Gehalt ist nicht so wichtig wie Balance von Arbeit und Leben
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Donnerstag 22. Dezember 2011
Wie lassen sich gute Mitarbeiter im Unternehmen halten? Was kann das Unternehmen tun, damit seine Mitarbeiter lange fit und gesund bleiben und nicht ausbrennen? Der Personaldienstleister Hays gibt in seinem HR-Report 2011 mit dem Schwerpunkt Mitarbeitergewinnung Antworten auf diese und weitere Fragen.
Die Studie zeigt, wie sich die befragten Unternehmen zu den relevanten Personalthemen aufstellen. Darin sind unter anderem Anregungen dazu zu finden, wie das eigene Unternehmen nachhaltig attraktiv gestaltet werden kann.
Die Karriereperspektiven sind für 60 % aller Mitarbeiter das wichtigste Argument dafür, bei einem Unternehmen zu bleiben. Ältere Arbeitnehmer bevorzugen deutlich Beschäftigungssicherheit und Förderprogramme, die individuell abgestimmt werden.
Bei den jüngeren Mitarbeitern stehen flexible Arbeitszeitmodelle und Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben mit Zustimmungswerten von jeweils rund 100 % ganz vorne. Letzteres hat gerade für die junge Generation eine enorme Bedeutung. Ihr ist bewusst, dass sie in Anbetracht einer verlängerten Lebensarbeitszeit „in Balance“ sein muss. Insgesamt spielen bei den Befragten nicht-monetäre Faktoren eine deutlich größere Rolle als eine gute Bezahlung.
Noch bis vor wenigen Jahrzehnten waren die beiden entscheidenden Sphären im Leben vieler Menschen – Beruf und Privatleben – klar voneinander abgegrenzt. Dieses Bild existiert für die Mehrzahl der heutigen Arbeitnehmer nicht mehr: Die alte Balance kippt im Zuge einer zunehmend gleichberechtigten Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern und einer „Entgrenzung“ von Arbeit und Freizeit. Heute ist in der Regel nicht mehr ohne weiteres auszumachen, inwieweit „Work“ oder „Life“ den Einzelnen be- oder entlasten. Wo, wann und in welchem Maße der Einzelne Belastung empfindet und im Gegenzug „auftankt“, hängt in hohem Maße von der persönlichen Situation in Beruf und Privatleben, von Neigungen und individuellen Einschätzungen ab.
Das Hinwirken auf eine in dieser Form definierte Work-Life-Balance ist angesichts zentraler Trends und Entwicklungen in der Arbeitswelt ein Muss auf der Agenda zukunftsgerichteter Unternehmen.
Allerdings sind nur 42,6 % der Befragten im der Ansicht, dass dem Thema „Work-Life-Balance“ in ihrem Unternehmen eine sehr große bzw. große Bedeutung beigemessen wird, das heißt hier besteht ein nicht unerheblicher Nachholbedarf. Dies gilt insbesondere in der Industrie und im Dienstleistungsbereich, während der öffentliche Sektor deutlich höhere Zustimmungswerte aufweist. Die Studie als PDF können Sie sich hier direkt herunterladen.
Mittwoch 28. Dezember 2011 um 19:58
„Was kann das Unternehmen tun, damit seine Mitarbeiter lange fit und gesund bleiben und nicht ausbrennen?“
Diese Frage und die Antworten darauf hätten mich persönlich auch interessiert.
Dabei fällt auf, dass trotz der immer stärkeren Wahrnehmung der Problematik „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber die Problematik der „Vereinbarkeit von Berufs- und Lebensphase“ in ihrer gesamten Tragweite zu verstehen.
Wenn ich nämlich in Zeiten der Kindesbetreuung als Vater meine Arbeitszeit reduziere, so werde ich bei Scheidung noch immer so behandelt, als ob ich Vollzeit arbeiten würde: Mein Einsatz als betreuende Person, wird weder von der feministisch verseuchten Politik noch von der feministisch verseuchten Justiz wahrgenommen geschweige denn unterstützt: Du Vater, Du arbeiten!
„Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, „Vereinbarkeit von Berufs- und Lebensphase“ erfordert von den Unternehmen auch die Erkenntnis, dass (meistens) Väter, nach Trennung oder Scheidung in ein schwarzes Loch fallen, das ihnen jeglichen Lebensmut und -kraft nehmen kann: Wer als Mann und Vater versucht hat seine Familie mit dem Beruf zu vereinbaren und mehr Zeit mit seinen Kindern zu verbringen, wird spätestens vor dem Kadi auf den Boden der ach so gleichgestellten Gesellschaft zurückgeworfen.
Spätestens dann, wenn er seine Kinder nur noch alle zwei Wochen für zwei bis drei Stunden sehen darf und für ihn ansonsten nur noch die „erhöhte Erwerbsobliegenheitspflicht“ gilt, wird er verbittert feststellen, dass weder sein Unternehmen noch irgendeine deutsche Institution ihm in irgendeiner Weise helfen wird, sein Umgang mit seinen Kindern auf ein menschlich würdiges Maß zu bringen.
Denn die meisten Männer und Väter merken nicht, dass „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ eigentlich nur ein Programm für Frauen ist, während dies für sie nur ein Lockmodell in der Vaterfalle ist.
Daher besteht ein gewaltiger Nachholbedarf in Sachen Gleichberechtigung der Geschlechter: Das sollte mit der Erkenntnis beginnen, dass Kinder nicht „zur Mutter gehören“, sondern zu „BEIDEN Eltern“.
Erst wenn auch die Vereinbarkeit von Beruf und Lebensphase „Trennung und Scheidung“ sich im Bewusstsein der Unternehmer und der Arbeitnehmer einbrennt und entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, wird diese Phase nicht zum heute feststellbaren Burn-Out und der inneren Emigration oder Kündigung münden.