Kinderfreundlichkeit – Deutschland ist Schlusslicht ist Europa
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Dienstag 22. Januar 2013
Europa droht langsam aber sicher der eigene Nachwuchs auszugehen. Derzeit bekommen 100 Frauen in Europa etwa 140 Kinder. Um die Bevölkerungszahl stabil zu halten, wären jedoch fast 50 % mehr nötig. Doch wie kinderfreundlich sind die einzelnen Staaten in Europa?
Dieser Frage ist die Stiftung für Zukunftsfragen in ihrer neuesten Europauntersuchung nachgegangen und hat repräsentativ über 11.000 Europäer ab 14 Jahren in zehn Ländern befragt. Das Ergebnis: Mit großem Abstand rangiert Dänemark beim Thema Kinderfreundlichkeit an erster Stelle. Neun von zehn Dänen stufen ihre Heimat als kinderfreundlich ein. Und während immerhin noch knapp die Hälfte der Spanier, Niederländer und Griechen dies über ihr Land behauptet, ist es in Deutschland nur etwa jeder siebte Bürger, der Kinderfreundlichkeit in der Gesellschaft wahrnimmt.
Die große Zufriedenheit der Dänen erklärt Professor Dr. Ulrich Reinhardt, der Wissenschaftliche Leiter der Stiftung, unter anderem mit dem hohen Emanzipationsgrad im Königreich Dänemark: „Egal, ob man sich den Anteil von berufstätigen Frauen, die Quote von weiblichen Führungskräften, die Anzahl von Krippenplätzen oder die Möglichkeit, Beruf und Familie miteinander zu verbinden, anschaut – überall liegt Dänemark deutlich über dem europäischen Durchschnitt. Zudem ist aber auch der hohe Stellenwert von Familien sowie deren gesellschaftliche Anerkennung ausschlaggebend für den hohen Wert.“
Die Bundesbürger nehmen dagegen immer seltener eine Kinderfreundlichkeit wahr. Im Jahresvergleich zu 2010 ist der Wert dabei deutlich gesunken – von 21 % auf aktuell lediglich noch 15 %. Die deutsche Bevölkerung zeigt sich beim Thema Kinderfreundlichkeit zudem auch gespalten. So bewerten Westdeutsche und Landbewohner das Thema deutlich positiver als Großstädter und Bürger im Osten der Republik. Und auch beim Alter zeigen sich große Unterschiede – je älter, desto negativer wird die Kinderfreundlichkeit wahrgenommen. Dennoch bleibt der Wert, unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, Einkommen oder anderen Unterscheidungsmerkmalen, in allen Untergruppen gering.
Professor Reinhardt: „Mehr Krippenplätze und Ganztagsschulen, Einführung eines Betreuungsgelds oder gesplittetes Elterngeld – dies alles hilft zweifellos vielen Familien. Doch solche Maßnahmen sagen nichts über die Kinderfreundlichkeit im Alltag unserer Gesellschaft aus. Diese würde mit einer Infrastruktur beginnen, die nicht nur auf Erwachsene ausgerichtet ist, sondern stärker auf die Bedürfnisse von Familien und Kindern eingeht sowie einer Arbeitswelt, die die Vereinbarung von Beruf und Familie zulässt. Kinderfreundlichkeit im Alltag umfasst aber auch Kleinigkeiten, von der Wurstscheibe beim Metzger bis zum Nachbarn, der sich nicht gleich beschwert, wenn es nebenan einmal lauter zugeht“.
Dienstag 22. Januar 2013 um 10:04
Warum wundert mich das alles nicht?
Ja, es ist der Alltag. Und es beginnt im Kleinen, bei den Freunden, die sich mit dir abends verabredeten wollen und deine Kinder gar nicht mitdenken.
Aber es sind auch „die da oben“, die politischen Entscheidungen, die sich etwa in der Bezahlung von Erzieherinnen darstellt. Studenten – weil Wähler – werden die öffentlichen Gelder hinterher geworfen und Studiengebühren abgeschafft (obwohl es sinnvollere Bezahlmodelle geben … könnte). Aber Geld für die KindergärtnerInnen? Nichts.
Und dann feiert man den Anspruch auf einen Kitaplatz als großen Fortschritt. Nach 60 Jahren! Nein, das passt auch politisch alles nicht zusammen. Man faselt stets davon, wie wichtig Bildung (für alle) wäre. Aber da, wo sie anfängt, nämlich in der Kinderbetreuung und in der Haltung der Gesellschaft zu Kindern, da zeigt man sich überfordert oder empfindet sich als nicht zuständig.
Hier können wir sicher von „den Südeuropäern“ lernen. Aber auch von unserem kleinen Nachbarn. Wie machen die das eigentlich?
Dienstag 22. Januar 2013 um 19:24
1. Ich muß zugeben, dass ich sehr froh bin, eine verhältnismässig kinderfreundliche Chefin zu haben. Meine bisherigen männlichen Chefs waren dies leider weniger.
2. Aktuell bedaure ich sehr, dass ich mich nicht „krank“ melden kann, um mich um meine kranke Tochter zu kümmern. Ich kann leider nicht mit ihr zusammenwohnen und gelte daher im deutschen „Recht“ noch nicht Mal als eine Familie mit ihr.
3. @papalapapi: Es ist sachlich schlicht falsch, dass Erzieherinnen schlecht bezahlt würden: http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/kindergaerten-wo-bleiben-die-maennlichen-erzieher-a-870353.html