der VÄTER Blog

lebe deinen Traum!

Archiv für die 'Arbeitszeiten' Kategorie

Ohne Väter geht es nicht

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 17. Oktober 2022

Das trifft auf viele Bereiche zu, insbesondere aber dann, wenn es um die Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit geht. Sich eine partnerschaftliche Aufgabenteilung zu wünschen ist die eine, sie tatsächlich leben zu können die andere Seite der Medaille.

Dies stellt auch das Beratungsunternehmen prognos in dem im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Unternehmensprogramms “Erfolgsfaktor Familie” erstellten Policy Paper` ‚Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Beitrag zur Fachkräftesicherung‘ fest. Eine der Kernaussagen des Papers lautet:

„Vereinbarkeit darf sich jedoch nicht nur an Frauen und Mütter richten, sondern muss auch Männer und Väter adressieren und eine partnerschaftliche Arbeitsteilung von Müttern und Vätern ermöglichen.“

Meiner Meinung nach kann die Strategie nur erfolgreich sein, wenn sie Männer und Väter als handelnde Subjekte in dem komplexen System Familie und Partnerschaft ansieht und nicht nur als Beiwerk‘ adressiert. Die in dem Papier angeführten Fakten und Studien sprechen dafür. Unter anderem heißt es dort:

„Väter sind indirekter Teil der Fachkräftestrategie – ohne ihre Vereinbarkeit geht es nicht.

Der Fokus auf die Potenziale der Müttererwerbstätigkeit bedeutet nicht, dass Vereinbarkeit ein Frauenthema ist und sich weiterhin hauptsächlich auf Branchen konzentrieren kann, in denen der Frauen- und Mütteranteil besonders hoch ist. Väter sind zwar kein direkter Teil der Fachkräftestrategie, aber dass sie Familie und Beruf gut vereinbaren können ist existenziell, damit die von vielen Elternpaaren gewünschte partnerschaftliche Arbeitsteilung realisiert werden kann, Mütter mehr Freiraum für eine umfassendere Erwerbstätigkeit haben und ihr Fachkräftepotenzial gehoben werden kann.

Zudem bestätigen Studien eine erkennbare Änderung der Haltung von „aktiven Vätern“, die zunehmend aktiver in der familiären Fürsorgearbeit werden wollen. Haben 2018 noch 83 Prozent der Väter Vereinbarkeitsangebote in Unternehmen als Angebote für Mütter wahrgenommen, wollen die „Neuen Väter“ gleichfalls Angebote für ihre Vereinbarkeit. 59 Prozent der jungen Männer, die im Alter einer möglichen Vaterschaft oder Familiengründung sind, würden wegen fehlender Möglichkeiten den Arbeitgeber wechseln.

Insbesondere die fehlenden Betreuungsmöglichkeiten während der COVID-19 Pandemie haben einen Schub der Vereinbarkeit von Vätern verursacht. So geben in der repräsentativen Studie „Neue Chancen für Vereinbarkeit“ 43 Prozent der befragten Väter an, dass sie während der Pandemie ihren Arbeitgeber auf Veränderungen ihrer Arbeitsweise oder ihres Arbeitsortes zugunsten der Kinderbetreuung angesprochen haben.

Vereinbarkeit von Müttern und Vätern ist der Schlüssel zu Arbeitgeberattraktivität und Fachkräftegewinnung und -bindung.

Hinweise, dass eine partnerschaftliche Arbeitsteilung von Vätern und Müttern, aber auch Angebote für haushaltsnahe Dienstleistungen, einen positiven Einfluss auf die Fachkräftesituation entfalten können, gibt ein aktueller Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung e. V. (DIW). Demnach ist in Deutschland unbezahlte Hausarbeit, Betreuung und Pflege von Kindern und älteren Angehörigen zwischen Männern und Frauen immer noch sehr ungleich verteilt. In rund drei Viertel der deutschen Paarhaushalte übernehmen Frauen mehr als die Hälfte der Sorgearbeit. Reduziert sich jedoch die Sorgearbeit des gesamten Haushalts, steigen sowohl Beschäftigungswahrscheinlichkeit als auch -umfang beider Partner, vor allem jedoch bei Frauen.

43 Prozent der Eltern wünschen sich aktuell eine partnerschaftliche Teilung von Berufs- und Familienarbeit. Je jünger die Frauen und je besser sie gebildet sind, desto höher ist ihr Anspruch an eine partnerschaftliche Arbeitsteilung. Der Väterreport 2021 zeigt auf, dass mittlerweile auch 48 Prozent der Väter mit einem ältesten Kind unter 10 Jahren diese Ansicht teilen.“

Quelle

Abgelegt unter Arbeitszeiten, Kinderbetreuung, Partnerschaft | Keine Kommentare »

Partnerschaftlicher Aufgabenteilung als Herausforderung für die Familienbildung

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 18. Februar 2022

Mehr als zwei Drittel aller jungen Männer und Frauen wünschen sich eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit, wenn sie denn einmal Väter und Mütter sind. Wünsche und Wirklichkeiten klaffen aber nach wie vor auseinander, auch wenn es auf den ersten Blick ‚gerecht‘ aussieht.

Die Summe von bezahlter und unbezahlter Arbeit an Wochentagen ist bei Männern und Frauen mit circa 11 Stunden in etwa gleich. Aber bezahlte und unbezahlte Arbeit ist zwischen Männern und Frauen ungleich aufgeteilt. Dies zeigt die alle 10 Jahre durchgeführte Zeitverwendungserhebung ebenso wie Studien, die im Kontext der Pandemie durchgeführt worden.

In einer aktuellen Studie[i] heißt es dazu, „Betrachtet man die gegenwärtige Studienlage zu innerfamilialer Arbeitsteilung und Geschlechterungleichheit, zeigt sich … ein heterogenes und widersprüchliches Bild“ und weiter „Innerfamiliale Arbeitsteilung lässt sich zunächst direkt auf der Mikroebene verorten, bei den Paaren und in Familien. Für die Untersuchung der Arrangements gilt es aber, die innerfamiliale Mikroebene in ihrer Verwobenheit mit dem mobilen Arbeiten im Kontext von Arbeitsorganisationen auf der Mesoebene und den Makrostrukturen des Wohlfahrtsstaates sowie gesellschaftlichen Norm(alitäts)annahmen, wie geschlechterdifferenzierende Zuschreibungen von Betreuungsverantwortung, zu betrachten. … Aushandlungen kommt als Modus für Erzeugung, Erhalt und Veränderung sozialer Ordnung eine zentrale Bedeutung zu.“

Als Fazit bilanzieren die Autor*innen ‚paradoxe Gleichzeitigkeiten‘. „Wir folgern aus unseren Analysen, dass die Diskussion um innerfamiliale Arrangements und ihre Entwicklungen während der Corona­Krise differenziert geführt werden muss: Weder haben wir es ausschließlich mit einer Retraditionalisierung noch mit einer Modernisierung zu tun, sondern vielmehr werden bereits bestehende Geschlechterungleichheiten sichtbar und teilweise verschärft – bei gleichzeitig vorhandenem Modernisierungsstreben.“

Was das für die Aushandlungen in den Partnerschaften bedeutet und welchen Beitrag Familienbildung leisten kann um diese Prozesse zu unterstützen, war das Thema einer Dialogrunde und eines Workshops bei der Fachtagung der LAG Väterarbeit im vergangenen November.

In ihrem Impuls wies auch Barbara Streidl, Autorin der Streitschrift ‚Lasst Väter Vater sein‘, auf die Ambivalenzen hin: Einerseits erleichtere das Homeoffice die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, bringe aber andererseits auch die Figur der wartenden Mutter zurück, auf der die deutsche Sozialpolitik beruhe. Familie, Partnerschaft, Erwerbstätigkeit, Haushalt, Selfcare und … die Erwartung ist, dass alles gleichzeitig ‚erledigt‘ werde. Aber der Tag hat nun Mal ‚nur‘ 24 Stunden.

Als Vision wurde eine gesellschaftliche Aufwertung der Carearbeit formuliert, die sich auch so äußern kann: „Da will ich ja eigentlich zum Laternenumzug“, sagt der Oberstaatsanwalt, als es um eine Veranstaltung am Abend des 10. Novembers ging. Die Veranstaltung begann um halb acht, da ist der Umzug vorbei und er kommt knapp zur Veranstaltung.“

Es geht also darum, dem alltäglichen Vatersein Raum und Zeit zu gestatten, das ist in erster Linie eine Frage der Haltung. Im Hinblick auf die in den Partnerschaften notwendigen Aushandlungen geht es auch um Einstellungen, aber vor allem um Kompetenzen und deren Zuschreibungen auf Väter und Mütter. Einem klassisches Feld der Familienbildung.

Wie diese in NRW aufgestellt ist und wo Entwicklungspotenziale sind, hat die im vergangenen Jahr vorgelegte Evaluation[ii] der familienpolitischen Leistungen gezeigt. Dort steht unter anderem, es „wird deutlich, dass Väter 2019 am häufigsten Angebote in Beratungseinrichtungen in Anspruch nahmen, … der Anteil der männlichen Teilnehmer in der Familienbildung [hat sich] im Verhältnis zur Bestandsaufnahme von 2006 kaum verändert hat. [er verharrt] auf dem niedrigen Niveau von 16 bis 17 Prozent. An anderer Stelle ist zu lesen, dass sich „Väter nicht durch die klassischen auf Reflexivität und Dialog angelegten Kursgruppen angesprochen fühlen und entweder Outdoor-Aktivitäten oder etwas Technisches bzw. Handwerkliches bräuchten. Zudem wird die Teilnahme von Vätern/Männern überwiegend abends oder an Wochenenden verzeichnet.“

Diese und weitere Ergebnisse der Evaluationsstudie griff auch Jürgen Haas in seinem Impuls zu Beginn des Workshops auf und wies auf einen weiteren ‚Mangel‘ hin, den geringen Anteil von männlichen Mitarbeitenden in der Familienbildung.

Wer mehr Väter in der Familienbildung möchte, muss sich so sein Fazit, als Entscheidungsträger und Anbieter, auch mit diesen Herausforderungen auseinandersetzen. „Prognos hat in der aktuellen Studie zu den familienbezogenen Leistungen in NRW auf fünf Handlungsfelder hingewiesen, die meines Erachtens auch für die Familienbildung Relevanz haben: Bekanntheit, Vernetzung, Digitalisierung, Angebotsformate und das Personal.

Als Ergebnis des Workshops wurden drei zentrale Weichenstellungen formuliert:

  • für die Neuausrichtung der Angebote im Bereich der Familienbildungsarbeit braucht es einen langen Atem. Projekte sind oft sehr kurzfristig angelegt. Dadurch kann man das Vertrauen und die Kontinuität der Väterbeteiligung nicht sicherstellen
  • eine Erhöhung der Anteile des pädagogischen männlichen Personals in der Familienbildung und auch die der freiberuflichen Honorarkräfte kann durch eine bessere finanzielle Ausstattung erreicht werden
  • die Fachkräfte müssen in die Lage versetzt werden, Väter gendersensibel in den Blick zu nehmen und anzusprechen. Dazu braucht es passende Qualifizierungsangebote.

Take Aways für Väter

  • Es ist gut, dass Sie sich vornehmen, sich alle anfallenden Aufgaben in der Familie ‚gerecht‘ aufzuteilen. Damit dies Vorhaben auch gelingt, ist es hilfreich, sich mit ihrer Partnerin darüber auszutauschen welche Erwartungen sie als Vater und Mutter an sich und den jeweils anderen haben.
  • Im nächsten Schritt geht es dann darum, wer was zu welchem Zeitpunkt macht: Elternzeit nimmt, Kinder und Haushalt betreut oder das Geld für die Finanzierung des Projekt Familie verdient. Lassen Sie sich bei diesen ‚Verhandlungen‘ nicht vorschnell durch die Verlockungen des vermeintlich leichteren Wegs, eine*r geht Geld verdienen und eine*r bleibt zu Hause über den Tisch ziehen. Auch wenn Sie vorhaben, beim nächsten Kind alles anders zu machen führt diese gutgemeinte ‚temporäre Teilretraditionalisierung‘ geradewegs in alte Rollenmuster und engt ihre Spielräume und Wünsche, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen und dafür ggf. auch Arbeitszeiten zu reduzieren extrem ein
  • Fangen Sie mit diesen Aushandlungsprozessen frühzeitig an, am besten genau dann, wenn Sie über die Umsetzung ihrer Kinderwünsche sprechen. Eine ‚Arbeitshilfe‘ dazu finden Sie hier oder auch auf dieser Webseite.

Denkanstöße für Beschäftigte in der Familienbildung und Familienzentren

  • Es ist gut, wenn Sie in Zukunft Väter verstärkt in die Familienbildungsarbeit ihrer Einrichtung einbinden möchten. Beziehen Sie bei der Planung der Angebote am besten Väter mit ein.
  • Planen Sie diese Angebote möglichst niedrigschwellig und zun den Zeiten, in der die Väter auch daran teilnehmen können: nach Feierabend, am besten Freitagnachmittag oder Samstagvormittag
  • Kommunizieren Sie die Angebote so, dass Väter diese auch im Internet finden können.
  • Bei allen Fragen, die Sie zu diesem Thema haben steht Ihnen die Geschäftsstelle der LAG-Väterarbeit gerne beratend zur Seite.

Zum Download

Der Impuls von Barbara Streidl Impuls Väterarbeit WS2

Der Impuls von Jürgen Haas Input_Jürgen Haas

Die Leitfragen von Dialogrunde und Workshop 2

Die Zusammenfassung der Visionen und Forderungen von Dialogrunde und Workshop 2

Das Interview mit Heiner Fischer Angebote der Familienbildung müssen sich an der Lebenswelt von Vätern orientieren

[i] Almut Peukert, Miriam Beblo, Laura Lüth und Katharina Zimmermann; Erwerbs- und Familienarbeit im Homeoffice? Innerfamiliale Arbeitsteilung in der Corona-Krise auf dem Prüfstand; in Sozialer Fortschritt, 71 (2022), S.29ff

[ii] Prognos AG (Juncke, David; Weßler-Poßberg, Dagmar; Nikodemus, Johanna)/TH Köln (Müller-Giebeler, Ute; Zufacher, Michaela; Eggers, Thorsten) (2020): Evaluation der Familienbildung in Nordrhein-Westfalen. Abschlussbericht der Evaluation der Familienpolitischen Leistungen im Auftrag des MKFFI NRW, https://www.mkffi.nrw/sites/default/files/asset/document/abschlussbericht_familienbildung_final.pdf

Quelle

Abgelegt unter Arbeitszeiten, Gender, Partnerschaft, Zeit | Keine Kommentare »

9 von 10 Vätern wollen Elternzeit nehmen

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 19. November 2021

Fast alle zukünftigen Eltern wollen Elternzeit in Anspruch nehmen und viele wünschen sich bessere Arbeitszeitmodelle. Gleichzeitig wachsen die Erwartungen an Unternehmen und Organisationen im Bereich der Familienfreundlichkeit für Mütter und Väter.

Am Freitag hat das Väternetzwerk conpadres in Hamburg die Trendstudie “Zukunft Vereinbarkeit” der Öffentlichkeit vorgestellt. Forsa befragte für die repräsentative Trendstudie zukünftige Eltern nach ihren Plänen und Erwartungen. “Unsere Studienergebnisse zeigen deutlich, dass Männer und Frauen mit Kinderwunsch einen ausgeprägten Wunsch nach mehr Familienbewusstsein haben und erwarten, dass ihre Arbeitgebenden diesem mit passenden neuen Arbeitsmodellen proaktiv begegnen”, fasst der Initiator des Väternetzwerks conpadres, Volker Baisch, die Ergebnisse zusammen. Er warnt außerdem, dass fast zwei Drittel der Befragten ihre Arbeitgebenden wechseln würden, wenn diese nicht auf die Wünsche der Eltern ausreichend eingingen.

Elternzeit für alle

Väter wollen aber nicht nur familienbewusste Angebote. 93 Prozent der befragten zukünftigen Väter planen in Elternzeit zu gehen. Ein Ergebnis, das selbst den erfahrenen Väterspezialisten Baisch überrascht hat. “Wir beobachten schon seit Jahren, dass sich immer mehr Väter eine längere Elternzeit wünschen. Dass jetzt aber 93 Prozent der Väter Elternzeit nehmen wollen und die große Mehrheit sogar mehr als die klassischen zwei Partnerschaftsmonate, hat selbst uns überrascht.”

Vollzeit wird Auslaufmodell

Ein weiteres Ergebnis der Trendstudie ist, dass zukünftige Väter sich die Kindererziehung gleichberechtigter mit ihren Partner:innen teilen wollen. “Wir sehen deutlich, dass die künftigen Väter nicht nur flexibler, sondern auch weniger Stunden arbeiten wollen.” erklärt Baisch “Das ‘New Normal’ wird die 4-Tage-Woche, um Familie und Beruf im Gleichgewicht zu halten” schätzt der Unternehmensberater die Ergebnisse ein. Die Erkenntnisse aus der Studie setzten damit nicht nur in der Wirtschaft ein deutliches Zeichen, so Baisch, sondern seien auch richtungsweisend für die zukünftige Regierung.

Starke Väter bedeuten starke Unternehmen

“Das Land braucht keine neuen Väter, sondern eine neue Personalpolitik, einen modernen Unternehmergeist und eine Politik, die soziale Nachhaltigkeit in der Unternehmenswelt stärkt und fördert,” fasst Volker Baisch die Aufgaben zusammen, die sich aus den Ergebnissen für Arbeitgebenden und Politiker:innen ergeben. “Starke Väter bedeuten in der Folge starke und attraktive Unternehmen für die kommende Elterngeneration.”

Mit der Studie will die gemeinnützige Unternehmensberatung Potentiale für eine zukunftsweisende und gewinnbringende Perspektive für Mütter und Väter aufzeigen und Unternehmen wettbewerbsfähig halten. Laut Baisch sei das Kernproblem nicht nur die ungerechte Lastenverteilung bei der Carearbeit, sondern auch die damit zusammenhängende ungleiche Bezahlung. Der Experte für das Thema “Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Vätern” freut sich über die deutlichen Studienergebnisse: “Denn aus den Ergebnissen können wir konkrete Maßnahmen ableiten und so werden wir gemeinsam mit unseren 30 Mitgliedsunternehmen im Väternetzwerk conpadres den gesellschaftlichen Wandel hin zu einer chancengerechteren Arbeitswelt beschleunigen.”

Quelle

Abgelegt unter Arbeitszeiten, Elternzeit, Führung, Rolllenbilder | Keine Kommentare »

HomeOffice mit Familie – Segen oder Fluch?

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 30. April 2021

Wie Sie sich selbst, Arbeit und Familie so organisieren, dass (fast) nichts zu kurz kommt.

Den Weg, diesen Herausforderungen zu begegnen skizziert Felicitas Richter, die selbst seit 20 Jahren mit vier Kindern im HomeOffice arbeitet, in ihrem in der Reihe ‚Beck kompakt‘ erschienenen Ratgeber ‘HomeOffice mit Familie‘.

Dass es dafür einen großen Bedarf gibt, skizziert sie zu Beginn des Bandes. Durch die Nutzung der eigenen Wohnung als Arbeitsplatz im Zuge des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 sind viele Arbeitnehmende von jetzt auf gleich, relativ unvorbereitet mit dem Firmenlaptop an den Küchentisch umgezogen oder mussten ihre eigenen Ressourcen zu Hause nutzen. Die seit der industriellen Revolution immer weiter durchgesetzte Trennung von Beruf und Familie in getrennte Sphären von jetzt auf gleich weitgehend aufgelöst. ‚Nine to five‘ als ‚Schutzmauer‘ eingerissen, galt und gilt es doch auch, geschlossene Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen zumindest zeitweise zu ersetzen und die Kinder zuhause zu betreuen und zu beschulen und Erwerbs-Arbeit in Zeiten außerhalb des Familienlebens zu verlagern.

„Papa was, ist die Quadratur des Kreises?“ fragt der Sohn seinen ihm gegenübersitzenden Vater in der auf der Titelseite der Studie „Thüringer Familien in Zeiten von Corona“ abgebildeten Karikatur. „HomeOffice und Homeschooling“ antwortet dieser. Damit sind zwei Themen angesprochen, die in dem Ratgeber zwar mitschwingen, aber nicht explizit bearbeitet werden. Ich meine damit zum einen die Erwartungen an und das Verhalten von Vätern, die im Homeoffice arbeiten und das ‚Chaos‘ in der Familie scheinbar unberührt an sich abprallen lassen. Zum anderen geht es um die tatsächliche Unmöglichkeit, die volle Arbeitsverpflichtung zu leisten und parallel dazu Kinder zu beschulen. Und damit meine ich nicht die mangelnde fachliche und pädagogische Qualifikation von Müttern und Vätern. Die Versuche es doch zu leisten enden vielfach in Überforderung und Erschöpfung.

Aber auch ohne diese aktuellen Bezüge sind die Ausführungen der Autorin sehr wertvoll. Sie gibt nicht nur einfach Tipps, sondern geht das Thema von den individuellen Voraussetzungen, über die systemischen Zusammenhänge in Familien bis hin zu den Voraussetzungen bei der familienkompatiblen Arbeits(platz)gestaltung.

Die Arbeit im HomeOffice ist attraktiv, fallen doch die unter Umständen langen An- und Abfahrten zum Büro weg. Beantworten muss aber Jede und Jeder für sich die Frage, ob ich der Typ bin, der sich alleine motivieren und strukturieren kann, ob das an zwei oder drei Tagen mit klar umrissenen Arbeitsaufträgen gut geht und in welchem Maße der persönliche Austausch mit Kolleg:innen gut geht. Videokonferenzen sind zwar inzwischen gängige Praxis, die Kommunikation mit und zwischen den Kästchen auf die Dauer im wahrsten Sinne des Wortes ‚eindimensional‘.

‚Die Familie als Team‘ lautet die Überschrift des 3. Kapitels. Ja, Familie und Kinder profitieren grundsätzlich davon, wenn Eltern präsent sind und sie mitbekommen, was Mama und Papa arbeiten, aber … Es braucht klare Abgrenzungen und Regelungen. Hier schöpft Felicitas Richter vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen aus dem Vollen und ihre Hinweise sind nicht nur für HomeOffice Neulinge Insbesondere ihr Blick auf die Partnerschaft ‚es geht nur zusammen‘ hilft, mit aufkommenden Konflikten konstruktiv umzugehen.

Schließlich geht es auch noch darum, die Arbeit im HomeOffice (grundsätzlich) so zu gestalten, dass sie mit Familie und Kindern kompatibel ist. Und das nicht nur von den Arbeitsabläufen und der technischen Ausstattung her, sondern auch im Hinblick auf die erforderlichen Unterstützungssysteme.

Das dazu auch Absprachen mit den Arbeitgebenden gehören ist eigentlich banal, in den Zeiten nach dem Lockdown mit ‚verpflichtendem‘ HomeOffice, wird sich zeigen, welche Konsequenzen aus dem großen Experiment gezogen werden.

Auf den letzten Seiten werden die wichtigsten Punkte noch einmal in Form einer Checkliste zusammengefasst. Der handliche Ratgeber ist in jedem Fall empfehlenswert, für die, die schon lange diese Arbeitsform gewählt haben. Für diejenigen, die vor gut einem Jahr Hals über Kopf die Büros verlassen sollten und auch für diejenigen, die jetzt am liebsten wieder in die Ruhe des Büros flüchten würden, aber vielleicht doch zunächst die Erfahrungen der letzten 14 Monate aufarbeiten möchten. Und wie gesagt, es geht nur gemeinsam!

Abgelegt unter Arbeitszeiten, Work - Life - Navigation | Keine Kommentare »

… es braucht vor allen Dingen Fantasie

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 20. April 2021

Care.com und die Väter gGmbh haben heute ihre Studie bzw. ihr ‚Stimmungsbild‘ „Paare und Familien in Zeiten von Corona” vorgestellt. Welche Punkte daraus sind für Sie besonders bedeutsam?

Für mich war es vor allem nochmal eine Bestätigung dessen, was ich im Moment subjektiv wahrnehme und was ich von vielen Seiten höre. Das ist durch die Studie mit Zahlen unterlegt worden. Gerade diese Anspannung und auch diese Coronamüdigkeit, die von allen Seiten kommt, die innerhalb der Paare und innerhalb der Familien existiert. Und der Druck sowie die hohe Nähe, die man mit der Familie immerzu hat. Die Ängste, Sorgen und Nöte, die nach wie vor da sind, also all das was auf die Psyche wirkt. Das ist jetzt auch messbar.

Sie beraten ja gemeinsam mit ihrer Partnerin unter dem Label ‚2PAARSchultern‘ schon länger Paare und Väter im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Was hat sich in den vergangenen 14 Monaten im Vergleich zu den Zeiten vor Corona verändert?

Robert Frischbier

Was ich toll finde, also gerade aus der Sicht der Väter, das durch diesen „Zwang“, mehr mit der Familie machen zu müssen, mehr zu Hause zu sein, mehr sich um die Kinder zu kümmern, viele Menschen die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, einfach erkannt haben und auch nutzen. Also, dass man einfach sagt okay, ich bring mich anders mit ein. Ich mache das jetzt. Ich brauche mich nicht mehr mit meinem Arbeitgeber auseinanderzusetzen, ob ich Homeoffice machen darf, sondern ich muss ja sowieso Homeoffice machen. Ich bin zu Hause, kann mich um die Kinder kümmern, sehe auch, was zu Hause so anfällt. Das habe ich bei vielen Gesprächen jetzt schon gemerkt, da gibt es einen ‚Aha Moment‘ irgendwann. Ja, da passiert ja ganz schön viel. Da ist ja ganz schön Trubel. Und jetzt bin ich mittendrin. Und dann kann ich auch gleich richtig mitmachen.

Sind durch Corona noch neue Herausforderungen dazu gekommen?

Die größte Herausforderung ist für mich nach wie vor, dass man sich nicht mehr aus dem Weg gehen kann, dass es keine Trennung zwischen Arbeit, Familie, Freizeit, Partnerschaft gibt. Das findet alles in unmittelbarer räumlicher Nähe statt. Man kann nicht mal eben eine Tür zu machen und dann hat man seine Ruhe. Diese Ruhe gibt es nicht und das ist eine unheimlich große Herausforderung, der viele Familien, auch Alleinerziehende natürlich, im Moment gerade gegenüberstehen.

Sind durch die Krise auch grundsätzliche, schon länger bestehende Hindernisse sichtbar geworden?

Ich habe zu Beginn von Corona häufig beobachtet, dass es bei vielen tatsächlich so eine Art Automatismus gab, in das klassische Rollenbild reinzufallen. Also der Mann wurde sofort irgendwie zum Ernährer, und die Frau wurde irgendwie sofort zur „Kümmerin“ in einer Familie.

Und ich sehe das auch jetzt noch. Nach über einem Jahr, ist das bei vielen immer noch so, dass man zumindest in den Köpfen diese Denke drin hat. Viele Väter bringen sich immer stärker ein und wollen das auch. Sie scheuen aber nach wie vor auch das Gespräch mit dem Arbeitgeber um zu sagen, „ich möchte das auch über Corona hinaus und jetzt nicht nur aus der Drucksituation heraus so machen“. Ich sehe eigentlich die Gefahr, dass es, wenn sich die Lage wieder normalisiert und man wieder die freie Entscheidung hat, dass sich diese aktuell praktizierten, partnerschaftlichen Rollenmodelle möglicherweise auch wieder zurückentwickeln.

Was bräuchten denn dann Mütter Väter, damit Sie denn, dass die sich eigentlich partnerschaftliche Aufgabenstellung wünschen?

Klarheit und Planungssicherheit, dass man halt so weitermachen kann. Also zum Beispiel das Thema Homeoffice. Wenn ich weiß, auch nach Corona kann ich weiterhin Homeoffice als feste Komponente in meinem Alltag mit nutzen. Nicht fünf Tage die Woche, das will ja gar keiner. Aber zum Beispiel an zwei Tagen pro Woche spare ich mir die Wegezeiten und kann von zu Hause ausarbeiten, kann mich für bestimmte Sachen mit den Kindern oder im Haushalt durch diese hinzugewonnene Zeit einbringen. Ich bin auch mal zu Hause, wenn die Kita geschlossen ist oder sonst irgendetwas, kann also auch solche Phasen abdecken. Und wenn ich diese Planungssicherheit habe in der Partnerschaft, dann kann ich mein Modell darauf aufbauen. Ich kann sagen, beide Partner haben ein oder zwei Homeoffice-Tage. Wir hatten mehrere Fälle gerade in der Veranstaltung, wo es hieß, wir sind beide auf 80 Prozent, das heißt also nicht einer 100 und der andere 60 Prozent, sondern wir haben beide 80 Prozent. Das bedeutet natürlich auch, das Familieneinkommen muss man sich ganz genau anschauen, ist das wirtschaftlich machbar? Aber wenn es möglich ist, dann muss man wirklich sagen, wir haben uns dafür entschieden. Unsere Arbeitgeber stehen dahinter. Wir haben diese Möglichkeiten auch langfristig, und das ist jetzt unser Lebensmodell.

Homeoffice ist ja vor allem auch eine äußere Rahmenbedingung. Wie können wir die Dynamik oder die Unruhe, die im Moment in traditionelle Rollenaufteilungen hineingekommen ist nutzen, um die Veränderungen nachhaltiger gestalten zu können?

Da braucht es vor allen Dingen Fantasie. Das, was wir jetzt gerade erleben, was wir im letzten Jahr erlebt haben, das ist ja kein richtiges Homeoffice. Das heißt, jetzt müssen wir Kinder betreuen und Homeschooling machen und nebenbei irgendwie arbeiten. Wir arbeiten ja auch komplett geclustert im Moment. Der eine arbeitet früh, dann wird eine Pause gemacht, um sich um die Kinder zu kümmern, dann nachmittags wieder oder in den Abendstunden. Das hat mit Homeoffice eigentlich nichts tun. Das bedeutet, jetzt die Fantasie zu haben. Wie kann aus dem, was ich gerade alles gelernt habe, digitales Arbeiten, dezentral arbeiten, von zu Hause aus arbeiten können, wie kann das in einem geregelten Alltag ohne Corona aussehen?
Wenn Corona nicht mehr da ist und alle Betreuungsangebote wieder normal geöffnet haben. Die Kinder gehen zur Schule in die Kita, und ich habe alle Möglichkeiten, die mir vor Corona zur Verfügung standen und zusätzlich das, was ich jetzt gelernt habe. Wie kann diese Vision für unsere Familie aussehen? Schaut euch mal an, was Corona euch an Möglichkeiten eröffnet hat. Und wie kann das in den künftigen Alltag einfließen? Dass ist das, was ich den Leuten gerade häufig im Gespräch mitgebe.

Kann man diese Prozesse, diese Phantasie, die dann noch entwickelt und geordnet werden müssen, kann das gerade auch für die Väter ein Stück weit durch Beratung oder andere Angebote unterstützt werden?

Ja, es ist ganz wichtig, dass man jemanden hat, mit dem man sprechen kann, weil man nimmt sich im Moment in der Partnerschaft, so erlebe ich das jedenfalls, man nimmt sich gar nicht die Zeit, um über so etwas entspannt zu reden. Eigentlich müsste man sich ganz in Ruhe hinsetzen, ohne die Kinder, ohne alles und einfach mal so in der Partnerschaft darüber sprechen. Wie kann denn unser künftiger Alltag aussehen? Dafür ist im Moment überhaupt nicht die Luft da, dafür ist nicht der Raum da. Und wenn man mal ein paar Minuten hat, dann ist man froh, dass man auch mal Ruhe für sich hat. Ich erlebe es aber, dass solche Gesprächsangebote unheimlich dankbar angenommen werden. Man ist dann schnell in einer vertrauensvollen Atmosphäre. Man spricht darüber, man stellt auch Fragen. Es ist dann auch die Aufgabe des Beratenden, die richtigen Fragen zu stellen und auch Impulse zu geben. Jetzt hast du, Vater XY, du hast jetzt erlebt, dass Homeoffice machen kannst. Jetzt stell dir mal vor, die Kinder sind jetzt nicht da. Die sind geregelt im Schulbetrieb, im Schulalltag und so. Du hast jetzt Homeoffice, wie kann denn der Alltag Drumherum jetzt aussehen? Wieviel Zeit sparst du? Schau dir mal die Zeit vor Corona an. Wieviel Fahrtweg hattest du? Wie viele Dienstreisen hattest du vielleicht und wie kann das jetzt nach Corona aussehen? Da gemeinsam durch einen geführten Prozess diese Vision des neuen Alltags zu finden und zu entwickeln, das finde ich, ist jetzt die Aufgabe der Unterstützer und Berater.

Was wünschen Sie sich für die Zeit nach Corona?

Vieles von dem, was ich sage ist ja immer aus meiner eigenen Situation heraus und auch aus Gesprächen mit anderen Vätern und Müttern, mit denen ich jetzt gerade zu tun habe. Ich wünsche mir einfach, dass das, was gerade in den Familie passieren kann, dass wir das auch auf der gesellschaftlichen Ebene hinbekommen. Das wir also wirklich schauen, was hat jetzt vielleicht gut funktioniert? Welche neuen Möglichkeiten haben wir kennengelernt? Ganz viele Leute können jetzt digital miteinander kommunizieren. Ganz viele Leute wissen wie das Homeoffice funktionieren kann. Führungskräfte wissen, dass Mitarbeiter auch aus der Ferne arbeiten können und nicht immer alle in einem Raum sein müssen. Dass sie auch zeitversetzt arbeiten können. Wenn uns das gesellschaftlich gelingt, dieses Verständnis zu schüren, die positiven Sachen mitzunehmen, die negativen Sachen abzustreifen und auch mal zu schauen, was war vor Corona nicht gut. Wollen wir da wirklich wieder hinzurück? Ist es unser größtes Bestreben, hundertprozentig wieder in den Januar 2020, zurück zu wechseln? Oder haben wir jetzt nicht eigentlich auch ein wenig an einem Honigtopf geschnuppert?
So das wir jetzt gerne auch ein bisschen positiv in die Zukunft schauen wollen um einen tollen Mix zu finden. Als Gesellschaft die Zeit zu haben, die Muße zu haben und die Kreativität zu haben, einen neuen Alltag zu schaffen, der uns idealerweise nicht wieder in alte Rollenbilder zurückdrängt, sondern uns ermöglicht, dass wir alle, unseren Familienalltag so leben können, wie wir es möchten oder wir zumindest einen gewissen Gestaltungsspielraum daran behalten.

Vielen Dank Herr Frischbier.

Abgelegt unter Arbeitszeiten, Partnerschaft, Rolllenbilder | Keine Kommentare »

Kinderbetreuung ist systemrelevant …

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 4. August 2020

Das ist in den vergangenen Wochen und Monaten mehr als deutlich geworden. Die Bedeutung beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Notwendigkeit Kinder während der Erwerbstätigkeit von Müttern und Vätern zu betreuen. Es geht vielmehr auch um die Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und um Bildungsgerechtigkeit. Auf die katastrophalen Auswirkungen von Schulschließungen, im Juli waren in 160 Länder von Schulschließungen betroffen, hat letzte Woche auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres hingewiesen.

In Deutschland enden in den nächsten Wochen die Schulferien in den Bundesländern und es wird über erforderliche Schutzmaßnahmen diskutiert. Unstrittig ist, dass Schließungen von Schulen und Kitas auf jeden Fall vermieden werden sollen.

Im April und den folgenden Wochen haben geschlossene Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen dazu geführt, dass Väter und Mütter diese Aufgaben komplett übernehmen mussten und Kinder und Jugendliche einzig über Socialmedia und andere technische Medien Kontakt zu Gleichaltrigen aufnehmen konnten bzw. auf sich alleine gestellt waren. Dies hat nicht nur Eltern ge- und in großen Teilen überfordert, eine aktuelle Studie des UKE in Hamburg weist auf die psychische Belastung der Kinder und Jugendlichen hin. Demnach fühlen sich mehr als 70 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen durch die Corona-Krise seelisch belastet. Stress, Angst und Depressionen haben zugenommen. Das Risiko für psychische Auffälligkeiten habe sich fast verdoppelt.

Um Kindern einen Austausch mit Gleichaltrigen zu ermöglichen und Eltern im Homeoffice zumindest für eine oder anderthalb Stunden ein konzentriertes Arbeiten zu ermöglichen, hat Sabine Wildemann ihrem Startup ‚Kids Circle‘ bereits Ende März ein virtuelles Kinderhaus mit unterschiedlichen, themenorientierten Zimmern und einem Wohnzimmer ‚gebaut‘. Dort werden in zwei Betreuungsformaten, interaktive Videokonferenzen mit abwechslungsreichen Inhalten, jeweils 4 Kinder ab 4 Jahren von einem Coach betreut. Die Betreuer sind pädagogisch vorgebildet und werden auf der Webseite persönlich vorgestellt.

Die Anlässe, die Angebote von Kids Circle zu nutzen, seit Ende Juli sind neben den Onlineangeboten auch Spiel- und Erlebnisangebote im Freien im Programm, gehen über Corona bedingte Schließungen hinaus: Es gibt Bedarf an erweiterten Betreuungszeiten über KiTa und Schule hinaus, In den Ferien und bei KiTa-Schließzeiten, als Unterstützung bei Tätigkeit im Home-Office und als Plan B bei kurzfristigem Ausfall von Betreuungspersonen.

Sabine Wildemann wird mit ihrem Angebot insbesondere bei der Zielgruppe der Eltern mit akademischem Hintergrund die sportlich und kulturell interessiert sind und ihren Kindern entsprechende Möglichkeiten einräumen möchten auf Interesse stoßen. Die Qualität der Angebote inklusive eines Hygienekonzepts hat seinen Preis, eine Onlinestunde kostet 14 bzw. 15 Euro, für die Kinderbetreuung Nebenan ist je nach Angebot 18 bzw. 21 Euro fällig. Da liegt es nahe, auch Arbeitgebende zu adressieren und sie an den Kosten des Angebots zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu beteiligen.

Abgelegt unter Arbeitszeiten, Kinderbetreuung, Work - Life - Navigation | Keine Kommentare »

Nutzung von Homeoffice und flexible Arbeitszeiten spiegeln traditionelle Arbeitsteilung wider

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 11. März 2019

Frauen und Männer mit Kindern nutzen flexible Arbeitsmodelle wie Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit und Homeoffice unterschiedlich: Während die Väter sehr viel mehr Zeit in den Job stecken, machen Mütter etwas mehr Überstunden, vor allem nehmen sie sich aber deutlich mehr Zeit für die Kinderbetreuung. Damit hilft flexibles Arbeiten zwar bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, es kann zugleich aber auch die klassische Rollenverteilung zwischen Frauen und Männern festigen oder sogar verstärken. Dagegen helfen könnten klarere Regelungen, etwa eine Zeiterfassung im Homeoffice, und stärkere Anreize für Väter, sich ausführlicher um ihre Kinder zu kümmern. Mehr Freizeit haben weder Mütter noch Väter durch flexible Arbeitszeiten. Das zeigt eine Studie von Dr. Yvonne Lott, Gender- und Arbeitszeitforscherin am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

Wer nicht um Punkt sieben Uhr auf der Matte stehen muss, sondern seinen Arbeitsbeginn selbst bestimmen kann, hat es leichter – wenn der Nachwuchs morgens zu lange trödelt, wird die verlorene Zeit eben nachmittags aufgeholt. Noch flexibler können Beschäftigte die Arbeitszeit handhaben, wenn sie von Zuhause arbeiten dürfen. Anhand von Daten des Sozio-oekonomischen Panels, einer ausführlichen Befragung, an der mehrere tausend Haushalte teilnehmen, hat WSI-Wissenschaftlerin Lott ermittelt, wie viel Zeit am Ende auf Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und andere Aktivitäten entfällt.

Grundsätzlich führen flexible Modelle bei beiden Geschlechtern im Schnitt zu längeren Arbeitszeiten im Job, zeigt Lott. Bei Männern sei dieser Effekt deutlicher ausgeprägt als bei Frauen. Wobei Letztere gleichzeitig mehr Zeit für die Kinder aufwenden und so häufig doppelt belastet sind. Der Abstand bei den Zeiten, die Mütter und Väter jeweils mit Erwerbstätigkeit und mit Kinderbetreuung verbringen, wächst mit der Flexibilität der Arbeit.

Um die Gleichstellung zu fördern und die zeitliche Belastung von Eltern zu reduzieren, gäbe es der Forscherin zufolge eine Reihe politischer Maßnahmen: Die Zahl der Partner-Monate beim Elterngeld könnte von zwei auf sechs erhöht werden, um Anreize für Väter zu schaffen, sich stärker in der Kinderbetreuung zu arrangieren. Hinzukommen sollte ein Recht auf Familienarbeitszeit, das Männern die Teilzeitarbeit schmackhaft macht.

Auch die Sozialpartner sind gefragt: Eine „lebenslauforientierte Personalpolitik“ würde Beschäftigten in privat besonders belastenden Phasen mehr Luft verschaffen. Führungskräfte sollten überkommene Rollenbilder und die Vorstellung infrage stellen, lange Präsenz im Betrieb sei gleichbedeutend mit hoher Motivation.

Quelle

Abgelegt unter Arbeitszeiten, Führung, Rolllenbilder, Work - Life - Navigation | Keine Kommentare »

Arbeitszeitwünsche von Männer und Frauen nähern sich immer mehr an

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 25. September 2018

Viele Teilzeitbeschäftigte würden gerne mehr arbeiten, viele Vollzeitbeschäftigte lieber weniger. Paare wünschen zunehmend, ihre Arbeitszeiten gleichmäßiger aufzuteilen. Die tatsächlichen Arbeitszeitmuster sind aber seit 30 Jahren erstaunlich stabil. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Die DIW-ÖkonomInnen haben auf Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) untersucht, inwieweit Wunsch und Wirklichkeit bei den Arbeitszeiten auseinanderklaffen, aber auch, welche Restriktionen der Verwirklichung von Arbeitszeitwünschen im Wege stehen.

„Die Tatsache, dass die meisten Teilzeitbeschäftigten Frauen sind, verführt zu der Annahme, dass Frauen grundsätzlich gerne mehr arbeiten würden. Offensichtlich ist aber der Beschäftigungsstatus und nicht das Geschlecht ausschlaggebend“, fasst Studienautor Kai-Uwe Müller die Ergebnisse zusammen. Tatsächlich zeigt die Studie, dass sich in vergleichbaren Arbeitssituationen die Wünsche von Männern und Frauen nur geringfügig unterscheiden:

Die Umfrage unter Paarhaushalten zeigt auch, dass sich Paare eine gleichmäßigere Aufteilung der Arbeitszeit wünschen. Einseitige Stundenverteilungen werden hingegen kaum gewünscht. Die Präferenz für eine gleichmäßige Verteilung ist in Ostdeutschland nach wie vor deutlich größer als im Westen.

Arbeitslosigkeit und Kinderbetreuung bestimmen über Realisierung von Arbeitszeitwünschen

Die Gründe für Über- oder Unterbeschäftigten sind vielschichtig. Zum einen kann es individuelle Präferenzen geben, zum anderen spielen aber auch exogene Faktoren wie der Arbeitsmarkt in der Region oder die Kinderbetreuungsmöglichkeiten eine Rolle. Die Hürden, um gewünschte Arbeitszeiten zu realisieren, sind allgemein größer bei hoher Arbeitslosigkeit, für gering Qualifizierte, ausländische und ostdeutsche Beschäftigte sowie bei unzureichender Kinderbetreuung. Auch die Berufsgruppe ist entscheidend: So können beispielsweise ManagerInnen schwerer in Teilzeitjobs arbeiten.

Unterschiede gibt es aber auch nach Geschlechtern. Weiterlesen »

Abgelegt unter Arbeitszeiten, Frauen, Männer, Work - Life - Navigation | Keine Kommentare »

Neuseeländisches Unternehmen führt die Vier-Tage-Woche ein

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 22. September 2018

Ein neuseeländisches Unternehmen will nach einem erfolgreichen achtwöchigen Test die Vier-Tage-Woche für seine Mitarbeiter dauerhaft einführen. „Die Produktivität stieg geringfügig an, der Stresslevel sank“, sagte der Geschäftsführer der Fondsgesellschaft Perpetual Guardian, Andrew Barnes, im neuseeländischen Rundfunk.

4dayWorkingWeek

Im März hatte das Unternehmen das Experiment für alle 240 Mitarbeitern gestartet – bei vollem Lohnausgleich. Ein Forscherteam der Auckland-Universität begleitete den Test, um den Einfluss auf die Belegschaft zu überwachen.

Barnes sagte der Zeitung „New Zealand Herald“, man habe ein massiv ansteigendes Engagement und eine deutlich größere Zufriedenheit der Belegschaft festgestellt. Die Produktivität sei demgegenüber nicht zurückgegangen.

Während vor dem Test 54 Prozent der Angestellten mit dem Verhältnis zwischen Berufs- und Privatleben zufrieden gewesen seien, sei diese Zahl während des Tests auf 78 Prozent gestiegen. Es habe sich gezeigt, dass die reduzierte Stundenanzahl keinen Einfluss auf die wöchentliche Produktivität gehabt habe. Er, Barnes, würde jedem Unternehmen in Neuseeland empfehlen, die Vier-Tage-Woche zu erproben.

Quelle

Abgelegt unter Arbeitszeiten, Work - Life - Navigation, Zukunft | Keine Kommentare »

Wieso arbeiten Sie Teilzeit? Resultate einer Umfrage

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 28. Juli 2018

Der Schweizer Tagesanzeiger hat seine Leser befragt, warum sie in Teilzeit arbeiten bzw. welche Gründe dagegensprechen. Insgesamt haben 1487 Väter an der nicht repräsentativen Befragung teilgenommen. 57,4 Prozent der Befragten arbeiten Teilzeit. Wieso tun das die restlichen 42,6 Prozent nicht?

Von 1500 befragten Vätern gaben etwas über 13 Prozent an, dass sie lieber arbeiten würden, anstatt sich um die Kinder zu kümmern. Die Mehrheit hingegen arbeitet nicht Teilzeit, weil es der Job oder die finanzielle Situation nicht zulässt. Das trifft zusammengenommen auf zwei Drittel der Befragten zu.

Von jenen, die angaben, Vollzeit zu arbeiten, ist die Mehrheit in einer Führungsposition tätig – Teilzeit zu arbeiten, ist dementsprechend häufiger bei Vätern in Nichtführungspositionen.

Männer in Führungspositionen geben vor allem an, dass es in ihrem Job nicht möglich sei, Teilzeit zu arbeiten (42,3 Prozent). Personen in Nichtführungspositionen dagegen sehen sich vor allem aus finanziellen Gründen gezwungen, Vollzeit zu arbeiten (43,7 Prozent).

Sind es auch Manager und Kaderleute, die lieber im Büro bleiben als bei ihren Kindern sind? Nein, die Position spielt dabei keine große Rolle. Doch fürchten Führungskräfte eher einen Karriereschaden durch Teilzeitarbeit als Nichtführungskräfte.

Wirft man einen Blick auf den Unterschied zwischen Stadt und Land, sieht man, dass von den voll berufstätigen Vätern 15 Prozent lieber arbeiten, als sich um die Kinder zu kümmern. Auf dem Land sind es nur 10 Prozent. In der Stadt scheint auch die Karriere wichtiger zu sein als auf dem Land, wenn es darum geht, wieso ein Vater nicht Teilzeit arbeitet.

Von jenen, die Teilzeit arbeiten, gab die große Mehrheit, 80 Prozent, als Grund dafür an, dass sie auch unter der Woche Zeit mit dem Nachwuchs verbringen möchte. Von den Teilzeitarbeitenden sind mit ebenfalls 80 Prozent die meisten in der Stadt wohnhaft.

Quelle

Abgelegt unter Arbeitszeiten, Rolllenbilder | Keine Kommentare »