der VÄTER Blog

lebe deinen Traum!

Kolumne

In dem Magazin Lob, der ‘Zeitschrift für berufstätige Mütter und Väter’ schreibe ich eine Väterkolumne, in der kontroverse Sichtweisen rund um die Aufgabenteilung zwischen Vätern und Müttern in Beruf und Familie aufgegriffen und ausgeleuchtet werden. In der vierten Ausgabe geht es um ein politisches Reizthema: die ‘Quote’, die obwohl bislang lediglich diskuiert, angeblich schon eine ganze Generation von Spitzenmanagern frustriert, wie die Wirtschaftswoche lürzlich behauptete

Eine Quote für Väter!?

Und bist du nicht willig, … dann kommt die Quote! Diese Symbolpolitik erleben wir in Sachen mehr Frauen in Spitzenpositionen und Aufsichtsräten der deutschen Wirtschaft seit über 10 Jahren. Eine freiwillige Selbstverpflichtung löst die nächste ab, Arbeits- und Frauenministerin sind sich selbst nicht einig und die Opposition fordert endlich energische Schritte. Aber auch diejenigen, denen sie nutzen soll, wollen nicht auf dem Q-Ticket fahren.

Mir geht da schon seit längerem eine andere Idee im Kopf herum. Dass sich niemand etwas vorschreiben lassen möchte kann ich verstehen, aber jedes Unternehmen hat ja ein grundlegendes Interesse qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Vor allem vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist dies ein Wettbewerbsfaktor, der noch weiter an Bedeutung zunehmen wird.

Meine Idee ist, dass Unternehmen an den Lebenskonzepten ihrer zukünftigen Beschäftigten und Führungskräfte anknüpfen, für die Generation Y ist Familie bekanntermaßen ja genauso wichtig wie Karriere, und dabei mit den Instrumenten arbeitet, die üblicherweise zur Erfolgsmessung angewendet werden. Viele Unternehmen arbeiten hier mit Kennzahlen, so hat Ackermann ja vor einigen Jahren mit der Vorgabe, 25 % Rendite erzielen zu wollen, einigen Wirbel ausgelöst, aber was die gleichen Rechte von Frauen und Männern angeht, kann Mann ja nicht kleckern.

Mir schwebt da eine Kennzahl ‚Väter in Elternzeit‘ im Kopf herum. Im Bundesdurchschnitt haben wir jetzt die 25 % erreicht, eine Kennzahl von 30 % wäre also nicht allzu ambitioniert, vor allem vor dem Hintergrund, dass in allen Umfragen schon lange mehr als 50 % den Wunsch äußern, in Elternzeit zu gehen. Nehmen wir also den Anteil von 40% als erstrebenswertes Ziel. Nachdem ein Unternehmen sich dieses Ziel gesetzt hat werden im nächsten Schritt die Bedingungen und Operatoren benannt, die für die Erreichung der Zielgröße entscheidend sind. Das können förderliche Faktoren sein, die verstärkt werden müssen, als auch hinderliche, die es zu beseitigen gilt.

Im konkreten Fall sind das sicherlich die vorherrschenden Karrieremuster, die Anwesenheit und permanente Verfügbarkeit erwarten; die Haltungen gegenüber Lebensphasen mit familiärer Verantwortungsübernahme, diese werden als ‚Auszeiten‘ und nicht als Zeiten sozialen Kompetenzerwerbs betrachtet und sicherlich auch die Zuschreibungen, was Mann tut bzw. nicht.

Wenn diese Punkte erst einmal offen gelegt, Zielvereinbarungen mit den Führungskräften getroffen und Erfolgsprämien auch an die Erreichung dieser Kennzahlen gekoppelt sind, ja dann wird eine Bewegung in Gang gesetzt, die die ‚Q Frage‘ gleich mit erledigt. Männer wollen nämlich vor allem eins nicht, Exoten sein. Sie wollen, dass es völlig normal ist, dass sie Verantwortung in Familie übernehmen und Arbeitszeiten reduzieren und dies nicht als Entscheidung gegen berufliches Engagement und Entwicklungsambitionen gewertet wird. Und wenn das so ist, wird es auch völlig normal sein, dass Frauen Führungsaufgaben übernehmen und Aufsichtsräte besetzen. Das sind in meinen Augen zwei Seiten der gleichen Medaille.

Alle neu, oder wer?

Die Medien halten seit fünf Jahren Ausschau nach ihnen, diejenigen, die es sind, wollen es nicht sein und die Kritikerinnen bezweifeln, dass es sie jemals in nennenswerter Zahl gegeben hat. Die Rede ist von den ‚neuen Vätern’. Eigentlich ist es ja ganz einfach, jeder Mann, der zum ersten Mal Vater wird, ist ein ‚neuer’ Vater. Der Begriff ‚neue Väter’ überhöht aber diesen einfachen biologischen und sozialen Vorgang und verbindet ihn mit Erwartungen an Haltung und Verhalten der Väter. Das Mindeste sind dabei sind zwei Monate Elternzeit.

Der Begriff ‚neue Väter’ ist aber gar keine Erfindung von Frau von der Leyen, die eben diese zwei Vätermonate, Partnermonate heißen sie im Gesetz, eingeführt hat. In der Begleitkampagne tönte es dazu, ‚krabbeln lerne ich bei Mama, laufen dann bei Papa’. Damit war abgesteckt, was neu sein durfte und was beim Alten bleiben sollte.

Die Bezeichnung ‚neue Väter’ ist fast 20 Jahre älter. Ich habe sie vor einigen Jahren bei meinen Recherchen in einer Ausgabe der ‚Brigitte’ vom Oktober 1988 gefunden. Dort geht es unter der Überschrift ‚Männer – neue Väter oder alte Chauvis?’ um die Differenz zwischen den Reden und dem Tun oder wie es seinerzeit der Soziologe Ulrich Beck ausdrückte, „verbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre“. Brigitte skizzierte die Herausforderungen etwas differenzierter und übte sogar Selbstkritik:

„Theoretisch haben die jungen Männer schon einiges von echter Partnerschaft begriffen. Und sogar praktisch deuten sich erfreuliche Tendenzen an. Nur: Wenn ein Kind kommt, ist meistens Feierabend. Dann tauchen die alten Rollenbilder wieder auf – Papi füllt Konto. Mutti schaukelt Baby. Ein Wunder ist es nicht: Das Modell der Versorgerehe wird leider noch von allen Seiten gefördert, von der Arbeitswelt, von Schulen, Kindergärten – und von den Frauen selbst.“

Da stellt sich doch die Frage, was erwartet Frau eigentlich vom neuen Mann? Heute, fast auf den Tag 23 Jahre nach diesem Artikel. Ich könnte jetzt auch aus dem Nähkästchen plaudern, beschränke mich aber darauf, die Aussagen einer Mutter von zwei erwachsenen Söhnen wiederzugeben, die gut ausgebildet und frisch verheiratet kurz nacheinander Väter geworden sind.

Ihre ebenfalls gut ausgebildeten Partnerinnen haben nach der Geburt der Kinder ihre Berufe an den Nagel gehängt, kümmern sich zu Hause liebevoll um den Nachwuchs und erwarten von ihren Männern, dass sie genügend Geld nach Hause bringen, bei gestiegenen Kosten und einem weggefallenen Einkommen keine leichte Aufgabe. Dass sie sich nach Feierabend liebevoll um ihre Kinder kümmern und selbstverständlich auch danach und am Wochenende die Hälfte der im Haushalt anfallenden Arbeiten erledigen und so den Partnerinnen auch Zeit für ihre Hobbys verschaffen. Die jungen Männer versuchen diese Erwartungen zu erfüllen.

Die Mutter macht sich Sorgen wegen der Belastung ihrer Söhne, „da wird wirklich zuviel von ihnen erwartet“ und um die Partnerschaften, für die kaum Zeit übrig bleibt. In dem Zusammenhang fällt mir dann auch das Ergebnis einer Online – Befragung von Müttern ein, die ein Kollege vor einigen Jahren durchgeführt hat. Er ist fast vom Hocker gefallen, als er die Antworten der ‚neuen’ Mütter auf die Frage: „Wie wichtig ist Ihnen der berufliche Erfolg ihres Partners?“ in den Händen hielt. 95 Prozent hatten mit „ist mir wichtig“ und „sehr wichtig“ geantwortet. Das sind auch ein Vierteljahrhundert nach der Brigitte Initiative keine guten Bedingungen für neue Väter.

Sie steht im Tor und er …

Keine Sorge, ich werde mich an dieser Stelle nicht noch einmal über die deutschen Sommermädchen und die mit ihnen in Verbindung gebrachten Sprüche wie ‚3. Platz ist was für Jungs’ auseinandersetzen. Ich bin weder nachtragend noch besonders gerne schadensfroh. Es geht vielmehr um die Tore und Türen, in denen ganz normale Frauen und Mütter stehen, ihrem Partner den Zugang verwehren und darüber wachen, dass, wenn er schon in ihrem Reich tätig wird, es gefälligst so macht, wie sie sich das vorstellt.

Es geht um ‚Mothering Gatekeeping’, so wird das Phänomen schon seit 30 Jahren in der angelsächsischen Welt genannt und auch wissenschaftlich untersucht und beschrieben. Eine Sichtung und Zusammenfassung der Ergebnisse würde den hier zur Verfügung stehenden Rahmen bei weitem sprengen, deshalb soll ein kurzer Streifzug durch nachvollziehbare Alltagserlebnisse ausreichen.

Die Frage, die sich nicht nur ‚Brigitte’ seit langem stellt, warum äußern so viele Männer und Väter in immer mehr Befragungen, sie möchten mehr Zeit in Familie mit den Kindern verbringen und sich Erwerbs- und Familienarbeit partnerschaftlich aufteilen, und lassen sich dem zum Trotz am Schreibtisch festnageln? Verbale Aufgeschlossenheit und sozial erwünschte Antworten bei weitgehender Verhaltensstarre, wie ein bedeutender Soziologe Mitte der 80er Jahre behauptete?

‚Brigitte’ sah dass schon 1988 etwas differenzierter, skizzierte die Rahmenbedingungen, die die traditionelle Rollenaufteilung begünstigen, und die haben sich erschreckenderweise seit dem kaum verändert, und fragte dann nach dem Anteil, den ihre Leserinnen an der Aufgabenteilung haben. Lassen es Mütter denn zu, dass ihre Partner im heimischen Reich ihre Ordnung durcheinanderbringen? Den Kindern viel zu dünne Sachen anziehen und Farbkombinationen auswählen, die jedem guten Geschmack und vor allem dem Farbkreis widersprechen?

Das sind ja noch Dinge über die Mann schmunzeln kann. Folgenreicher wird es schon, wenn Frau ihrem Partner gar nicht zutraut, dass er mit dem gemeinsamen Kind richtig umgehen kann. Wenn sie zum Beispiel am Vätertag in der Pekip Gruppe nur unwillig den Raum verlässt, an der Tür lauscht und beim kleinsten Laut wieder in den Raum stürmt um ihr Kind zu ‚stillen’.

Und da steht ja dann auch die Frage, was denn alles zur Hausarbeit gehört und wer die Qualitätsmaßstäbe festlegt, nach denen sie ausgeführt werden soll. In den zahlreichen Interviews mit Vätern frage ich auch immer danach, wie die arbeit im Haushalt aufgeteilt wird und wie diese Aufteilung zustande gekommen ist. Und da Ergebnis, ohne jetzt in die Details zu gehen: vor der Geburt ersten Kindes in den allermeisten Fällen gleichmäßig, auch was die Aufgabenbereiche angeht.

Wenn dann die Familie gewachsen und dem Vater die Zuständigkeit für den Erwerb zugewiesen worden ist, wird sein Einsatz in den heimischen vier Wänden zwar nach wie vor erwartet und auch selbstverständlich geleistet, den Qualitätsansprüchen in Sachen Sauberkeit genügt er aber in vielen Fällen nicht mehr. Und all die Dinge, die sie nicht gerne macht: Steuererklärung, Gartenarbeiten, Reparaturen etc. sind ja keine Hausarbeit sondern Hobbys des Gatten.

Und das ist häufig nicht Ergebnis einer bewussten Absprache, es hat sich einfach so ‚ergeben’. Oder anders ausgedrückt, wenn Mann erlebt, dass die Ergebnisse seiner Tätigkeit nie gut genug sind, er den imaginäre Ansprüchen auch gar nicht gerecht werden kann, macht er halt das, wofür es Anerkennung gibt bzw. dem männlichen Bereich zugeschrieben wird.

Apropos Zuschreibung, zum Abschluss doch noch ein Ergebnis aus der umfangreichen Forschung zum Phänomen der mütterlichen Türsteherinnen. Wenn dem Partner vor der Geburt des Kindes zugeschrieben wird, das er mit dem Kind gut umgehen kann, engagiert er sich auch in einem erheblich größeren Umfang.

Darf Mann das?

Die Elternzeit gemeinsam mit der Partnerin nehmen und dann auch noch das Elterngeld nutzen, um 2 Monate eine gemeinsame Reise zu finanzieren? Die Elternzeit und die Partnermonate sind dem Krabbelalter inzwischen entwachsen und es ist sicherlich angebracht, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen, Erfolge oder Fehlentwicklungen aufzuzeigen, vor allem aber Weiterentwicklungsbedarfe zu benennen.

Das Väter die Elternzeit nutzen und nebenbei ein Buch darüber schreiben, wenn sie die Zeit dazu finden, was soll’s. Manche haben es in die Bestsellerlisten geschafft, die meisten sind wohl eher Ladenhüter geblieben. Eines dieser Bücher, das ausnahmsweise von der Mutter geschrieben wurde, hat jedoch die Aufmerksamkeit der Kritiker auf sich gezogen. Es schildert die zweimonatige Reise der jungen Eltern mit dem kleinen Nepomuk entlang der Seidenstraße.

Da haben wir es also: Väter, die es sich sowieso leisten können, missbrauchen die Sozialleistung Elterngeld, um sich einen verlängerten Urlaub zu gönnen. Dieses Argument fehlt seit der Veröffentlichung des Reiseberichts in kaum einer Kritik an den Regelungen zur Elternzeit. Dazu kommt die Behauptung, dass die Geburtenrate ja auch weiterhin auf niedrigem Niveau verharre und die Väter ‚nur’ die zwei Monate, in der Regel sogar gemeinsam mit der Partnerin verbringen. Die geforderten Konsequenzen gehen bis hin zur Abschaffung des Elterngeldes und die Verwendung der Mittel für den Ausbau der Kinderbetreuung.

Kinderbetreuung ist auch wichtig. Fakt ist aber, die zwei Partnermonate stehen im Gesetz. Bis heute ist daran, trotz der Ankündigungen aller Parteien vor der letzten Bundestagswahl, nichts geändert worden. Auch die kostenneutrale Variante, entsprechend dem isländischen Modell: nach dem Mutterschutz 4 Monate für die Mutter, 4 für den Vater und 4 weitere zur freien Verfügung, wurde erst kürzlich wieder von der Familienministerin mit der Begründung, das könne man den Müttern nicht zumuten, abgelehnt. Auch die Regelungen zur Elternteilzeit, die Vätern und Müttern eine partnerschaftlichere Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit ermöglichen würden, liegen auf Eis.

Die 2 Monate sind aber ein Anfang. Wenn sie am Anfang der neuen Lebensphase, dem Übergang zur Elternschaft, gemeinsam genutzt werden, entfalten sie eine besondere Wirkung. Mann und Vater kann nämlich erleben, dass es die geborene Mutter nicht gibt und seine Partnerin genauso wie er anfängt etwas Neues zu lernen. Wenn Mann sich ebenfalls darauf einlässt, lernt er es in gleicher Weise und bekommt eine ganz andere Beziehung zu dem Kind. Von Anfang an.

Dabei spielt es dann eine nach geordnete Rolle, ob diese Lernprozesse in der heimischen Wohnung oder im Wohnmobil unterwegs stattfinden. Letzteres erhöht sogar noch die Intensität des gemeinsamen Erlebens. Und zu den weiteren Einwänden: Das Elterngeld ist mitnichten eine Gebärprämie sondern eine Lohnersatzleistung. Die Ursache für den Stillstand bei den Geburten, in Deutschland liegt die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau schon lange bei ca. 1,35, liegt ganz sicher nicht bei den Elterngeldregelungen. Im Gegenteil, ein Blick zum Beispiel in die skandinavischen Länder zeigt, dass hierzulande jahrzehntelang die Wünsche von Frauen und Männer, Beruf und Familie besser vereinbaren zu können, sträflich vernachlässigt wurden.

Um zur Ausgangsfrage zurückzukommen. Ich möchte alle Väter ermutigen, die Elternzeit in Anspruch zu nehmen und die acht, besser natürlich 26 oder mehr Wochen zu nutzen, intensive Erfahrungen mit ihrem Kind und der Partnerin in der neuen Lebensphase zu machen. Wenn es passt gerne auch im Wohnmobil, auf einer Insel oder in den Bergen. Ein Buch muss dabei aber nicht unbedingt herausspringen.

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2 Kommentare zu “Kolumne”

  1. Grit sagt:

    Netter Artikel – fühle mich als Frau und Mutter hier auch in gewissen Punkten ertappt 😉
    Fakt ist jedoch, daß sich das „traditionelle Muster der Arbeitsteilung in Paarbeziehungen“ kaum verändert hat (vgl. Quelle Stefanie Neidhart http://www.grin.com/de/e-book/184245/innerfamiliale-arbeitsteilung-und-elternschaft-in-deutschland) auch trotz den ganzen politischen Bemühungen. Wir Frauen brauchen die Männer – umgekehrt aber ebenso!

  2. finestdads sagt:

    Hallo,
    toller Artikel!
    lg, finestdads

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