Väter in der Falle – Kind betreut, Job weg
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Samstag 30. Oktober 2010
Männer, die sich der Betreuung ihrer Kinder widmen wollen, bekommen oft massive Probleme am Arbeitsplatz: Diese reichen vom verhinderten Karrieresprung bis hin zur sofortigen Kündigung.
Paul M. wollte sich eben auf den Weg ins Krankenhaus machen, als ihn sein Chef bat, noch rasch bei ihm vorbeizuschauen. Paul M., 43, ist verheiratet, Vater zweier Kinder und im mittleren Management eines asiatischen Autokonzerns tätig. Seine fünfjährige Tochter leidet an einem seltenen und besonders schweren Fall von Nierenkrebs. Seit eineinhalb Jahren kämpft sie bereits um ihr Leben.
M. dachte, sein Chef wolle ihm viel Glück für die Operation des Kindes wünschen. Doch der teilte ihm lapidar mit, dass er mit sofortiger Wirkung gekündigt sei. Ohne Begründung, ohne Erklärung. Wenige Tage zuvor hatte ihm noch der Präsident des Konzerns seines Mitgefühls versichert und dass er für seine Tochter bete. Die Kündigung, die später mit Nichterreichen von Zielen begründet wurde, traf M. ohne Vorwarnung.
„Am meisten wütend gemacht hat mich diese Scheinheiligkeit des Mitgefühls. In Wahrheit gab es nur Desinteresse, Härte und Kälte.“ Dabei habe er in der Zeit der Erkrankung seiner Tochter alles getan, damit seine Arbeit nicht beeinträchtigt würde: Er engagierte eine Kinderschwester, die gesamte Familie sprang ein, um die Kleine zu den zahlreichen Behandlungsterminen zu bringen und abzuholen, da seine Frau in dieser Zeit das zweite Kind erwartete, er nahm bis auf einzelne Tage nicht einmal Urlaub. Und dann die Kündigung.
„Von der Firma, vor allem von den Kollegen, kam keinerlei Unterstützung. Sie haben nicht einmal das Telefon abgehoben, wenn ich im AKH bei meiner Tochter und unerreichbar war“, erzählt M. Er habe seinen ehemaligen Arbeitgeber zwar verklagt, aber einen neuen Job zu finden sei schwierig. „In der Branche kennen sich ja alle, und die wissen von meiner privaten Situation.“
Väter stoßen auf wenig Verständnis, wenn sie sich in irgendeiner Form familiär engagieren wollen. Einige typische Beispiele:
- Samuel P., 27, arbeitet als Programmierer bei einer IT-Firma. Als er zum zweiten Mal Vater wird, kündigt er seinem Arbeitgeber an, vielleicht in Karenz zu gehen. Bald darauf wird er gekündigt und arbeitet als vom Arbeitsmarktservice geförderte Kraft für die Firma weiter. Die Zusicherung seines Chefs, ihn bald wieder einzustellen, hält dieser nicht ein.
- Markus W., 43 und im mittleren Management eines internationalen Konzerns tätig, erwähnt seinem Chef gegenüber, dass er daran denke, in etwa einem Jahr in Karenz zu gehen. Bald darauf wird er unter einem anderen Vorwand gekündigt.
- Josef B., 36, Controller in einer Gesundheitsmanagement-Firma, meldet bei seinem Chef, mit dem ihn ein fast freundschaftliches Verhältnis verbindet, an, in Karenz gehen zu wollen. Die Reaktion: „Du kannst gern in Karenz gehen, nur kannst du dann gleich einen anderen Job suchen!“
Dienstag 2. November 2010 um 15:19
Sehr guter Beitrag. Meinem Mann erging es ganz ähnlich. Nach der Geburt nahm er 2 Monate Elternzeit. Als er zurück kam „erkannte“ sein Vorgesetzter bei den nächsten Zielvereinbarungen, dass seine Prioritäten jetzt verständlicherweise mehr im „Privaten“ liegen und er sich deshalb bei der nächsten Beförderungsrunde nicht in dem Stress der Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit auszusetzen braucht. Kurz um, er wurde bei der anstehenden Beförderung übergangen. P.S. Sein Unternehmen hat eine Auszeichnung als „Familienfreundliches Unternehmen“