der VÄTER Blog

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Gleichstellung in der Sackgasse?

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 26. März 2014

Der Titel „Gleichstellung in der Sackgasse?” von Paul Zulehner und Petra-Steinmair-Pösel möchte kein weiterer Aufreger sein, derlei Veröffentlichungen gebe es in der Geschlechterdebatte genug, äußern die Autoren bereits im ersten Satz. Das Buch erhebt aber nichts weniger als den Anspruch, in eben dieser aufgewühlten Debatte einen „dritten Weg“ aufzuzeigen, der aus dem Patt zwischen den Extremen Radikalbiologismus und Radikalkonstruktivismus herausführen könnte und einen Pfad aufzeigt, der Frauen und Männern, aber vor allem erschöpften Familien, Herausforderungen des Alltags geschlechtergerecht begegnen können.

Der Diskurs in dem vorliegenden Band wird auf der Grundlage von drei im Abstand von jeweils 10 Jahren in Österreich erhobenen Datensätzen geführt. Die Anlage der jeweiligen Befragungen erlaubt sowohl eine Vergleichbarkeit als auch die Darstellung der sich im Zeitverlauf entwickelnden Veränderungen zum Beispiel bei der Frage nach der Bedeutung von Arbeit für Männer. Zusätzlich wurden aber auch neue Themen in die Befragung aufgenommen, zum Beispiel zum Thema „Feminismus und moderne Frau“.

Die Daten aus dem Jahr 2012 bestätigen die auch unter Frauen weit verbreitete Skepsis gegenüber dem Feminismus: 41% der Frauen unter 29 Jahren halten den Feminismus für überholt. Bei den gleichaltrigen Männern sind 38% dieser Überzeugung. Diese Distanzierung vom Feminismus sei aber nicht gleichzusetzen mit einem Desinteresse an einer geschlechtergerechten Gesellschaft, im Gegenteil. Während 1992 lediglich 30% der Männer der Aussage „Frauenemanzipation ist eine gute Entwicklung“ zustimmten waren es 2012 mit 57% fast doppelt so viele.

Dieses gesteigerte Interesse gilt auch für Männerforschung: 49% der modernen Männer halten die strukturelle Trennung von Männer- und Frauenpolitik für überholt. Was die Typologie „modern“ und „traditionell“ und die beiden dazwischenliegenden „pragmatisch“ und „suchend“ betrifft, sind diese nicht nur zahlenmäßig in Bewegung. Die Lage ist von einer „bunten Vielfalt“ geprägt, es gibt „fließende Übergänge“ nicht nur aufgrund der hohen Individualisierung leben Frauen und Männer in unterschiedlichen Kontexten verschiedene Rollen. Eine Wertung sei nicht möglich, alle Rollentypen haben Vor- und Nachteile und gerade um die Wahlfreiheit „tobt heute ein gewaltiger Streit“. Es gibt konkurrierende Modernitätskonzepte.

Einen inhaltlichen Schwerpunkt nimmt bei der Auswertung des umfangreichen Datenmaterials auch das Spannungsverhältnis von Beruflicher und privater Lebenswelt ein. Die auf den ersten Blick vielleicht überraschenden Ergebnisse: die Bedeutung von Arbeit als sinnstiftendes Element für Männer hat sich im Zeitverlauf von 1992 mit 29% über 41% im Jahr 2002 auf 63% in 2012 mehr als verdoppelt und korrespondiert mit einer starken Zunahme des Wunsches nach Vollzeit bei Männern 67% gegenüber 40% der Frauen bei einer Abnahme der Attraktivität von Teilzeit lediglich 20% gegenüber noch 25% im Jahr 2002, „Andere Arbeitszeitmodelle sind Sache einer Minderheit“, werden unter verschiedenster Blickwinkeln von Kindern, alten und zu pflegenden Menschen, betrachtet und auch mit Hilfe anderer Forschungsergebnisse konfrontiert.

Zusätzlich werden insbesondere im Abschnitt „Frauen und Männer im Modernisierungsstress“ Aussagen von Männern und Frauen in verschiedensten Lebenssituationen zitiert, die in einer zusätzlichen Onlinebefragung erhoben worden sind. Diese illustrieren die Spannungen, die sich durch die bereits vielzitierte Ungleichzeitig der Entwicklung von Rollenpotenzialen zwischen Frauen und Männern ergeben: „Sie [moderne Geschlechterrollen] sind anstrengender, weil jede Veränderung Mühe bringt. Besonders für gut gebildete junge Frauen ist es schwerer, einen ‚passenden‘ Mann zu finden. Ich selbst lebe eine Mischung er Typen, mein Mann entwickelte sich etwas langsamer, aber doch, sodass wir jetzt im Altrer (62 und 72) ein recht modernes Ehepaar sind.“

Als „Gewinner“ dieser Entwicklung machen Zulehner und Steinmaier-Pösel die Gruppe der Pragmatischen aus: Weiterlesen »

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Der Wunsch nach Kindern hat sich in den letzten 20 Jahren fast halbiert

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 20. März 2014

… und zwar sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Darauf deutet eine Untersuchung der Wharton School an der University of Pennsylvania hin:

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Männer sind kooperativer. Und kommen so weiter!

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 9. März 2014

Dass Frauen auf dem Weg nach oben an gläserne Decken stoßen, wird damit erklärt, dass Seilschaften von Männern einmal besetzte Positionen untereinander weiterreichen. Das ist jedoch nicht die ganze Wahrheit, weder über Männer noch über Frauen bzw. das unterschiedliche Verhalten der Geschlechter. Dass es das gibt, sieht man etwa, wenn man nach der Tagesarbeit noch auf einen Schluck zum Entspannen geht.

Männer kommen in Gruppen, oft das halbe Büro vom Chef abwärts, Frauen kommen zu zweit. Das passt nicht gut zum Bild vom Mann als einsamem Jäger, der mit anderen Männern um Macht kämpft und um Frauen bzw. deren Gunst. Und es passt nicht gut zum Gegenbild von Frauen, die umgänglicher und hilfsbereiter sind, vor allem gegenüber anderen Frauen.

Das Bild bekam 1965 einen Riss, als Anatol Rapoport Probanden das „Gefangenendilemma“ spielen ließ. Es hat zwei Spieler und bringt die Bereitschaft zur Kooperation ans Licht. Rapoport ließ Männer gegen Männer spielen, Frauen gegen Frauen und beide gegeneinander: Der höchste Kooperationsgrad zeigte sich in Mann/Mann-Dyaden, es folgten die gemischtgeschlechtlichen, am Ende rangierten die Frau/Frau-Dyaden.

Das machte Aufsehen, erklären konnte man es nicht. Das Interesse schlief ein, 1993 kam der nächste Vorstoß: Der Evolutionsbiologin und Psychologin Joyce Benenson war aufgefallen, dass die Geschlechter sich schon als Kinder ganz anders verhalten, Mädchen spielen allein oder tun sich mit besten Freundinnen zusammen, Jungen bevorzugen Mannschaftssport oder spielerische Kampfverbände.

Ähnliches hatte ein Kollege von Benenson, der Anthropologe Richard Wrangham, auch schon beobachtet, an Schimpansen. Die leben sozial, die Weibchen zurückgezogen mit ihren Jungen, die Männchen in hoher Aggression untereinander. Aber sie bilden  auch Koalitionen, und wenn es nach außen geht, gegen Nachbarn, stehen alle zusammen, ganz ähnlich wie in Jugendgangs.

Schimpansenweibchen hingegen bilden selten Koalitionen, und wenn, dann kurz und um Rangniedere zu attackieren. Darauf, auf das Ausschließen Dritter, verstehen sich auch Frauen besser als Männer, sie fürchten es mehr, und sie praktizieren es mehr, vor allem dann, wenn sie in Positionen der Macht sind.

In Experimenten konnte dieser Zusammenhang immer wieder nachgewiesen werden, wie spielen Geschlecht und sozialer Rang aber im echten Leben zusammen? Benenson und Wrangham haben an den Psychologischen Fakultäten der USA, dort sind 36 % der höchsten Posten mit Frauen besetzt, ausgezählt, wer mit wem publiziert. Sie haben 8400 Arbeiten ausgewertet, für die je zwei „Seniors“ und zwei „Assistants“ zeichneten:

War der Erstautor ein „Senior“ und der Ko-Autor auch – das gibt es durchaus –, war das Geschlechterverhältnis ausgewogen, auf der gleichen Ebene gibt es keine Probleme. Aber zwischen den Ebenen gibt es sie, und zwar bei den Frauen: Wenn sie „Senior“ und Erstautorinnen sind, sind unter den „Assistants“ als Ko-Autorinnen Frauen stark unterrepräsentiert; Männer hingegen helfen beiden Geschlechtern hinauf.

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Den meisten Familien geht es gut, sie leiden aber unter Zeitstress

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 8. März 2014

Eltern und Kindern in Deutschland geht es größtenteils gut. Dies geht aus der am 6. März vorgelegten AOK-Familienstudie 2014 hervor. Zwei Drittel aller Väter und Mütter fühlen sich demnach gesundheitlich gut oder sogar sehr gut. Bei den Kindern liegt dieser Wert Angaben ihrer Eltern zufolge sogar bei 80 Prozent. Doch es gibt einen Haken: Eltern leiden vermehrt unter Zeitstress, der sich nachweislich auf die Gesundheit der ganzen Familie auswirken kann.

Zum dritten Mal nach 2007 und 2010 hat die AOK die Familienstudie in Auftrag gegeben. Die Studie basiert auf einer bundesweiten Repräsentativbefragung mit 1.503 Personen, die im Haushalt die Haupterziehungsfunktion haben (1.138 Mütter und 365 Väter). Der zentrale Befund ist ausgesprochen positiv. Neben dem gesundheitlichen Wohlbefinden geben 93 % der Eltern an, mit ihrem Familienleben zufrieden zu sein.

Auf Basis der Studienergebnisse hat die AOK in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern Empfehlungen entworfen, mit deren Hilfe die Kindergesundheit bewahrt und sogar verbessert werden kann. Eine davon lautet: Väter und Mütter sollten sich mehr Zeit für sich und ihre Partnerschaft nehmen. AOK-Chef Jürgen Graalmann dazu: “Unsere Studie zeigt, wie wichtig die Gesundheit der Eltern und ein entspannter Familienalltag für ein gesundes Aufwachsen der Kinder sind. Kindergesundheit hängt direkt vom Elternwohl ab. Eltern selbst, aber auch die Gesellschaft sollten diese Botschaft berücksichtigen.” Die Studie belegt, dass Eltern, die mit ihrem Leben zufrieden sind und sich zeitlich weniger belastet fühlen, seltener Kinder mit gesundheitlichen Beschwerden haben.

Um die Familien weiter zu entlasten, empfiehlt Prof. Ulrike Ravens-Sieberer vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) zwei weitere Ansatzpunkte: “Flexible Arbeitszeiten können sich positiv auswirken. Eltern, die zeitlich und örtlich flexibel arbeiten können, fühlen sich oft gesünder. Wichtig ist auch die Verfügbarkeit eines sozialen Netzwerks und verlässlicher Kinderbetreuung, insbesondere durch Familienmitglieder.” Denn die Studie belegt auch: Eine verlässliche Kinderbetreuung durch den Partner oder eine Institution kann positiv auf die Gesundheit der Eltern wirken.

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Männer arbeiten Teilzeit

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 19. Februar 2014

Hipp_StuthDie Teilzeitquote steigt seit Jahren, auch in Berlin. Waren im Jahr 2005 noch 24 % der Erwerbstätigen in der Stadt Teilzeit beschäftigt, so waren es 2012 schon 28 %. Die meisten Teilzeitarbeitenden sind nach wie vor Frauen (63 %). Der Anteil der teilzeitbeschäftigten Männer hat sich laut IHK seit 2005 jedoch von 32 % auf 37 % erhöht.

Selbst Führungskräfte kommen langsam auf den Geschmack. In Zeiten des Fachkräftemangels erkennen immer mehr Unternehmen, dass flexible Arbeitszeitmodelle eine Möglichkeit sind, erfahrene Fachkräfte zu binden. Der Berliner Tagesspiegel hat in einem Beitrag Firmen vorgestellt, bei denen Teilzeit in Chefetagen schon (fast) selbstverständlich ist

Beim Chemiekonzern BASF Services Europe etwa, der in Berlin 1100 Mitarbeiter beschäftigt, arbeiten derzeit 93 Teilzeitkräfte, jede fünfte davon (22 %) in einer Führungsposition. Auch bei der Investitionsbank Berlin (IBB) können Beschäftigte mit Führungsaufgaben Teilzeit arbeiten:
So leiten Silke Palwizat und Gert Brands seit 2006 als „Chef-Tandem“ gemeinsam die Abteilung Bestandsmanagement mit 16 Mitarbeitern. Beide arbeiten 60 %. Silke Palwizat ist montags bis donnerstags da, Gert Brands von Mittwoch bis Freitag. Die tageweise doppelte Besetzung ermöglicht ihnen, sich gut abzusprechen.

Obwohl es immer mehr Firmen ermöglichen: Noch ist Teilzeit in Chefetagen noch nicht die Regel. Laut einer Studie des Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) arbeitet bundesweit nur jede siebte Managerin (14,6 %) in Teilzeit, bei den Männern sind es nur 1 %. Weil die Präsenzkultur in den Firmen noch so stark verbreitet und viele Vorgesetzte der Meinung seien, ein guter Chef muss immer anwesend sein, sind es noch nicht mehr, meinen die WZB-Forscher Lena Hipp und Stefan Stuth. Spiele man da nicht mit, schade man seiner Karriere.

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Arbeitsteilung bei Paaren im Übergang zur Elternschaft

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 18. Februar 2014

In Deutschland teilen sich die meisten Väter und Mütter Hausarbeit und Kinderbetreuung sowie Erwerbstätigkeit nach wie vor ungleich auf. So sind es – entgegen unterschiedlicher theoretischer Erwartungen und trotz der Einführung des neuen Elterngeldes – weiterhin überwiegend die Frauen, die nach der Geburt ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen und häufig nach der Unterbrechung im Umfang einschränken.

Im Gegenzug weiten sie ihre Zeit für Hausarbeit aus und übernehmen den Großteil der Kinderbetreuung. In dem von der DFG geförderten Projekt „Innerfamiliale Arbeitsteilung als Prozess. Die Veränderung der Arbeitsteilung im Beziehungsverlauf“ wurde im Rahmen einer qualitativen Längsschnittstudie untersucht, wie sich die Anforderungen an Hausarbeit und deren Verteilung in Paaren beim Übergang zur Elternschaft entwickeln.

Die Aufteilung der Hausarbeit nach der Geburt des Kindes wird von den wenigsten Paaren vorher geplant und ist häufig ein Thema mit hohem Aushandlungsbedarf. Teilweise beugen die Paare potentiellen Konflikten vor, indem sie geschlechtstypische Vorstellungen übernehmen und sich dementsprechend verhalten. Nur in wenigen Fällen gibt es eine egalitäre Aufgabenteilung, die so stabil ist, dass sie auch nach dem Übergang zur Elternschaft beibehalten wird.

Zusammenfassend ließ sich feststellen, dass etwa die Hälfte der Paare zum ersten Beobachtungszeitpunkt die Hausarbeit gleich unter den Partnern aufteilt. In den meisten anderen Fällen hat die Frau einen höheren Anteil.

Hausarbeit mit einem Kind

Hausarbeit kinderlose Paare

Bei den Eltern verschiebt sich die Aufteilung der Hausarbeit in der Befragung, die auf die Geburt folgt, dahingehend, dass deutlich häufiger die Frau einen größeren Anteil an der Hausarbeit übernimmt oder diese nahezu alleine erledigt. Bei kinderlos bleibenden Paaren verändert sich die Aufteilung demgegenüber kaum. Weiterführende Analysen haben darüber hinaus Folgendes gezeigt:

  • Der Übergang zur Elternschaft verschiebt die Aufteilung eines Paares dahingehend, dass der Anteil der Frau wächst.
  • Die Aufteilung der Erwerbsarbeit hat einen entscheidenden Einfluss: Bei Paaren mit männlichem Alleinverdiener beteiligen sich die Männer weniger im Haushalt als bei Paaren, in denen die Frauen im gleichen oder größeren Umfang erwerbstätig sind als ihre Partner.
  • Männer leisten einen geringeren Anteil an der Hausarbeit in Paaren, in denen beide Partner unterschiedliche Bildungsniveaus haben oder in denen nicht beide Partner hochgebildet sind. Eine partnerschaftliche Aufteilung der Hausarbeit findet sich häufiger bei Paaren, in denen beide Partner eine Universität oder Fachhochschule besucht haben.

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Ständige Erreichbarkeit – Auswirkungen und Konsequenzen

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 16. Februar 2014

Für Mitarbeitende bei BMW ist ein Recht auf ‚Unerreichbarkeit‘ vereinbart worden. Einige der wenigen Untersuchungen zu Ursachen und Folgen der ständigen Erreichbarkeit ist 2011 vom Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG) in Kooperation mit der Unfallkasse Hessen durchgeführt worden. 430 Beschäftigte wurden nach den Gründen und Folgen der Erreichbarkeit gefragt.

Es zeigt sich, dass der Großteil der Beschäftigten auch in der Freizeit für dienstliche Belange erreichbar ist. Die meisten fühlen sich hierdurch nicht oder nur wenig belastet. Ungefähr jeder Siebte oft oder immer Erreichbare fühlt sich stark oder sehr stark belastet.

Dasselbe gilt für die Arbeitszeit: Auch hier fühlt sich ungefähr jeder Siebte stark oder sehr stark belastet, wenn er oft oder immer im Außendienst oder auf Dienstreisen erreichbar ist. Diejenigen, die nur manchmal oder nicht erreichbar sind, finden, dass viel Unnötiges besprochen wird. Außerdem vertrauen sie darauf, dass die Mitarbeiter und Kollegen auch ohne sie die richtigen Entscheidungen treffen und in ihrer Freizeit wollen sie abschalten, um Kraft für die weitere Arbeit tanken zu können.

Negative Folgen der Erreichbarkeit werden insgesamt eher niedrig eingeschätzt. Am häufigsten wird genannt, dass die Befragten an die Arbeit denken. Für die Personen, die sich stark belastet fühlen, sollten möglichst schnell Maßnahmen ergriffen werden, um ihre Belastung zu reduzieren. Eine schnell durchzuführende Maßnahme, die nach Ansicht der Befragten am meisten helfen würde, besteht in einer eindeutigen Kommunikation. Hier sind sowohl die Vorgesetzten als auch die Mitarbeiter gefordert:

Beide Seiten sollten von sich aus die jeweiligen Erwartungen und Bedürfnisse miteinander klären. Auch diejenigen, die sich nicht oder nur wenig belastet fühlen, sollten zeitweise „offline“ gehen, um abschalten und sich erholen zu können. Ruhepausen sind wichtig, um die eigene Gesundheit auch langfristig erhalten zu können.

Die Studie hat nämlich gezeigt, dass der Knackpunkt häufig ein Kommunikationsproblem ist. Die meisten Beschäftigten glauben nur, erreichbar sein zu müssen, obwohl es dazu keine Vereinbarung mit den Vorgesetzten gibt: 37 Prozent dieser Befragten haben schlicht das Gefühl, dass sie immer ansprechbar sein müssten, 40 Prozent gehen davon aus, weil sie ein Diensthandy bekommen haben und 22 Prozent kontrollieren E-Mails und Mailbox auch nach Feierabend, weil das alle so machen würden.

„Nur ein Viertel hat tatsächlich diese Vereinbarung“, fasst Dr. Paridon, Leiterin der Studie, das überraschende Ergebnis zusammen. Und offenbar ist ständige Erreichbarkeit nicht immer zielführend: Es werde viel Unnötiges besprochen, so sehen es zumindest diejenigen, die nicht immer erreichbar sind. „Ein Grund dafür ist das Bedürfnis, sich abzusichern, weil sich Mitarbeiter oft vor Verantwortung scheuen und die Vorgesetzten das auch fördern“, erklärt die Wissenschaftlerin.

Einige der Befragten hatten zudem den Eindruck, dass sich Vieles von selbst erledige, wenn sie gar nicht reagieren würden. Die Forscher raten deshalb Vorgesetzten, ihre Erwartungen an ihre Angestellten klar zu äußern: „Letzten Endes bleibt nur reden, reden, reden und offen sagen, wenn man eine Auszeit braucht.“, sagt Dr. Paridon.

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Wenn Kinder nicht bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 14. Februar 2014

„In Europa und Amerika gilt es heute als selbstverständlich, dass Kinder zu ihren leiblichen Eltern gehören und von diesen versorgt werden. Doch diese Sichtweise ist erst 150 Jahre alt“, erklärt die Bayreuther Sozialanthropologin Prof. Dr. Erdmute Alber. „Während meiner Forschungsaufenthalte hat sich deutlich gezeigt, dass die Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen der westafrikanischen Baatombu von einer völlig anderen Tradition geprägt sind. Kinder leben hier über viele Jahre ganz selbstverständlich bei Pflegeeltern, ohne dass die leiblichen Eltern aufgrund von Krisensituationen genötigt wären, ihre Kinder in deren Obhut zu geben.

Die Begriffe ‚Soziale Elternschaft’ und ‚Kindspflegschaft’ sind – im Vergleich zu anderen Termini – noch am besten geeignet, diesen Sachverhalt zum Ausdruck zu bringen. Man muss dabei nur den Gedanken an medizinisch oder rechtlich begründete Ausnahmesituationen fernhalten und die soziale Elternschaft als eine anerkannte familiäre Praxis verstehen.“

Wenn bei den Baatombu ein Kind von dessen leiblichen Eltern in Pflege gegeben wird, wechselt in der Vorstellung aller Beteiligten die soziale Zugehörigkeit des Kindes. Es gehört nun zu einer erwachsenen Person, die in der Regel drei Kriterien erfüllt: Sie hat das gleiche Geschlecht wie das Kind; sie ist mit dem Kind und seinen Eltern verwandt; dabei ist sie in der verwandtschaftlichen Hierarchie den Eltern des Kindes übergeordnet.

Vor allem drei Gründe veranlassen die leiblichen Eltern zur räumlichen Trennung von ihren Kindern: Zunächst soll der generationenübergreifende Zusammenhalt innerhalb eines Familienverbandes gestärkt werden. Darüber hinaus ist bei den Baatombu die Vorstellung verbreitet, dass die soziale Elternschaft und die damit verbundene Distanz von der leiblichen Mutter den Reifungsprozess der Kinder fördern. Hinzu kommt die Auffassung, dass Kinder keinen angemessenen Respekt gegenüber den Hierarchien innerhalb des Familienverbandes entwickeln, wenn sie in einer zu engen Beziehung zu ihren leiblichen Eltern leben.

Der Beginn der Kindspflegschaft: ein neuer Lebensabschnitt

Die Kindspflegschaft beginnt in der Regel damit, dass Verwandte, welche die Kriterien für eine soziale Elternschaft erfüllen, ihr Interesse gegenüber den leiblichen Eltern bekunden. Es gilt als respektlos, wenn diese sich einer „Herausgabe“ ihres Kindes verweigern. Diese ungeschriebenen Normen lassen den Eltern wenig Spielraum, die Aufstiegschancen ihrer leiblichen Kinder durch die Auswahl von Pflegefamilien zu beeinflussen. Dennoch gelingt ihnen dies oftmals auf verdeckte Weise durch das frühzeitige Knüpfen geeigneter Kontakte. Wie Erdmute Alber zeigt, hat der Wechsel eines Kindes in eine Pflegefamilie, auch hinsichtlich der damit verbundenen Rituale, Ähnlichkeiten mit dem Wechsel einer jungen Frau in die Familie ihres Ehemannes.

Die Vorstellung, die Kinder könnten durch die langjährige Trennung von den leiblichen Eltern und Geschwistern traumatisiert und in ihrer seelischen Entwicklung gestört werden, liegt den Baatombu fern. Derartige Leidenserfahrungen scheinen insgesamt eher selten zu sein. „Als bemerkenswert erlebte ich in den Gesprächen, dass die überwiegende Mehrheit der erwachsenen ehemaligen Pflegekinder ihre Pflegschaftserfahrungen und die Zeit der Pflegschaft nicht bereut“, berichtet die Autorin.

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Väter und Elternzeiten in Nordrhein-Westfalen

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 4. Februar 2014

20140203_113314Väter in NRW gehören nicht zu den Spitzenreitern, was die Inanspruchnahme von Elternzeit angeht. Mit inzwischen 20,2 % werden sie nur von Vätern im Saarland unterboten. Woran das liegt wollte die zuständige Ministerin Ute Schäfer wissen und hat gestern in Düsseldorf die Studien von FFP und Prognos präsentiert.

In ihrem Eingangsstatement äußerte sich die Ministerin zu den wesentlichen Ergebnissen: „Die Prognos-Studie zeigt anschaulich, dass der Hauptgrund für die unterdurchschnittliche Nutzung des Elterngeldes durch Väter in der niedrigen Erwerbsbeteiligung der Mütter liegt. Mütter mit Kindern sind nur zu 34,7 Prozent in Nordrhein-Westfalen erwerbstätig.“ Was zu ergänzen wäre und im überwiegenden Maße mit einer geringen Stundenzahl.

Väter zu unterstützen, ihrer Aufgabe in Familie gerecht werden zu können, heißt also in erster Linie Mütter in Erwerbsarbeit bringen, um mehr Vätern eine (längere) Elternzeit oder eine vorübergehende Reduzierung der Arbeitszeit überhaupt zu ermöglichen. Zusätzlich braucht es Ermutigung und passende Rahmenbedingungen in Unternehmen und Gesellschaft, zu denen vor allem auch die Akzeptanz der Wahrnehmung von Fürsorgeaufgaben durch Väter gehört.

Vor diesem Hintergrund empfinde ich die Berichterstattung über die Studien und ihre Konsequenzen verwunderlich und teilweise sogar befremdlich. Den Vogel schießt für mich Florian Pfitzner, NRW Korrespondent der Neuen Westfälischen ab. In seinem Blog Westsidestorys schreibt er unter anderem:

„Links antäuschen, rechts vorbeiziehen – junge Väter in Nordrhein-Westfalen beherrschen den familienpolitischen Übersteiger wie sonst niemand in Deutschland. Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Arbeitsteilung im Haushalt? Partnerschaft auf Augenhöhe? Hört sich alles prima an, und lässt sich vor allem nach außen wunderbar beschwören. Doch wenn’s ernst wird, kneift der moderne Mann in NRW.“

Ich frage mich, ob Pfitzner die Studienergebnisse überhaupt zur Kenntnis genommen hat.

Das NRW und das Saarland die Schlusslichter bei der Elternzeit von Vätern sind, hat übrigens auch etwas mit der gemeinsamen Industriegeschichte von Kohle und Stahl zu tun, die die Einstellungen zur Erwerbstätigkeit von Frauen und dem Vorrang der Mutter bei der Kindererziehung bis heute prägen.

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Väter sind anders, aber

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 15. Januar 2014

… worauf kommt es an, dass Männer gute Väter sind? Die Wissenschaft hat bis heute keine Antwort darauf. Eine Vaterschafts-Studie der Universität Zürich will jetzt die Forschungslücke schließen und sucht Männer für eine anonyme Online-Befragung.

Der Einfluss von Vätern oder Vaterfiguren auf die Entwicklung der Kinder wird im Gegensatz zur Mutter-Kind-Beziehung leider nach wie vor unterschätzt, spielt jedoch eine entscheidende Rolle. Die vorliegende Studie an der Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie am Psychologischen Institut der Universität Zürich hat sich daher vorgenommen, anhand einer anonymen Online-Befragung Bedingungen zu ermitteln, welche eine gelungene Vaterschaft begünstigen und somit zu einer gesunden Entwicklung von Kindern beitragen.

Dazu sollen möglichst viele Väter und Männer in Vaterfunktion aus unterschiedlichsten Familienkonstellationen in Bezug auf ihre Lebenssituation, ihre Belastungen und die positiven Aspekte der Vaterschaft befragt werden. Es sollen Schwierigkeiten, die die Vaterrolle mit sich bringt, aber auch Gründe und Motive für die Übernahme der Vaterrolle näher betrachtet werden. Zudem soll im Rahmen einer Folgestudie ein Teil der teilnehmenden Väter und Männer in Vaterfunktion hinsichtlich der Sexualhormone Testosteron und Estradiol sowie des Stresshormons Cortisol im Speichel untersucht werden.

Anhand der gewonnenen Daten soll untersucht werden, wie sich überzeugte Väter von weniger überzeugten Vätern und Kinderlosen in ihren Grundvoraussetzungen, biologischen und psychologischen Charakteristika unterscheiden.

Gesucht werden erwachsene Männer, welche Vater sind oder schon einmal für ein Kind die Vaterrolle übernommen haben, z.B. als Stiefvater, Adoptivvater, Pflegevater oder Lebenspartner einer Frau mit Kindern.

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