Väter spielen als emotionale Bezugsperson für das Kind eine Hauptrolle
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Montag 5. Oktober 2009
Margrit Stamm, Professorin für Erziehungswissenschaften an der Universität Freiburg (Schweiz) verbindet in der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) Ergebnisse der Väterforschung mit alltäglichen Erfahrungen der Aufgabenteilung in den Familien.
Gemäß neusten Erkenntnissen verfügen Väter gar über ähnliche biologische Kompetenzen wie Frauen: Während der Schwangerschaft erleben sie ebenfalls Hormonschübe, können zum Neugeborenen ähnlich emotionale Bindungen aufbauen und auf ein schreiendes oder lächelndes Baby ähnlich wie die Mutter reagieren. Mit Ausnahme des Stillens – so die Forschung – gibt es keine Hinweise, dass Frauen prädisponiert sind, der bessere Elternteil zu sein. Sind es also rein soziale Konventionen, die uns glauben machen, die Mutter sei wichtiger für die kindliche Entwicklung?
Fast scheint es so. Die Entwicklungspsychologie nämlich belegt, dass der Vater emotional genauso wichtig für die Entwicklung des Kindes ist wie die Mutter – nicht in quantitativer, aber in qualitativer Hinsicht. Dies stellt einen Knackpunkt dar: Zwar verbringen Männer mehr Zeit mit ihren Kindern, als dies früher der Fall war, Mütter jedoch (auch wenn sie berufstätig sind) wenden noch immer weit mehr Zeit für Haushaltsarbeiten auf. Verständlich die oft geäußerte weibliche Rüge, Väter würden im Umgang mit Kindern nur die Rosinen herauspicken.
Neues schwaches Geschlecht?
Folgt man den Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie, ist aber genau diese Teilung für das Kind förderlich. Denn Väter spielen anders mit dem Kind als Mütter: Sie erfinden stets neue Spiele, tollen mit dem Kind herum, sind in Ordnungsfragen großzügiger. Mütter sind konventioneller, vorsichtiger und angetan, dem Kind bei der Regulation der Gefühlswelt zu helfen. Kein Wunder, dass viele Kleinkinder den Vater als Spielkameraden bevorzugen. – Die Vatersehnsucht hat aber auch völlig gegensätzliche Impulse erfahren. Man spricht von den Männern als den «tendenziellen Modernisierungsverlierern». Davon, dass sie das neue «schwache Geschlecht» seien, das sich der Partnerin und dem «Projekt Kind» anzupassen habe. Dieses hat die Elternschaft nicht nur zur wählbaren Option werden lassen, sondern auch zu neuen Abhängigkeiten geführt. Zwar verbindet sich mit dem Projekt Kind zunehmend der Wunsch nach Sinn und Glück. …
Fest steht: Biologische Vaterschaft verliert, soziale Vaterschaft gewinnt an Bedeutung. Männer kommen in den seltensten Fällen lediglich durch Zeugung zu einem Kind, sondern, indem sie sich in eine intime Beziehung zum Kind einlassen. Das Vater-Kind-Verhältnis muss somit emotional aufgeladen sein. …
Partnerin steuert Vaterrolle
Fakt ist auch, dass es eine Abhängigkeit zwischen neuer Väterlichkeit und neuer Mütterlichkeit gibt. Und es gibt wohl einen vierten – eher verdrängten – Vater-Typus. Jenen, der physisch präsent ist, dessen väterliche Gegenwart die Mutter aber nicht zur Kenntnis nehmen will. Solches Verhalten ist eine mächtige Quelle, aus der Vatersehnsucht sprudelt. Väter – so das Fazit – sind eben nur exakt so weit involviert, wie es die Partnerin zulässt.
Dienstag 10. November 2009 um 14:32
Wieso schwaches Geschlecht?