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Wann ist der Mann ein Mann?

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Dienstag 22. Mai 2012

Am Vatertag habe ich mit Elita Wiegand vom Business Club innovativ-in über Männer, Kindererziehung und was es für eine nachhaltige Veränderung hin zu einer partnerschaftlichen Aufgabenteilung bei Erwerbs- und Familienarbeit braucht, gesprochen

Das Rollenbild des Mannes hat sich verändert.  Das männliche Geschlecht ist hin -und hergerissen zwischen Softie und Macho. Wann ist heute eigentlich der Mann ein Mann?

Hans-Georg Nelles: Das ist die Frage der Fragen und ich finde es schade, dass die angebotenen Antworten die Möglichkeiten von Männern und Frauen einschränken. Die Schablone kennt das Weichei und den Softie auf der einen und den Macker bzw. den Macho auf der anderen Seite. Aber bereits diese beiden Pole erzeugen positive und negative Assoziationen und machen die ambivalenten Erwartungen deutlich, mit denen Männer konfrontiert werden.
Mann sein bedeutet für mich aber mehr als diese Bilder hergeben: Der Sohn, der seinen dementen Vater pflegt, der Vater, der seine Tochter über den Liebeskummer hinwegtröstet, und der Single, der seine Mannschaft nach einer Niederlage wieder aufbaut, sie alle müssen gleichermaßen einfühlsam und stark sein.
Die Führungskraft, die nach der Trennung über ihre Verzweiflung spricht, der Stahlwerker dem angesichts der ernsten Erkrankung seines Kindes im Unternehmen die Tränen kommen und der Vater, der sich die Elternzeit mit seiner Partnerin teilt, sie alle gewinnen Stärke dadurch, dass sie Gefühle zeigen und ihre fürsorgliche Seite zum Ausdruck bringen. Der Umstand, dass Männer diese Eigenschaften bislang von sich abspalten kostet sie durchschnittlich fünf Lebensjahre.

Viele beklagen, dass das männliche Vorbild fehlt und Kinder vorwiegend von Frauen erzogen werden. Der Anteil der Männer an der Kindererziehung in unserer Gesellschaft so gering?

Hans-Georg Nelles: ‚Krabbeln lerne ich bei Mama, laufen dann bei Papa‘ stand auf den Werbeplakaten bei Einführung der Partnermonate. Früher hieß es, das Kind wird für den Vater interessant, wenn es ins Ball fähige Alter kommt. Es sind meiner Meinung nach die Zuschreibungen und die bislang kommunizierten Bilder bzw. das Image, das die Männer von den Berufen fernhält, die etwas mit Kindererziehung zu tun haben. Mit kleinen Kindern zu arbeiten wird als Domäne der Mütter angesehen und damit verbunden ist auch eine geringe Wertschätzung der Fürsorge Berufe, was sich auch in der Bezahlung ausdrückt. Deshalb ist es unheimlich wichtig, dass (junge) Männer zum Beispiel als Trainer im Fußball oder in einem Freiwilligendienst Erfahrungen sammeln können, die dann oft auch zu einer entsprechenden Berufswahlentscheidung führen. Und es braucht natürlich auch lebendige männliche Vorbilder in diesen Berufen, das ist wichtig für die Jungen und Mädchen aber auch für die Männer, die in diesem Bereich arbeiten wollen.

Nun haben Sie sich „Väter und Karriere“ spezialisiert.. Was muss man sich darunter vorstellen?

Hans-Georg Nelles: Ich bin beruflich aber auch ehrenamtlich in dem Themenfeld ‚Männer, Arbeit und Leben‘ tätig. Mit ‚Väter & Karriere‘, meiner Firma berate ich Unternehmen, Verwaltungen und Hochschulen. Dabei geht es um die Entwicklung einer väterbewussten Personalpolitik und einer dazu passenden Unternehmenskultur. Dabei kommt es meiner Meinung nach weniger auf zusätzliche Maßnahmen oder Instrumente für Väter an sondern um eine Kultur der Erlaubnis und Wertschätzung. Das sind Prozesse, die sich nicht von heute auf morgen entwickeln lassen, es geht um die Auseinandersetzung mit den Rollenbildern, die Führungskräfte in den Köpfen haben und die ihr Verhalten im Alltag prägen. Ich erlebe bei meinen Projekten aber immer häufiger, dass der Zugang über die eigene Vaterschaft und die Möglichkeit, diese zu reflektieren, die Unhaltbarkeit der bestehenden Zustände offenlegt. Die Führungskräfte wollen selbst mehr mit ihren Kindern erleben und Zeit für Partnerschaft haben und nicht mehr 60 bis 80 Stunden die Woche arbeiten. Das gilt für die Beschäftigten der Generation Y umso mehr.
Ehrenamtlich engagiere ich mich unter anderem Im Bundesforum Männer, der Interessenvertretung für Jungen, Männer und Väter, die als Ansprechpartner der Politik in Berlin versucht, die Männerperspektive z.B. in der Gleichstellungspolitik oder beim Sorgerecht zu thematisieren und durchzusetzen.

Sie betonen, dass ich die Rollen der Führungskräfte verändern müssen, aber in Unternehmen herrscht doch vermutlich noch ein altes Denken. Welche Hürden gilt es in Zukunft zu überwinden?

Hans-Georg Nelles: Männer haben es nicht gelernt über ihre Anliegen geschweige denn über ihre Gefühle und Ängste zu sprechen und diese an den passenden Stellen zu thematisieren. Es fehlt an Angeboten und Räumen dafür. Die Angebote der Familienbildung und –beratung richten sich in erster Linie an Frauen. Erst in Krisensituationen wie zum Beispiel einer Trennung nehmen Männer entsprechende Angebote wahr. Dazu kommt, dass die meisten Betriebe, auch diejenigen, die sich als ‚familienfreundlich‘ bezeichnen, von ihren Leistungsträgern eine umfängliche zeitliche Verfügbarkeit erwarten. Die Bereitschaft der Männer, diesem Ansinnen nachzukommen erweckt dann den Anschein, sie wollten es ja auch so haben. Die Frage ist aber, welche Möglichkeit, Anerkennung und Wertschätzung zu erfahren gibt es für Männer außerhalb der Arbeit? Männer definieren sich über ihre Arbeit und den Erfolg bzw. den Verdienst den sie damit erzielen können, zahlen aber auch einen hohen Preis dafür. Sie verpassen die Entwicklung ihrer Kinder, können keine gute Beziehung aufbauen und die Partnerschaft leidet ebenso. Das zu thematisieren, vor allem aber zusätzliche Möglichkeiten für Männer anzubieten Anerkennung und Wertschätzung zu erfahren trägt meiner Meinung nach dazu bei Hürden, sowohl die realen in der Arbeitswelt als auch die in den Köpfen von Männern und Frauen zu überwinden.

Was wünschen Sie für die Männer und Frauen in Zukunft, damit sich etwas nachhaltig verändert?

Hans-Georg  Nelles: Weder neue Männer noch neue Frauen. Die Lieferzeit bemisst sich in Generationen und solange möchte niemand warten. Meiner Meinung nach braucht es ein neues NachDenken darüber was Männlichkeit ausmachen kann, einen gesellschaftlichen Dialog darüber, wie Erwerbs- und Familienarbeit partnerschaftlich aufgeteilt werden kann und wie berufliche Entwicklung von den Erfahrungen mit Kindern oder der Pflege von Angehörigen profitieren kann. Diese Auseinandersetzung kann zu einer neuen Normalität führen: Es ist normal, wenn Väter mit ihren Kindern vormittags auf Spielplätzen anzutreffen sind, es ist normal, wenn Männer ihre Arbeitszeit vorübergehend auf 32 Stunden reduzieren und es ist dann auch normal, dass Frauen Führungspositionen übernehmen. Diese Normalität bringt role models, das Wort Vorbilder mag ich nicht so sehr, hervor und erleichtert so auch die Aushandlungsprozesse, die Männer und Frauen in Partnerschaften führen müssen. Nicht nur einmal, vor der Geburt eines Kindes, sondern regelmäßig. Dabei ist mir ganz wichtig, dass Lösungen und Lebenswege ausgehandelt werden, die zu einer größeren Zufriedenheit führen. Das kommt den Kindern und der Stabilität der Partnerschaften zugute.
Es geht auch nicht darum, einfach die Rollen zu tauschen, sondern um eine Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten für Männer und Frauen. Weg von dem ‚entweder – oder‘: ‚Familie oder Beruf‘, ‚Kinder oder Karriere‘ hin zu einem sowohl als auch! Es geht nicht alles gleichzeitig, aber es geht.

Quelle

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