Die Erwartungen an die Rolle des Vaters haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Galt es früher für den Vater als ausreichend, seine Familie finanziell zu versorgen und sich sonntags Zeit für sie zu nehmen, sind die Ansprüche heutzutage vielfältig: Geburtsvorbereitungskurs, Babyschwimmen, Spielplatzaufsicht, Hausaufgabenhilfe und Haushaltspflichten. Wie sehen Väter selbst ihre Rolle in der Familie? ZDFneo zeigt das zweiteilige Social Factual “Rabenväter oder Super Dads?” mit Collien Ulmen-Fernandes
am Donnerstag, 24.
März 2022, ab 20.15 Uhr. Beide Teile stehen ab 10.00 Uhr in
der ZDFmediathek.
Moderatorin Collien
Ulmen-Fernandes besucht fünf Väter und ihre Familien in ihrer vertrauten
Umgebung: Einen Hausmann, der beim zweiten Kind den größten Teil der Elternzeit
übernimmt, einen Vater, der in zweiter Ehe erneut eine Familie gegründet hat
und neue Perspektiven für sich und seine Töchter entdeckt, zwei Väter, die sich
Kindererziehung und Haushalt teilen und einen Vater, der mit seiner Ehefrau und
zwei Kindern eine Familie hat, die in den meisten Bilderbüchern beschrieben
wird.
Die Rolle der Väter
hat Einfluss auf die Entwicklung der Söhne und der Töchter. In der
Vergangenheit wurde das von der Wissenschaft häufig unterschätzt. Heutzutage
zeigen Studien, dass Väter wesentlichen Einfluss auf die Berufs- und
Lebenspläne ihrer Töchter haben. Das Vaterbild ändert sich allmählich, aber
stetig. Und auch die Erwartungen der Väter selbst ändern sich. Zunehmend
entscheiden sie sich für eine Elternzeit, wenn auch selten für eine, die länger
als drei Monate dauert.
Väter sind heute auch
selbstverständlich bei der Geburt ihres Nachwuchses dabei, was noch in den
1970er-Jahren ein No-Go war, und sie bereiten sich gewissenhaft auf ihre Rolle
als werdende Väter vor. Das zeigt eine Väterschule, die Collien Ulmen-Fernandes
besucht. In einem Test beantworten Väter und Mütter die Frage, wer in der
Familie für was verantwortlich ist oder sich verantwortlich fühlt. Selbst für
Väter, die versuchen, die Aufgaben, die in ihrer Familie für Kinder und
Haushalt anfallen, angemessen zu teilen, sind die Ergebnisse
überraschend.
Interview mit Fabian Soethof, Autor des Buchs ‚Väter können das auch!
Der Titel deines am 21. März erscheinenden Buches lautet
‚Väter können das auch!‘ Was können Väter und was können sie unter
welchen Umständen lernen?
Außer mit der Brust zu stillen und Babys zu gebären – wobei auch das
nur auf biologische Männer zutrifft – können sie alles, was Frauen auch
können und sich schon viel zu lange viel zu oft allein darum kümmern:
Care-Arbeit, Mental-Load-Übernahme, in Elternzeit und Teilzeit gehen,
Karriere-„Rückschritte“ in Kauf nehmen, anwesend, aktiv und eine echte
Bezugsperson sein. Viele glauben nur, es nicht zu können oder zu dürfen.
Weil ihnen in ihrer Sozialisation seit Jahrzehnten nichts anderes
erzählt wird. Und weil sie oft nicht gelassen werden: von der
Gesellschaft, der Wirtschaft, der Politik – und von sich selbst.
‚Es ist Zeit, Familie endlich gleichberechtigt zu leben‘
steht ebenfalls auf der Titelseite. In der Ausgangslage schreibst du
dazu: ‚ich möchte mit dem Buch ein Plädoyer für eine ‚private,
gesellschaftliche und politische Veränderung von Familie, Arbeit,
Vereinbarkeit und Rollenbildern‘ bieten‘. Was sind die drei wichtigsten
Punkte deines Plädoyers und vor allem, wie sieht der Weg der Veränderung
aus?
Die drei wichtigsten Punkte auf dem Weg hin zu mehr Gleichberechtigung lauten vielleicht:
Privilegien, patriarchale Strukturen, Rollenbilder und
Ungerechtigkeiten erkennen: Nur wer weiß, wie vergleichsweise gut er
oder sie es hat, kann dafür sorgen, dass es anderen auch mal besser
geht.
Es gibt kein Wissens-, sondern ein Handlungsdefizit: Fast alles, was
in meinem Buch steht, ist seit Jahren bekannt. Theoretisch steht
Gleichberechtigung also nichts mehr im Wege – praktisch unter anderem
das, was ich auf die erste Frage hin antwortete.
Das Private ist politisch (und umgekehrt): Nur wer
Gleichberechtigung selbstverständlich in der Familie und von dort hinaus
vorlebt, kann zu einem Rollenwandel beitragen. Und nur, wer von Politik
und Wirtschaft dabei hinreichend unterstützt wird, kann sein
Privatleben ändern.
In dem Buch sprichst du auch eine Einladung an Väter aus, ihr
Verhalten und ihre Haltungen zu reflektieren. Was macht es für Väter
attraktiv, sich weniger der Erwerbs- und mehr der Carearbeit zuzuwenden?
Zuallererst ist es der Satz: Niemand wird auf dem Sterbebett bereuen,
zu wenig gearbeitet und seine Kinder nur am Wochenende gesehen zu
haben. Das sage ich wohlwissend, dass gerade geringverdienende
Einverdienerhaushalte oft auf jeden Cent angewiesen sind. Eine gute
Bindung zu seinen Kindern erscheint mir aber nicht nur für Väter
attraktiv. Kinder profitieren von mehreren engen und wichtigen
Bezugspersonen und „modernen“ Vorbildern. Und die Gesellschaft
profitiert von einem Rollenwandel: Frauen landen als (potentielle)
Mütter nicht länger auf dem beruflichen Abstellgleis. Väter tragen den
Financial Load nicht länger allein. Und die nächste Generation lernt,
dass auch Männer den Haushalt schmeißen und Frauen jeden Job machen
können, den sie wollen.
In dem Buch kommen eine Reihe Väterexpert*innen und
Feminist*innen zu Wort. Ein Paradigma aus der feministischen Sphäre
lautet ‚Don’t fix the women – fix the system‘. Auf die Väter bezogen
lautet die Frage also: Welche strukturellen Rahmenbedingungen im
‚System‘ müssen thematisiert und ggf. verändert werden?
Sprechen wir von Arbeitnehmer*innen, so müssen Männer eher gestern
als morgen für Arbeitgeber*innen das gleiche „Risiko“ darstellen, wegen
bevorstehendem Nachwuchs länger als nur zwei Wochen auszufallen. Damit
Frauen zumindest auf dem Arbeitsmarkt nicht länger derart benachteiligt
werden. Wir kommen u.a. durch längere Elternzeiten bei Vätern, mehr
Männer in Teilzeit und notfalls finanzielle Anreize dahin. Folgen davon
könnten eine Verkleinerung des Gender Care Gaps und des Gender Pay Gaps
sein, eine positive Kettenreaktion würde in Gang gesetzt. Erst dann wäre
auch keine Quote mehr nötig.
In dem Interview mit Uwe von dem Software Unternehmen SAP
sagt dieser: ‚Es gibt die X- oder Y- Strategie. Gehe ich davon aus, dass
alle Mitarbeiter*innen schlecht sind … oder davon, dass sie alle
eigenmotivierte Individuen sind, die ich nur bei Bedarf unterstützen
muss?‘ Könnte der Titel deines Buch dementsprechend auch ‚Väter wollen
das!‘ lauten?
Naja. Viele Väter wollen „das“ ja nicht, zumindest nicht wirklich.
Sonst würden nicht nur rund 30 Prozent aller Väter Elternzeit in
Anspruch nehmen, sondern mindestens 60 Prozent. Viele behaupten, dass
sie wollen, aber der Chef es ihnen schwer mache und die Familie ja auch
auf „sein“ Geld angewiesen sei, oft stecken nur eine
Anstrengungsvermeidung oder andere Prioritäten dahinter. Ein
Teufelskreis: Mit den Argumenten und der Aufteilung bleiben wir als
Familien und als Gesellschaft in puncto Gleichberechtigung noch lange da
stecken, wo wir jetzt stehen: auf scheinbar gutem Weg, aber noch längst
nicht so weit, wie wir sein könnten. Die Parität des neuen Kabinetts
und der Koalitionsvertrag gehen übrigens mit überraschend gutem Beispiel
voran. Darin lautet ein hehres Ziel: „Die Gleichstellung von Frauen und
Männern muss in diesem Jahrzehnt erreicht werden“. Mark their words!
Noch immer nehmen Mütter mehr
Elternzeit als Väter in Anspruch. Warum ist das so? Liegt es an fehlenden
Vorbildern, an der Vermutung, dass man nicht ersetzbar ist oder an den
Rahmenbedingungen?
Im ersten Job-Talk 2022 der
Badischen Zeitung interviewt Moderator Andreas Seltmann die beiden Väter Martin
Horn, Oberbürgermeister der Stadt Freiburg und Roland Meder, Leiter des Haupt-
und Personalamtes der Stadt Freiburg. Eine kurzweilige halbe Stunde, die ganz
unterschiedliche Sichtweisen auf die Elternzeit bietet.
… lautet der Titel des
Erstlingswerks von Fabian Soethof, das am 21. März im Kösel Verlag erscheinen
wird. Programmatisch heißt es im Untertitel „Es ist Zeit, Familie endlich
gleichberechtigt zu leben“. Dem kann ich uneingeschränkt zustimmen. Gedanklich
ergänzt sich der Titel bei mir um das Wort ‚lernen‘ und beim Untertitel denke
ich daran, was meine Kollegen und ich in den vergangenen 25 Jahren bewegt und
erreicht haben, um Rahmenbedingungen so zu beeinflussen, dass dies Vätern und
Müttern gleichermaßen gelingt. Aber dazu später mehr.
In dem umfangreichen Vorwort
beschreibt der Autor die Ausgangslage aus seiner Sicht und sieht seine
Generation als diejenige, die erstmals aus der Ernährerrolle ausbrechen „soll
und will“. Im Gegensatz zu „Früher“ wo Rollen klar zugeordnet waren, wollen
Väter heute nicht mehr abwesend sein und Mütter am Erwerbsleben teilhaben. Das
Spannungsfeld liegt zwischen den zugeschriebenen Erwartungen und den eigenen
Wünschen. „Die Aufgaben waren klar verteilt. Frauen und Männer taten vielleicht
nicht das, was sie wollten. Aber das, was von ihnen erwartet wurde.“ Und dann
kommt ein für mein Verständnis des ganzen Buches entscheidender Satz: „Diese
Zeiten sind leider nur teilweise vorbei.“
Vor diesem Hintergrund ist ein „Plädoyer
für eine private, gesellschaftliche und politische Veränderung von Familie,
Arbeit, Vereinbarkeit und Rollenbildern.“ legitim und die Einladung an Väter, „ihre Rolle
zu reflektieren, kritisch
zu hinterfragen und sich infolgedessen auch von überholten Erwartungshaltungen zu befreien,“
gut nachvollziehbar.
Der nächste Satz macht mich aber stutzig: „Väter müssen keine Angst verspüren, bisher als selbstverständlich wahrgenommene Privilegien abzugeben, wie
das, sich nur um ihren Job zu kümmern.“ Das zu tun, was von mir erwartet wird, Vollzeit
in einer oder prekär in zwei oder mehr Beschäftigungsverhältnissen erwerbstätig
zu sein, ist für mich kein „Privileg“.
Das sich an der Aufteilung von bezahlter Erwerbs- und unbezahlter Carearbeit
etwas ändern muss, ist unbestritten. Das machen auch die von Soethof zitierten Studien
und die Zeitverwendungserhebung oder die vom IAB regelmäßig erhobene Verteilung
von tatsächlichen und gewünschten Arbeitszeiten deutlich. Da aber Mütter und Väter
gleichermaßen in der Summe ca. 11 Stunden für Care und Erwerbsarbeiten aufwenden,
ist eine Veränderung nur systemisch zu erreichen.
„Don’t fix the women, fix the system“ lautet eine feministische Vision,
für die Google mehr als 90.000 Fundstellen liefert. Dementsprechend hätte ich
von einer Einladung an Väter, ihre Wünsche nach einer partnerschaftlichen
familialen Aufgabenteilung zu verwirklichen und vielmehr noch von einem
‚Plädoyer für Veränderung‘ erwartet, dass dieser Haltung entsprechend
Möglichkeiten erwogen, Spielräume ausgelotet und konkrete strukturelle
Veränderungen, die dies ermöglichen, benannt werden.
Aus dem was Soethof auf den nächsten gut 200 Seiten schreibt, lese ich
vor allem eine widersprüchliche Adaption dessen, was in Gesellschaft und
Politik zu langsam umgesetzt wird und einem ungeklärtem Verhältnis zu dem, was
er Vätern tatsächlich zutraut bzw. von ihnen erwartet. „Viele, glaube ich, wollen
die Rollenbilder ihrer eigenen Eltern eigentlich gar nicht
weiterführen. Allerdings sprechen sie nicht konkret darüber, treffen keine
genauen Vereinbarungen und landen schneller als gedacht in vertrauten Mustern
oder der Rolle, die gesellschaftlich von ihnen
erwartet wird. Manche trauen sich vielleicht auch gar nicht, etwas anderes einzufordern. Niemand trägt hier
irgendeine direkte, unmittelbare Schuld. Aber Veränderung beginnt mit Erkenntnis.“
Alexandra Schmidt-Wenzel hat, um
auch die individuelle Ebene zu betrachten, vor 15 Jahren mit ihrer Dissertation
dargelegt, wie aus Erfahrung Erkenntnis werden und sich daraus Verhalten
entwickeln kann. In „Wie Eltern lernen.“ einer empirisch qualitative Studien
zum innerfamilialen Kompetenzerwerb hat sie diese Prozesse analysiert und
Konsequenzen abgeleitet: „Sehen sich Väter in der Rolle des ‚guten Vaters’, so nehmen sie sich als
verantwortungsvolle Versorger wie Fürsorger im Sinne großer
Empathiebereitschaft und Beziehungsfähigkeit gegenüber dem Kind wahr. Ihre
grundlegend positive Selbsteinschätzung rekurriert jedoch auch auf einem
bestätigendem Vergleich zwischen den mütterlichen und den jeweils eigenen
Eigenschaften und Fähigkeiten, der wie zur Rückversicherung über das eigene
Können immer wieder vollzogen wird. So halten sich Väter prinzipiell für fähig,
in gleichem Maße wie die Mutter für ihr Kind sorgen zu können. Das Konzept des
empfundenen Stolzes, bei
positiven Rückmeldungen (vom Kind selbst, von der Partnerin, aber auch vom
gesellschaftlichen Umfeld) auf die väterlichen Kompetenzen untermauert diese
Besonderheit des väterlichen Selbstbildes.“
Und zur Bearbeitung des eigenen
Erlebens schreibt Schmidt-Wenzel an anderer Stelle: „In der Herkunftsfamilie
gesammelte Erfahrungen, verinnerlichte Werte, Haltungen und Rollen werden
entweder als bewusst oder auch
unbewusst gelebte Adaption in der aktuellen Familie fortgeführt oder
aber als bewusst gelebter Gegenentwurf
praktiziert. Den bewussten Haltungen gemein ist die jeweils vorangegangene
reflexive Auseinandersetzung mit der Herkunftsfamilie, auf deren Basis für das
eigene Leben, für die eigene Familie neu entschieden werden kann, welche Werte
transferiert, modifiziert oder auch gebrochen werden. Dabei existieren gelebte
Konzepte der Adaption wie des Gegenentwurfs durchaus nebeneinander und
schließen sich nicht gegenseitig aus.
Für Väter liegt ein zentraler Gegenentwurf in dem Anspruch, ihrem Kind ein emotional wie physisch präsenter Vater zu
sein, der aus der Reflexion eigener schmerzvoller Vaterentbehrungen hervorgeht.“
Es braucht also vor allem
positive Zuschreibungen ‚Väter können das‘, Ermutigung und Unterstützung bei
den erforderlichen Reflexions- und Aushandlungsprozessen in den Paarbeziehungen
und in, wie Klaus Althoff es nennt ‚Väterbanden‘.
Aber zurück zu dem Vorhaben von
Soethof. Das Buch ist in drei Abschnitten eingeteilt. Im ersten wirft er einen „subjektiven
Blick auf unser elterliches Gestern“, im zweiten auf das Heute und abschließend
auf das Morgen. „Wo wir herkommen wir ? Wo wir stehen wir? Wo wir hingehen sollten?“
Soethof porträtiert dazu in
Vollzeit arbeitende Väter und Hausmänner, wie zum Beispiel Heiner Fischer von
vaterwelten.de. Er zitiert Mütter, die sich aktiv und öffentlich für mehr
Gleichberechtigung einsetzen. Er interview den Väterforscher Andreas Eickhorst
und stellt Literatur vor, die sich aus anderer Perspektive mit ähnlichen
Problemen beschäftigt. Dazu zitiert er „(ernüchternde) Zahlen zu Care-Arbeit
aus aktuellen Studien“. Um die Frage zu klären, wie mit Arbeitnehmer*innen, die
Eltern sind oder werden, umgegangen wird, hat er im kleinen Familienbetrieb seines
Vaters und bei SAP nachgefragt.
Am Ende zahlreicher Abschnitte
stellt der Autor Fragen, Aufgaben und biete Reflexionsanreize, die ihm während
der Recherche selbst kamen und ich mir gewünscht hätte, dass der Autor sie auch
für sich beantwortet. „Bist du dir deiner eigenen Filterblase bewusst? Wie
könntest du sie öffnen?
Er ist der Überzeugung, „nur so können Väter erkennen, welche Leistung Mütter stemmen, und dass es nicht nur Eltern, sondern auch Kindern und der Gesellschaft hilft, wenn wir hinterfragen, warum wir Familienarbeit so aufteilen, wie wir sie häufig noch aufteilen. Ich jedenfalls mache den überholten Scheiß nicht länger und um jeden Preis mit.“ Das ist eine ehrliche Aussage, ich habe aber meine Zweifel, ob die zu Beginn ausgesprochene Einladung auf diesem Niveau zu dem gewünschten Erfolg führt.
In einer neuen Studie der Universität Cambridge (Vereinigtes Königreich) wurden Väter, die sich hauptsächlich um das Kind kümmern, mit Müttern, die sich hauptsächlich um das Kind kümmern, und mit Doppelverdiener-Paaren aus Mutter und Vater verglichen. Die Forscher fanden keine statistisch signifikanten Unterschiede in Bezug auf die Qualität der Elternschaft, Depressionen, Ängste, Stress, das Gefühl der sozialen Unterstützung, die Qualität der Ehe, Konflikte mit dem Kind oder das Verhalten des Kindes selbst.
„Die vorliegende Studie stellt die Annahme in Frage, dass
Frauen für die primäre Kinderbetreuung besser geeignet sind als Männer …
Väter und Mütter sind in der primären Betreuungsrolle gleichermaßen
kompetent.”
Auf der Grundlage dieses Ergebnisses empfehlen die
Forscher:innen: „Die hohe Qualität der Elternschaft, die von den Vätern in der
Hauptbetreuungsrolle gezeigt wird, legt nahe, dass mehr Väter ermutigt werden
sollten, sich in der Kindererziehung zu engagieren. Um dies zu erreichen,
müssen politische Maßnahmen, die dies erleichtern, wie geteilter Elternurlaub
und flexible Arbeit, einschließlich mehr Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeiten,
sowohl von den Regierungen als auch von einzelnen Unternehmen umfassend
gefördert werden.”
Frühere Forschungen zu Vätern, die die Hauptpflege
übernehmen, konzentrierten sich häufig auf schwule Väter, die durch Adoption
oder Leihmutterschaft Eltern wurden. In diesen Studien wurde auch festgestellt,
dass die Anpassung der Kinder positiv war. Die vorliegende Studie erweitert die
Untersuchungen auf heterosexuelle Elternpaare.
An der Studie, die zwischen 2017 und 2019 im Vereinigten
Königreich durchgeführt wurde, nahmen 41 Väter als Hauptbezugspersonen, 45
Mütter als Hauptbezugspersonen und 41 Doppelverdienerpaare (sowohl Mutter als
auch Vater) teil. Die Mütter und Väter waren seit mindestens sechs Monaten die
Hauptbetreuer ihrer Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren. Ihr:e Partner:in war
der bzw. die Hauptverdiener:in; einige Hauptbetreuer (Väter mehr als Mütter)
waren auch teilzeitbeschäftigt oder arbeiteten flexibel von zu Hause aus,
verbrachten aber mehr Zeit mit der Betreuung als mit der Arbeit.
In den Doppelverdiener-Familien waren beide Elternteile
erwerbstätig und viele arbeiteten Vollzeit. Die Familien waren überwiegend
weiß, hatten ein hohes Bildungsniveau und keine ernsthaften finanziellen
Schwierigkeiten.
Anhand von Fragebögen und Interviews bewerteten die Forscher
mit zuvor getesteten Messinstrumenten Depressionen, Ängste, Stress, soziale
Unterstützung, die Qualität der Ehe, die Beziehung zwischen den Eltern, die
Akzeptanz/Ablehnung des Kindes durch die Eltern, die Qualität der Elternschaft
und das Verhalten der Kinder. Bei der Bewertung des Verhaltens der Kinder
füllten die Vorschul- oder Schullehrer der Kinder ebenfalls einen Fragebogen
aus.
Diese Studie bestätigt zahlreiche frühere
Forschungsergebnisse, die zeigen, dass das Erziehungsverhalten von Vätern und
Müttern ähnlich ist und dass sie einen ähnlichen Einfluss auf die Entwicklung
der Kinder haben. Väter, die als Hauptbezugspersonen fungieren, beschreiben
ihre Rolle in der Regel so, dass sie eine enge Bindung zu ihrem Kind aufbauen.
Vaterschaft ist im Wandel und Rollenbilder ändern sich fortlaufend.
‚Vater sein‘ heute ist anders als ‚Vater sein‘ früher. Nicht nur die
Erwartungen der Väter an ihre Rolle haben sich grundlegend geändert,
auch die gesellschaftlichen Erwartungen sind im Wandel und Elternschaft
intensiviert sich. Das Leitbild der aktiven Väter verbreitet sich immer
stärker.
Auch Corona hat die familiäre Aufgabenteilung verändert und wirkt zugleich wie ein Spiegel und ein Brennglas:
Einerseits hat die Corona-Krise zu einer Retraditionalisierung der
Elternrollen geführt: Mütter übernehmen in der Krise den Großteil der
Betreuungs- und Erziehungsaufgaben. Das haben sie auch schon vor der
Krise getan.
In 20 Prozent der Familien ist die Aufgabenteilung ungleicher
geworden. Mütter bleiben möglicherweise häufiger im Homeoffice und sind
im Unternehmen weniger sichtbar.
Andererseits hat die Corona-Krise auch Chancen geboten, traditionelle
Elternrollen zu überwinden. Die Krise wirkt wie ein Innovationslabor:
Schon jetzt ist in 20 Prozent der Familien die Aufgabenteilung
partnerschaftlicher geworden als vor der Pandemie. Gerade Väter mit
kleinem Einkommen oder niedrigem Bildungsstand verbringen mehr Zeit
mit der Kinderbetreuung.
Es ist wieder Winter, eine Zeit, sich mit Büchern zu beschäftigen, selber zu lesen oder Kindern oder Erwachsenen vorzulesen. Christian Meyn Schwarze sucht seit 20 Jahren den Vater – und nun auch altersbedingt – den Großvater in der Literatur.
Kinderbücherei
Christian Meyn Schwarze wird einen Papa Jungen Vormittag veranstalten mit lesen und Murmelbahn basteln
Einige Bücher macht er ‚lebendig‘ und gestaltet in
Büchereien die sogenannte ‚Papa-Zeit‘ – eine Mischung aus einer Lesung und
einem kleinen Erlebnis – einer Aktion oder einer Bastelei. Papas und Opas
erleben zwei intensive Stunden und dann leihen noch Bücher aus und Papa liest
zuhause vor.
Um den richtigen Vorlesestoff für Papas zu finden, verfasst er die Papa-Lese-Liste. Sie enthält lieferbare Titel, in denen ein Vater oder ein Großvater eine wichtige Rolle spielen. Manchmal auch ein anderer Mann, der für die Entwicklung eines Kindes eine bedeutsam ist.
Und damit Väter auch etwas mit ihren Kindern unternehmen,
gibt es auch eine Reihe von ‚Beschäftigungsbüchern‘ für diejenigen, die noch
Anregungen brauchen.
Damit das ganze jetzt ein bisschen bunter wird, hat er diejenigen Titel, die seit Juni 2021 neu dazu gekommen sind, blau eingefärbt. Und druckfrische Titel des Frühjahrs 2022 sind grün markiert.
Hans-Georg Nelles vertritt das Väterexpertennetz Deutschland VEND-eV in der LAG und ist auch deren Vorsitzender.
Ergänzen Sie bitte den Satz ‚Vater werden ist …‘
das spannendste Projekt, auf dass Mann sich einlassen kann und bei
dem alle Beteiligten gemeinsam wachsen, auch wenn sie schon oder irgend
wann einmal Erwachsene sind.
Welche Eigenschaften fallen ihnen beim Wort ‚Vater‘ ein?
… vom Wortstamm her bedeutet Vater ‚nähren, hüten, schützen‘. Das ist
quasi die Beschreibung der traditionellen Vaterrolle. Heute wollen
Väter aber mehr sein als Ernährer der Familie. Sie wollen die
Entwicklung ihrer Kinder von Anfang an aktiv begleiten und eine
Hauptrolle in ihrem Leben einnehmen.
Was sollte Mann beim Vater werden unbedingt beachten?
‚Vater werden ist nicht schwer‘ hat Wilhelm Busch vor über 150 Jahren
gedichtet, aber machen sich Viele die Entscheidung fürs ‚Vater werden‘
nicht leicht. Es gibt Einiges zu beachten und ändern tut sich danach
fast Alles. Aber darauf kann Mann sich vorbereiten, alleine, gemeinsam
mit der Partnerin und anderen werdenden Vätern. Es ist wichtig für sich
als Vater und gemeinsam als Eltern positive Vorstellungen und Bilder zu
entwickeln. Also eine Vorstellung davon, wie man Vater sein möchte.
Anschließend können Bedingungen geschaffen und Entscheidungen getroffen
werden, die eine Verwirklichung der (gemeinsamen) Vorstellungen
ermöglichen.
Was würde Ihrer Meinung nach Vätern in Zukunft das Vater sein erleichtern?
… wenn Vätern von Anfang an die Kompetenzen und Bedeutung
zugeschrieben wird, die sie für die Entwicklung ihrer Kinder haben und
ihnen auch die Zeit zugestanden wird, die Vatersein braucht. Es braucht
aber auch passende Rahmenbedingungen in Gesellschaft und Unternehmen
sowie von Seiten der Väter mehr Gelassenheit und Zuversicht.
An welches Erlebnis mit Ihrem Vater erinnern Sie sich am liebsten?
Das sind die Fahrradtouren die er mit uns unternommen hat. Außerdem
habe ich einem Haushalt ohne Auto erfahren, (trotzdem) mobil sein zu
können.
Es geht um die
erforderlichen Weichenstellungen für mehr väterliches Engagement. Katja
Gelinsky hat in einem Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung den
roten Faden der Fachtagung der LAG-Väterarbeit in NRW aufgegriffen und notwendige
Konsequenzen aufgezeigt.
‚Marco hat in der Corona- Pandemie seine Stelle als Fahrer
verloren – und seine Stellung als Ernährer der Familie. Die übernahm seine
Frau; sie ist Bürokauffrau. Marco kümmerte sich den ganzen Tag um den zweijährigen
Sohn; das Kind erhält in normalen Zeiten Frühförderung. Seine Frau sei nach
ihrem anstrengenden Arbeitstag kaputt gewesen, erzählt Marco in einem
Interview. „Bis spätabends war ich mit dem Kind beschäftigt.“
Klingt nach einer weiteren der vielen Corona-Stress-Geschichten.
Doch dann die Überraschung: „In einer ruhigen Minute, wenn mich keiner sieht, springe
ich manchmal noch vor Freude in die Luft“, berichtet Marco. Der Mann mit eckiger
Brille im grauen Sweatshirt lächelt vorsichtig, dann ein bisschen mehr: „Dass
ich das geschafft habe, was ich immer wollte – ein besserer Vater zu werden,
als mein Vater es gewesen ist!“
Andere Väter, deren Corona-Erfahrungen ebenfalls unlängst
auf einer Tagung der „Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit in NRW“ in
Video-Einspielern vorgestellt wurden, äußern sich nicht ganz so enthusiastisch.
Aber im Ergebnis stimmten die Männer – Krankenpfleger, Beamte, Handwerker und Architekten
– Marco zu: Die Pandemie habe sie zu engagierteren, sensibleren Vätern gemacht.
Es ist die Art Erfahrung, wie die Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit sie
fördern will; die LAG ist ein Zusammenschluss von etwa einem Dutzend
Organisationen und Vereinen, der sich, unterstützt vom Land, dafür einsetzt,
dass Väterpolitik stärker als gesellschaftliche Querschnittsaufgabe wahrgenommen
wird. …‘
… lautet der Titel des #Vaeter Buchs von Benjamin Wockenfuß,
dass an diesem Freitag erscheint. Grafisch ist es ein Hingucker und auf den
zweiten Blick fällt auf, dass es eigentlich mindestens zwei Bücher sind. Am
einen Ende ist ein in sieben Kapitel gegliederter ‚Wissens-Input‘ wie es der
Autor nennt, am anderen Ende ist eine wunderbare ‚Power-Papa & Kreativ-Kid
Geschichte, die von Stefanie Messing bebildert ist. In der Mitte des Buches ein
analoges Planungstool für die ersten 22 Tage #TollerPapa.
Man kann das Buch aber auch einfach umdrehen und dann ergibt
sich eine andere Reihenfolge und eine andere Perspektive. Das gibt den Anspruch
und die Haltung von Ben, so tritt der Autor den Lesern und Leserinnen gegenüber,
ganz gut wieder. Sein Buch soll kein Fachbuch sein und die fachlichen
Erfahrungen die er weitergibt sind seine Erkenntnisse, seine Wahrheit und seine
Gefühle.
Das besondere an dem Buch ist, dass es nicht nur an
verschiedenen Stellen an fachlich fundierte Texte verweist, die per QR-Code
leicht zu erreichen sind, sondern auch in den sozialen Medien über den im Titel
formulierten Hashtag eine Community für #Vaeter eröffnet und diese zum aktiven
Austausch ihrer Erfahrungen einlädt.
Die im Untertitel vorsichtig formulierte These ‚Erziehung
ist (auch) Männersache‘ bildet, versehen mit einem Ausrufezeichen und dem
Zusatz ‚… Echt?‘ ist auch die Überschrift zum Kapitel 1. Der Autor positioniert
sich hier aber eindeutig: ‚Jeder Mann kann Erziehung!‘ „Ein Vater ist mehr als
nur ein Assistent der Mutter. Er hat eigene/ andere Fähigkeiten, die Kinder
dringend brauchen.“
So ist es, aber so einfach ist es leider nicht. Lernen tut
Mensch dass, was er tut und es gibt weder die geborene Mutter noch den
geborenen Vater. Das was einen tollen Papa, einen (hinreichend) guten Vater
ausmacht wird gelernt, indem ich es mache und von anderen abgucke. Das was Mann
macht oder besser lässt hängt vielfach von gesellschaftlichen und eigenen
Erwartungen und gegenseitigen Rollenzuschreibungen ab. Wockenfuß führt noch
weitere Faktoren an, die den Lernprozess und eine gelingende Erziehungsgestaltung
beeinflussen: Aktives Mitfühlen, Verantwortung annehmen und aushalten und trotz
Uneinigkeit ein Elternteam bleiben.
Zu allen drei Punkten bietet er dann praktische Tools an, die
dazu anleiten, sich mit seinen eigenen Positionen und Haltungen
auseinanderzusetzen und diese auch zu visualisieren. Am Ende dieses und jedem
der folgenden 6 Kapitel gibt es ein ‚Fazit to Go‘ einen Einseiter, auf dem die
wichtigsten Aussagen noch einem kurz und grafisch ansprechend zusammengefasst
werden.
Die einzelnen Abschnitte sind jeweils in sich abgeschlossen
und das Buch kann kreuz und quer gelesen und bearbeitet werden. Dazu fordert
der Autor auch explizit auf, es sei ein Arbeitsbuch und das Notieren von
Gedanken und die Verschriftlichung von Routinen erleichtere den Blick auf das
Wesentliche. Dazu bietet Wockenfuß an vielen Stellen neben den im Buch
skizzierten analogen auch digitale Werkzeuge an und stellt deren Vorzüge
heraus. Das macht er auch in Bezug auf die digitalen Medienzugänge für Kinder: „Durch
digitale Medien, wie etwas Spiele-Apps, haben Kinder die Chance, kreative Gestalter:innen
statt lineare Konsument:innen zu sein. Ein großer Schatz!“
Die im Kapitel 4 dargestellte ‚Einfachheit im Vatersein‘ und
dem Plädoyer für Langeweile aus der Kreativität erwächst getreu der Gleichung ‚Weniger
ist Mehr‘ erinnert mich an eine zentrale Aussage aus dem 2015 erschienen Buch ‚Geht
Alles gar nicht Warum wir Kinder, Liebe und Karriere nicht vereinbaren können‘
von Marc Brost und Heinrich Wefing:
„ … Auch früher gab es Erwartungen an Väter …, aber sie
waren klarer und eindeutiger, weil es auch klare und eindeutige Rollen gab. Heute
dagegen gibt es unendlich viele Erwartungen, weil es unendlich viele
Möglichkeiten gibt, … ein guter Vater zu sein, und deswegen scheint es das
Beste zu sein, einfach alle Erwartungen zu erfüllen.“
Benjamin Wockenfuß zeigt einen ‚einfachen‘ Weg auf, mit
diesen Erwartungen und Möglichkeiten umzugehen. Nicht nur zu Hause mit der
Familie, sondern auch im Beruf. Er schlägt hier einen neues Verständnis dafür
vor, wie Arbeitswelt und Vatersein zusammengehen können. „Welche Position in
meinem Selbstbild übernimmt meine Arbeit eigentlich? Wie sinnstiftend ist sie
für mich?“ Die praktischen Vorschläge an dieser Stelle sind meiner Auffassung
nach eher auf Väter mit gut abgesicherten Jobs zugeschnitten. Diejenigen die
zwei oder drei prekäre Jobs zur Absicherung des Lebensunterhalts haben, stellen
sich die Frage „Brauche ich wirklich eine Vollzeitstelle“ wohl nicht.
Eine gute Zusammenfassung formuliert der als Experte in
Kapitel 6 zitierte Organisationsberater Hendrik Epe: [es] … wird deutlich, dass
ich (m)eine Rolle als Vater … darin sehe, Ambiguitätstoleranz vorzuleben. Es
gibt nicht den einen, richtigen Weg in der Erziehung der Kinder, ebenso wenig
wie es die eine, richtige Art und Weise der Gestaltung der Arbeitswelt der
Zukunft gibt.
#TollerPapa liefert jede Menge Anregungen für Väter, diese
ambivalenten Möglichkeiten zu entdecken, eigene Positionen zu bilden und sich gemeinsam
mit den Kindern weiter zu entwickeln und der Papa zu sein, den man selber als
Kind gebraucht hätte. Das Wendebuch zum Preis von 18 € ist eine tolle
Investition sowohl für werdende als auch schon vor langer Zeit gewordene Väter.