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Ich halte Beruf und Familie gar nicht so stark auseinander

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Sonntag 24. Juli 2011

Martin Flügel ist Vater von drei Töchtern und seit 2008 Präsident und Geschäftsführer von Travailsuisse, dem Dachverband von zwölf Arbeitnehmerorganisationen in der Schweiz. Diese Führungsaufgabe leistet er mit einer 80 % Stelle. Im Gespräch mit Nicole Tesar erzählt er, wie er das macht.

„War Ihr gewünschtes Teilzeitpensum bei der Wahl zum Travailsuisse-Präsidenten ein Problem?
Das war nur kurz ein Thema. Mit meinem Verweis darauf, dass mein Vorgänger Hugo Fasel auch 80 Prozent bei Travailsuisse angestellt war und daneben noch ein Nationalratsmandat innehatte, war das vom Tisch.

Wieso arbeiten Sie trotz Kaderposition nur 80 Prozent?
Für meine Frau und mich war immer klar, dass wir beide im Beruf und in der Familie Verantwortung übernehmen wollen. Meine Frau arbeitet 60 Prozent. Bereits bevor ich Vater wurde, hatte ich Teilzeit gearbeitet. Ich wusste, dass es schwierig würde, das Arbeitspensum zu reduzieren, wenn man einmal zu 100 Prozent angestellt ist – und 120 Prozent arbeitet. …

Wie klappt das Nebeneinander von Beruf und Familie?
Ich behandle meine Zeit zu Hause wie geschäftliche Termine. Sie haben verbindlichen Charakter, aber ich bewahre mir eine gewisse Flexibilität. Ich muss im Büro manchmal Termine schieben, auch wenn sie wichtig sind. Und genau so muss ich mal mit der Familie etwas einrichten, damit es geht. Als ich jüngst eine Einladung von Bundesrat Schneider-Ammann zu den flankierenden Maßnahmen erhielt, konnte ich ja nicht absagen mit der Begründung, das sei mein Familientag.

Wie sah dieser Tag schließlich aus?
Am Morgen hatte ich mehrere Sitzungen bei Travailsuisse. Dann bin ich nach Hause gefahren, die Kinder kamen von der Schule, ich habe gekocht. Und nach dem Mittag war der Termin mit Schneider-Ammann. Dort musste ich erläutern, welche Vorstellungen der Dachverband zu den flankierenden Massnahmen im freien Personenverkehr hat. Da muss man sich rasch auf einen neuen Kontext einstellen.

Fällt Ihnen das schwer?
Mental ist das sehr herausfordernd. Es ist aber auch sehr erfüllend, denn so ein Tag bildet eine Gesamtheit. Ich merke dann, wo ich überall zu Hause bin. Das heisst auch: Man ist mit sehr unterschiedlichen Anforderungen konfrontiert.

Wie sehen diese Anforderungen aus?
Kinder reagieren anders, es braucht mehr Geduld und Verständnis, gleichzeitig muss man konsequent sein. Zu Hause ist es hektischer als an der Arbeit. Bei den Kindern ist es ein Kommen und Gehen, man muss viele kleine kurzfristige Entscheidungen treffen. …

Wie organisieren Sie die Betreuung der Kinder?
Ich bin an zwei halben Tagen zu Hause: am Montagmorgen und am Dienstagnachmittag. Meine Frau und ich lösen uns jeweils ab. Am Montag koche ich für die ganze Familie das Mittagessen. Am Morgen sind die Kinder in der Schule und im Kindergarten. Das gibt Gelegenheit, die Wocheneinkäufe zu machen oder aufzuräumen. Verantwortung in der Familie zu übernehmen, heißt eben nicht nur, die Kinder zu betreuen. Der Haushalt gehört auch dazu. Meine Frau arbeitet in einer Leitungsfunktion zu 60 Prozent bei der Stadt Bern. Am Mittwoch ist sie bei den Kindern. An zwei Tagen gehen die Kinder nach dem Kindergarten oder der Schule in eine Tagesschule. Die familienexterne Betreuung kennen unsere Kinder, seit sie fünf Monate alt sind. Sie besuchten vor dem Kindergarten eine Kindertagesstätte.

Warum ist es Ihnen wichtig, mit den Kindern unter der Woche einen Tag zu Hause zu verbringen?
Man lernt einander anders kennen, und zwar gegenseitig. Es ist dann halt nicht immer Wochenende, wo alle entspannt sind. Ich habe manchmal auch Stress. Meine Kinder merken, wie es ist, wenn ich unter Druck stehe, sei es wegen Arbeiten im Haushalt oder weil ich noch etwas fürs Büro erledigen muss. Dann rufe ich auch mal: «Ruhe, jetzt muss ich ein dringendes Telefongespräch erledigen.»

Klappt das gut?
Ja, jetzt wo die Kinder etwas größer sind, funktioniert das.

Können Sie sich da überhaupt abgrenzen?
Ich halte Beruf und Familie gar nicht so stark auseinander. Beides gehört ja auch zusammen. Meine Arbeit ist häufig geistige Arbeit. Diese kann ich ausserhalb des Büros fortsetzen. Bei manueller Arbeit geht das weniger. …“

Quelle

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