Papa nimmt den Flieger ins Büro
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Mittwoch 9. Juni 2010
Leben in Berlin, arbeiten in New York? Heute keine Seltenheit mehr. Berufspendler gab es zwar schon immer, aber nie zuvor waren Menschen so weltumspannend mobil wie heute. Für Familien eine Zerreißprobe. Das Online Magazin urbia.de we are family porträtiert zwei Familien, in denen die Väter häufig aus Berufsgründen abwesend sind, beschreibt die Folgen für die Kinder und die Herausforderungen für die Partnerschaft
Thomas P., Vater zweier Söhne, ist selbstständiger Unternehmensberater und arbeitet für wechselnde Kunden in Deutschland und im europäischen Ausland. Oft kann er einen ganzen Monat lang nur samstags und sonntags bei seiner Familie sein. Genauso gibt es aber auch Phasen, in denen er nur die halbe Woche unterwegs oder zwischen zwei Aufträgen ganz zu Hause ist. Unter noch extremeren Bedingungen arbeitet Oliver G., Vater eines Vierjährigen: Als Kameramann beim Film ist er etwa 25 Wochen im Jahr zu Dreharbeiten unterwegs. Die Saison geht von April bis Oktober und erlaubt ihm nicht mehr als eine oder zwei Wochen Pause zwischen den mehrwöchigen Arbeitseinsätzen. Den Winter verbringt er dafür komplett bei seiner Familie.
Thomas und Oliver sind keine Einzelfälle. Laut der laufenden Studie „Job Mobilities and Family Lives in Europe“, die die Umstände beruflicher Mobilität in mehreren Ländern Europas untersucht und von der Universität Mainz koordiniert wird, ist derzeit jeder fünfte deutsche Vollzeiterwerbstätige aus beruflichen Gründen mobil: Er oder sie pendelt täglich (Fernpendler), kommt nur am Wochenende nach Hause (Shuttle), ist für den Job in eine weit entfernte Stadt gezogen (Umzugsmobiler) oder übernachtet unregelmäßig an verschiedenen Arbeitsorten (Varimobiler).
Bei 36 % der mobilen Deutschen leben Kinder im Haushalt. Tendenz: steigend, und daran zeigt sich, dass dieses Lebensmodell ein sehr modernes ist: Immer mehr Familien probieren es freiwillig oder unfreiwillig aus, weil neue Arbeitsplätze vor allem im Dienstleistungs- und Informationssektor entstehen. Und ob Tourismus- oder IT-Branche, Freiberufler- oder Beratertätigkeit: ohne Flexibilität läuft hier gar nichts.