Einen
Überblick über aktuelle Forschungsergebnisse auf Grundlage der
Datenerhebung AID:A 2019 über die Zeit vor Corona bietet die Publikation
„Aufwachsen in Deutschland 2019. Alltagswelten von Kindern,
Jugendlichen und Familien“. Darüber hinaus ermöglichen aktuelle Analysen
breite Einblicke in Veränderungen seit dem Beginn der Pandemie zu
vielfältigen Themen wie Peerbeziehungen und soziales Engagement junger
Menschen, Anregungs- und Lernbedingungen ab der frühen Kindheit, die
Gestaltung des Familienlebens zwischen Homeoffice und Distanzlernen und
vieles mehr.
Die DJI-Forscherinnen und Forscher gehen etwa der Frage nach: Sind
Homeoffice und Notbetreuung wirksam gegen elterlichen Stress in der
COVID-19-Pandemie? Ihr Fazit: Homeoffice im Lockdown konnte nur bedingt
Vereinbarkeitskonflikte zwischen Familie und Beruf verringern, wobei
Mütter nicht im gleichen Maße profitieren konnten wie Väter.
Notbetreuungsmaßnahmen können den Pandemie-Druck auf das elterliche
Wohlbefinden nicht mindern, verhindern aber effektiv den Anstieg
negativen Erziehungsverhaltens wie häufiges „Wütend werden“. Diese
Wirkung ist auch Monate nach dem ersten COVID-19 Lockdown im März/April
2020 deutlich und statistisch signifikant messbar.
Freundinnen und Freunde gehören weiterhin zu den wichtigsten
Bezugssystemen von Jugendlichen. Sie knüpfen ihre Freundschaften vor
allem in der Schule, gestalten diese dann aber ebenso online wie offline
aus. Analoge und digitale Welten stehen sich somit nicht gegenüber,
sondern ergänzen und verbinden sich. Auch zu den Peerbeziehungen
Jugendlicher vor und während Corona liegen Daten vor. Während des ersten
Lockdown im Frühjahr 2020 haben sich junge Menschen vor allem an ihre
Eltern und Peers gewandt. Sie haben sich auf vielfältige Weise
engagiert, sich gegenseitig und andere unterstützt.
Ein weiteres Forschungsbeispiel sind Herausforderungen für Kinder und
ihre Familien vor und während der Pandemie. So spielt etwa beim
Distanzlernen das Elternhaus insbesondere bei der technischen
Ausstattung eine zentrale Rolle für das Zurechtkommen. Die Ausstattung
ist bei Schülerinnen und Schülern in benachteiligteren Lebenslagen
jedoch seltener vorhanden.
Nach der Arbeit noch schnell fürs Abendessen einkaufen, die Tochter zum Klavierunterricht fahren, mit dem Sohn Vokabeln für die nächste Klausur pauken und abends trotzdem mit schlechtem Gewissen ins Bett fallen. Denn der Tag war mal wieder zu kurz, um alles zu schaffen. Familienalltag in Deutschland.
Wie Eltern diese Situation empfinden und was im Familienleben zu kurz kommt, hat das Online-Lernportal scoyo nun in einer Studie untersucht. 1.005 Mütter und Väter äußerten sich in einer repräsentativen Befragung zu ihrem Familienalltag. Zusätzlich sprach scoyo mit namhaften Erziehungsexperten wie Gerald Hüther, Jesper Juul, Elke Wild, Jan-Uwe Rogge, Sabine Czerny und Axel Doderer über die Entwicklung in den Familien.
Die Ergebnisse der Elternstudie sind eindeutig: Mehr als die Hälfte (63 %) der Befragten fühlt sich im Familienalltag unter Druck – 33 % davon gelegentlich, fast jeder Dritte sogar sehr häufig oder häufig. Als Ursache nennen die Befragten neben den Mehrfachbelastungen durch Familie und Beruf (49 %) die eigenen hohen Erwartungen (43 %) und den Wunsch, ihren Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen (42 %). Vor allem Frauen fühlen sich stärker durch den Wunsch belastet, gute Eltern zu sein (49 %), als die Väter (36 %). Bei den Alleinerziehenden ist diese Belastung mit 56 % sogar noch stärker.
Familien stehen heute mehr unter Stress als früher. Über die Gründe sind sie sich einig. Jesper Juul, Axel Doderer und Gerald Hüther sehen einen hohen Leistungsdruck. Schüler sollen in der Schule von Anfang an sehr gute Leistungen erzielen, um später erfolgreich zu sein. Gerald Hüther sagt: „Statt ihre Kinder vor dem Druck zu schützen, meinen viele Eltern fälschlicherweise, sie schon früh auf den Leistungsdruck in der Gesellschaft vorbereiten zu müssen.“
Die Elternstudie zeigt: In den Familien entsteht durch die hohen Erwartungen, die Väter und Mütter an sich selbst stellen viel Druck. Die befragten Experten raten daher: Eltern sollten nicht alles perfekt machen wollen. Wenn Kindern wieder mehr Raum zur eigenständigen Entfaltung haben, entspannen sie. Das entlastet dann auch Mütter und Väter.
Die Ergebnisse der Studie sind in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Focus Schule nachzulesen.
Keine Einsen, keine Zweien – der Drittklässler bringt nur Dreien nach Hause. „Mein Fehler!“, denken viele, besonders studierte Eltern mit schlechtem Gewissen. Weshalb dies stimmt nicht, erklärt Professor Detlef H. Rost, Psychologe und Intelligenzforscher an der Universität Marburg, im großen Dossier „Wir. Sind. Nicht. Schuld!“ in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift ELTERN FAMILY.
Denn nicht in jedem Fall hätten intelligente Eltern „automatisch“ intelligente Kinder, berichtigt Prof. Rost einen weitverbreiteten Mythos: „Gute Noten werden nicht vererbt. Intelligenz setzt sich vermutlich aus mehr als hundert Genen zusammen. Bei der Vererbung können daraus unzählige unterschiedliche Kombinationen entstehen. Außerdem gibt es das Phänomen der ‚Regression zur Mitte‘. Sehr intelligente Eltern haben im Schnitt nicht ganz so intelligente Kinder. Das gilt auch andersherum: Eltern mit geringer Intelligenz haben im Schnitt etwas schlaueren Nachwuchs.“
Der Experte empfiehlt betroffenen Müttern und Vätern in Sachen Noten mehr Gelassenheit: „Es ist keine Katastrophe, wenn ein Kind keine Gymnasialempfehlung bekommt! Und mit Schuld hat das nichts zu tun. Starker Leistungsdruck führt oft zu Überforderung und zu emotional unstabilen Kindern bis hin zu späterem Versagen… Man kann ein Pferd nur zum Brunnen führen, trinken muss es selbst.“
Im Übrigen liege es nicht immer an der Intelligenz, wenn ein Kind Schulschwierigkeiten habe: „Intelligenz ist zwar wichtig für Leistungen in der Schule. Aber es gibt weitere wichtige Faktoren: Ist mein Kind motiviert zu lernen und dem Unterricht zu folgen? Ist es bereit, sich anzustrengen? Hat es ein gutes Arbeitsverhalten, und macht der Lehrer einen interessanten Unterricht?“