Deutschland ist (k)ein kinderfreundliches Land
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Freitag 13. Juli 2012
Der für Wohnungseigentumssachen zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe hat heute über die Revision von zwei beklagten Wohnungseigentümern entschieden, deren Mieterin in der Wohnung eine Tagespflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder betreibt. Auf die Klage einer Wohnungseigentümerin waren sie vom Landgericht verurteilt worden, die Nutzung der Wohnung als Kindertagespflegestelle zu unterlassen. …
In der Urteilsbegründung heißt es unter anderem: Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Nutzung einer Wohnung zum Betrieb einer entgeltlichen Tagespflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder die „Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnung“ im Sinne der Teilungserklärung darstellt … Zwar gehört zum Wohnen auch die Möglichkeit, in der Familie neben den eigenen Kindern fremde Kinder zu betreuen, etwa bei regelmäßigen Besuchen von Freunden der Kinder oder im Wege der Nachbarschaftshilfe. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Nutzung der Wohnung zur (werk-) täglichen Erbringung von Betreuungsdienstleistungen gegenüber Dritten in Form einer Pflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder, bei der der Erwerbscharakter im Vordergrund steht. Eine solche teilgewerbliche Nutzung der Wohnung wird vom Wohnzweck nicht mehr getragen. …
Den Beklagten, die sich bisher zu keinem Zeitpunkt um die Erteilung einer Zustimmung zum Betrieb einer – nach Anzahl der zu betreuenden Kinder und zeitlichem Umfang konkret beschriebenen – Kindertagespflegestelle in ihrer Wohnung bemüht haben, bleibt es aber unbenommen, bei der Verwalterin oder der Wohnungseigentümergemeinschaft einen entsprechenden Antrag zu stellen. …
Freitag 13. Juli 2012 um 15:14
Ich hoffe, in Zukunft wird es noch erlaubt sein, mehr als ein Kind zu bekommen, wenn man zur Miete wohnt. Eigene Kinder stören nämlich ebenso die Nachbarn wie Tagespflegekinder. Nur die erforderlichen Formalitäten sind (noch)anders.
Erdbaerin
Freitag 13. Juli 2012 um 19:45
Es sit sehr schade, dass es zu diesem Urteil gekommen ist: vor allem in der Großstädten fehlen ohnehin die Kinderbereuungsmöglichkeiten. Wenn man dort auch noch allen Tagesmütter in Mehrfamilienhäser ihre Tätigkeit verbitet… Na dann ist Feierabend für viele Berufstätige Mütter!
Donnerstag 19. Juli 2012 um 07:19
Ich finde das Urteil auch schade, da es um Kinder geht. Sollte man aber trptzdem nicht die Augen davor verschließen, dass der Grund für die Entscheidung des Gerichtes, die Nutzung als Kindertagespflegestelle zu unterlssen, weniger mit den Kinder oder der Kindertagespflegestelle an sich zu tun hat, sondern damit, dass hier in einer privaten Wohnung eine nicht gemeldete gewerbliche Nutzung erfolgte:
Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Nutzung der Wohnung zur (werk-) täglichen Erbringung von Betreuungsdienstleistungen gegenüber Dritten in Form einer Pflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder, bei der der Erwerbscharakter im Vordergrund steht. Eine solche teilgewerbliche Nutzung der Wohnung wird vom Wohnzweck nicht mehr getragen.
Und weiterhin:
Den Beklagten, die sich bisher zu keinem Zeitpunkt um die Erteilung einer Zustimmung zum Betrieb einer – nach Anzahl der zu betreuenden Kinder und zeitlichem Umfang konkret beschriebenen – Kindertagespflegestelle in ihrer Wohnung bemüht haben, bleibt es aber unbenommen, bei der Verwalterin oder der Wohnungseigentümergemeinschaft einen entsprechenden Antrag zu stellen.
So sieht es eher nach einem Formfehler der Betreiber der Betreuungsstätte aus. Sollte man in seiner Beurteilung der Situation nicht vergessen.
Nichtsdestotrotz empfinde ich Deutschland auch eher als „kinderfeindlich“, es gibt mit Sicherheit genügend andere Negativbeispiele vo nGerichtsurteilen, in denen Kinderbetreuung eingeschränkt wird. Man ganz davon zu schweigen, welches Chaos sich im Hinblick auf den im kommenden Jahr eintretenden Rechtsanspruch auf Betreuungsplätze für Unter-3-Jährige anbahnt… Man(n) will gar nicht darüber nachdenken!