der VÄTER Blog

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Archiv für die 'Partnerschaft' Kategorie

… die Väter müssen sich neu erfinden

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 16. April 2023

Eigentlich wollte die ‚neue‘ Vätergeneration schon vor der Einführung von Elterngeld und Vätermonaten so richtig am Start sein. Und vielen jungen Vätern ist es auch tatsächlich wichtig, nicht nur am Wochenende Papa-Zeit zu haben.

Doch Rollenmuster sind hartnäckiger als gedacht. Liegt es auch an den Müttern, die nicht loslassen wollen und sich einen Familienernährer wünschen? ‚Die Ratgeber‘ fragen nach, unter anderen bei Nick und Leon von den ‚Bromance Daddys‘ und Martin Noack, Vätercoach aus Wiesbaden.

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Letztendlich zieht sich die Idee des Residenzmodells durch alle Rechtsbereiche

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 13. April 2023

Interview mit Michaela Kreyenfeld erlätert Frau Prof*in Kreyenfeld unter anderem, welche Rahmenbedingungen ‘gemeinsam getrennt erziehen’ ermöglicht.

Frau Kreyenfeld, Sie haben an dem Gutachten des Beirats für Familienfragen der Bundesregierung zum Thema ‚gemeinsam getrennt erziehen mitgearbeitet. Welche Bedeutung hat das Thema heute schon und wie schätzen sie die zukünftige Entwicklung ein?

In vielen anderen europäischen Ländern, vor allem in den Niederlanden, Belgien oder Schweden, ist die geteilte Betreuung nach Trennung und Scheidung viel verbreiteter als in Deutschland.  Wir können aber auch für Deutschland davon ausgehen, dass geteilte Betreuung in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird.  Auch nach Trennung und Scheidung wollen Väter zunehmend im Leben ihrer Kinder präsent bleiben.  Diese sich ändernden Lebensrealitäten müssen auch im Recht besser abgebildet warden.

Was ist aus der Sicht der Kinder nach dem Scheitern einer Paarbeziehung am wichtigsten?

Für Kinder ist es vor allem belastend, wenn sie in die Streitigkeiten ihrer Eltern hineingezogen werden und das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie Partei einnehmen müssen.  Eltern müssen in die Lage versetzt werden — bei allen Streitigkeiten untereinander — das Wohl ihrer Kinder im Blick zu behalten.  Dazu gehört auch, dass Eltern verstehen, dass zum Wohl des Kindes in der Regel auch gehört, dass beide Eltern im Leben ihrer Kinder präsent bleiben. 

An welchen Stellschrauben muss Familienpolitik kurzfristig drehen, um die Situationen von getrennt lebenden und erziehenden Eltern zu verbessern?

Im Gutachten „Gemeinsam Getrennt Erziehen“ haben wir konkrete Handlungsempfehlungen herausgearbeitet.   Die Familienberatung zu reformieren und Mediationsangebote zu etablieren, das sind sicherlich naheliegende Stellschrauben.  Was die rechtlichen Rahmenbedingungen betrifft, ist noch sehr viel zu tun. Letztendlich zieht sich die Idee des Residenzmodells durch alle Rechtsbereiche. Es fängt beim Melderecht an. Eine Person kann nur einen Hauptwohnsitz in Deutschland haben; demnach kann das Kind entweder nur beim Vater oder der Mutter gemeldet sein. Kindergeld kann ebenfalls nicht gesplittet werden. Es geht nur auf das Konto des Vaters oder der Mutter. Wir haben im Gutachten konkrete Vorschläge zur Reform des Kindesunterhalts erarbeitet und haben uns hier für ein „Stufenmodell“ ausgesprochen, das neben dem Residenzmodell die paritätische und asymmetrische Betreuung im Recht etablieren würde.

Familienministerin Paus hat Sie und sechs weitere Kolleg*innen Anfang Januar in die Sachverständigenkommission zum 10. Familienbericht berufen. Die Kommission soll unter anderem Empfehlungen formulieren, um im Interesse von Trennungsfamilien bestehende politische Instrumente weiterzuentwickeln sowie neue zu entwickeln. Wo sehen sie dabei aufgrund Ihrer bisherigen Arbeit Ansatzpunkte im Interesse von Trennungsvätern?

Thema des Familienberichts sind Alleinerziehende und getrennt erziehende Eltern. Damit sind Trennungsväter automatisch auch im Blick. Ein stärkeres väterliches Engagement kommt nicht nur Vätern und Kindern zugute.  Es muss in der Debatte auch klarer werden, dass Mütter auch davon profitieren können, wenn sie Betreuung und Erziehung mit dem Ex-Partner teilen können. Allerdings können wir die Augen auch nicht vor den gegebenen Realitäten verschließen.  Die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen sind enorm in Deutschland.  Nach wie vor sind es eher Mütter als Väter, die nach der Geburt des Kindes aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden und zugunsten der Familienarbeit im Beruf zurückstecken.  In einigen Partnerschaften führt erst die Scheidung und Trennung von der Partnerin dazu, dass Väter sich ihrer Väterrolle bewusst werden und Betreuungs- und Erziehungsverantwortung wahrnehmen und auch einfordern. Das ist auch gut so. Aber eine Politik, die erst bei Scheidung und Trennung ansetzt, kommt zu spät. Väterliches Engagement in der bestehenden Partnerschaft sollte genauso selbstverständlich sein, wie die mütterliche Erwerbsintegration.  Unser Ziel ist es aktuelle Strukturen zu hinterfragen, die es Eltern zum Teil schwierig machen, nach Trennung und Scheidung geteilte Betreuung für ihre Kinder zu realisieren. 

Michaela Kreyenfeld ist Professor of Sociology an der Hertie School. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Familiendemographie und Familiensoziologie. Bis 2016 leitete sie die Forschungsgruppe “Lebenslauf, Sozialpolitik und Familie” am Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock. Sie ist Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, des Kuratoriums des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), des wissenschaftlichen Beirats des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie des Beirats für Familienfragen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Sie leitet derzeit die Sachverständigenkommission des 10. Familienberichts.

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Care.Macht.Mehr – Von der Care-Krise zur Care-Gerechtigkeit

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 28. Februar 2023

… lautete vor 10 Jahren der Titel eines Manifests, mit dem sich 23 Wissenschaftler*innen an die Öffentlichkeit gewandt haben. Sie sahen den Zusammenhalt der Gesellschaft, der über wechselseitige Sorge gewährleistet wird, gefährdet. „Care in allen Facetten ist in einer umfassenden Krise. Hierzu gehören unverzichtbare Tätigkeiten wie Fürsorge, Erziehung, Pflege und Unterstützung, bezahlt und unbezahlt, in Einrichtungen und in privaten Lebenszusammenhängen, bezogen auf Gesundheit, Erziehung, Betreuung u.v.m. – kurz: die Sorge für andere, für das Gemeinwohl und als Basis die Sorge für sich selbst, Tag für Tag und in den Wechselfällen des Lebens. Care ist Zuwendung und Mitgefühl ebenso wie Mühe und Last. Gleichwohl ist Care keine Privatangelegenheit, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe. …“

Ihrer Auffassung nach hat sich die Gesellschaft seit den 1970er Jahren hin zur flexibilisierten und globalisierten Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft verändert. Die Organisation und Zuweisung von Care-Aufgaben spiegeln jedoch noch ihre historische Entstehung während der Industrialisierung im 19. Jahrhundert.

Care wurde Frauen zugewiesen, abgewertet als ihre scheinbar natürliche Aufgabe, unsichtbar gemacht im privaten Raum der Familie oder unterfinanziert und semi-professionalisiert im sozialen Bereich organisiert.

Erschwerend komme hinzu, dass die Care-Krise, die von der aktuellen neoliberalen Politik verschärft wird, immer nur an einzelnen Stellen aufscheint: wenn Frauen und Männer versuchen, individuell und oft mit großer Anstrengung, strukturelle gesellschaftliche Probleme zu bewältigen.

Die Autorinnen des Manifests forderten dazu auf, alternative Care-Modelle zu entwickeln und gesellschaftlich-politische Veränderungsprozesse anzustoßen, die sich an umfassenden Vorstellungen von Gerechtigkeit und einem guten Leben orientieren: „Hierfür müssen Politik, Unternehmen und Verbände – auch in transnationaler Perspektive – anfangen, Care-Bedarfe als grundlegende gesellschaftliche Aufgabe im Zusammenhang wahrzunehmen, statt Einzellösungen zu entwickeln. Denn über Care wird zwar vielerorts geredet, aber die Diskussionen nehmen bislang weder disziplinär noch politisch oder normativ aufeinander Bezug.“

Es ging für sie auch darum, „Fürsorglichkeit und Beziehungsarbeit neu bewerten, unabhängig von traditionellen Geschlechterbildern. Im Zentrum einer fürsorglichen Praxis steht privat wie professionell die Beziehungsqualität. Menschen sind aufeinander angewiesen und brauchen persönliche Beziehungen. Care stiftet damit individuelle Identität und schafft gemeinschaftlichen Zusammenhalt.“

Ihr Fazit: „Wir brauchen eine neue gesellschaftliche Kultur, in der die Sorge für sich und andere einen eigenständigen Stellenwert bekommt, unabhängig davon, ob eigene Kinder oder Eltern zu versorgen sind. Wir brauchen neue Wege der Bereitstellung, Anerkennung, Aufwertung und Bezahlung wie auch der gesellschaftlichen Organisation von Care-Arbeit auf lokaler, nationaler und transnationaler Ebene.“ Das ist vor 10 Jahren formuliert worden.

Morgen, am 1. März ist der ‚Equal Care Day‘. Dieser wird seit 2020 von dem gemeinnützigen Vereins klische*esc e.V. durchgeführt. Der Tag soll „kein Anlass für Blumen- und Pralinen-Geschenke, sondern eine Initiative sein, die den Druck kontinuierlich hochhält und dafür sorgt, dass das Thema ‘Equal Care’ nicht mehr aus der politischen Debatte verdrängt werden kann.“

Im Rahmen des ersten ‚Equal-Care-Day‘ am 29. Februar 2020 ist ebenfalls ein Manifest entstanden. Dort heißt es unter anderem:
„Wir alle sind in unserem Lebensverlauf auf die fürsorgliche Zuwendung und Versorgung anderer angewiesen: Das gilt für Neugeborene ebenso wie für Kinder im Vor- und Grundschulalter, aber auch als junge Erwachsene, als Berufstätige, bei Krankheit oder Behinderung und schließlich als ältere Menschen profitieren wir im Alltag immer wieder von der Care-Arbeit anderer; Gesundheit, Wohlbefinden, Lebensqualität und gesellschaftliches Miteinander hängen davon ab.

Diese Care-Arbeiten und die Mental Load werden vor allem von Frauen und Mädchen getragen – unbezahlt oder unterbezahlt. Dadurch bleibt ihnen weniger, manchmal gar keine Zeit für Erwerbsarbeit, zur Aus- und Fortbildung, und sie verfügen deshalb über weniger oder kein eigenes Einkommen. Weltweit übernehmen Frauen täglich mehr als 12 Milliarden Stunden unbezahlte Sorgearbeit. … Würden diese auch nur mit dem Mindestlohn bezahlt, würde … das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands um circa ein Drittel höher ausfallen, als in den bisherigen Gesamtrechnungen ausgewiesen wird. Aber private Care-Arbeit spielt für diese ökonomische Kennziffer, die als ‚Wohlstandsmaß’ einer Nation gilt, keine Rolle, dabei ist sie das Fundament jeglichen Wirtschaftens.“

Im weiteren Verlauf des Manifests geht es um die individuelle Verteilung der Care-Aufgaben, die Beseitigung des ‚Mental Load‘. Die Bundesregierung wird im letzten Abschnitt aufgefordert, passende gesetzliche Rahmenbedingungen herzustellen und „sich weltweit für die ideelle und finanzielle Anerkennung und eine faire Verteilung von Sorgearbeit stark zu machen.“

Diese Einengung der 2013 manifestierten umfassenden Care-Krise auf die traditionelle geschlechtsspezifische Arbeitsteilung wird von dem im Juli 2020 haben gegründeten zivilgesellschaftliche Bündnis „Sorgearbeit fair teilen“ noch weiter zugespitzt.

„Die ökonomischen und sozialen Folgen dieser traditionellen Arbeitsteilung sind schwerwiegend: Frauen gehen sehr viel häufiger Teilzeitbeschäftigungen nach und ihre Einkommen sind oft deutlich niedriger als die von Männern. Die beruflichen Entwicklungsperspektiven von Frauen sind entsprechend vielfach begrenzt und bei Trennung oder im Alter sind sie finanziell nicht ausreichend abgesichert. Männern fällt noch immer überwiegend die Rolle des Familienernährers zu. So fehlt ihnen neben der Erwerbstätigkeit oftmals die Zeit, Sorge- und Hausarbeit zu übernehmen. Diese Arbeitsteilung entspricht allerdings nicht mehr den Lebensvorstellungen vieler heterosexueller Paare. Viele Frauen und Männer wollen sowohl Sorgearbeit und Sorgeverantwortung übernehmen als auch den eigenen Lebensunterhalt verdienen können.“

Das Bündnis befindet sich in Trägerschaft des Deutschen Frauenrats und die Geschäftsstelle wird vom BMFSFJ finanziert. Das Ziel des Bündnisses ist es, „dass Geschlechterstereotype abgebaut und Rahmenbedingungen geschaffen werden, die allen Menschen die gleichen Verwirklichungschancen und die Vereinbarkeit von Sorge- und Erwerbsarbeit über den gesamten Lebensverlauf hinweg ermöglichen.“

Die Forderungen wie „Ausweitung der individuellen, nicht übertragbaren Elterngeldmonate auf mindestens vier Monate“ und „10 Tage Freistellung für Väter bzw. zweite Elternteile rund um die Geburt mit vollem Lohnersatz“ gehen zwar schon über die im aktuellen Koalitionsvertrag formulierten Vorhaben hinaus, sind aber allenfalls ein erster Schritt dahin, „Care-Bedarfe als grundlegende gesellschaftliche Aufgabe im Zusammenhang wahrzunehmen, statt Einzellösungen zu entwickeln“, wie es 2013 gefordert wurde.

Die Corona Pandemie hat die Schwächen der Care Systeme schonungslos offengelegt. Eine gesellschaftliche Kultur die Sorge für sich und andere einen angemessenen Stellenwert zuweist, ist dennoch nicht in Sicht. Im Gegenteil, vor dem Hintergrund, der durch den russischen Überfall provozierten Energiekrise und der Inflation wird zwar einerseits das Muster männlicher Vollzeittätigkeit als Haupthemmnis identifiziert, das Väter an mehr Familienarbeit hindert. Andererseits aber kommuniziert, dass Wirtschaft mehr ‚Bock auf (Erwerbs-) Arbeit‘ braucht und diejenigen, die Arbeitszeiten reduzieren möchten, mit dem Vorwurf konfrontiert, ‚Arbeit sei kein Ponyhof‘.

Care macht mehr Leben ins Männerleben. Aber dafür braucht es mehr strukturelle Veränderungen, vor allem auch bei den Arbeitszeiten. Ohne eine Reduzierung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich ist eine geschlechtergerechte Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit nicht möglich. Don’t fix the (Wo)Men!

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98,5 % meinen, Väter sind für die Entwicklung ihrer Kinder genauso so wichtig wie die Mütter …

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 17. Februar 2023

Unsere Kurzbefragung ist zwar nicht repräsentativ, gibt uns als LAG-Väterarbeit aber wichtige Anhaltspunkte, wie unsere Mitglieder und ‚Follower*innen auf den verschiedenen Kanälen ‚ticken‘, wo wir mit unserer Arbeit ansetzen können und welche Herausforderungen und Stolpersteine noch bewältigt bzw. aus dem Weg geräumt werden müssen. Vielen Dank, dass Sie sich auch diesmal beteiligt haben.

Insgesamt haben wir Ihnen diesmal 5 Fragen gestellt. Die erste ist identisch mit einer, die auch der kürzlich veröffentlichten Väterstudie der TU Braunschweig und der FH Kiel (VAPRO) gestellt wurde:

Wodurch zeichnet sich ein ‚guter Vater‘ aus? LAGV VAPRO
Zeit mit dem Kind zu verbringen 56,06 % 27 %
Dem Kind etwas beibringen 3,03% 12,1 %
Dem Kind Zuneigung zeigen 39,39% 59,5 %
Dem Kind (finanzielle) Sicherheit bieten 1,52 % 1,4 %

Bei den Ergebnissen zeigt sich, dass die klassische Vaterrolle des finanziellen Versorgers in beiden Befragungen keine Rolle mehr spielt. Zeit mit dem Kind zu verbringen, wird in unserer Befragung mit 56 % doppelt so häufig als Eigenschaft eines ‘Guten Vaters’ benannt., Zuneigung zeigen mit 40 % rund 20 % weniger als bei der VAPRO Befragung.

Bei der zweiten Frage ging es um die Einschätzung von folgenden Behauptungen:

  1. Für ein Kind ist es problematisch, wenn der Vater die Erziehung allein der Mutter überlässt
  2. Väter sollten für ihre Kinder beruflich ‚kürzertreten‘
  3. Es liegt nicht in der ‚Natur des Mannes‘, Hausmann zu sein
  4. Ein Mann muss seine Familie ernähren können
  5. Der Vater sollte sich genauso stark an der Kindererziehung beteiligen wie die Mutter

Bei den Antworten zeigt sich eine große Zustimmung zu der aktiven Beteiligung von Vätern an der Erziehung ihrer Kinder. Sichtbar werden aber hier teilweise noch die Widersprüche bei den Erwartungen und Zuschreibungen bezüglich der ‚Ernährerrolle‘.

Der Behauptung, Väter sollten für ihre Kinder beruflich ‚kürzertreten‘ stimmen lediglich gut 40% zu.

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Die wichtigste Nebenrolle eines Mannes

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 31. Januar 2023

Väter in der Geburtshilfe

Bei einer Geburt stehen die werdende Mutter und das Kind im Zentrum des Geschehens. Das ist unbestritten. Ebenso unzweifelhaft ist jedoch, dass zu diesem Zeitpunkt, vor und in den ersten Wochen nach der Geburt, die Weichen für die zukünftige Arbeitsteilung in der Familie gestellt werden.
Die überwiegende Mehrheit der jungen Männer und Frauen wünschen sich eine partnerschaftliche Aufteilung von bezahlter Erwerbs- und nicht bezahlter Familienarbeit. In der Realität passiert aber das Gegenteil. Die werdenden Eltern kommen als fortschrittliches Paar in die Geburtsklinik und verlassen den Kreißsaal mit einer Rollenaufteilung, die eher der ihrer Großeltern ähnelt als den eigenen Vorstellungen.

Hans-Georg Nelles zeigt in diesem Beitrag auf, was das mit den Strukturen der Geburtshilfe zu tun haben könnte.

Gute Vorbereitung wäre angebracht

Die Entscheidung Vater zu werden, ist heute in den meisten Fällen eine bewusste, auch wenn der Zeitpunkt nicht genau festgelegt werden kann und von vielen Männern und Frauen weit in die 30er Jahre hinausgeschoben wird, das heißt Mütter und Väter mit einer Hochschulausbildung erst im Alter von 35 Jahren Eltern werden. Berufliche Entwicklung und materielle Absicherung sind wichtig und die ‚richtige‘ Partner*in muss ja auch noch gefunden werden.

In Anbetracht dieser Vorlaufzeit ist es verwunderlich, dass der Vorbereitung auf das Vaterwerden und -sein so wenig Bedeutung zugemessen wird. Sobald eine Frau schwanger wird, greift ein engmaschiges Netz von Schutzvorschriften im beruflichen Umfeld und Angebote zur Geburtsvorbereitung sind selbstverständlich und werden von Krankenkassen finanziert.

Bei den werdenden Vätern sucht Mann vergleichbares vergeblich. Viele Arbeitgebende erfahren erst bei der Änderung von steuerlichen Eckdaten, dass jemand Vater geworden ist und da Kinder zunehmend außerhalb einer Ehe geboren werden noch nicht einmal dadurch.

Auch die Angebote für Väter, sich auf die Geburt ihres Kindes vorzubereiten, sind eher die Ausnahme. Gewiss, Mann kann gemeinsam mit seiner Partner*in zum ‚Hechelkurs‘ gehen und erhält wertvolle Infos zu medizinischen Abläufen und dem Geburtsgeschehen, aber die eigenen Gedanken und Befürchtungen zur Sprache bringen und sich mit anderen Vätern auszutauschen ist in diesem Rahmen nicht möglich.

In dem Beitrag ‚Was bringen Geburtsvorbereitungskurse für Männer‘[ii] werden bundesweit 18 Angebote gelistet. Selbst wenn sich die Angebote in den vergangenen 6 Jahren verdreifacht hätten, wären es immer noch Ausnahmeerscheinungen. (Werdende) Väter brauchen ein flächendeckendes Angebot, das von Krankenkassen finanziert wird.

He for She?

Auf der Grundlage internationaler Forschungsergebnisse, die die Zusammenhänge zwischen dem Verhalten, den Erfahrungen, Einstellungen und Merkmalen von werdenden und neuen Vätern und der Gesundheit und Wohlbefinden von Mutter und Kind aufzeigen, hat die Weltgesundheits-organisation (WHO) eine der zehn Empfehlungen zu Maßnahmen der Gesundheitsförderung von Müttern und Neugeborenen zur Einbeziehung von Vätern formuliert.[iii]

Die WHO empfiehlt, die Beteiligung von Männern während der Schwangerschaft, der Geburt und nach der Geburt zu fördern, um die Selbstsorge von Frauen und die häuslichen Pflegepraktiken für Frauen und Neugeborene zu verbessern, den Einsatz qualifizierter Vorsorge für Frauen und Neugeborene während der Schwangerschaft, der Entbindung sowie in der postnatalen Periode zu erleichtern.

Das ist gut und wichtig, beschreibt die Rolle der Väter und ihre Kompetenzen insbesondere mit Blick auf die Vater-Kind-Bindung aber nur unzureichend.

Da fehlt doch einer

‚Mutter, Kind und Hebamme bzw. Ärzt*in‘ mit dieser Triade wird das Geburtsgeschehen beschrieben. Das die werdende Mutter und das Kind im Mittelpunkt der Betrachtung und des Geburtsgeschehens stehen, ist selbstverständlich, aber ohne den Vater ist das System unvollständig.

Diese ‚Ausgrenzung‘ setzt sich vielfach in der nachgeburtlichen Betreuung fort:

„Deutlich wird, dass Familienhebammen weniger Familie im Sinne der Konzeption, sondern vielmehr spezifische Formen von Mutterschaft herstellen, die sich als „Mother in the Making“ also als unfertige Mutterschaften beschreiben lassen und die durch die Familienhebamme in ihrer Mutterwerdung unterstützt werden. Familie wird so zu einer weiblichen Sorgebeziehung, die sich sowohl über Mutterschaft als auch über Großmutterschaft nachzeichnen lässt: Familienhebammen werden zu Mütterhebammen.“[iv]

Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, wenn Paare, die mit der Vorstellung einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung in den Kreißsaal gehen, diesen mit traditionellen Rollenzuschreibungen wieder verlassen.

Eine gute Vorbereitung auf diese Situation und der Austausch unter Väter kann dazu beitragen, die Wirkungen dieser ‚Ernährerfalle‘ zu minimieren.

Weder Assistent noch Beifahrer

In dem 2016 auf 136 Seiten ausformuliertem ‚Nationalen Gesundheitsziel Gesunde Geburt‘[v] wird die Einbeziehung von Vätern an verschiedenen Stellen erwähnt. Unter anderem heißt es dort ‚Väter bzw. Partnerinnen und Partner sollen dazu ermutigt werden, sich von Anfang an in der Babyversorgung zu engagieren und einen eigenen positiven Stil im Umgang mit dem Neugeborenen zu finden‘.

Obwohl also Alles dafürspricht, (werdende) Väter rechtzeitig einzubeziehen und als aktive Subjekte im Geburtsgeschehen zu betrachten, werden sie hierzulande häufig immer noch als ‚Assistenten‘ oder ‚Beifahrer‘ betrachtet.

Die Rolle, die sie während der Geburt wahrnehmen können, ist für ihre Partnerin da zu sein, den neuen Lebensabschnitt gemeinsam zu beginnen und von Anfang an als Vater präsent zu sein. Dabei erleben sie sich vielfach in einer völlig ungewohnten Situation: Sie haben keine Kontrolle über das Geschehen und die Mächtigkeit der Gefühle führt sie vielfach nicht nur emotional an ihre Grenzen, sondern manchmal sogar darüber hinaus. Das Vertrauen in die Kompetenzen des geburtshilflichen Teams und ihr Wissen um die natürlichen Abläufe sind in diesen Momenten gute Stützen.

Außerdem unterstützen Väter, auch wenn sie nicht aktiv werden, ihre Frauen bei der Geburt und haben eine wichtige ‚Bodyguard‘ Funktion im Hinblick auf Gewalt und Respektlosigkeit.

Bedeutung zuschreiben und erfahrbar machen

Väter sind wichtig, und zwar von Anfang an. Und zwar von dem Moment an, an dem ein Paar Eltern werden möchte. Die partnerschaftliche Zuwendung der Väter während der Schwangerschaft einerseits und die Zuschreibung väterlicher Bedeutung und Kompetenzen andererseits, lange vor der Geburt, sind mitentscheidend für väterliches Engagement.

Wenn Väter diese Bedeutung dann während der Geburt und unmittelbar danach gerade auch im Kontakt mit ihrem Kind erfahren können, sind weitere wichtige Weichenstellungen erfolgt.

Wie Väter auf diese Situation vorbereitet werden können und welche Rolle die verschiedenen Professionen dabei spielen, ist schon 2014 in einer von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung veröffentlichten Broschüre[vi] benannt worden.

Ein entscheidender Faktor dabei ist die Haltung des geburtshilflichen Teams gegenüber der Rolle sowie der aktiven Einbeziehung von Vätern. Ihre gute Vorbereitung auf die Geburt kommt auch der werdenden Mutter zugute. Studien zeigen, dass Väter, die ihre Rolle während der Geburt kennen und verstehen, was dort geschieht, selbst besser vor übermäßigem Stress geschützt sind und seltener Gefahr laufen, den Ablauf der Geburt negativ zu beeinflussen. Das gilt insbesondere in den Momenten, in dem es mal nicht „nach Plan läuft“, was aber auch völlig normal ist.

… und zum Schluss noch passende Rahmenbedingungen

Als Vision und Wunsch abschließend formuliert: um werdenden und gewordenen Väter und Müttern die Verwirklichung ihres Wunsches nach einer gleichberechtigten Aufgabenteilung zu ermöglichen braucht es, neben den äußeren, passenden Rahmenbedingungen wie der Vaterschaftsfreistellung[vii], ein Angebot sich vor und nach der Geburt mit den oben genannten Themen auseinanderzusetzen. Und zwar an den Orten und zu den Anlässen, die Väter und Mütter sowieso gemeinsam oder getrennt aufsuchen und nutzen. Die Geburtsvorbereitung gehört in jedem Fall dazu. Es braucht aber neben den Hebammen weitere (männliche) Akteure und Angebote für Väter, vor allem für die Zeit nach der Geburt.

Damit dies Wirklichkeit werden kann, kommt es aber auch darauf an, (werdende) Väter so zu empowern, dass sie ihre Bedürfnisse artikulieren und entsprechende Angebote einfordern.

[ii] https://www.menshealth.de/dad/partner-family/das-bringen-geburtsvorbereitungskurse-fuer-maenner/

[iii] https://www.who.int/news/item/15-02-2018-making-childbirth-a-positive-experience

[iv] https://link.springer.com/article/10.1007/s12592-017-0268-z

[v] https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/publikationen/nationales-gesundheitsziel-gesundheit-rund-um-die-geburt-727604

[vi] https://publikationen.sexualaufklaerung.de/themen/geburt/vaeter-auf-die-geburt-vorbereiten/

[vii] https://www.openpetition.de/petition/online/10-tage-vaterschaftsfreistellung-zur-geburt-fuer-einen-gemeinsamen-start-jetzt-2

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… sie kommt, sie kommt nicht, sie kommt doch: die Vaterschaftsfreistellung

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 13. Januar 2023

Eine 14-tägige Vater- bzw. Partner*schaftsfreistellung ist Bestandteil der 2019 verabschiedeten Vereinbarkeitsrichtlinie der EU, stand bei allen Ampelparteien in den Wahlprogrammen und ist Bestandteil des Koalitionsvertrags. Das in der EU-Richtlinie verbindlich festgelegte Datum für die Umsetzung war August 2022. Dies hat die Bundesfamilienministerin Lisa Paus verstreichen lassen. Ende November erklärte sie: Die zweiwöchige Freistellung nach der Geburt komme nicht mehr in diesem Jahr, aber 2024. Die wirtschaftliche Lage sei derzeit schwierig, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen. „Deshalb möchte ich dieses wichtige Vorhaben im nächsten Jahr aufs Gleis setzen.“

Anfang Januar ist zu lesen, die Familienministerin rechne mit Blick auf die Einführung einer zweiwöchigen, bezahlten Väterauszeit mit Akzeptanz aufseiten der Arbeitgeber. „Ich gehe davon aus, dass die Partnerfreistellung von den Unternehmen angenommen wird“, sagte Paus der Deutschen Presse-Agentur. Die Unternehmen würden sich jetzt schon „große Gedanken“ um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf machen – gerade auch „in einer Zeit des Fachkräftemangels.“

Diese Erwartung hat sie auch vor dem Hintergrund einer vom BMFSJ in Auftrag gegebenen und kurz vor Weihnachten veröffentlichten Studie geäußert. Dort heißt es unter anderem: Für Väter ist eine gelingende Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein sehr wichtiges Anliegen. Deutlich wird das durch die Bereitschaft der Väter, ihre Arbeitsstelle zu wechseln. Rund 450.000 Väter in Deutschland haben schon einmal den Arbeitgeber zugunsten einer besseren Vereinbarkeit gewechselt. Und mehr als 1,7 Millionen Väter denken darüber häufig oder zumindest manchmal nach. Diese hohe Wechselbereitschaft ist gerade in den aktuellen Zeiten des Fachkräftemangels ein großes Unternehmensrisiko.

Da müssten doch eigentlich bei Unternehmen die Alarmglocken läuten und die Vaterschaftsfreistellung, schon vorab auf freiwilliger Basis als Instrument zur Steigerung der Arbeitgeber*attraktivität, ein Mittel der Wahl sein. Aber denkste …

Quasi als Antwort auf die Äußerungen der Ministerin gegenüber dpa veröffentlicht die FAZ einen Kommentar von Heike Göbel in dem sie das Engagement von Vätern als ‚Freizeit‘ diffamiert. „Paus beruft sich auf eine EU-Vorgabe, doch diese würde Deutschland mit seinen ohnehin reichlichen Urlaubs- und Freistellungsregeln so wieder mal übererfüllen. Die Kritik der Wirtschaft perlt an Paus ab. Sie gehe davon aus, dass die „Partnerfreistellung von den Unternehmen angenommen werde“, ließ sie jetzt wissen. Zynischer geht es kaum.

Und wer gedacht hat, diese Missachtung von Vätern und Müttern lasse sich nicht steigern wird von Anke Heinrich eines Besseren belehrt. In ihrem Beitrag für ‚Markt und Mittelstand‘ schreibt sie drei Tage später: „Stellen Sie sich vor, man gibt der Bundesfamilienministerin eine Aufgabe: Deutschlands Betrieben acht Millionen Arbeitstage im Wert von 1,8 Milliarden Euro zu stehlen, Jahr für Jahr. Und zwar ohne, dass es irgendetwas bringt. Im Gegenteil, es soll sogar mehr Schaden als Nutzen anrichten als nutzen. Das klingt schwierig? Nicht für Lisa Paus. Wer wie die Grüne 22 Semester studiert hat, um danach direkt Berufspolitikerin zu werden, dem fällt das schon etwas ein: Jeder Vater soll nach der Geburt zwei Wochen Extra-Urlaub bekommen – natürlich bezahlt vom Unternehmen.“

Sie verpackt ihre menschenverachtende Polemik geschickt in Fragen, die zweite lautet: „Helfen die Väterwochen der Gesellschaft, familienfreundlicher zu werden? In der Antwort wird jetzt gegen Väter ‚gekeilt‘: „Nein, denn wenn ein Vater keine zehn Urlaubstage mehr übrig hat für die Phase nach der Geburt seines Kindes, wird er auch mit zehn zusätzlichen Tagen wohl eher eine Kegeltour zum Ballermann unternehmen, als seiner Frau zu helfen.“

Unternehmen und ihre vermeintlichen Helfer*innen, die auf einem derartigen Niveau polemisieren ist eigentlich nicht zu helfen. Norbert Walter, der ehemalige ‚Chefvolkswirt’ der Deutschen Bank, hat dazu beim ersten Netzwerktreffen des Unternehmensnetzwerks ‚Erfolgsfaktor Familie’ am 1. April 2008 in seiner Keynote zum Thema nachhaltige Familienpolitik in Unternehmen unter anderem angeregt, nicht ständig im Gegenwind zu arbeiten und zu predigen, sondern den Unternehmen, die der Überzeugung sind, Familienfreundlichkeit rechne sich nicht einen glücklichen Untergang zu wünschen. ‚Wir brauchen ja schließlich auch Verlierer im Wettbewerb’. Das gilt heute mehr als vor 15 Jahren.

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Engagement von Vätern – Die Pandemie hat den kulturellen Wandel beschleunigt

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 27. Dezember 2022

… good News at the turn of the year

‚Experten zufolge könnte die Pandemie zu einer tiefgreifenden Veränderung der Väterrolle führen‘ lautete eine Vermutung, die in einem Beitrag des Guardian über die Auswirkungen der ersten sechs Monate der Corona Pandemie geäußert wurde. Die Zahl der Stunden, die Männer mit ihren Kindern verbringen, ist in diesem Zeitraum sprunghaft angestiegen und könnte zu einer dauerhaften Neubewertung des Wertes der Vaterschaft und zu einer Veränderung der Arbeitsmuster führen.

„Das Jahr 2020 hat das Bild der Gesellschaft von der Vaterschaft verändert und könnte nach Ansicht von Forschern, Wirtschaftsführern und Aktivisten den tiefgreifendsten Wandel bei den Betreuungsaufgaben seit dem Zweiten Weltkrieg bewirken.“

Führungskräfte haben aus erster Hand erfahren, was es bedeutet, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, und dass beide Elternteile dazu in der Lage sein müssen, wird Ann Francke, Geschäftsführerin des Chartered Management Institute, in dem Beitrag zitiert, und „Väter sind von entscheidender Bedeutung, um die Gleichstellung von Müttern voranzubringen, ohne Fortschritte für Väter zu Hause kann es keine Fortschritte für Mütter am Arbeitsplatz geben, das sind zwei Seiten derselben Medaille.

Drei Monate später wurde erneut die Frage aufgeworfen, ob die Erfahrungen, die Väter während des Lockdowns gemacht haben, zu einer dauerhaften Veränderung führen könnten. In dem Artikel kommt auch Michael Lamb, Psychologieprofessor in Cambridge und Autor mehrerer wissenschaftlicher Texte über Vaterschaft und die Aufteilung der elterlichen Arbeit zu Wort:

„… die Erfahrungen der Väter werden sehr unterschiedlich sein, denn einige haben die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, andere nicht, und wieder andere haben ihren Arbeitsplatz vielleicht ganz verloren. „Dennoch sehen wir jetzt, dass viele Männer sich engagieren und erkannt haben, dass es ziemlich schwierig ist, gleichzeitig ein Haus zu führen, ein guter Vater zu sein und den beruflichen Anforderungen gerecht zu werden.”

Lamb sieht dies als große Chance: „Für viele Väter wird dieses Jahr eine Chance gewesen sein, Beziehungen aufzubauen, die tiefer und breiter sind, als es sonst der Fall gewesen wäre. Es wird Väter geben, die einige der Freuden und Vorteile der Vaterschaft auf eine Art und Weise erkennen, wie es ihnen in der Vergangenheit nicht möglich war.”

Ende Dezember, also knapp drei Jahre nach dem Beginn der Pandemie liegen nun Zahlen vor, die nahelegen, dass die Pandemie tatsächlich als „Katalysator für Veränderungen“ gewirkt hat:
Die Covid-Beschränkungen waren ein außerordentlicher Katalysator für Veränderungen im Leben der berufstätigen Väter, sagte Adrienne Burgess, Mitgeschäftsführerin des Fatherhood Institute. Ihre Analyse zeigt, dass die Zeit, die alle Väter in Großbritannien mit der Betreuung ihrer Kinder verbringen, seit 2015 um fast ein Fünftel (18 %) gestiegen ist, von durchschnittlich 47 Minuten pro Tag auf 55 im Jahr 2022.

„Mütter arbeiten mehr und Väter übernehmen mehr Kinderbetreuung und Hausarbeit. Wenn es darum geht, wie wir die Gleichstellung der Geschlechter messen, haben sich in diesen beiden Bereichen gewaltige Verschiebungen ergeben”, sagte Burgess.

Die Pandemie scheint auch Auswirkungen auf die Betreuungsarbeit von berufstätigen Vätern zu haben. In den Jahren 2014-15 verbrachten Mütter in Großbritannien 86 % mehr Zeit mit der Betreuung von Kindern als Männer, was im Zeitraum März-April 2020 auf 13 % zurückging.

Seitdem hat sich die Kluft zwar vergrößert, ist aber immer noch geringer als zuvor. Im März 2022 verbrachten Mütter 53 % mehr Zeit mit der Betreuung ihrer Kinder als Männer – ein Rückgang der Betreuungslücke um 33 Prozentpunkte.

Vielleicht handelt es sich um eine Momentaufnahme, aber immer mehr Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit tatsächlich verändert: Mütter arbeiten mehr und Väter kümmern sich mehr. Das wirkt nachhaltig jüngste Forschungen über die Einstellung zur Geschlechterrolle legen nahe, dass diese ‚neuen Väter‘ ein „exponentielles Wachstum der Geschlechtergleichheit über Generationen hinweg” bewirken können.

Diese Beschreibung und die Zahlen beziehen sich auf Großbritannien, ich bin aber der Überzeugung, dass die Effekte, die Michael Lamb beschrieben hat, auch auf Väter in Deutschland und andere Ländern übertragen lassen.

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Mehr Schein als Sein …

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 23. Dezember 2022

Wie väterfreundlich ist die deutsche Wirtschaft wirklich?

Dieser Frage ist die Prognos AG im Rahmen einer Studie für das „Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ der DIHK Service GmbH Familie“ nachgegangen. Dazu wurden im Sommer 2022 zwei repräsentative Befragungen durchgeführt und einander gegenübergestellt:

  • eine Telefonbefragung unter 600 Personalverantwortlichen/Geschäftsführungen von Unternehmen in Deutschland
  • eine Online- bzw. Telefonbefragung unter 1.000 Vätern, die in Betrieben mit mindestens 10 Beschäftigten arbeiten und minderjährige Kinder haben

Im Fazit heißt es unter anderem:

Die Väterfreundlichkeit der deutschen Wirtschaft ist ausbaufähig und Unternehmen in Deutschland überschätzen ihre Väterfreundlichkeit. Väter bewerten die Väterfreundlichkeit deutlich verhaltener als Geschäftsführungen und Personalverantwortliche. Die Unternehmen wurden in der Untersuchung in vier Kategorien eingeteilt: Vorreiterunternehmen bei der Väterfreundlichkeit machen 27 Prozent aus. Ein breites Mittelfeld hat unterschiedliche Herausforderungen und Potenziale; 15 Prozent der Unternehmen in Deutschland haben als Nachzügler deutlichen Nachholbedarf auf dem Weg zur Väterfreundlichkeit.

Auf dem Weg zu mehr Väterfreundlichkeit kommt es insbesondere auf die Führungskräfte an. Väterfreundlichkeit umfasst verschiedene Facetten. Diese sind unterschiedlich weit entwickelt. Es mangelt weniger an vereinbarkeitsfördernden Personalmaßnahmen. Vielmehr sind Information und Kommunikation sowie die Unternehmenskultur stärker als bisher auf die Väter auszurichten. Dabei haben die Führungskräfte eine Schlüsselfunktion, da sie die Kultur prägen, als Vorbilder fungieren und ganz konkret über Vereinbarkeitsbedingungen von Vätern entscheiden können.

Verbesserungen, die mit der Corona-Pandemie einhergingen, wirken nachhaltig. Die betriebliche Unterstützung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf während der Corona-Pandemie erweist sich im Zeitverlauf in vielen Unternehmen als nachhaltig. Dabei ist besonders positiv, dass nicht nur Personalmaßnahmen – und hier insbesondere Homeoffice/mobiles Arbeiten – ausgeweitet wurden. Auch die Akzeptanz für Väter, die diese Maßnahmen nutzen, und der Dialog über die Vereinbarkeitsbedürfnisse der Väter haben sich zum Teil langfristig verbessert.

Väterfreundlichkeit sichert die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen. Die Unternehmen haben die Bedeutung des betrieblichen Familienbewusstseins für ihre Arbeitgeberattraktivität erkannt. Sie sind jedoch gut beraten, nicht beim erreichten Status stehen zu bleiben. Um ihre Zukunftsfähigkeit mit Blick auf den gesellschaftlichen und demografischen Wandel zu sichern und um Wettbewerbsvorteile auf dem Arbeitsmarkt realisieren zu können, sollten sich die Unternehmen in Deutschland engagiert auf den Weg machen, die betriebliche Väterfreundlichkeit zu stärken.
In diesem Kontext weist die Studie auch auf die hohe Bereitschaft von Vätern, ihren Arbeitgebenden zu wechseln hin.

Was die ‚Freundlichkeit‘ betrifft gibt es noch Entwicklungspotenziale hin zu einem Bewusstsein. Das Bewusstsein über die Bedeutung von Vätern für die Entwicklung ihrer Kinder, eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Carearbeiten und vor allem darüber, dass es die neue Vätergeneration ernst mein mit dem Vatersein und tatsächlich Erwerbsarbeitszeiten reduzieren möchte bzw. sich erst gar nicht auf in Vollzeit ausgeschriebene Stellen bewirbt.

Das sind Entwicklungen, die auch durch unzulängliche gesetzliche Rahmenbedingungen bei der Elternzeit oder einer Verschiebung der ‚Vaterschaftsfreistellung‘ nicht aufgehalten werden können. Eine ‚Zumutung für die Wirtschaft‘ ergibt sich höchstens daraus, dass sie die Signale, auch aus dieser Studie nicht ernst nehmen und weiter so tun, als stünden Väter zeitlich unbegrenzt als Erwerbsarbeitskräfte zur Verfügung.

Die Studie können Sie hier herunterladen.

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Das Wichtigste ist die eigene Haltung zum Vatersein

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 19. Dezember 2022

‚Vatersein‘ lautet der Titel des dritten Buchs von Tillmann Prüfer, dessen Kolumne ‚Prüfers Töchter‘ seit vier Jahren wöchentlich im ZEITmagazin zu lesen ist. Im Untertitel heißt es dann appellativ ‚Warum wir mehr denn je neue Väter brauchen‘. Also noch ein weiteres Buch, dass Vätern den Widerspruch zwischen Wollen und Handeln aufzeigt?
Die Antwort lautet Ja und Nein. Prüfer nimmt die Messlatte ‚Bedeutung der Väter für die Entwicklung ihrer Kinder‘ und konfrontiert die Leser*innen mit den daraus folgenden Ansprüchen und der oft lauen Performance von Vätern. Auf der anderen Seite beleuchtet er aber auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, Erwartungen und Zuschreibungen an Väter und die damit verbundenen Ambivalenzen, die noch allzu oft zugunsten des Ernährer Mannes aufgelöst werden. Dabei bleiben die Ansprüche ans gute Vatersein, auf jeden Fall besser als der eigene Vater, auf der Strecke.

Authentisch wirken die von Tillmann Prüfer formulierten Ansprüche vor allem dadurch, dass er in einem Erzählstrang seine eigene Auseinandersetzung mit dem Vater werden und sein reflektiert. Dazu gehört auch das Scheitern der ersten Beziehung. In einem Doppelinterview in der aktuellen Ausgabe des STERN, mit ihm und seinem Vater, äußert dieser auf die erste Frage, „Herr Prüfer, ist Ihr Sohn Tillmann ein guter Vater?“ „Er gibt sich die größte Mühe, und ich denke, er macht es sehr gut.“
Dazu, was einen guten Vater ausmacht, schreibt der Sohn an verschiedenen Stellen seines knapp 200 Seiten umfassenden Buches, aber zunächst einmal ein kurzer Blick in das Werk.

Im ersten Abschnitt skizziert der Autor die Entstehung und Geschichte der existierenden Väterbilder und wirbt dafür, den Feminismus als Chance für Väter zu betrachten, denn die patriarchale Gesellschaft bringe keineswegs allen Männern in gleicher Weise Vorteile. Es gehe nicht darum von außen auf sich zu blicken, in Wettbewerb mit anderen zu treten, um im Benchmarking gut dazustehen und dieses Konkurrenzdenken auf das Vatersein zu übertragen. „Es gibt nur eine Person auf der Welt, die einem beibringen kann, wie gutes Vatersein geht: das eigene Kind.“ Auf der anderen Seite ist die Rolle, „die man als Vater für sein Kind spielt, die wichtigste, die man je im Leben spielen wird.“ Und ein Vater der einfühlsam und interessiert ist, hilft seinen Kindern am meisten.

Im zweiten Abschnitt beschreibt Prüfer die Hindernisse, die einem glücklichen Vatersein im Weg stehen. Da sind zunächst einmal die Widersprüche und Ambivalenzen zwischen den Sphären Beruf und Familie, die auf den ersten Blick dazu (ver-)führen, es keinem Recht machen zu können. „Es scheint klar, dass man etwas anderes machen möchte als früher, machen muss. Doch die Orientierung fällt schwer. Es gibt so viele Ansprüche an den sogenannten neuen Vater, dass es unmöglich ist, allem gerecht zu werden.“ Zumal es Vätern immer noch an Vorbildern mangelt.

Den Vätern gut zuzureden, mehr Interesse für die Kinder zu zeigen und ihre Wünsche, mehr Zeit mit ihnen zu verbringen einfach zu verwirklichen, genügt nach Ansicht von Prüfer nicht. Dazu braucht es „eine Anstrengung beider Partner – und der ganzen Gesellschaft.“ Zu wissen, dass die Rollenzuschreibung guter Vater = guter Ernährer nichts ist, was schon immer so war ist hilfreich. „Wir sind es geworden. Und genauso können wir auch etwas Neues werden. Wenn wir es denn wagen.“ Dazu ermutigt Prüfer Väter, auch in Gesprächen über sein Buch wie hier zum Beispiel in der ZDF Sendung ‚Hier und heute‘: „… reden Sie mal mit anderen Männern darüber. Männer reden mit anderen Männern kaum über diese Themen, das ist Ihnen irgendwie … da fühlen sie sich schwach, da sind sie unsicher. Sie reden über Alles andere, aber nicht über die Dinge, die sie auch seelisch verletzen und bedrücken oder unsicher machen und ich glaube, wenn sich Väter nur einigermaßen so vernetzt hätten, wie das Frauen schon lange machen und sich Hilfe holen, dann würde sich viel ändern.“

Im Buch bietet er Vätern im dritten Teil einen ‚Werkzeugkasten für den modernen Vater an‘. Darin befinden sich 12 Werkzeuge und ein ‚Universalschlüssel‘. Die einzelnen Werkzeuge reichen von ‚Mach dir einen Plan‘, ‚Lerne vom Kind‘ über ‚Trau dich zu fühlen‘ bis hin zu ‚Mach Fehler und steh dazu!‘ und ‚Beschütz dein Kind und lass es los‘.

Zu jedem Werkzeug gibt es ausführliche Anwendungsbeschreibungen, die durch wissenschaftliche Anmerkungen und Zitate unterlegt sind. Beim ‚Werkzeug 9: Rede und hör zu‘ erfährt man, dass Kinder neue Wörter eher von Vätern lernen als von Müttern. Da Väter weniger Zeit mit Kindern verbringen, müssten sie erst einmal lernen, sich mit den Kindern zu verständigen. Auf dem Weg dahin lernen auch Kinder eine Menge.
Das Universalwerkzeug beinhaltet die Aufforderung an Väter ‚Mach was!‘, „denn die Vatererfahrung findet nicht nur durch Wörter statt, sondern vor Allem durch Taten. Taten kann man fühlen, hören, riechen, sehen.“

Im vierten und letzten Teil des Buches zeichnet Prüfer anhand der Entwicklungsstufen einer jeden Vaterschaft ‚Jeder Vater fängt ganz klein an: Kleinkindpapa‘ bis zum leeren Nest ‚Tschüss Alter! Wenn die Kinder ihre Väter nicht mehr so sehr brauchen‘ die Möglichkeiten auf, als Vater mitzuwachsen.
„All diese Konfrontationen, die kleinen Katastrophen, die ständigen Herausforderungen und Niederlagen, im Wechsel mit minimalen Erfolgen, die machen etwas mit Vätern. Wer Vater wird, der verändert sich.“

Eingestreut in diesen Lebensreigen ist das Kapitel ‚Kein neuer Vater ohne eine neue Mutter‘. Seine These: Es wird „keinen neuen Vater geben, wenn die Partnerin ihm keinen Raum gibt, diese Rolle auszufüllen. Der Autor setzt sich mit dem Phänomen des ‚Maternal Gatekeeping‘ auseinander und geht dabei auch auf den Shitstorm ein, den der Spiegel-Beitrag ‚Papa kann das schon alleine! Was moderne Väter hinkriegen – wenn Mütter sie lassen‘ im Sommer 2021 ausgelöst hat. In der Spiegelrezension schreibt Tobias Becker dazu „Prüfer gelingt das Kunststück, über sogenanntes Maternal Gatekeeping zu schreiben, ohne die Väter aus der Pflicht zu entlassen“ und macht deutlich, dass er immer noch nicht verstehen will, das mit der Beschreibung von ‚Maternal Gatekeeping‘ keine Schuldzuschreibungen verbunden sind, sondern Verhaltensweisen in einem komplexen System analysiert werden.

Im allerletzten Kapitel spricht Tillmann Prüfer noch einmal eine Ermutigung aus ‚Trau dich Papa!‘ und weist darauf hin, dass die gesellschaftliche Wahrnehmung der Vaterrolle offensichtlich problematischer ist als die tatsächlich empfundene Nähe von Kindern zu ihren Vätern. „Wahrscheinlich haben wir heute die besten und um ihre Kinder am meisten besorgten Väter, die es jemals in der Geschichte westlicher Länder gegeben hat.“ Aber das ist vor allem auch eine Frage der (Selbst-)Wahrnehmung. „Wenn ich jemand sein kann, an den die Kinder glauben, obwohl ihnen gerade der Glaube an etwas fehlt. Dann werde ich ein guter Vater sein“ lautet der vorletzte Satz in dem Buch. Ich denke, es reicht, wie Heinz Walter vor 15 Jahren in dem Sammelband ‚Vater wer bist du?‘ beschrieben hat, ein ‚hinreichend guter Vater‘ zu sein. Aber das entscheiden ja die Kinder und die haben andere Maßstäbe als die Väter selber und das Feuilleton.

Ich kann den Band von Tillmann Prüfer, jedem empfehlen, der sich mit den Herausforderungen mit denen Väter und Mütter, die es anders mache möchten als es bislang ‚normal‘ ist, konfrontiert sind, auseinandersetzen möchten. Sie werden dabei en passant auch mit spannenden Erkenntnisse der Väterforschung belohnt.

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‚Liebe Väter, die Elternzeit schadet eurer Karriere (langfristig) gar nicht.‘

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 15. Dezember 2022

Die Aufteilung der Betreuungsarbeit macht trotz Elterngeld lediglich langsame Fortschritte. Nur jeder zehnte Vater nimmt mehr als zwei Monate Elternzeit in Anspruch. Das zeigt eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BIB)   für den Zeitraum von 2009 bis 2019.

Der Auswertung zufolge leisten Mütter immer noch den Großteil der Kinderbetreuung. »Über die ersten Lebensmonate des Kindes hinaus sind seit Einführung des Elterngeldes kaum weitere Fortschritte bei der Aufteilung der Familienarbeit zu erkennen«, sagte Mathias Huebener, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim BIB.

Ebenso unverändert ist allerdings auch die Verteilung der Erwerbsarbeitszeiten. Väter von kleinen Kindern leisten hier durchschnittlich 44 Stunden pro Woche, Mütter deutlich weniger als 20 Stunden.

Bei der am 14. Dezember veröffentlichten Studie über die Langzeitwirkungen des Elterngeldes für Väter standen folgende Fragen im Mittelpunkt:

  • Wie hat sich die Nutzung des Elterngelds im Zeitverlauf geändert, und
  • wie partnerschaftlich wird der Bezug aufgeteilt?
  • Wie hat das die Aufteilung der Sorge- und Hausarbeit verändert? Und schließlich:
  • Wie haben sich Karriereverläufe von Eltern nach der Elternzeit entwickelt?

Die Ergebnisse: Für die Beteiligung der Väter macht es keinen Unterschied, ob sie keine oder nur eine sehr kurze Elternzeit genommen haben. In beiden Konstellationen wenden sie durchschnittlich nur etwa zweieinhalb Stunden für die Kinderbetreuung und knapp eine Stunde für die Hausarbeit auf. Dieser Umfang habe sich über die Zeit nicht verändert.
Eine „weniger ungleiche“ Arbeitsteilung lässt sich bei Paaren beobachten, in denen Väter mindestens drei Monate Elternzeit genommen haben. Zwar ist auch hier der Zeitaufwand der Mütter größer, allerdings beteiligen sich die Väter deutlich stärker, insbesondere bei der Kinderbetreuung.

Die Karriereverläufe wurden anhand des ‚Berufsprestiges‘ gemessen, dabei zeigte sich, dass Mütter unabhängig von der Länge der Elternzeit drei Jahre nach dem Wiedereinstieg in den Beruf Rückgänge im Berufsprestige verzeichnen im Vergleich zur Zeit vor der Geburt. Bei Vätern ist es genau umgekehrt: Sie gewannen an Berufsprestige, besonders jene mit einer längeren Elternzeit.

Und auch zu den Gründen, warum Väter überwiegend die für sie vorgesehenen zwei Partnermonate in Anspruch nehmen, liefert der Artikel plausible Erklärungen: Die Furcht vor dem Karriereknick wird erst an dritter Stelle genannt.
Auf Platz eins der Hinderungsgründe stehen finanzielle Nachteile, gefolgt von der Begründung, dass die Partnerin länger beim Kind bleiben wollte.
Der Höchstsatz beim Elterngeld liegt seit 2007 unverändert bei 1.800 €, eine Anpassung ist bislang noch nicht vorgenommen worden.
Bereits zum Fünfjährigen hat die damalige Bundesfamilienministerin Schröder weitere Maßnahmen angekündigt, um noch mehr Väter für die Elternzeit zu gewinnen. Es gebe „starke Verunsicherungen“ bei beiden Elternteilen, da für Väter genauso wie für Mütter die zeitliche Inanspruchnahme durch die Kinderbetreuung ein „Knackpunkt“ sei. „Der Schlüssel liegt darin, die Arbeitszeiten zu verbessern zum Beispiel eine Reduzierungsmöglichkeit auf 80 %“.

Was die zwei ‚Vätermonate‘ betrifft, haben schon bei der Einführung der Elternzeit 2006 Erfahrungen aus den skandinavischen Ländern gezeigt, dass sich die Inanspruchnahme durch Väter an die für sie ‚vorgesehene‘ Zeit annähert.

Und eine aktuelle Studie aus Schweden zeigt, dass eine Ausweitung der ‚Partnermonate‘ alleine nicht ausreicht: “Die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Inanspruchnahme der Elternzeit sind sowohl bei Adoptiveltern als auch bei leiblichen Eltern groß. Wir wissen, dass einige politische Maßnahmen sehr wirksam waren, um die Normen der Vaterschaft und Mutterschaft in Schweden zu verändern, insbesondere Maßnahmen, die darauf abzielen, die Inanspruchnahme der Elternzeit durch den Vater zu erhöhen. Unsere Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass noch mehr getan werden muss, um die Aufteilung der elterlichen Fürsorge in Richtung einer größeren Geschlechtergleichheit zu verschieben”

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