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Die bessere Hälfte

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Donnerstag 15. Februar 2007

Während konservative Heckenschützen in der CDU der Familienministerin v.d. Leyen vorwerfen, sie wolle mit ihren Vorstößen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf ‚die DDR wiederauferstehen lassen‘ und pflege einen unheilvollen ‚Staatsdirigismus‘, und dabei die reale Familienwirklichkeit völlig ignorieren, rückt Ulrike Sosella in ihrem Kommentar in der Financial Times Deutschland die erforderlichen Maßnahmen in die richtige Reihenfolge:

Die Debatte um ein familienfreundliches Deutschland verhakt sich an der Frage, wie viele Kita-Plätze wir brauchen. Doch das greift zu kurz – die größere Verantwortung liegt bei den Unternehmen.

Bisher neigen Unternehmen dazu, den positiven Beitrag von Rückkehrerinnen ,und einiger weniger männlicher Rückkehrer nach der Elternzeit, zu unterschätzen. Dabei ist offensichtlich: Nehmen mehr hoch qualifizierte Frauen ihren Beruf früher wieder auf, wird es Firmen in Zukunft leichter fallen, den erwarteten Fachkräftemangel abzufedern. Rückkehrerinnen sind einfacher zu integrieren als neu eingestellte Mitarbeiter.

Doch dieser Vorteil hat seinen Preis: Hierzulande sind die meisten Mütter und immer mehr Väter nicht bereit, ihre Elternrolle dem Beruf unterzuordnen. Sie wollen und müssen arbeiten, allerdings nicht um jeden Preis. Je jünger die Kinder, desto wichtiger ist es Eltern, die bessere Hälfte des Tages mit ihnen zu verbringen – statt nur müde von der Arbeit nach Hause zu kommen und zwischen Kochen und Putzen quengelnde Kinder zu beruhigen, die nach zehn Stunden Fremdbetreuung endlich die Nähe ihrer Eltern einfordern. Das amerikanische Modell, in dem Mütter wie Väter 50-Stunden-Wochen schieben, während die Nanny zu Hause die Kinder ins Bett bringt, wird sich in Deutschland glücklicherweise nicht durchsetzen.

Für Unternehmen bedeutet das, dass sie sich auf eine stark steigende Nachfrage nach Teilzeitarbeit einrichten müssen. Das gilt unabhängig davon, wie stark die Betreuungsangebote tatsächlich ausgebaut werden.

Bisher glauben viele Firmen noch, das Thema flexible Arbeitszeit werde sich erledigen, wenn der Staat nur endlich genug Kita-Plätze schafft. Trefflich resümiert das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft diesen Grundirrtum in einer aktuellen Studie über den Wiedereinstieg von Frauen nach der Kinderphase: „Weil die Ausstattung mit Kinderbetreuungseinrichtungen aber nach wie vor unzureichend ist, streben Mütter nach der Elternzeit meist nur reduzierte Stellen an“, heißt es darin. Soll heißen: Gäbe es nur ausreichend Kita-Plätze, könnten Arbeitgeber am für sie bequemen Leitbild des unteilbaren Vollzeitarbeitsplatzes festhalten.

Doch so einfach ist es nicht. Auch nach dem Ende der Elternzeit, also nach drei Jahren, brauchen Kinder noch Zeit. Auch nach drei Jahren wollen Eltern Zeit für ihren Nachwuchs haben. Ob sie nun Teilzeit arbeiten, Teile ihrer Arbeit am PC zu Hause verrichten oder immer mal wieder ein paar Monate Auszeit nehmen – nimmt man Familienfreundlichkeit ernst, wird es für die Arbeitgeber zunächst einmal unbequemer.‘

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Ein Kommentar zu “Die bessere Hälfte”

  1. blogsgesang sagt:

    In der DDR, um bei dem Vorwurf an Frau von Leyen zu bleiben, haben sich die „Unternehmen“ sehr wohl um die Kinderbetreuung gekümmert, sogar eigene Kitas eingerichtet. Vereinzelt gibt es das wieder, aber meist wird auf den Staat gehofft. Warum eigentlich? Wer qualifizierte Arbeitskräfte braucht, sollte auch etwas für sie tun.
    Denn vom Staat ist wenig zu erwarten, wie die aktuelle Diskussion zeigt.
    Mehr:
    http://www.blogsgesang.de/2007/02/16/hat-ursula-von-der-leyen-die-ddr-entdeckt/

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