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Archiv für Januar, 2022

Väter sind als Hauptbezugsperson gleichermaßen kompetent

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 31. Januar 2022

In einer neuen Studie der Universität Cambridge (Vereinigtes Königreich) wurden Väter, die sich hauptsächlich um das Kind kümmern, mit Müttern, die sich hauptsächlich um das Kind kümmern, und mit Doppelverdiener-Paaren aus Mutter und Vater verglichen. Die Forscher fanden keine statistisch signifikanten Unterschiede in Bezug auf die Qualität der Elternschaft, Depressionen, Ängste, Stress, das Gefühl der sozialen Unterstützung, die Qualität der Ehe, Konflikte mit dem Kind oder das Verhalten des Kindes selbst.

„Die vorliegende Studie stellt die Annahme in Frage, dass Frauen für die primäre Kinderbetreuung besser geeignet sind als Männer … Väter und Mütter sind in der primären Betreuungsrolle gleichermaßen kompetent.“

Auf der Grundlage dieses Ergebnisses empfehlen die Forscher:innen: „Die hohe Qualität der Elternschaft, die von den Vätern in der Hauptbetreuungsrolle gezeigt wird, legt nahe, dass mehr Väter ermutigt werden sollten, sich in der Kindererziehung zu engagieren. Um dies zu erreichen, müssen politische Maßnahmen, die dies erleichtern, wie geteilter Elternurlaub und flexible Arbeit, einschließlich mehr Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeiten, sowohl von den Regierungen als auch von einzelnen Unternehmen umfassend gefördert werden.“

Frühere Forschungen zu Vätern, die die Hauptpflege übernehmen, konzentrierten sich häufig auf schwule Väter, die durch Adoption oder Leihmutterschaft Eltern wurden. In diesen Studien wurde auch festgestellt, dass die Anpassung der Kinder positiv war. Die vorliegende Studie erweitert die Untersuchungen auf heterosexuelle Elternpaare.

An der Studie, die zwischen 2017 und 2019 im Vereinigten Königreich durchgeführt wurde, nahmen 41 Väter als Hauptbezugspersonen, 45 Mütter als Hauptbezugspersonen und 41 Doppelverdienerpaare (sowohl Mutter als auch Vater) teil. Die Mütter und Väter waren seit mindestens sechs Monaten die Hauptbetreuer ihrer Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren. Ihr:e Partner:in war der bzw. die Hauptverdiener:in; einige Hauptbetreuer (Väter mehr als Mütter) waren auch teilzeitbeschäftigt oder arbeiteten flexibel von zu Hause aus, verbrachten aber mehr Zeit mit der Betreuung als mit der Arbeit.

In den Doppelverdiener-Familien waren beide Elternteile erwerbstätig und viele arbeiteten Vollzeit. Die Familien waren überwiegend weiß, hatten ein hohes Bildungsniveau und keine ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten.

Anhand von Fragebögen und Interviews bewerteten die Forscher mit zuvor getesteten Messinstrumenten Depressionen, Ängste, Stress, soziale Unterstützung, die Qualität der Ehe, die Beziehung zwischen den Eltern, die Akzeptanz/Ablehnung des Kindes durch die Eltern, die Qualität der Elternschaft und das Verhalten der Kinder. Bei der Bewertung des Verhaltens der Kinder füllten die Vorschul- oder Schullehrer der Kinder ebenfalls einen Fragebogen aus.

Diese Studie bestätigt zahlreiche frühere Forschungsergebnisse, die zeigen, dass das Erziehungsverhalten von Vätern und Müttern ähnlich ist und dass sie einen ähnlichen Einfluss auf die Entwicklung der Kinder haben. Väter, die als Hauptbezugspersonen fungieren, beschreiben ihre Rolle in der Regel so, dass sie eine enge Bindung zu ihrem Kind aufbauen.

Quelle

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Väter von Anfang an einbeziehen

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 27. Januar 2022

Gunter, du hast bei der Fachtagung der LAG Väterarbeit in NRW im November die Dialogrunde und den Workshop im Themenfeld ‚Geburt & Gesundheit‘ moderiert. Eine der dort formulierten Visionen lautet ‚Angebote und Maßnahmen sichtbarer machen und auf die Bedürfnisse von Vätern ausrichten‘ Warum können die bisherigen Angebote zur Geburtsvorbereitung nicht einfach auf die Väter übertragen werden?

Die Bedürfnisse von werdenden Vätern unterscheiden sich meiner Meinung nach grundlegend von denen der werdenden Mütter. Der Lebensübergang ins „Mutter-Sein“ ist für sie ganzheitlich erlebbar durch die körperlichen, aber auch seelischen Veränderungen der Schwangerschaft. Die Geburt steht deshalb verständlicherweise im Vordergrund. Für Männer bleit diese Zeit jedoch ein größtenteils nur im Kopf stattfindendes Erlebnis. Männer werden erst bei Geburt Vater.

Bei den meisten Angeboten der Geburtsvorbereitung liegt der Fokus deshalb überwiegend auf der Frau und der Geburt. Vätern ist auch wichtig, wie sie sich bei der Geburt verhalten sollen und wie sie am besten ihre Frauen unterstützen können. Aber wie sie sich als Mann auf das „Vater-Sein“ vorbereiten können, nimmt wenig Platz ein, obwohl es zu den einschneidendsten Veränderungen im Leben eines Mannes gehört. Deshalb ist ihnen ein ehrlicher Austausch unter Männern wichtig, um mehr Sicherheit in diese Zeit des Wandels zu bekommen und Vorbereitungen für die Zeit danach zu treffen.

Zu welchem Zeitpunkt und wie können werdende Väter angesprochen und erreicht werden?

Wir Männer spielen erst seit ein paar Jahrzenten eine Rolle bei der Geburt und so ist das Bewusstsein, sich aktiv darauf vorzubereiten, noch nicht sehr verbreitet. Es wächst parallel zum Bauchumfang der Frau. Deshalb sollten Väter so früh wie möglich und von unterschiedlichen Seiten von Angeboten erfahren. Die eine Seite sind die Frauenärzte und Hebammen, die beim Erstkontakt oder beim Besuch in den Geburtskliniken von Angeboten berichten könnten. Eine andere Seite sind Arbeitgeber, denn sie haben einen großen Nutzen davon, wenn sich werdende Väter auf ihre Vaterrolle vorbereiten. Sie sollten ihre Angestellten dazu animieren und/oder sich finanziell beteiligen Angebote für Väter zu belegen oder selbst welche anbieten. Die Weichen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für eine gleichberechtigte Rollenverteilung werden vor der Geburt gestellt. Und wir können die werdenden Väter über andere Väter erreichen. Es fehlt immer noch an sicheren Räumen für einen Austausch.

Was muss sich an den Rahmenbedingungen verändern, damit werdende Väter gut in ihre neue Rolle hineinkommen?

Der Vorschlag der neuen Familienministerin Frau Spiegel, Vätern zwei Wochen bezahlten Urlaub zu ermöglichen, geht in die richtige Richtung. Väter spielen in den heutigen Familien eine viel größere Rolle, als nur der „Ernährer“ zu sein. Väter haben heute ein anderes Rollenverständnis, sie wollen bei der Erziehung der Kinder gleichberechtigt Verantwortung übernehmen, kümmern sich bei der täglich anfallenden Care-Arbeit, bieten ihren Kindern verlässliche Beziehungen an. Und für diese Rolle sollten sie viel mehr in den Blick genommen und unterstütz werden. Durch eine (auch monetär unterstützte) Vorbereitung auf die Vaterrolle vor der Geburt, durch eine längere Elternzeit um gemeinsam als Familie anzukommen, aber auch durch flexiblere Arbeitszeitmodelle. Viele Väter befürchten leider immer noch einen Karriereknick, wenn sie länger in Elternzeit gehen oder Teilzeit arbeiten und das leider nicht unbegründet. Dabei gibt es fantastische Teilzeitmodelle wie Jobsharing, was auch Müttern sehr zugutekommen würde. Beim heutigen Fachkräftemangel, aber auch durch hohe Lebenserhaltungskosten, müssen wir die Familie viel mehr in den Fokus nehmen und das von Anfang an. Unser Sozialstaat, aber auch Unternehmen könnten dabei einen wichtigen Beitrag leisten.   

Welche Veränderungsbedarfe siehst du bei der Ausbildung von Hebammen und Sozialpädogog*innen bzw. -arbeiter*innen?

Das Rollenverständnis hat sich bei so vielen Männern zum Positiven gewandelt, aber die Rahmenbedingungen haben sind leider nicht dementsprechend mit verändert. Die Bedürfnisse und Sichtweisen von Vätern sollten viel mehr mitgedacht und berücksichtigt werden. Dies sollte in der Ausbildung von Sozialpädagog*innen und Hebammen eine größere Rolle spielen. Beide Berufsgruppen sind eine so große Stütze, besonders am Anfang einer Familie, aber auch später in den Ambulanten Hilfen, wenn es mal zu Schwierigkeiten kommt. Vielen Vätern fehlt es an Rollenvorbildern und deshalb ist eine Unterstützung durch diese Berufsgruppen so wichtig.   

Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten drei Elemente einer Geburtsvorbereitung, die Männer und Frauen auf eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Fürsorge vorbereitet?

Ich nutze gerne das Bild eines „Familienunternehmens“. Das ist vielleicht ein wenig unromantisch, aber die Sichtweise hat sich als sehr hilfreich herausgestellt, um alte Rollenmuster zu durchbrechen.

Als Erstes ist es wichtig zu wissen, was jeder an Geschichte für die Gründung mitbringt: Zum Beispiel was für eine Vater- bzw. Mutterrolle wurde mir vorgelebt? Welche Gesprächs- und Konfliktkultur hat mich geprägt? Die Biografie beider Eltern sollte in der Vorbereitung eine wichtige Rolle spielen, denn unser eigenes „inneres Kind“ beeinflusst die Erziehung und das Selbstverständnis der neuen Familie.   

Als Zweites geht es um die „strategische Ausrichtig“, eine Art Zukunftsplanung. Was sind meine Wünsche und Vorstellungen an mich und die Familie UND an meine Karriere. Eine Leitfrage, die ich werdenden Eltern gerne mitgebe, ist: Was soll euer Kind in 25Jahren über euch erzählen? Sind diese Vorstellungen kompatibel mit denen meiner Partnerin?

Daraus ergibt und wächst das „operationale Geschäft“. Welche alltäglichen Aufgaben stehen an und wer übernimmt sie? Was brauchen wir an Struktur, damit sich alle wohlfühlen? Wer möchte/muss wieviel Arbeiten? Was kann ich heute schon für ein sicheres Fundament tun?

Gunter Beetz, Diplom Sozialarbeiter, initiatischer Prozessbegleiter®, Väter- und Familiencoach, Tandem-Coach (i.A.) www.gunter-beetz.de

Sein Angebot umfasst Wochenendkurse für werdende Väter in der Natur und wird momentan um wöchentliche Präsenz- und Onlineseminare erweitert. Ich biete zur Vorbereitung auf das „Abenteuer Familienunternehmen“ und in Familienkrisen Einzel- und Paarberatung an.

Seine jahrelange Erfahrung hat gezeigt, dass für die Zukunft moderne „Arbeitszeitmodelle“ für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf immer wichtiger werden. Deshalb absolviere ich eine Fortbildung zum Tandem-Coach, um das Thema „Jobsharing“ voranzubringen.

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Good enough Parents

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 24. Januar 2022

In GOOD ENOUGH PARENTS nimmt der Regisseur Domenik Schuster seine eigene Vaterschaft als Anlass, um sich mit alten Mythen und Erziehungsweisheiten auseinander zu setzen, die ihn im Leben mit seinen Kindern begleiten.

Denn auf die Frage: „Was brauchen Kinder?“ hat jede Elterngeneration ihre eigenen Antworten gefunden. Welche davon sind es wert, sie zu behalten? Und von welchen müssen wir uns dringend verabschieden? Die Geschichte unserer Glaubenssätze darüber, was Kinder stark macht, ist auch eine Geschichte der Gewalt gegen Kinder. „Du sollst dein Kind nicht verwöhnen!“, „So wird dein Kind doch nie selbstständig!“ und „Man muss ein Baby doch auch mal schreien lassen!“ – diese Sätze sind keine Lappalien.

Die Bindungstheorie zeigt ganz deutlich, dass Nähe ein Grundbedürfnis unserer Kinder ist – und der Entzug selbiger gefährlich. Doch genau das passiert immer noch. Sowohl im Elternhaus – als auch in Einrichtungen, die strukturell nach aktuellen Studien zum Großteil nicht in der Lage sind, Kinder bedürfnisgerecht zu betreuen und sich zunehmend auf kognitive Frühforderung fokussieren – schon bei den jüngsten. Man sagt, es brauche ein Dorf, um ein Kind großzuziehen. Wie wollen wir dieses Dorf gestalten? 

Man sagt, es brauche ein Dorf, um ein Kind großzuziehen. Wie wollen wir dieses Dorf gestalten?

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Familien in der Pandemie: Wir glaubten, wir wären wichtig!

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 21. Januar 2022

… aber die Last trugen und tragen die Familien, ist Birk Grüling überzeugt: Wenn die Betreuung wegbricht, springen die Eltern ein. Das ist erstmal gut und richtig. Allerdings  brauchen sie dafür Unterstützung – Corona- Krankentage, mehr Kindergeld, etc. Und im Moment wird die Last der Pandemie ohne Schutz in Schulen und Kita wieder auf die Eltern und Kinder  abgewälzt.

Die Zahlen sehen auf den ersten Blick gut aus, sowohl bei Vätern und Müttern hat die Carearbeit mit 2,6 bzw. 3,1 Stunden täglich zugenommen. Bei Familien mit traditioneller Rollenverteilung hat sich weniger verändert als bei denen, die auch schon vor der Pandemie versucht haben, Erwerbs- und Familienarbeit partnerschaftlich aufzuteilen.

Corona wirkt auch an dieser Stelle wie ein Brennglas: Es gibt keinen Rückschritt, sondern eher die Erkenntnis, dass wir auch vorher nicht  weit genug waren. Damit sich dauerhaft etwas verändert ist es notwendig, dass

  • Unternehmen und Politik den Wert von Familienarbeit und Gleichberechtigung erkennen und Kinderbetreuung, Elternzeit  und aktive Vaterschaft fördern
  • Väter ihre ‚Privilegien‘ als Bezugspersonen dauerhaft verteidigen und ihre Erwerbsarbeitszeiten reduzieren
  • Eltern laut und unbequem werden und stärker für ihre Rechte kämpfen

Eine der Visionen die in der Dialogrunde formuliert wurde lautet: ‚Familienarbeit aus der Tabuzone holen‘. Was damit gemeint ist erläutert Holger Strenz, Moderator de Nachmittags: „Im gesellschaftlichen Kontext gehen wir vom Idealbild der heilen Familie aus, ein Ort von Liebe und Geborgenheit. Treten Probleme und Herausforderungen auf, werden diese schnell individualisiert und stehen in Verantwortung der Eltern. … Nicht zuletzt gehört Familien- und Care-Arbeit nach wie vor zu den unentgeltlichen Leistungen, die für eine Gesellschaft zwar unabdingbar sind, aber eben nicht finanziert und entsprechend anerkannt werden. Nicht zuletzt sehen wir im Umgang mit Familien während der Pandemie, dass zwar Trostpflaster verabreicht werden, wie einmalige Zahlungen, aber dass wir viel mehr über Wirtschaft und Finanzen berichten, als dass die herausfordernde Familien- und Sorgearbeit in den Mittelpunkt gerückt werden.“

Damit alle anfallenden Aufgaben und Arbeiten in Familie gleichberechtigt aufgeteilt werden, ist es erforderlich, Männer und werdende Väter nicht nur als gleichberechtigte Subjekte von Anfang an einzubeziehen sondern ihnen auch die entsprechenden Kompetenzen zuzuschreiben. Dieser Prozess beginnt schon bei der frühkindlichen Bildung:

„Wenn wir {…] etwas ändern wollen, dann müssen wir an individuellen Einstellungen etwas verändern und bei den frühen Sozialisationsinstanzen starten. Kinder müssen erleben können, dass Väter im Alltag anwesend sind und sich ebenso um Kinder kümmern, wie sie ihre bezahlte Arbeit meistern. So braucht es in allen Lebensbereichen männliche Vorbilder, die ein gleichberechtigtes Leben ohne Rollenzuschreibungen anstreben oder bereits realisiert haben. Und hierfür braucht es Männer und Väter die dies auch leben wollen, also davon überzeugt sind, dass dies für sie und für die nachfolgende Generation ein guter Weg ist, Gesellschaft zu gestalten.“ so Strenz.

Damit die Vision Wirklichkeit werden kann, kommt es darauf, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Männer nicht mit dem ‚Stempel‘ eines Familienernährers aufwachsen und sich als hauptverantwortlich für die finanzielle Absicherung der Familie erleben. Jungen und (werdenden) Vätern brauchen Ermutigung, sich auszuprobieren, den Bereich von Sorgearbeit zu entdecken und sich auch dort zu engagieren.

Take Aways für Väter (und Mütter)

  • nehmen sie sich auch in ‚Pandemiezeiten‘ Raum und Zeit für Partnerschaft
  • tauschen Sie sich regelmäßig über ihre Erwartungen und (Un-)Zufriedenheit aus
  • thematisieren Sie ihre Familiensituation am Arbeitsplatz
  • nehmen Sie rechtzeitig Unterstützung und Beratungsangebote in Anspruch

Anregungen für Kita’s und Familienzentren

  • thematisieren Sie schon in den Familienzentren geschlechtsspezifische Arbeitsteilung
  • überprüfen sie, welche Haltungen und Vorstellungen in Ihrem Team zu dem Thema vorhanden sind
  • ermutigen Sie Väter mehr Verantwortung bei der Sorgearbeit zu übernehmen

Hinweise für Gleichstellungsstellen

  • betrachten Sie Männer und Väter als handelnde Subjekte, die gleichermaßen Gleichberechtigung wollen und auch davon profitieren
  • weisen Sie bei Ihren Angeboten auf die Bedeutung von Männern und Vätern für die Erreichung der Geschlechtergerechtigkeit hin
  • unterstützen Sie Männer und Väter dabei, ihre Haltungen zu hinterfragen und gemeinsam mit ihren Partner:innen neue Modelle auszuhandeln

Zum Download

Der Impuls von Birk Grüling Corona und Care-Arbeit

Die Leitfragen von Dialogrunde und Workshop 5

Die Zusammenfassung der Visionen und Forderungen von Dialogrunde und Workshop 5

Das Interview mit Holger Strenz Männer & Väter als Subjekte im Gleichstellungsprozess

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Männer & Väter als Subjekte im Gleichstellungsprozess

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 18. Januar 2022

Holger, du hast bei der Fachtagung der LAG Väterarbeit in NRW im November die Dialogrunde und den Workshop im Themenfeld ‚Gleichberechtigung und Beteiligung‘ moderiert. Eine der Visionen die in der Dialogrunde formuliert wurde lautet: ‚Familienarbeit aus der Tabuzone holen‘. Was ist damit gemeint?

Im gesellschaftlichen Kontext gehen wir vom Idealbild der heilen Familie aus, ein Ort von Liebe und Geborgenheit. Treten Probleme und Herausforderungen auf, werden diese schnell individualisiert und stehen in Verantwortung der Eltern. Dann gibt es Aussagen wie: „Die Eltern sind überfordert sie sollen sich doch Hilfe holen.“ Im unternehmerischen Kontext soll Familienarbeit idealerweise funktionieren und nicht den Arbeitsprozess stören.

Schlaflose Nächte bei zahnenden Kindern, Erkrankungen, neue Lebensabschnitte oder auch die Zeit der Pubertät sind jedoch ganz normale Familienthemen, die in der Regel viel Kraft und elterliche Aufmerksamkeit benötigen. Konkret geht es darum, dass Kolleginnen nicht ausgegrenzt und belächelt werden, wenn sie aufgrund von Aufgaben mit und für die Kinder eher gehen müssen oder die familiären Themen über berufliche Aufgaben stellen.

Ebenso sind Themen wie Allein- bzw. Getrennterziehende oder Trennung keine, mit denen man im Arbeitsalltag oder auch im Freundeskreis punkten kann, wenn Familie und Familienarbeit zur besonderen Herausforderung wird. Unsere Gesellschaft verweist lieber an individuelle Unterstützungsangebote, als dass strukturelle Veränderungen angedacht und auf den Weg gebracht werden.

Nicht zuletzt gehört Familien- und Care-Arbeit nach wie vor zu den unentgeltlichen Leistungen, die für eine Gesellschaft zwar unabdingbar sind, aber eben nicht finanziert und entsprechend anerkannt werden. Nicht zuletzt sehen wir im Umgang mit Familien während der Pandemie, dass zwar Trostpflaster verabreicht werden, wie einmalige Zahlungen, aber dass wir viel mehr über Wirtschaft und Finanzen berichten, als dass die herausfordernde Familien- und Sorgearbeit in den Mittelpunkt gerückt werden. Ebenso ist das Lohngefälle ein Ausdruck dafür, welchen Wert Sorgearbeit in unserer Gesellschaft hat und wie selbstverständlich sie in diesem Lohngefälle gegenüber produzierendem Gewerbe gehalten wird.

Warum ist es wichtig, Männer und Väter von Anfang an als Akteure im Gleichstellungsprozess zu adressieren und einzubeziehen?

Weil Gleichstellung nur im Miteinander und im für einander Einstehen gelingen kann. Equal Pay und Equal Care sind Aufgaben, die längerfristig Müttern wie Vätern zugutekommen. Rollenklischees entwickeln sich, sobald wir auf die Welt kommen und prägen unsere Gesellschaft nachhaltig. Wenn wir daran etwas ändern wollen, dann müssen wir an individuellen Einstellungen etwas verändern und bei den frühen Sozialisationsinstanzen starten. Kinder müssen erleben können, dass Väter im Alltag anwesend sind und sich ebenso um Kinder kümmern, wie sie ihre bezahlte Arbeit meistern. So braucht es in allen Lebensbereichen männliche Vorbilder, die ein gleichberechtigtes Leben ohne Rollenzuschreibungen anstreben oder bereits realisiert haben. Und hierfür braucht es Männer und Väter die dies auch leben wollen, also davon überzeugt sind, dass dies für sie und für die nachfolgende Generation ein guter Weg ist, Gesellschaft zu gestalten. Oft erleben heute Männer Gleichstellung als Beschneidung von Möglichkeiten, als Zurechtweisen und defizitär. Dabei gilt es das Augenmerk darauf zu legen, was Männer und Väter von diesem Prozess ganz individuell und im Zusammenleben mit Frauen und Müttern davon haben.

Welche Vorteile bringt das für Väter und die Beziehung zu ihren Kindern?

Es bringt Stabilität für die Beziehung, wenn Väter nicht nur im Spaßbereich erlebt werden, sondern auch zeigen dass sie im Carebereich fit sind. Viele Väter, die Elternzeit genommen haben, berichten davon, dass sie später eine gute Beziehung zu ihren Kindern haben. Zum einen ist dies natürlich in der Begleitung im Aufwachsen der Kinder eine wichtige Ressource. Aber ich denke zudem ist es eine wichtige Energiequelle für Väter selbst, wenn sie am Werden ihrer Kinder beteiligt sind und durch Beziehung zu ihnen gestärkt und getragen werden. Nicht zuletzt verhindert es soziale Isolation, insbesondere in Krisen & Konfliktsituationen.

Welche Stolpersteine und Widerstände gilt es dabei unbedingt zu beachten?

Väter sind, wenn es um Familien- und Carearbeit geht, in einem für sie noch relativ neuen Lebensbereich unterwegs. Es fehlt an Erfahrungen und Angeboten. Häufig bekommen sie direkt oder durch die Blume gesagt, dass die Mütter hier die bessere Arbeit leisten. Als Beispiel sei ein Vater genannt, der in der Familienberatung bei der Umgangsgestaltung danach gefragt wurde, ob er für seine Kinder sorgen könne. Dieser Vater hatte ein Jahr Elternzeit genommen. Als er die Frage bejahte, kam die nächste Rückfrage, was er denn für seine Kinder koche? Diese subtilen Kontrollfragen sind verunsichern Väter zusätzlich und zeigen ein fehlendes Zutrauen. Väter brauchen jedoch offene und vertrauensvolle Rahmenbedingungen, um sich noch mehr in den Care- und Sorgebereich einzubringen.

Wahrscheinlich stehen sich jedoch die Männer im Gleichstellungsprozess am meisten selbst im Weg, wird das Thema Gleichberechtigung mit „schwach sein“ verknüpft und innerlich abgewertet. Auf der anderen Seite braucht es natürlich auch Mütter und Frauen, die Veränderungen aushalten, insbesondere, wenn sie nicht nach ihren Ideen umgesetzt werden. Wichtig ist dabei, dass ein Austausch miteinander stattfindet und mögliche Stolpersteine gemeinsam aus dem Weg geräumt werden können.

Nicht zuletzt ist es Aufgabe der Politik, den gesellschaftlichen Umdenkprozess zu forcieren und zu unterstützen. Väter und Männer aktiv hierzu einzuladen und dafür strukturelle Rahmenbedingungen zu schaffen.

Was sind deiner Meinung nach die ersten drei Schritte auf dem Weg hin zu einer ‚echten‘ Gleichberechtigung in den Sphären Erwerbs- und Carearbeit?

Die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Männer nicht mit dem Gedanken des Familienernährers aufwachsen, also als hauptverantwortlich in die Erwerbsarbeit gedrängt werden und dass Vereinbarkeit von Familie und Beruf aktiv von Unternehmen angesprochen und Vätern Mut gemacht wird, sich auszuprobieren, den Bereich von Sorgearbeit zu entdecken und sich selbst zu zeigen.

Themen, wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf müssen auf Männer und Väter direkt zugeschnitten werden, auch wenn es dieselben Inhalte betrifft. Solange wir in traditionellen Rollenvorstellungen verhaftet sind, braucht es aktive und manchmal provokative Anstöße zum Umdenken. Role-Model-Kampagnen können dabei positive Denkanstöße liefern und eine Vielfalt aufzeigen, die ganz unterschiedliche Väter anspricht.

Frauen in den Vorstandsetagen sind dabei ebenso wichtig, wie Väter in einer Elternzeit von sieben Monaten und mehr. Die Elternzeit- und Elterngeldreform 2007 hat gezeigt, dass strukturelle Anreize Veränderungen wunderbar beschleunigen können. Hier kann Politik entsprechend unterstützend wirken.

Holger Strenz ist Vater von 2 Töchtern, Sozialpädagoge, Systemischer Paar- und Familientherapeut. Er ergründet, untersucht und beforscht das männliche Geschlecht seit über 25 Jahren und versteht sich als Netzwerker, der mit Papaseiten.de Väterarbeit in Dresden und in Sachsen einen Weg bahnt. Seit über 15 Jahren geschieht dies innerhalb der Gleichstellungsarbeit. Er ist Mitglied der Fachgruppe Väter im Bundesforum Männer und im Väterexpertennetz Deutschland e.V. Aktuell koordiniert er die Kampagne zur Petition „10 Tage Vaterschaftsfreistellung* zur Geburt“.

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Mehr Elternzeit für Väter ist überfälliger und guter Schritt nach vorne

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 14. Januar 2022

Im Interview mit der WELT äußert sich die neue Familienministerin Anne Spiegel zu ihren Plänen für die kommenden vier Jahre. Auf der Agenda stehen einige der Punkte, die auch die LAG Väterarbeit in NRW seit langem anmahnt. Dies sind zum Beispiel die Vaterschaftsfreistellung, die Weiterentwicklung der Elternzeit und Reformen im Unterhalts- und Umgangsrecht.

WELT: Um mehr Partnerschaftlichkeit in der Kindererziehung zu erreichen, plant die Ampel-Koalition einen Monat mehr Väterzeit in der Elternzeit. Ist das nicht zu kurz gesprungen?

Spiegel: Es ist zunächst mal ein überfälliger und guter Schritt nach vorne, dass wir die Partnermonate um einen Monat erweitern wollen. Man kann jetzt bedauern, dass wir nicht mehr tun. Ich tendiere zu einer anderen Sicht. Wir haben uns mit dem Koalitionsvertrag wirklich viel vorgenommen, und ich kann es kaum erwarten, jetzt loszulegen.

WELT: Überfällig ist auch die Umsetzung der EU-Richtlinie für einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub nach der Geburt. Warum kommt Deutschland damit so spät?

Spiegel: Das müssen Sie die Vorgängerregierung fragen. Ich habe mich schon als Landesfamilienministerin in Rheinland-Pfalz dafür eingesetzt. Die Zeit nach der Geburt ist so entscheidend und wichtig, dass es selbstverständlich sein sollte, wenn beide Eltern beim Baby sein können.

WELT: Kinder wachsen in verschiedenen Familienkonstellationen auf. Vor allem Patchwork- und Stieffamilien sind auf dem Vormarsch – ohne dass die sozialen Eltern irgendwelche Rechte haben. Wie wollen Sie das ändern?

Spiegel: Das ist für mich ein absolutes Herzensthema. Es ist dringend erforderlich, dass wir die rechtlichen Rahmenbedingungen an die gesellschaftliche Realität anpassen. In Patchwork-Familien wird oft selbstverständlich Verantwortung füreinander übernommen. Das muss rechtlich abgesichert werden. Wir brauchen ein kleines Sorgerecht für „Bonuseltern“, wie ich sie gerne nenne.

Wir müssen auch endlich dafür sorgen, dass lesbische Mütter, die zusammen ein Kind bekommen, von Anfang an die rechtliche Anerkennung als Eltern bekommen. Und wenn der biologische Vater zum Beispiel aus dem Freundeskreis kommt, sollte auch er die Möglichkeit bekommen, aktiv seine Vaterrolle wahrzunehmen. …

WELT: Auch die bereits existierenden Familienformen sind schon anfällig für Brüche. Ein Großteil der Kinder erlebt die Trennung der Eltern – Streit um Unterhalt und Betreuung inklusive. Was wollen Sie für diese Trennungskinder tun?

Spiegel: Vor allem wollen wir die Trennungs- und Konfliktberatung verbessern und Eltern dabei helfen, das für sie richtige Betreuungsmodell zu finden, zum Beispiel das Wechselmodell. Denn auch nach einer Trennung gibt es viele Möglichkeiten, sich die Betreuung für die Kinder partnerschaftlich aufzuteilen.

Eine Trennung ist eine emotionale Ausnahmesituation, da kann es helfen, sich von Profis beraten zu lassen. Idealerweise einigt man sich danach außergerichtlich auf ein Modell der Betreuung, das dem Kindeswohl am besten entspricht. Wir wollen Partnerschaftlichkeit und die geteilte Verantwortung für Erwerbs- und Sorgearbeit auch in Trennungsfamilien unterstützen.

WELT: Ein solcher Paradigmenwechsel würde große Reformen erfordern. Lässt sich das in dieser Legislaturperiode auf die Beine stellen?

Spiegel: Das ist auf jeden Fall der Plan. Es ist ein sehr komplexes Vorhaben, da vom Umgangsrecht über Unterhaltsregelungen bis zum Steuer- und Melderecht viele Bereiche tangiert sind. Aber der Wille ist da. Wir wollen das jetzt anpacken. Hoffentlich schaffen wir es parallel, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Das wäre eine gute Grundlage, solche Prozesse im Sinne der Kinder zu gestalten. …

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Rund um die Uhr auf Trab

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 8. Januar 2022

… Vater Rene Haase bewältigt den Alltag mit seiner großen Patchworkfamilie und hat gerade eine Quarantänezeit überstanden. Gerne möchte er wieder arbeiten und seinen Kindern ein gutes Vorbild sein.

Ein ganz normaler Morgen bei Familie Haase zwischen Weihnachten und Silvester: „Um sechs Uhr aufgestanden, dann trinke ich erstmal meinen Kaffee. Geschirrspüler ist schon einmal fertig. Waschmaschine läuft. Wir müssen jetzt noch Einkäufe erledigen. Mittagessen? – Da habe ich noch keinen Plan. Dann muss ich noch zum PCR-Test“, schildert der Vater Rene Haase seinen Start in den Tag.

Große Patchworkfamilie

© deutschlandradio / Anja Nehls

Jane, Denni, Conner und Aaron sind zwischen acht und zwölf Jahren alt und fläzen sich noch etwas verschlafen auf dem großen Sofa. Conni ist bereits erwachsen und hat gerade die zweite Kanne Kaffee gekocht, die anderen beiden Großen haben heute bei Freunden übernachtet. Normalerweise sei die Patchworkfamilie zu acht, sagt Vater Haase: „Ich bin gekommen mit vieren, da ist Conni die jüngste davon. Meine Frau kam mit dreien, da ist Leann die mittelste. Hier wohnen tun jetzt nur noch Leann, von meiner Frau der Älteste, der ist jetzt 20, Conni, und die vier gemeinsamen.“

Zwei Wochen Quarantäne

Seine Frau hat die Familie vor knapp zwei Jahren verlassen, seitdem ist der Vater mit den Kindern alleine. Haase ist Mitte 50. Er ist schlank und durchtrainiert, ein Kämpfertyp. Aber jetzt sieht er müde aus. Gerade erst haben alle zwei Wochen Quarantäne hinter sich, weil Denni sich auf einer Klassenfahrt mit Corona infiziert hatte: „Es ist schon anstrengend, die ganze Zeit in der Bude zu hocken“, sagt der Junge. „Wir gucken Fernsehen, aber ich habe dann noch ab und zu mal mit meinen Spielsachen gespielt.“ Weihnachten sei es dann besser geworden, weil vier der Kinder einen Computer bekommen hätten. Ohne PC seien seine Kinder zu Corona-Zeiten in der Schule chancenlos, sagt Haase. Er war früher Lkw-Fahrer und Gerüstbauer. Bis zum Sommer ging er abends, wenn die Kinder im Bett waren, noch putzen, in einem Kindergarten in der Nähe. Dann kam der Schlaganfall. …

Den Beitrag von Deutschlandfunk Kultur nachhören.

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… vielleicht reichen drei Abendtermine ja auch

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 6. Januar 2022

Anna Buschmeyer stellte in ihrem Beitrag ‚Corona als Brennglas – Herausforderungen und Empfehlungen für Väterliches Engagement während und nach der Pandemie‘ bei der Fachtagung am 16. November, Ergebnisse der Studie „Mütter und Väter während der Corona-Pandemie“ vor.

Bisherige Ergebnisse der Studie fasste Frau Buschmeyer so zusammen:

  • Wer vorher mehr Care-Arbeit gemacht hat, macht das meist auch während der Pandemie (mit Ausnahmen)
  • Für Getrennt- bzw. Alleinerziehende ist die Pandemie dann besonders herausfordernd, wenn sie kein/wenig Unterstützung durch Ex-Partner*in oder ein größeres Netzwerk haben
  • Gefühl der Entschleunigung ist in der zweiten Welle der Verdichtung gewichen
  • Vorstellungen von Mütterlichkeit und Väterlichkeit beeinflussen die Übernahme von Care-Arbeit oder deren Auslagerung

Väterliches Engagement  hat sich in der Corona-Pandemie folgendermaßen entwickelt:

  • Insgesamt haben (die befragten) Väter einen großen Anteil an der Care-Arbeit übernommen und ihr Engagement in der Krise erhöht
  • Wo Väter vorher eher abwesend waren à Mehr Engagement möglich
  • Wo die Väter vorher mit viel Engagement in der Familienarbeit dabei waren à In der Pandemie beibehalten
  • Je mehr die Väter sich einbringen (möchten) in die Care-Arbeit, desto größer die Zerrissenheit
  • Je größer das Netzwerk aus Betreuungspersonen, desto einfacher ist die Vereinbarkeit individuell gelöst
  • Wenn andere den Großteil der Betreuungsarbeit leisten, können Väter durch die neue Flexibilität mehr „unterstützen“
  • In der zweiten Welle hat das Engagement teilweise wieder abgenommen, die Erwerbsarbeit wird (wieder) zentraler angesehen
  • Auch wenn es einfacher ist, die Care-Arbeit anderen zu überlassen: Mehr Engagement von mehr Personen ist für alle eine Erleichterung!

Handlungsempfehlungen, damit das Positive bleibt

  • Anerkennen, dass Sorgearbeit Arbeit ist und genauso fordert wie Erwerbsarbeit
  • Dienstreisen und viele Überstunden (Abendtermine) reduzieren (à Positive Aspekte der Digitalisierung nutzen)
  • Vorteile des Homeoffice auch für Sorgearbeit nutzen (Wäsche wäscht nebenbei, Kinder können schnell abgeholt werden etc.)
  • Zeit mit der Familie einplanen und gestalten (Regelmäßige gemeinsame Mahlzeiten etc.)
  • Absprachen unter den Eltern einfordern und beibehalten (Priorisierung der Erwerbsarbeit vielleicht nicht nur unter finanziellen Gesichtspunkten)
  • Freizeittermine (der Kinder) reduzieren
  • Das Netzwerk möglicher Unterstützer*innen bei der Kinderbetreuung ausbauen

Dies fasst die Aussage eines Studienteilnehmers gut zusammen:

„Na ja, vielleicht reichen drei Abendtermine ja auch und die anderen zwei Tage setzt du dich mal in den Garten und guckst den Blumen beim Wachsen zu. Könnte ja so für die eigene Psychohygiene auch mal ganz hilfreich sein. Also so nochmal zu gucken, was ist eigentlich wirklich wichtig und was brauche ich eigentlich für mich?“

Das Video mit dem Vortrag finden Sie hier.

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Vaterschaft in der Coronapandemie

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 3. Januar 2022

In seinem Vortrag ‚Engagement von Vätern, Entwicklung, Bedeutung und Rahmenbedingungen‚ bei der Fachtagung ‚Lockdown als Chance?‘ präsentierte Jan Braukmann unter anderem Ergebnisse aus dem Update des Väterreports.

Vaterschaft ist im Wandel und Rollenbilder ändern sich fortlaufend. ‚Vater sein‘ heute ist anders als ‚Vater sein‘ früher. Nicht nur die Erwartungen der Väter an ihre Rolle haben sich grundlegend geändert, auch die gesellschaftlichen Erwartungen sind im Wandel und Elternschaft intensiviert sich. Das Leitbild der aktiven Väter verbreitet sich immer stärker.

Auch Corona hat die familiäre Aufgabenteilung verändert und wirkt zugleich wie ein Spiegel und ein Brennglas:

Einerseits hat die Corona-Krise zu einer  Retraditionalisierung der Elternrollen geführt: Mütter übernehmen in der Krise den Großteil der  Betreuungs- und Erziehungsaufgaben. Das  haben sie auch schon vor der Krise getan.

In 20 Prozent der Familien ist die  Aufgabenteilung ungleicher geworden. Mütter bleiben möglicherweise häufiger im  Homeoffice und sind im Unternehmen weniger  sichtbar.

Andererseits hat die Corona-Krise auch Chancen geboten, traditionelle Elternrollen zu überwinden. Die Krise wirkt wie ein Innovationslabor: Schon jetzt ist in 20 Prozent der Familien die Aufgabenteilung  partnerschaftlicher geworden als vor der Pandemie. Gerade Väter mit kleinem Einkommen oder  niedrigem Bildungsstand verbringen mehr Zeit  mit der Kinderbetreuung.

Das Video zu dem Vortrag finden sie hier.

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