte Beratungsinfrastruktur, die
verschiedenen Bedarfe in NRW abdeckt. Natürlich muss dabei auch
vätersensible Beratung angeboten werden. Hier werden wir die Bedarfe
prüfen und Entwicklungsmöglichkeiten mit bestehenden Beratungsangeboten
und ggf. darüber hinaus beraten.
Die SPD hat dazu geantwortet:
Wir wollen die Beratungsmöglichkeiten von Familien durch
Familienbüros insgesamt stärken. Dabei werden wir auch einen Fokus auf
Väter legen. Angebote werden wir in diesen Familienbüros gebündelt
präsentieren und Möglichkeiten der Vernetzung und Kooperation schaffen.
Der Beitrag des
Vorsitzenden der LAG Väterarbeit in der aktuellen Ausgabe impu!se der
Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin
Niedersachsen e. V.
„Die WHO empfiehlt, die Beteiligung von Männern während der
Schwangerschaft, der Geburt und nach der Geburt zu fördern, um die
Selbstsorge von Frauen und die häuslichen Pflegepraktiken für Frauen und
Neugeborene zu verbessern. Neben dieser auf die Gesundheit von Mutter
und Kind bezogenen Perspektive gibt es weitere gute Gründe, dies zu tun.
Die Gesundheit der Väter, die Zuschreibung von väterlichen
Kompetenzen und ihre Beziehung zu dem ungeborenen Kind haben einen
großen Einfluss darauf, in welchem Maße sie sich an der Erziehung des
Kindes beteiligen und Ressourcen für seine gelingende Entwicklung zur
Verfügung stellen.
In der Phase vor und unmittelbar nach der Geburt werden zudem die
Weichen dafür gestellt, ob das gewünschte Lebenskonzept einer
partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit
Wirklichkeit werden kann oder die Partnerschaftszufriedenheit darunter
leidet, dass sich Vater und Mutter in jeweils unterschiedlichen Sphären
voneinander entfremden. Viele Väter haben den Wunsch, die Entwicklung
ihrer Kinder von Anfang an mitgestalten und erleben zu können.
Ansprüche und Wirklichkeiten
Erfahrungen und Studienergebnisse zeigen, dass die gewählten
Lebensmodelle häufig nicht Ergebnis zielgerichteter Aushandlungsprozesse
sind, sondern Paare vor dem Hintergrund vermeintlich rationaler Gründe
nach der Geburt dort ‚hineingeschliddert‘ sind und Väter sich mehr oder
weniger freiwillig auf die traditionelle Rolle des Ernährers und
Assistenten in der Familie einlassen.
Obwohl also alles dafür spricht, werdende Väter rechtzeitig
einzubeziehen, sie als aktive Subjekte im Geburtsgeschehen zu betrachten
und auf die neue Rolle vorzubereiten, werden sie hierzulande immer noch
als ‚Beifahrer‘ betrachtet. In Großbritannien, wo bereits 2006 im
Nationalen Gesundheitssystem ein Paradigmenwechsel zugunsten von Vätern
stattgefunden hat, zeigen kürzlich veröffentlichte Befragungsergebnisse,
dass der empfohlene Wandel auch dort noch längst nicht überall
praktiziert wird.
92 Prozent der Väter nehmen an den Vorsorgeuntersuchungen teil, aber
61 Prozent berichten, dass ihre Rolle als Vater zu keinem Zeitpunkt
angesprochen worden ist.
Väter haben keinen formalen Status bei der Geburtsvorbereitung,
selbst ihr Name wird nicht erfasst. Lediglich 16 Prozent der Väter
werden während der Geburt nach ihrem Befinden gefragt.
Wenn ‚Väter‘ und ‚Mütter‘ statt ‚Eltern‘ adressiert werden und
deutlich gemacht wird, dass beide gefragt sind, steigt die Beteiligung
von Vätern bei der Nachsorge von ca. 20 Prozent auf bis zu 70 Prozent
Das Erlebnis der Geburt
Wie Väter auf die Geburt vorbereitet werden können und welche Rolle
die verschiedenen Professionen dabei spielen, ist lange bekannt. Der
entscheidende Faktor dabei ist die Haltung gegenüber der Rolle der Väter
sowie ihrer aktiven Einbeziehung.
Angebote der Geburtsvorbereitung für Väter kommen auch werdenden
Müttern zugute. Studien zeigen, dass Väter, die ihre Rolle während der
Geburt kennen und verstehen, was dort geschieht, selbst besser vor
übermäßigem Stress geschützt sind und seltener Gefahr laufen, den Ablauf
der Geburt negativ zu beeinflussen. Das gilt insbesondere in den
Momenten, in denen es mal nicht nach Plan läuft.
Bei der Geburt selbst dabei sein zu können, ist für Männer die
einzigartige Möglichkeit, das Vaterwerden, das sich bislang als
‚Kopfgeburt‘ abgespielt hat, unmittelbar zu erleben und eine Beziehung
zu ihrem Kind aufbauen zu können. Dazu ein O-Ton: „Es war unglaublich,
atemberaubend, erstaunlich und erschreckend, die erste Person zu sein,
die meine Tochter sah, und Augenkontakt mit ihr herzustellen, als sie
herauskam. Ich habe ein Foto, etwa drei Minuten nach ihrer Geburt, auf
dem ich sie im Arm halte und wir uns gegenseitig anstarren, und es sieht
aus, als würde sie mir die Zunge herausstrecken.“
Väter müssen draußen bleiben
Corona wirkt wie ein Brennglas und hat auch in der Geburtshilfe
offengelegt, dass Väter dort noch nicht die Bedeutung haben, die ihnen
zusteht. Zehntausende Männer konnten wegen der Corona-Regeln in den
vergangenen Monaten die Geburt ihres Kindes nicht miterleben. In manchen
Kliniken dürfen Väter den gesamten Verlauf der Geburt begleiten, in
anderen ruft sie das Personal erst zur Endphase der Geburt in den
Kreißsaal – wenn die Presswehen beginnen oder der Muttermund um einige
Zentimeter geöffnet ist. Zum Teil dürfen Väter ihre Familie nur eine
Stunde am Tag auf Station besuchen, andernorts gibt es keine
Beschränkungen. Zu Vorsorgeterminen, zum Ultraschall dürfen Väter oft
ebenfalls nicht mitkommen.
„Ich durfte nur an einer Untersuchung teilnehmen. Meine Frau musste
zu allen anderen Untersuchungen und Konsultationen allein gehen. Ich
habe diese lebenswichtige Unterstützung für meine Frau und die
Entwicklung einer Bindung zu unserem kleinen Sohn völlig verpasst. Das
System ist durcheinandergeraten, und die emotionale Belastung, die wir
zahlen müssen, ist enorm …“ berichtet ein Vater.
Die Auswirkungen der Geburtserlebnisse auf die Vaterschaft
Studien zeigen, dass die Geburt und ihr Erleben für Väter und Mütter
einen wichtigen Ausgangspunkt für den Übergang zur Elternschaft
darstellen. Sie erleichtern oder erschweren den Prozess des
Vaterwerdens. Mütter mit einem negativen Geburtserlebnis geben häufiger
an, dass sie Probleme beim Stillen haben und ihre Wunden schlecht
heilen. Das Risiko, dass die Mütter und Väter nach der Geburt eine
Depression entwickeln steigt und auch die Eltern-Kind-Bindung war sechs
Monate nach Entbindung weniger sicher.
Da die Unterstützung von Vätern im Geburtsprozess positive
Auswirkungen auf die Frauen hat, muss sichergestellt werden, dass Väter
systematisch einbezogen werden und sich an Schwangerschaft, Geburt und
Kinderbetreuung beteiligen. So können sie ihre Partnerinnen
unterstützen, eine eigene Identität als Vater entwickeln und eine aktive
Rolle in der Versorgung der Säuglinge übernehmen.“
Mehr
als zwei Drittel aller jungen Männer und Frauen wünschen sich eine
partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit, wenn sie
denn einmal Väter und Mütter sind. Wünsche und Wirklichkeiten klaffen
aber nach wie vor auseinander, auch wenn es auf den ersten Blick
‚gerecht‘ aussieht.
Die Summe von bezahlter und unbezahlter Arbeit an Wochentagen ist bei
Männern und Frauen mit circa 11 Stunden in etwa gleich. Aber bezahlte
und unbezahlte Arbeit ist zwischen Männern und Frauen ungleich
aufgeteilt. Dies zeigt die alle 10 Jahre durchgeführte
Zeitverwendungserhebung ebenso wie Studien, die im Kontext der Pandemie
durchgeführt worden.
In einer aktuellen Studie[i]
heißt es dazu, „Betrachtet man die gegenwärtige Studienlage zu
innerfamilialer Arbeitsteilung und Geschlechterungleichheit, zeigt sich …
ein heterogenes und widersprüchliches Bild“ und weiter „Innerfamiliale
Arbeitsteilung lässt sich zunächst direkt auf der Mikroebene verorten,
bei den Paaren und in Familien. Für die Untersuchung der Arrangements
gilt es aber, die innerfamiliale Mikroebene in ihrer Verwobenheit mit
dem mobilen Arbeiten im Kontext von Arbeitsorganisationen auf der
Mesoebene und den Makrostrukturen des Wohlfahrtsstaates sowie
gesellschaftlichen Norm(alitäts)annahmen, wie
geschlechterdifferenzierende Zuschreibungen von Betreuungsverantwortung,
zu betrachten. … Aushandlungen kommt als Modus für Erzeugung, Erhalt
und Veränderung sozialer Ordnung eine zentrale Bedeutung zu.“
Als Fazit bilanzieren die Autor*innen ‚paradoxe Gleichzeitigkeiten‘.
„Wir folgern aus unseren Analysen, dass die Diskussion um innerfamiliale
Arrangements und ihre Entwicklungen während der CoronaKrise
differenziert geführt werden muss: Weder haben wir es ausschließlich mit
einer Retraditionalisierung noch mit einer Modernisierung zu tun,
sondern vielmehr werden bereits bestehende Geschlechterungleichheiten
sichtbar und teilweise verschärft – bei gleichzeitig vorhandenem
Modernisierungsstreben.“
Was das für die Aushandlungen in den Partnerschaften bedeutet und
welchen Beitrag Familienbildung leisten kann um diese Prozesse zu
unterstützen, war das Thema einer Dialogrunde und eines Workshops bei
der Fachtagung der LAG Väterarbeit im vergangenen November.
In ihrem Impuls wies auch Barbara Streidl, Autorin der Streitschrift
‚Lasst Väter Vater sein‘, auf die Ambivalenzen hin: Einerseits
erleichtere das Homeoffice die Vereinbarkeit von Beruf und Familie,
bringe aber andererseits auch die Figur der wartenden Mutter zurück, auf
der die deutsche Sozialpolitik beruhe. Familie, Partnerschaft,
Erwerbstätigkeit, Haushalt, Selfcare und … die Erwartung ist, dass alles
gleichzeitig ‚erledigt‘ werde. Aber der Tag hat nun Mal ‚nur‘ 24
Stunden.
Als Vision wurde eine gesellschaftliche Aufwertung der Carearbeit
formuliert, die sich auch so äußern kann: „Da will ich ja eigentlich zum
Laternenumzug“, sagt der Oberstaatsanwalt, als es um eine Veranstaltung
am Abend des 10. Novembers ging. Die Veranstaltung begann um halb acht,
da ist der Umzug vorbei und er kommt knapp zur Veranstaltung.“
Es geht also darum, dem alltäglichen Vatersein Raum und Zeit zu
gestatten, das ist in erster Linie eine Frage der Haltung. Im Hinblick
auf die in den Partnerschaften notwendigen Aushandlungen geht es auch um
Einstellungen, aber vor allem um Kompetenzen und deren Zuschreibungen
auf Väter und Mütter. Einem klassisches Feld der Familienbildung.
Wie diese in NRW aufgestellt ist und wo Entwicklungspotenziale sind, hat die im vergangenen Jahr vorgelegte Evaluation[ii]
der familienpolitischen Leistungen gezeigt. Dort steht unter anderem,
es „wird deutlich, dass Väter 2019 am häufigsten Angebote in
Beratungseinrichtungen in Anspruch nahmen, … der Anteil der männlichen
Teilnehmer in der Familienbildung [hat sich] im Verhältnis zur
Bestandsaufnahme von 2006 kaum verändert hat. [er verharrt] auf dem
niedrigen Niveau von 16 bis 17 Prozent. An anderer Stelle ist zu lesen,
dass sich „Väter nicht durch die klassischen auf Reflexivität und Dialog
angelegten Kursgruppen angesprochen fühlen und entweder
Outdoor-Aktivitäten oder etwas Technisches bzw. Handwerkliches
bräuchten. Zudem wird die Teilnahme von Vätern/Männern überwiegend
abends oder an Wochenenden verzeichnet.“
Diese und weitere Ergebnisse der Evaluationsstudie griff auch Jürgen
Haas in seinem Impuls zu Beginn des Workshops auf und wies auf einen
weiteren ‚Mangel‘ hin, den geringen Anteil von männlichen Mitarbeitenden
in der Familienbildung.
Wer mehr Väter in der Familienbildung möchte, muss sich so sein
Fazit, als Entscheidungsträger und Anbieter, auch mit diesen
Herausforderungen auseinandersetzen. „Prognos hat in der aktuellen
Studie zu den familienbezogenen Leistungen in NRW auf fünf
Handlungsfelder hingewiesen, die meines Erachtens auch für die
Familienbildung Relevanz haben: Bekanntheit, Vernetzung,
Digitalisierung, Angebotsformate und das Personal.
Als Ergebnis des Workshops wurden drei zentrale Weichenstellungen formuliert:
für die Neuausrichtung der Angebote im Bereich der
Familienbildungsarbeit braucht es einen langen Atem. Projekte sind oft
sehr kurzfristig angelegt. Dadurch kann man das Vertrauen und die
Kontinuität der Väterbeteiligung nicht sicherstellen
eine Erhöhung der Anteile des pädagogischen männlichen Personals in
der Familienbildung und auch die der freiberuflichen Honorarkräfte kann
durch eine bessere finanzielle Ausstattung erreicht werden
die Fachkräfte müssen in die Lage versetzt werden, Väter
gendersensibel in den Blick zu nehmen und anzusprechen. Dazu braucht es
passende Qualifizierungsangebote.
Take Aways für Väter
Es ist gut, dass Sie sich vornehmen, sich alle anfallenden Aufgaben
in der Familie ‚gerecht‘ aufzuteilen. Damit dies Vorhaben auch gelingt,
ist es hilfreich, sich mit ihrer Partnerin darüber auszutauschen welche
Erwartungen sie als Vater und Mutter an sich und den jeweils anderen
haben.
Im nächsten Schritt geht es dann darum, wer was zu welchem Zeitpunkt
macht: Elternzeit nimmt, Kinder und Haushalt betreut oder das Geld für
die Finanzierung des Projekt Familie verdient. Lassen Sie sich bei
diesen ‚Verhandlungen‘ nicht vorschnell durch die Verlockungen des
vermeintlich leichteren Wegs, eine*r geht Geld verdienen und eine*r
bleibt zu Hause über den Tisch ziehen. Auch wenn Sie vorhaben, beim
nächsten Kind alles anders zu machen führt diese gutgemeinte ‚temporäre
Teilretraditionalisierung‘ geradewegs in alte Rollenmuster und engt ihre
Spielräume und Wünsche, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen und
dafür ggf. auch Arbeitszeiten zu reduzieren extrem ein
Fangen Sie mit diesen Aushandlungsprozessen frühzeitig an, am besten
genau dann, wenn Sie über die Umsetzung ihrer Kinderwünsche sprechen.
Eine ‚Arbeitshilfe‘ dazu finden Sie hier oder auch auf dieser Webseite.
Denkanstöße für Beschäftigte in der Familienbildung und Familienzentren
Es ist gut, wenn Sie in Zukunft Väter verstärkt in die
Familienbildungsarbeit ihrer Einrichtung einbinden möchten. Beziehen Sie
bei der Planung der Angebote am besten Väter mit ein.
Planen Sie diese Angebote möglichst niedrigschwellig und zun den
Zeiten, in der die Väter auch daran teilnehmen können: nach Feierabend,
am besten Freitagnachmittag oder Samstagvormittag
Kommunizieren Sie die Angebote so, dass Väter diese auch im Internet finden können.
Bei allen Fragen, die Sie zu diesem Thema haben steht Ihnen die Geschäftsstelle der LAG-Väterarbeit gerne beratend zur Seite.
[i]
Almut Peukert, Miriam Beblo, Laura Lüth und Katharina Zimmermann;
Erwerbs- und Familienarbeit im Homeoffice? Innerfamiliale Arbeitsteilung
in der Corona-Krise auf dem Prüfstand; in Sozialer Fortschritt, 71
(2022), S.29ff
Holger, du hast bei der Fachtagung der LAG Väterarbeit in
NRW im November die Dialogrunde und den Workshop im Themenfeld
‚Gleichberechtigung und Beteiligung‘ moderiert. Eine der Visionen die in der Dialogrunde
formuliert wurde lautet: ‚Familienarbeit aus der Tabuzone holen‘. Was ist damit
gemeint?
Im gesellschaftlichen Kontext gehen wir vom Idealbild der
heilen Familie aus, ein Ort von Liebe und Geborgenheit. Treten Probleme und
Herausforderungen auf, werden diese schnell individualisiert und stehen in
Verantwortung der Eltern. Dann gibt es Aussagen wie: „Die Eltern sind
überfordert sie sollen sich doch Hilfe holen.“ Im unternehmerischen Kontext
soll Familienarbeit idealerweise funktionieren und nicht den Arbeitsprozess
stören.
Schlaflose Nächte bei zahnenden Kindern, Erkrankungen, neue
Lebensabschnitte oder auch die Zeit der Pubertät sind jedoch ganz normale
Familienthemen, die in der Regel viel Kraft und elterliche Aufmerksamkeit
benötigen. Konkret geht es darum, dass Kolleginnen nicht ausgegrenzt und
belächelt werden, wenn sie aufgrund von Aufgaben mit und für die Kinder eher
gehen müssen oder die familiären Themen über berufliche Aufgaben stellen.
Ebenso sind Themen wie Allein- bzw. Getrennterziehende oder
Trennung keine, mit denen man im Arbeitsalltag oder auch im Freundeskreis
punkten kann, wenn Familie und Familienarbeit zur besonderen Herausforderung
wird. Unsere Gesellschaft verweist lieber an individuelle
Unterstützungsangebote, als dass strukturelle Veränderungen angedacht und auf
den Weg gebracht werden.
Nicht zuletzt gehört Familien- und Care-Arbeit nach wie vor
zu den unentgeltlichen Leistungen, die für eine Gesellschaft zwar unabdingbar
sind, aber eben nicht finanziert und entsprechend anerkannt werden. Nicht
zuletzt sehen wir im Umgang mit Familien während der Pandemie, dass zwar
Trostpflaster verabreicht werden, wie einmalige Zahlungen, aber dass wir viel
mehr über Wirtschaft und Finanzen berichten, als dass die herausfordernde
Familien- und Sorgearbeit in den Mittelpunkt gerückt werden. Ebenso ist das
Lohngefälle ein Ausdruck dafür, welchen Wert Sorgearbeit in unserer
Gesellschaft hat und wie selbstverständlich sie in diesem Lohngefälle gegenüber
produzierendem Gewerbe gehalten wird.
Warum ist es wichtig, Männer und Väter von Anfang an als
Akteure im Gleichstellungsprozess zu adressieren und einzubeziehen?
Weil Gleichstellung nur im Miteinander und im für einander
Einstehen gelingen kann. Equal Pay und Equal Care sind Aufgaben, die längerfristig
Müttern wie Vätern zugutekommen. Rollenklischees entwickeln sich, sobald wir
auf die Welt kommen und prägen unsere Gesellschaft nachhaltig. Wenn wir daran
etwas ändern wollen, dann müssen wir an individuellen Einstellungen etwas
verändern und bei den frühen Sozialisationsinstanzen starten. Kinder müssen
erleben können, dass Väter im Alltag anwesend sind und sich ebenso um Kinder
kümmern, wie sie ihre bezahlte Arbeit meistern. So braucht es in allen
Lebensbereichen männliche Vorbilder, die ein gleichberechtigtes Leben ohne
Rollenzuschreibungen anstreben oder bereits realisiert haben. Und hierfür
braucht es Männer und Väter die dies auch leben wollen, also davon überzeugt
sind, dass dies für sie und für die nachfolgende Generation ein guter Weg ist,
Gesellschaft zu gestalten. Oft erleben heute Männer Gleichstellung als
Beschneidung von Möglichkeiten, als Zurechtweisen und defizitär. Dabei gilt es
das Augenmerk darauf zu legen, was Männer und Väter von diesem Prozess ganz
individuell und im Zusammenleben mit Frauen und Müttern davon haben.
Welche Vorteile bringt das für Väter und die Beziehung zu
ihren Kindern?
Es bringt Stabilität für die Beziehung, wenn Väter nicht nur
im Spaßbereich erlebt werden, sondern auch zeigen dass sie im Carebereich fit
sind. Viele Väter, die Elternzeit genommen haben, berichten davon, dass sie
später eine gute Beziehung zu ihren Kindern haben. Zum einen ist dies natürlich
in der Begleitung im Aufwachsen der Kinder eine wichtige Ressource. Aber ich
denke zudem ist es eine wichtige Energiequelle für Väter selbst, wenn sie am
Werden ihrer Kinder beteiligt sind und durch Beziehung zu ihnen gestärkt und
getragen werden. Nicht zuletzt verhindert es soziale Isolation, insbesondere in
Krisen & Konfliktsituationen.
Welche Stolpersteine und Widerstände gilt es dabei
unbedingt zu beachten?
Väter sind, wenn es um Familien- und Carearbeit geht, in
einem für sie noch relativ neuen Lebensbereich unterwegs. Es fehlt an
Erfahrungen und Angeboten. Häufig bekommen sie direkt oder durch die Blume
gesagt, dass die Mütter hier die bessere Arbeit leisten. Als Beispiel sei ein
Vater genannt, der in der Familienberatung bei der Umgangsgestaltung danach
gefragt wurde, ob er für seine Kinder sorgen könne. Dieser Vater hatte ein Jahr
Elternzeit genommen. Als er die Frage bejahte, kam die nächste Rückfrage, was
er denn für seine Kinder koche? Diese subtilen Kontrollfragen sind verunsichern
Väter zusätzlich und zeigen ein fehlendes Zutrauen. Väter brauchen jedoch
offene und vertrauensvolle Rahmenbedingungen, um sich noch mehr in den Care-
und Sorgebereich einzubringen.
Wahrscheinlich stehen sich jedoch die Männer im
Gleichstellungsprozess am meisten selbst im Weg, wird das Thema
Gleichberechtigung mit „schwach sein“ verknüpft und innerlich abgewertet. Auf
der anderen Seite braucht es natürlich auch Mütter und Frauen, die
Veränderungen aushalten, insbesondere, wenn sie nicht nach ihren Ideen
umgesetzt werden. Wichtig ist dabei, dass ein Austausch miteinander stattfindet
und mögliche Stolpersteine gemeinsam aus dem Weg geräumt werden können.
Nicht zuletzt ist es Aufgabe der Politik, den
gesellschaftlichen Umdenkprozess zu forcieren und zu unterstützen. Väter und
Männer aktiv hierzu einzuladen und dafür strukturelle Rahmenbedingungen zu
schaffen.
Was sind deiner Meinung nach die ersten drei Schritte auf
dem Weg hin zu einer ‚echten‘ Gleichberechtigung in den Sphären Erwerbs- und
Carearbeit?
Die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Männer nicht
mit dem Gedanken des Familienernährers aufwachsen, also als hauptverantwortlich
in die Erwerbsarbeit gedrängt werden und dass Vereinbarkeit von Familie und
Beruf aktiv von Unternehmen angesprochen und Vätern Mut gemacht wird, sich
auszuprobieren, den Bereich von Sorgearbeit zu entdecken und sich selbst zu
zeigen.
Themen, wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf müssen auf
Männer und Väter direkt zugeschnitten werden, auch wenn es dieselben Inhalte
betrifft. Solange wir in traditionellen Rollenvorstellungen verhaftet sind,
braucht es aktive und manchmal provokative Anstöße zum Umdenken.
Role-Model-Kampagnen können dabei positive Denkanstöße liefern und eine
Vielfalt aufzeigen, die ganz unterschiedliche Väter anspricht.
Frauen in den Vorstandsetagen sind dabei ebenso wichtig, wie
Väter in einer Elternzeit von sieben Monaten und mehr. Die Elternzeit- und
Elterngeldreform 2007 hat gezeigt, dass strukturelle Anreize Veränderungen
wunderbar beschleunigen können. Hier kann Politik entsprechend unterstützend
wirken.
Holger
Strenz ist Vater von 2 Töchtern, Sozialpädagoge, Systemischer Paar- und
Familientherapeut. Er ergründet, untersucht und beforscht das männliche
Geschlecht seit über 25 Jahren und versteht sich als Netzwerker, der mit
Papaseiten.de Väterarbeit in Dresden und in Sachsen einen Weg bahnt. Seit über
15 Jahren geschieht dies innerhalb der Gleichstellungsarbeit. Er ist Mitglied
der Fachgruppe Väter im Bundesforum Männer und im Väterexpertennetz Deutschland
e.V. Aktuell koordiniert er die Kampagne zur Petition „10 Tage
Vaterschaftsfreistellung* zur Geburt“.
Bisherige Ergebnisse der Studie fasste Frau Buschmeyer so zusammen:
Wer vorher mehr Care-Arbeit gemacht hat, macht das meist auch während der Pandemie (mit Ausnahmen)
Für Getrennt- bzw. Alleinerziehende ist die Pandemie dann besonders
herausfordernd, wenn sie kein/wenig Unterstützung durch Ex-Partner*in
oder ein größeres Netzwerk haben
Gefühl der Entschleunigung ist in der zweiten Welle der Verdichtung gewichen
Vorstellungen von Mütterlichkeit und Väterlichkeit beeinflussen die Übernahme von Care-Arbeit oder deren Auslagerung
Väterliches Engagement hat sich in der Corona-Pandemie folgendermaßen entwickelt:
Insgesamt haben (die befragten) Väter einen großen Anteil an der Care-Arbeit übernommen und ihr Engagement in der Krise erhöht
Wo Väter vorher eher abwesend waren à Mehr Engagement möglich
Wo die Väter vorher mit viel Engagement in der Familienarbeit dabei waren à In der Pandemie beibehalten
Je mehr die Väter sich einbringen (möchten) in die Care-Arbeit, desto größer die Zerrissenheit
Je größer das Netzwerk aus Betreuungspersonen, desto einfacher ist die Vereinbarkeit individuell gelöst
Wenn andere den Großteil der Betreuungsarbeit leisten, können Väter durch die neue Flexibilität mehr „unterstützen“
In der zweiten Welle hat das Engagement teilweise wieder abgenommen, die Erwerbsarbeit wird (wieder) zentraler angesehen
Auch wenn es einfacher ist, die Care-Arbeit anderen zu überlassen:
Mehr Engagement von mehr Personen ist für alle eine Erleichterung!
Handlungsempfehlungen, damit das Positive bleibt
Anerkennen, dass Sorgearbeit Arbeit ist und genauso fordert wie Erwerbsarbeit
Dienstreisen und viele Überstunden (Abendtermine) reduzieren (à Positive Aspekte der Digitalisierung nutzen)
Vorteile des Homeoffice auch für Sorgearbeit nutzen (Wäsche wäscht nebenbei, Kinder können schnell abgeholt werden etc.)
Zeit mit der Familie einplanen und gestalten (Regelmäßige gemeinsame Mahlzeiten etc.)
Absprachen unter den Eltern einfordern und beibehalten
(Priorisierung der Erwerbsarbeit vielleicht nicht nur unter finanziellen
Gesichtspunkten)
Freizeittermine (der Kinder) reduzieren
Das Netzwerk möglicher Unterstützer*innen bei der Kinderbetreuung ausbauen
Dies fasst die Aussage eines Studienteilnehmers gut zusammen:
„Na ja, vielleicht reichen drei Abendtermine ja auch und die anderen
zwei Tage setzt du dich mal in den Garten und guckst den Blumen beim
Wachsen zu. Könnte ja so für die eigene Psychohygiene auch mal ganz
hilfreich sein. Also so nochmal zu gucken, was ist eigentlich wirklich
wichtig und was brauche ich eigentlich für mich?“
Ihr aktuelles Buch hat die Bestsellerautorin Nicola Schmidt
gemeinsam mit ihrem Partner Klaus Althoff geschrieben und ist mit dem
Untertitel ‚Dein Weg zum Kind‘ versehen. Damit stapeln die beiden tief, erstens
beschreiben sie eine Vielzahl von Wegen und Möglichkeiten zum Vatersein und
zweitens beinhalten diese Pfade auch die gemeinsamen Schritte zum Eltern und
Familie werden, in welcher Konstellation auch immer, aber mit der Aussicht auf
eine gleichberechtigte und partnerschaftliche Aufteilung von bezahlten und
unbezahlten Aufgaben und Arbeiten.
Dass dieser Weg schon lange vor der Geburt anfängt,
schreiben die beiden schon im zweiten Absatz des Vorworts: ‚Wie gut sich alle
Beteiligten … schon vor der Geburt vorstellen können, eine Familie zu sein,
sagt viel darüber aus, wie es später sein wird. Es gilt also, die wichtigen
Informationen rechtzeitig zu haben, die Weichen frühzeitig zu stellen und
‚kluge‘ Entscheidungen zu treffen.
Und dafür liefern Schmidt und Althoff auf den folgenden 235
Seiten eine wahre Fülle an Ideen, Wissen, Anregungen und Erfahrungen in einem
inhaltlich und grafisch sehr ansprechenden Format.
Das Buch behandelt in drei Kapiteln Schwangerschaft, Geburt
und Wochenbett wobei die ersten 9 Monate in sieben Abschnitte aufgeteilt sind.
Der siebte beschäftigt sich unter der Überschrift ‚Cool bleiben‘ mit
Terminüberschreitung und Übertragung. Innerhalb dieser Anordnung gibt es
verschiedene inhaltliche Blöcke, die sich in jedem Abschnitt wiederholen: ‚Das
sollten Väter vorher wissen‘, ‚Wissenschaftscheck‘, ‚Übungen‘ und ‚So sieht es
aus‘. In letzterem beschreiben Klaus und/ oder Nicola ihre Ansichten zu den
zuvor behandelten Themen und geben persönliche Erfahrungen weiter.
Neben diesen großen Blöcken gibt es kleinere Merkposten, die
sich direkt an die werdenden Väter richten bzw. Erfahrungen und Fragen von
Vätern wiedergeben: ‚Was hättest du gern vorher gewusst?’, ‘You have a new
message‘ sind Impulse aus der Perspektive des ungeborenen Kindes. Eine ‚Not to
do Liste‘ fasst die Empfehlungen der Autor*innen prägnant zusammen sowie ‚Dein
Clan‘. In dieser Rubrik werden Ansprechpartner und Vertrauenspersonen für die
Väter und deren Bedeutung benannt.
Apropos ‚Clan‘, insbesondere Klaus Althoff betont an
verschiedenen Stellen seiner Statements immer wieder die Bedeutung einer
Vätergruppe in der sich Männer über ihre Anliegen, Ängste und Hoffnungen
austauschen können. Vor und auch nach der Geburt: ‚Was aber … ganz wichtig ist,
ist der Austausch mit anderen Vätern. Wir Männer reden oft so wenig – vor allem
wenig miteinander und über die Dinge, die uns schwerfallen und belasten.‘ Er
lädt die Männer deshalb dazu ein ‚Väterbanden‘ zu bilden.
Auch an anderen Stellen greift er auf seine Erfahrungen als
Personalentwickler zurück. Der Weg zum Vatersein ist ein Change Prozess. Beim
Eltern werden geht es, vor allem im Hinblick auf die Fragen, wer macht was, zu
welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang auch um einen Teambuildingprozess bei
dem Erfahrungen aus dem Projektmanagement genutzt werden können. Diese Begriffe
werden von beiden Autor*innen situationsbezogen und praxisnah mit Inhalten
gefüllt und im Managementtraining bewährte Methoden wie der Dialogspaziergang
auf den Alltag werdender Eltern übersetzt. Sie betonen immer wieder, wie
wichtig die Entwicklung eine geteilten Vorstellung von dem Leben zu Dritt für
eine gelingende Vater-, Mutter- und Elternschaft ist.
Neben pädagogischen und biologischen Themen werden aber auch
ganz praktische insbesondere für nicht verheiratete Väter bedeutsame Dinge
angesprochen: Es ist wichtig, rechtzeitig über eine Vaterschaftsanerkennung und
gemeinsame Sorge zu sprechen und die erforderlichen Schritte rechtzeitig in die
Wege zu leiten. Das gleiche gilt für Absprachen über Aufteilung der Elternzeit.
Entgegen der lange Zeit von der Familienpolitik propagierten 12 plus 2 Regelung
betonen Schmidt und Althoff die Bedeutung der frühen Elternzeit des Vaters und
treten auch für die ‚Vaterschaftsfreistellung unmittelbar nach der Geburt ein.
Im Kapitel Geburt weisen die beiden zum einen besonders auf
die Bedeutung einer Geburtsvorbereitung für Väter hin, diese senke das Risiko
für operative Geburtseingriffe. Wohl auch, weil Väter in der Lage sind, unter
der Geburt gegebenenfalls ihre Schutzfunktion für die Partnerin wahrzunehmen.
Zum anderen thematisieren sie das Risiko einer postpartalen Depression für
Väter. Die Zahlen aus den angelsächsischen Ländern weisen eine hohe Bandbreite
auf, wohl auch, weil Väter nicht durchgehend auf diese gesundheitliche
Belastung gescannt werden. In den deutschsprachigen Ländern wird dieses
Phänomen erst allmählich wahr- und ernst genommen. Die umfassende Behandlung
des Themas in diesem Band wird dazu sicherlich auch beitragen.
Auch wenn im letzten Abschnitt das Thema Fehlgeburt aus der
Perspektive der Väter, die mit dem Thema in der Regel alleingelassen werden,
thematisiert wird, eine ganz wichtige Botschaft steckt für mich einige Seiten
davor. Es ist die Sache mit der Performanzschere. ‚Es ist nämlich so, dass
viele Väter durchaus über die notwendigen Kompetenzen verfügen, um ihre Kinder
liebevoll zu versorgen. Das Problem ist aber oft, dass sie diese Kompetenzen
nur unzureichend nutzen. … Klafft die Performanzschere erst einmal auseinander,
ist es schwierig, sie wieder zu schließen und die väterlichen Kompetenzen im
Alltag einzusetzen.‘ Auch dass ist ein Appell, von Anfang an aktiv dabei zu
sein und durch gemeinsames Tun väterliche Kompetenzen zu entwickeln und
anzuwenden.
Das Buch von Nicola Schmidt und Klaus Althoff ist für mich
nach dem 2005 ebenfalls im Gräfe und Unzer Verlag erschienen ‚Das Papa
Handbuch‘ von Robert Richter und Eberhard Schäfer ein zweiter Meilenstein, der
den Weg der Väter zu ihren Kindern nicht nur beschreibt, sondern Väter
ermutigt, diesen Weg auch zu gehen und die Rolle im Leben ihrer Kinder zu spielen,
die diese brauchen.
Einem Bericht von Pew Research aus dem Jahr 2018 zufolge bleiben in den USA mehr Männer zu Hause, um sich um ihre Familien zu kümmern. In der Vergangenheit haben wirtschaftliche Abschwünge Männer aus dem Erwerbsleben gedrängt und sie in die Rolle des Hausmannes gedrängt. „Je nachdem, wie man es misst, waren auf dem Höhepunkt der Großen Rezession vielleicht zwei Millionen Männer Väter, die zu Hause blieben”, sagt Soziologieprofessor Scott Melzer. “Und wenn wir uns heute die Pandemie ansehen, haben wir eine weitere wirtschaftliche Katastrophe.”
Aber auch die Veränderungen bei der Erwerbsbeteiligung von
Frauen und der Aufstieg von Frauen im Bildungswesen haben die
Geschlechterrollen nachhaltig beeinflusst. Im Jahr 2020 stellten Frauen zum
ersten Mal mehr als die Hälfte der US-Arbeitskräfte. „Junge Frauen überholen
jetzt die jungen Männer bei den Hochschulabschlüssen und vielen
Graduiertenabschlüssen”, sagt Kim Parker, Direktorin der Abteilung für
soziale Trends am Pew Research Center.
Fünf Väter erzählen CNBC Make It, warum sie sich berufen fühlten, einen der anspruchsvollsten Jobs der Welt zu übernehmen.
Fifty-fifty‘ in der Kinderbetreuung – das wünscht sich mehr als die Hälfte aller Väter hierzulande. In Wirklichkeit teilt sich aber nur ein Viertel von ihnen die Betreuung mit der Mutter. Warum das auch 2021 noch so ist …
David Juncke hat an dem gerade erschienen Väterreport mitgewirkt. Bei der Fachtagung der LAG Väterarbeit am 16. November wird er zentrale Ergebnisse präsentieren.
Herr Juncke, welche Botschaft verknüpfen Sie mit dem aktuellen Väterreports?
Vielen Vätern ist es heute wichtig, Zeit mit der Familie zu verbringen und die Familien- und Erwerbsarbeit mit der Mutter partnerschaftlich zu teilen. Die Umsetzung dieser Wünsche wird jedoch zum einen durch äußere Rahmenbedingungen, zum anderen durch die Haltung der Väter selbst erschwert. Die Covid-19-Pandemie stellte Familien zusätzlich vor Herausforderungen, eröffnete jedoch gleichzeitig Chancen. Prognos untersuchte im Auftrag des Bundesfamilienministeriums die Wünsche der Väter von heute, deren Umsetzungsmöglichkeiten, Chancen und Hürden. Die neue Veröffentlichung ist ein Update und knüpft an die Väterreports vergangener Jahre an.
Was sind zentrale Ergebnisse des Väterreports Update 2021?
Während der Covid-19-Pandemie kümmerten sich viele Väter um die
Bildung und Betreuung ihrer Kinder. Die Erfahrungen, die Familien,
Politik und Wirtschaft in der Pandemie gemacht haben, können in Zukunft
zu einem Treiber dafür werden, dass mehr Eltern partnerschaftlich
Familie und Beruf vereinbaren können. Der Väterreport von Prognos
untersuchte in diesem Zusammenhang, was sich Väter in Familie und Beruf
wünschen und ob sie diese Wünsche inzwischen häufiger umsetzen. Welche
Rolle spielen dabei Arbeitgeber oder betriebliche Rahmenbedingungen? Und
welche Veränderungen und Chancen brachte die Covid-19-Pandemie mit
sich? Hierzu wertete Prognos aktuelle und repräsentative Befragungen und
amtliche Datensätze aus.
Betrachtet wurden die Väter aus verschiedenen Perspektiven: in ihrer
Rolle in der Familie, im Beruf und in Zusammenhang mit der
Covid-19-Pandemie. Eine Sonderstichprobe untersuchte Väter, die heute
nicht mehr mit ihren Kindern zusammenleben. Diese Gruppe von Vätern war
in der bisherigen wissenschaftlichen Literatur unterrepräsentiert. Die
Ergebnisse zeigen, dass sich auch für diese Väter das Leitbild von
Vaterschaft verändert hat.
Kann die Pandemie auch als Chance für väterliche Engagement betrachtet werden?
Die Ergebnisse zeigen, dass Väter heute ganz andere Rollenbilder,
Erziehungsziele und -prinzipien haben als früher und sie haben auch die
Chance, diese zu verwirklichen. Viele Väter wollen sich mit den Müttern
die Familien- und Erwerbsarbeit partnerschaftlich teilen – auch nach
einer Trennung. Staatliche Leistungen wie Elterngeld und Elternzeit, die
von immer mehr Vätern genutzt werden, unterstützen partnerschaftliche
Vereinbarkeit. Auch die Unternehmen haben erkannt, dass sie ihr Angebot
betrieblicher Personalpolitik auch auf Väter ausrichten müssen, um
Vorteile bei der Mitarbeiterbindung und -gewinnung zu haben.
In der Pandemie kam es zeitweise zu einer unfreiwilligen Reduzierung der
Erwerbstätigkeit von Vätern. Über flexible Arbeitszeitmodelle,
Homeoffice und Arbeitszeitreduzierung konnte ein Teil der Väter erstmals
erproben, wie ein partnerschaftliches Familienmodell im Familienalltag
funktioniert. Auch Unternehmen zeigten sich in den Hochphasen der
Pandemie aufgeschlossen und unterstützen Familien durch eine innovative
Vereinbarkeitspolitik.
Schwangerschaft und Geburt sind auch für Väter eine große
Herausforderung. Zur Unterstützung fehlen Vorbilder und eine Gesprächskultur.
Die LAG-Väterarbeit fordert deshalb seit langem eine zweiwöchige
Vaterschaftsfreistellung nach Geburt des Kindes mit Lohnersatz als einen
wichtigen und vor allem auch geeigneten Schritt, aktive Vaterschaft zu fördern.
Um werdende Väter gezielt zu erreichen, beteiligt sich die LAG-Väterarbeit nun auch an der Erzählcafé Aktion “Respekt, Mann. Du wirst Vater!”. Die Aktion will bewirken, dass jeder Mann mit gutem Gefühl Vater werden kann. Deshalb unterstützt die Aktion Väter mit einer kostenlosen Info-Broschüre. Kurz und bündig wird auf den Punkt gebracht, was Männer beim Vaterwerden wissen sollten, auch um selbst gesund zu bleiben.
Im Väter-Erzählcafé können sich Männer mit Männern
austauschen, voneinander lernen und ihre Erlebnisse bei der Geburt verarbeiten.
Jeder kann mitmachen und ein Erzählcafé zu Schwangerschaft und Geburt
veranstalten. Initiiert und betreut wird die Erzählcafé-Aktion durch Dr. med.
Stefanie Schmid-Altringer und Lisa von Reiche. Gefördert wird die Initiative
durch Hebammen für Deutschland e.V.