Diese Frage stellt der Schriftsteller Ralf Bönt, dessen Manifest für den Mann ‚Das entehrte Geschlecht‘ Anfang März erschien, aus aktuellem Anlass in einem Essay in der Zeit. Wie in dem Buch knüpft er seine gleichstellungspolitischen Forderungen an persönliche Erfahrungen an, die auch andere nichtverheiratete Väter alltäglich machen können.
‚Vor einigen Jahren wollte ich mit meinem Sohn zum Skilaufen an die Schneekoppe fahren. Um einen Reisepass für ihn zu beantragen, ging ich zum Bürgeramt, wo ich feststellen musste, dass keine Sachbearbeiterin von meinem Sorgerecht informiert war. Ich holte den amtlichen Zettel mit der Sorgerechtsteilung von zu Hause, aber einen Pass konnte ich für meinen Sohn ohne die Unterschrift seiner Mutter sowieso nicht beantragen.
»Was meinen Sie wohl«, sagte die junge Frau hinter dem Schreibtisch gelangweilt, »wie viele Kinder jedes Jahr von ihren Vätern entführt werden.« Erst beim Fortfahren blickte sie mir in die Augen: »Wenn die erst mal außer Landes sind, kriegt die keiner mehr.« Nur kurz stellte ich mir in dieser Sekunde vor, ohne Pass nach Zittau zu fahren und zu sehen, ob die Schranke offen war. Vielleicht würden wir auch durchgewunken oder könnten mit den Grenzern reden. Dann sah ich die Tränen meines Sohnes für den Fall, dass wir umkehren mussten. Ich sah ein: Der Skiurlaub musste verschoben werden.
Danach änderte die Mutter ohne Rücksprache im selben Amt den Hauptwohnsitz unseres Sohnes. Ich konnte dies allein nicht rückgängig machen. Diesmal erklärte mir eine ältere Dame, ich habe doch selber gesagt, dass man den Wohnsitz nicht ohne Zustimmung beider Eltern ändern könne. Zwei Fehler, meinte sie, seien einer zu viel. So fand ich mich in einer Anwaltskanzlei wieder, bis der Wohnsitz wieder da war, wo sich unser Sohn am meisten aufgehalten hatte.
Damals ließ ich meine Vaterschaft auch in meinen Reisepass eintragen, denn als wir doch noch auf dem Weg zur Schneekoppe waren, wären wir fast nicht über die Grenze gekommen. Wir tragen nicht denselben Nachnamen, ich hatte der Mutter da den Vortritt gelassen. So konnte ich nicht nachweisen, erlaubterweise mit dem Kind zu reisen. Erst mit der Eintragung im Pass hatte ich amtlich, dass mein Sohn wirklich mein Sohn war.
Als dieser Pass jetzt ablief, erfuhr ich von einer Neuerung: Man kann zwar den eigenen Fingerabdruck in den neuen Pass einlesen lassen, Kinder werden aber nicht mehr notiert. Eigentlich müsste ich den Zettel mit dem Sorgerecht jetzt also immer bei mir tragen, ohne zu sehr zu hoffen, dass er mir an einem Schlagbaum, auf einer Polizeiwache oder gar in einem Krankenhaus wirklich helfen würde, etwa wenn es gilt, eine schnelle Entscheidung zu treffen. Ich sehe die skeptischen Blicke der Beamten oder Ärzte lebhaft vor mir: Ein Mann, der ein abgegriffenes DIN-A4-Blatt aus der Innentasche des Jacketts holt und umständlich entfaltet, um sich als Vater seines Sohnes auszuweisen? Weiterlesen »