Es ist schon fast drei Jahre her, aber die Themen, die Gerald Hüther im FAZ Gespräch mit Julia Schaaf anspricht, sind heute noch genauso aktuell: Was brauchen Jungen für eine gelingende Entwicklung und was nicht.
‚… Deshalb stehen kleine Jungs auf Bagger und Eisenbahnen?
Früher waren es Panzer, heute sind es Feuerwehrautos, Monster und Dinos.
Sollten Eltern dem entgegenwirken, indem sie Söhnen Puppen schenken?
Das bringt nichts. Jungs brauchen weder Puppen noch Panzer, sondern stabile Bindungen und Aufgaben, an denen sie wachsen können. Und wir müssen sie vor ungünstigen Rahmenbedingungen schützen.
Weil wir sonst Schulversager produzieren und jugendliche Gewalttäter? Liegt es an der Hirnentwicklung, dass wir so viel mehr verhaltensauffällige Jungs als Mädchen haben?
Wegen ihrer schwächeren Konstitution begeistern sich schon Jungs für alles, was ihnen Erfolg, Status und Geltung verschaffen könnte. Aber es gibt fragwürdige Vorbilder: Vierzehnjährige, die damit angeben, dass sie schon drei Mädchen vergewaltigt haben und entsprechende Szenen als Handyvideo vorführen. Gruppenanführer, die nur durch Unterdrückung und die Abwertung anderer aufgestiegen sind.
Sind Männer denn per se aggressiver und gewalttätiger?
Nein. Sie suchen nur mit mehr Vehemenz nach Halt und Bedeutung in dieser Welt. Dafür werden sie von der Gesellschaft benutzt: Männer haben die kulturelle Funktion, neue Räume zu erschließen und an Grenzen zu gehen. Auf die höchsten Berge zu steigen, in die tiefsten Seen zu tauchen, Amerika zu entdecken, auf den Mond zu fliegen: Das ist alles männlich. Aber nicht, weil die Gene das bestimmen würden. Sondern weil die Suche der kleinen Jungs nach Halt in kulturell geprägte Bahnen gelenkt wird. In Zeiten, in denen Kontinente entdeckt werden, sind Seefahrer hochangesehen. Dann wollen alle kleinen Jungs Seefahrer werden. Heutzutage sind erfolgreiche Männer Nobelpreisträger, Naturwissenschaftler, Fußballer, Entertainer.
Was ist daran schlecht?
Ein Teil der Jungs bleibt auf der Strecke. Die Erfolgreichen landen in gesellschaftlich akzeptierten Positionen. Die anderen enden als Landstreicher, Drogenabhängige, Kriminelle, Schläger. Aber auch Nobelpreisträger und Hirnforscher sind letztlich nur Menschen, die gelernt haben, eine Rolle zu spielen. Männer sind, wie sie sind, …
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