Das Leben von Eltern ändert sich mit der Geburt des ersten Kindes schlagartig. Werden sie erwachsener, weil sie neue Verantwortung zu übernehmen haben? Dieser Frage gingen Eva Asselmann und Jule Specht von der Humboldt-Universität zu Berlin nach. Die Psychologinnen werteten Daten von knapp 20.000 Personen aus dem Sozioökonomischen Panel aus, einer bevölkerungsrepräsentativen Langzeitstudie aus Deutschland. Die Forscherinnen untersuchten die fünf Persönlichkeitsmerkmale Offenheit, Geselligkeit, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit und emotionale Stabilität in den Jahren vor und nach der Geburt des ersten Kindes.
Danach hatten Personen, die weniger offen für neue
Erfahrungen waren sowie extrovertierte Menschen eine höhere Wahrscheinlichkeit,
in den Folgejahren eine Familie zu gründen. Nach der Geburt ihres Kindes waren
Eltern weniger offen und die Geselligkeit (Extraversion) nahm ab. Eine
Erklärung: Mit einem Baby bleibt oft kaum Zeit, um neue Dinge auszuprobieren
oder Freunde zu treffen.
Komplexere Effekte zeigten sich für die anderen
Persönlichkeitsmerkmale Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit und emotionale
Stabilität. Sie waren teilweise vom Alter und Geschlecht der Teilnehmenden
abhängig.
So zeigte die Studie, dass jüngere Eltern im ersten Jahr
nach der Geburt ihres Kindes deutlich gewissenhafter waren als in den Jahren
davor und danach. Späte Eltern dagegen waren nach der Geburt des ersten Kindes
sogar weniger gewissenhaft als zuvor. Eine mögliche Erklärung: Gerade junge
Eltern müssen oft schlagartig Verantwortung übernehmen. Dagegen haben sich
späte Eltern bereits einen sozialen Status erarbeitet, der es ihnen erlaubt,
nach der Familiengründung beruflich kürzer zu treten.
Es sind jedoch weitere Untersuchungen notwendig, um zu prüfen,
durch welche konkreten Veränderungen im Alltag sich die einzelnen Ergebnisse
erklären lassen. Dass die Geburt des ersten Kindes grundsätzlich mit einer
Persönlichkeitsreifung einhergeht, konnte in der Studie nicht bestätigt werden.
Fast eineinhalb Jahre hat eine Arbeitsgruppe von acht
Familienrechtler_innen aus Wissenschaft, Justiz und Anwaltschaft im Auftrag des
Justizministeriums darüber beraten, wie das zuletzt 1998 umfassend geänderte
Sorge- und Umgangsrecht modernen Betreuungsmodellen und geänderten
Lebenswirklichkeiten vieler Familie angepasst werden kann.
Das Ergebnis waren 50 Thesen
und Empfehlungen, die eine grundlegende Reform des geltenden
Kindschaftsrechts bedeuten würden. Manche von ihnen bergen politisches Konfliktpotential.
Eines der Ergebnisse.
Die elterliche Sorge sollte den rechtlichen Eltern eines
Kindes von Anfang an gemeinsam zustehen. Auch unverheiratete Väter, deren
Vaterschaft rechtlich anerkannt ist, sollen künftig mit Geburt des Kindes wie
die Mutter automatisch sorgeberechtigt sein. Bislang bedurfte es hierfür einer
gemeinsamen Sorgeerklärung beider Eltern. Weigerte sich die Mutter, mit dem
Vater das Sorgerecht zu teilen, musste der Vater dann den Weg übers
Familiengericht gehen.
Jetzt wird deutlich, dass es diese Regelung nicht geben
wird. Warum Bundesjustizministerin Lambrecht in einem Interview trotzdem davon
sprach, mit ihrem Vorschlag werde das gemeinsame Sorgerecht von nicht
verheirateten Eltern „erleichtert“, erschließt sich Rechtsanwältin Eva
Becker, Mitglied der Arbeitsgruppe und Vorsitzende des Geschäftsführenden
Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltsverein,
nicht.
„Auch weiterhin wird es Hürden für unverheiratete Väter
geben, das gemeinsame Sorgerecht zu erlangen. Es ist bedauerlich, dass die Ministerin
nicht der Auffassung der Arbeitsgruppe gefolgt ist. Kinder haben von Geburt an
den Anspruch auf zwei sorgeberechtigte Eltern“. Die Anwältin hatte den
Automatismus beim Sorgerecht mit Etablierung der rechtlichen Elternschaft
seinerzeit als „Leitbild einer geplanten Reform“ bezeichnet. Der Vorschlag
war in der Arbeitsgruppe im BMJV ohne Gegenstimme angenommen worden.
Nach meiner Auffassung ist nicht der ‚Automatismus‘ das Leitbild,
sondern die Rechte des Kindes auf die Sorge durch Vater und Mutter und die
Bedeutung von Vätern für die Entwicklung ihrer Kinder. Die Missachtung des einstimmigen
Votums der Arbeitsgruppe ist ein Skandal ebenso wie die Behauptung der
Ministerin, das Vorhaben orientiere sich am ‚Kindeswohl‘.
Die Deutsche Fernsehlotterie macht am kommenden Sonntag in
ihrer Gewinnzahlenbekanntgabe in der ARD auf das Väterboardinghaus „Casa Papa“
der Diakonie Hasenbergl e.V. aufmerksam. Personalkosten von Deutschlands erstem
Angebot für Väterwohnen und Väterberatung konnten durch den Losverkauf der
Soziallotterie mit 208.000 Euro gefördert werden.
Laut Angabe der Diakonie Hasenbergl zerbrechen in München
jedes Jahr 3.000 bis 4.000 Ehen oder nicht-eheliche Beziehungen, in denen
Kinder leben, ca. 2.500 Kinder sind jedes Jahr von einer Scheidung betroffen.
In den meisten Fällen ziehen laut Angabe von „Casa Papa“ die Väter aus der
gemeinsamen Wohnung. Einige hundert von ihnen haben jedes Jahr große
Schwierigkeiten, auf dem angespannten Münchner Wohnungsmarkt eine für einen
Kinderbesuch geeignete, bezahlbare Wohnung zu finden.
Zu der psychischen Krise der Trennung kommt somit für diese
Väter oftmals auch eine finanzielle Notlage hinzu. An diese Männer wendet sich
das Väterboardinghaus, das ein „Zuhause auf Zeit“ sein soll, mit der
Möglichkeit, weiterhin Kontakt mit ihren Kindern zu haben.
„‘Casa Papa‘ ist eine Einrichtung, wo sich Väter hinwenden
können, die nach der Trennung die gemeinsame Wohnung verlassen müssen. Bei uns
finden sie zum einen Beratung und zum anderen die Möglichkeit, dass sie in eine
Vätergemeinschaft einziehen können, wo sie erst einmal zur Ruhe kommen“, so
Sozialpädagoge Markus Nau vom „Casa Papa“.
„Die Väter, die zu uns kommen, haben erstmal ein sehr hohes
Stress-Level. Das merkt man auch daran, dass sie oft nicht wissen, wo sie
anfangen sollen. Wenn sie eine Zeitlang bei uns sind, dann strukturieren sie
ihren Alltag wieder anders und finden für sich eine Perspektive, wie es
weitergehen kann“, ergänzt Nau. Das Väterboardinghaus bietet Vätern, Müttern
und Kindern aus dem gesamten Sozialraum München außerdem Unterstützung in
Trennungssituationen, Krisenintervention, Beratungen in Bezug auf das Jugendamt
und eine Weitervermittlung an andere Beratungsstellen an.
Das ist in den vergangenen Wochen und Monaten mehr als deutlich geworden. Die Bedeutung beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Notwendigkeit Kinder während der Erwerbstätigkeit von Müttern und Vätern zu betreuen. Es geht vielmehr auch um die Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und um Bildungsgerechtigkeit. Auf die katastrophalen Auswirkungen von Schulschließungen, im Juli waren in 160 Länder von Schulschließungen betroffen, hat letzte Woche auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres hingewiesen.
In Deutschland enden in den nächsten Wochen die Schulferien
in den Bundesländern und es wird über erforderliche Schutzmaßnahmen diskutiert.
Unstrittig ist, dass Schließungen von Schulen und Kitas auf jeden Fall
vermieden werden sollen.
Im April und den folgenden Wochen haben geschlossene Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen dazu geführt, dass Väter und Mütter diese Aufgaben komplett übernehmen mussten und Kinder und Jugendliche einzig über Socialmedia und andere technische Medien Kontakt zu Gleichaltrigen aufnehmen konnten bzw. auf sich alleine gestellt waren. Dies hat nicht nur Eltern ge- und in großen Teilen überfordert, eine aktuelle Studie des UKE in Hamburg weist auf die psychische Belastung der Kinder und Jugendlichen hin. Demnach fühlen sich mehr als 70 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen durch die Corona-Krise seelisch belastet. Stress, Angst und Depressionen haben zugenommen. Das Risiko für psychische Auffälligkeiten habe sich fast verdoppelt.
Um Kindern einen Austausch mit Gleichaltrigen zu ermöglichen und Eltern im Homeoffice zumindest für eine oder anderthalb Stunden ein konzentriertes Arbeiten zu ermöglichen, hat Sabine Wildemann ihrem Startup ‚Kids Circle‘ bereits Ende März ein virtuelles Kinderhaus mit unterschiedlichen, themenorientierten Zimmern und einem Wohnzimmer ‚gebaut‘. Dort werden in zwei Betreuungsformaten, interaktive Videokonferenzen mit abwechslungsreichen Inhalten, jeweils 4 Kinder ab 4 Jahren von einem Coach betreut. Die Betreuer sind pädagogisch vorgebildet und werden auf der Webseite persönlich vorgestellt.
Die Anlässe, die Angebote von Kids Circle zu nutzen, seit Ende
Juli sind neben den Onlineangeboten auch Spiel- und Erlebnisangebote im Freien
im Programm, gehen über Corona bedingte Schließungen hinaus: Es gibt Bedarf an
erweiterten Betreuungszeiten über KiTa und Schule hinaus, In den Ferien und bei
KiTa-Schließzeiten, als Unterstützung bei Tätigkeit im Home-Office und als Plan
B bei kurzfristigem Ausfall von Betreuungspersonen.
Sabine Wildemann wird mit ihrem Angebot insbesondere bei der
Zielgruppe der Eltern mit akademischem Hintergrund die sportlich und kulturell
interessiert sind und ihren Kindern entsprechende Möglichkeiten einräumen
möchten auf Interesse stoßen. Die Qualität der Angebote inklusive eines
Hygienekonzepts hat seinen Preis, eine Onlinestunde kostet 14 bzw. 15 Euro, für
die Kinderbetreuung Nebenan ist je nach Angebot 18 bzw. 21 Euro fällig. Da
liegt es nahe, auch Arbeitgebende zu adressieren und sie an den Kosten des
Angebots zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu beteiligen.