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… sie kommt, sie kommt nicht, sie kommt doch: die Vaterschaftsfreistellung

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 13. Januar 2023

Eine 14-tägige Vater- bzw. Partner*schaftsfreistellung ist Bestandteil der 2019 verabschiedeten Vereinbarkeitsrichtlinie der EU, stand bei allen Ampelparteien in den Wahlprogrammen und ist Bestandteil des Koalitionsvertrags. Das in der EU-Richtlinie verbindlich festgelegte Datum für die Umsetzung war August 2022. Dies hat die Bundesfamilienministerin Lisa Paus verstreichen lassen. Ende November erklärte sie: Die zweiwöchige Freistellung nach der Geburt komme nicht mehr in diesem Jahr, aber 2024. Die wirtschaftliche Lage sei derzeit schwierig, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen. „Deshalb möchte ich dieses wichtige Vorhaben im nächsten Jahr aufs Gleis setzen.“

Anfang Januar ist zu lesen, die Familienministerin rechne mit Blick auf die Einführung einer zweiwöchigen, bezahlten Väterauszeit mit Akzeptanz aufseiten der Arbeitgeber. „Ich gehe davon aus, dass die Partnerfreistellung von den Unternehmen angenommen wird“, sagte Paus der Deutschen Presse-Agentur. Die Unternehmen würden sich jetzt schon „große Gedanken“ um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf machen – gerade auch „in einer Zeit des Fachkräftemangels.“

Diese Erwartung hat sie auch vor dem Hintergrund einer vom BMFSJ in Auftrag gegebenen und kurz vor Weihnachten veröffentlichten Studie geäußert. Dort heißt es unter anderem: Für Väter ist eine gelingende Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein sehr wichtiges Anliegen. Deutlich wird das durch die Bereitschaft der Väter, ihre Arbeitsstelle zu wechseln. Rund 450.000 Väter in Deutschland haben schon einmal den Arbeitgeber zugunsten einer besseren Vereinbarkeit gewechselt. Und mehr als 1,7 Millionen Väter denken darüber häufig oder zumindest manchmal nach. Diese hohe Wechselbereitschaft ist gerade in den aktuellen Zeiten des Fachkräftemangels ein großes Unternehmensrisiko.

Da müssten doch eigentlich bei Unternehmen die Alarmglocken läuten und die Vaterschaftsfreistellung, schon vorab auf freiwilliger Basis als Instrument zur Steigerung der Arbeitgeber*attraktivität, ein Mittel der Wahl sein. Aber denkste …

Quasi als Antwort auf die Äußerungen der Ministerin gegenüber dpa veröffentlicht die FAZ einen Kommentar von Heike Göbel in dem sie das Engagement von Vätern als ‚Freizeit‘ diffamiert. „Paus beruft sich auf eine EU-Vorgabe, doch diese würde Deutschland mit seinen ohnehin reichlichen Urlaubs- und Freistellungsregeln so wieder mal übererfüllen. Die Kritik der Wirtschaft perlt an Paus ab. Sie gehe davon aus, dass die „Partnerfreistellung von den Unternehmen angenommen werde“, ließ sie jetzt wissen. Zynischer geht es kaum.

Und wer gedacht hat, diese Missachtung von Vätern und Müttern lasse sich nicht steigern wird von Anke Heinrich eines Besseren belehrt. In ihrem Beitrag für ‚Markt und Mittelstand‘ schreibt sie drei Tage später: „Stellen Sie sich vor, man gibt der Bundesfamilienministerin eine Aufgabe: Deutschlands Betrieben acht Millionen Arbeitstage im Wert von 1,8 Milliarden Euro zu stehlen, Jahr für Jahr. Und zwar ohne, dass es irgendetwas bringt. Im Gegenteil, es soll sogar mehr Schaden als Nutzen anrichten als nutzen. Das klingt schwierig? Nicht für Lisa Paus. Wer wie die Grüne 22 Semester studiert hat, um danach direkt Berufspolitikerin zu werden, dem fällt das schon etwas ein: Jeder Vater soll nach der Geburt zwei Wochen Extra-Urlaub bekommen – natürlich bezahlt vom Unternehmen.“

Sie verpackt ihre menschenverachtende Polemik geschickt in Fragen, die zweite lautet: „Helfen die Väterwochen der Gesellschaft, familienfreundlicher zu werden? In der Antwort wird jetzt gegen Väter ‚gekeilt‘: „Nein, denn wenn ein Vater keine zehn Urlaubstage mehr übrig hat für die Phase nach der Geburt seines Kindes, wird er auch mit zehn zusätzlichen Tagen wohl eher eine Kegeltour zum Ballermann unternehmen, als seiner Frau zu helfen.“

Unternehmen und ihre vermeintlichen Helfer*innen, die auf einem derartigen Niveau polemisieren ist eigentlich nicht zu helfen. Norbert Walter, der ehemalige ‚Chefvolkswirt’ der Deutschen Bank, hat dazu beim ersten Netzwerktreffen des Unternehmensnetzwerks ‚Erfolgsfaktor Familie’ am 1. April 2008 in seiner Keynote zum Thema nachhaltige Familienpolitik in Unternehmen unter anderem angeregt, nicht ständig im Gegenwind zu arbeiten und zu predigen, sondern den Unternehmen, die der Überzeugung sind, Familienfreundlichkeit rechne sich nicht einen glücklichen Untergang zu wünschen. ‚Wir brauchen ja schließlich auch Verlierer im Wettbewerb’. Das gilt heute mehr als vor 15 Jahren.

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Kauf den Gefrierschrank erst, wenn du weißt, dass deine Kinder selbstgekochten Brei mögen

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 18. November 2022

Marius Kronsberger hat einen schonungslos ehrlichen Bericht über seine 365 Tage Elternzeit mit den Zwillingen Franz und Isa geschrieben. Unter der Überschrift ‚Von einem der heimging um bei seinen Kindern zu sein‘ schildert er, was ein Jahr Elternzeit mit ihm als Papa gemacht haben und fasst im letzten Teil des Buches, am Ende der Elternzeit, seine Erfahrungen zusammen und ermutigt zukünftige Papas, ebenfalls möglichst lange und alleine Elternzeit zu machen.

Aber der Reihe nach. Ein beschissener Anfang, Franz kotzt, er hat Magen Darm und … die erste Woche zieht sich bis zum ‚ockerfarbenen Freitag‘. Kronsberger führt während seiner Elternzeit Tagebuch und zitiert beschissene und freudige Erlebnisse. Dabei fasst er seine Erlebnisse in den unterschiedlichen Phasen der Elternzeit thematisch zusammen und verdichtet diese.

Zum Beispiel ‚Das Denken der Anderen‘: „Die Leute gucken. Sie gucken mich an und die Kinder. Es gibt unterschiedliche Reaktionen. Oft bekommen wir ein Lächeln geschenkt, insbesondere von älteren Frauen. Männer, vor allem jüngere, grinsen manchmal doof.“ Diese Blicke und die Gespräche, die sich manchmal daraus entwickeln spiegeln den Blick auf einen Vater in Elternzeit in einer deutschen Kleinstadt wider. „Im Kern meinen es die meisten Menschen ja gut mit uns, selbst wenn sie über mein Geschlecht verwundert sind.“

Das alles erlebt der Autor im Jahr 2020, vierzehn Jahre nach der Einführung des Elterngeldes können sich manche Menschen sich immer noch nicht vorstellen, dass ein Vater das freiwillig macht. Aber damit kann der Autor nach einer Weile gut umgehen. Was ihn, und alle anderen Mütter und Väter aus den Socken haut, sind die Meldungen vom Freitag, den 13. März 2020: Für Montag wird der erste Lockdown verbunden mit der Schließung der Kitas und Schulen und der Sperrung der Spielplätze verhängt.

„Ich habe keine Ahnung, wie ich die nächsten fünf Wochen mit drei Kindern zu Hause und ohne Aktivitätsangebote überstehen soll. Das wird echt hart.“ Ja das war hart und Kronsberger beschönigt nichts. „Die globale Kris ist vermutlich noch lange nicht beendet. Meine aber zum Glück schon. Ich bin wieder zu Kräften gekommen, bin nicht mehr so dünnhäutig. Am Ende gehe ich gestärkt und mit dem Wissen um eine Grenzerfahrung aus dieser Zeit.“

Die Erfahrungen führen zu einem Perspektivwechsel, den der Autor nicht nur möglichst vielen Vätern, sondern auch vielen Führungskräften an Herz legt. Sie würden mit den Anliegen ihrer Mitarbeitenden anders umgehen, wenn sie einmal selbst verantwortlich mit diesen vermeintlichen Lappalien umgehen müssten.

Dieser Perspektivwechsel hat einen Preis, auch das spricht Kronsberger ehrlich an. Er hat sich am Ende der Elternzeit dafür entschieden, nicht in Vollzeit in den Job zurückzukehren. Die Erfahrungen der Elternzeit haben ihm geholfen, den gesellschaftlichen Druck der Arbeitswelt abzustreifen. „Die Angst um den Job war eine der größten Hürden.“ Aber, „die Nähe zu meinen Kindern und die Zeit mit ihnen sind mir mehr wert als ein großer Karriereschritt.“

Die Erfahrungen sind aber auch für Arbeitgebende attraktiv: Er sei mit viel mehr Wassern gewaschen als vorher und die Persönlichkeit ist in vielen Facetten gereift. So beschreibt er fast bescheiden den Zuwachs an sozialen Kompetenzen, die Mann, und natürlich auch Frau im täglichen Umgang mit Kindern erwirbt und weiter entwickelt.

Vor diesem Hintergrund ist das ‚Sendungsbewusstsein‘ mit dem er andere (werdende) Väter ermutigen möchte, diese Erfahrungen auch zu machen nur zu verständlich.

„Nimm richtige Elternzeit, weil: sie dich verändern wird, du eine völlig neue Perspektive auf das Leben kennenlernen wirst, deine Grenze zwischen wichtig und unwichtig verschoben wird, diese Zeit eine riesige Chance ist (und zwar für dich) und du danach eine enge Beziehung zu deinen Kindern hast, die du anders nicht erreichen kannst!“

Um den Vätern ihre Entscheidung zu erleichtern, fasst er am Ende seine Erkenntnisse in ‚10 Soft Skills‘ zusammen. Der Hinweis mit dem Gefrierschrank stammt aus dem siebten: „Löse Probleme erst, wenn du sie hast.“

Das können Väter getrost auch auf ihre Sorgen bezüglich der Reaktion ihres Arbeitgebenden auf den Wunsch länger als zwei Monate in Elternzeit gehen zu wollen, beziehen. Freudensprünge werde in der Regel ausbleiben, aber das Gespräch wird sich schnell um die Frage drehen, wie eine gute Lösung für die Zeit der Abwesenheit gefunden werden kann.

Das Buch von Marius Kronsberger liefert ansonsten alle Argumente, die ein Vater braucht, sich für diesen Schritt zu entscheiden und gemeinsam mit der Partnerin auszuhandeln, wer, wann was in welchem Umfang macht. Eine gleichmäßige Aufteilung von Erwerbs- und Carearbeit führt, das soll nicht verschwiegen werden, auch zu einer Steigerung der Partnerschaftsqualität.

Das knapp 150seitige Buch von Marius Kronsberger ist in meinen Augen ein ‚must read‘ für werdende Väter und jede und jeder, der sich fragt, was er einem solchen schenken kann, ist mit 14,90 € dabei.

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Mehr Zeit mit der Familie für Väter …

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 31. Oktober 2022

So lautete die Überschrift in dem Abschnitt ‘Eckpunkte für eine zukünftige Familienpolitik’ in dem Familienbericht, den die Landesregierung 2015 veröffentlichte. Dem Bericht zugrunde lagen die Auswertung statistischer Daten, eine eigens durchgeführte Familienbefragung sowie die Ergebnisse verschiedener Workshops an denen Familien und Expert*innen sich beteiligen konnten. Als letzte Veranstaltung fand im November 2014 unter der Überschrift ‚Vatersein in Siegen, Vater sein in NRW‘ ein Familiendialog an der Universität in Siegen statt.

Hier wurden bereits die Ambivalenzen und Widersprüche deutlich, mit denen Väter und Mütter, nicht nur in NRW, konfrontiert werden. ‚Väter sehen sich nicht mehr länger nur in der Rolle des Ernährers, sondern möchten sich aktiv an der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder beteiligen. Bei der Familienbefragung für NRW haben 42 Prozent der Väter erklärt, dass sie es ideal fänden, wenn beide Elternteile in gleichem Maße erwerbstätig sind und sich um Haushalt und Familie kümmern.‘

Die Ursache – Wirkung – Kette‘ wird in dem Bericht folgendermaßen beschrieben: Dies spiegelt die individuellen Wünsche der Väter, mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen zu können – stellt aber auch eine Grundvoraussetzung für eine erhöhte Erwerbstätigkeit der Mütter dar. „Einspruch Euer Ehren“ würde es jetzt vor Gericht lauten. Hat doch die gleiche Landesregierung bei der Prognos AG wenige Jahre zuvor eine Untersuchung in Auftrag gegeben, wovon die Inanspruchnahme von Elternzeit in erster Linie abhängt. Als die wichtigsten Faktoren wurden identifiziert:

  • die existierenden Kinderbetreuungsangebote
  • der Umfang der Berufstätigkeit von Frauen und
  • die Einstellung zur Betreuung von kleinen Kindern durch eine andere Person als die Mutter

Insbesondere bei den beiden letzten Kriterien liegt NRW weit zurück. Darüber hinaus konstatiert der Bericht: ‚die im Bundesvergleich geringe Inanspruchnahme der Partnermonate beim Elterngeld bei den Vätern in NRW belegt, dass auch Väter bei der Realisierung des von ihnen gewünschten Familienmodells auf Widerstände stoßen. … Dass viele Väter hiermit unzufrieden sind, ist bei den Familiendialogen sehr deutlich geworden: Väter erklärten, sie hätten immer ein schlechtes Gewissen ihren Kindern gegenüber, und sie beneideten ihre Partnerin um die Zeit, die diese mit den gemeinsamen Kindern verbringen könne. Dazu passt, dass 24 Prozent der voll erwerbstätigen Väter bei der Familienbefragung für NRW den Wunsch nach einer Reduzierung ihrer Arbeitszeit geäußert haben.

Bei den Gründen, warum sie es nicht tun, spielten finanzielle Erwägungen eine wichtige Rolle. Äußerungen aus den Familiendialogen hätten aber auch gezeigt, dass viele Väter ihre Rechte im Hinblick auf eine Teilzeittätigkeit nicht kennen. Als Ziel wird an dieser Stelle im Bericht formuliert, die Entscheidungsspielräume für Eltern zu erweitern. Dazu „müssen die traditionellen Geschlechterbilder für Frauen und Männer so verändert werden, dass die wechselnden Phasen von Erwerbs- und Familienphasen nicht länger zu unterschiedlichen Erwerbschancen von Frauen und Männern führen“.

Diese mechanistische Sichtweise karikiert das an sich wünschenswerte Ziel ‚atmender‘ Lebensläufe von Vätern und Müttern. Verhalten und noch mehr Haltungen lassen sich nicht durch Anweisungen verändern, sondern dadurch, dass Väter und Mütter andere Erfahrungen machen können, z.B. durch Elternzeiten und Verantwortungsübernahme in bislang „vernachlässigten“ Bereichen.

Hier setze die Arbeit der 16 Kompetenzzentren Frau und Beruf an. Es gehe dabei auch um Strategien für eine bessere Vereinbarkeit von Familie/Pflege und Beruf, flexible Übergänge zum Wiedereinstieg nach der Elternzeit, aber auch bessere berufliche Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen und die Gewinnung weiblicher Auszubildender in frauenuntypischen Berufen.
Alles gut und EU finanziert, aber was unternimmt die Landesregierung um Vätern neue Erfahrungen zu ermöglichen? Dazu ist im Familienbericht zu lesen: Mit ihrem Portal „www.vaeter.nrw.de“informiert die Landesregierung über Wege zu einer aktiven Vaterschaft. Sie fördert außerdem eine Fachstelle für Väterarbeit. Zusätzlich wird sie die Diskussion über die Bedeutung von Vaterschaft stärker in die Gesellschaft hineintragen. Ziele einer Öffentlichkeitskampagne sind deshalb u. a.:

  • die Attraktivität der Vaterrolle für Männer zu steigern,
  • die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die mit dem Rollenwandel einhergehenden Anforderungen,
  • die Bedeutung einer aktiven Vaterschaft für die kindliche Erziehung darzustellen und
  • die notwendigen Aushandlungsprozesse von Eltern zu begleiten.

Die Kampagne ist knapp 9 Monate nach der Veröffentlichung des Familienberichts Ende Juni 2016 mit einer Plakataktion gestartet. Besonders wirksam war der Aufbau eines SocialMedia Auftritts bei Facebook, bei dem wöchentlich Erfahrungsberichte von Vätern publiziert wurden und der innerhalb weniger Monate mehr als 8.000 Follower hatte.

Bereits fünf Monate vor dem Start der Kampagne fand der ebenfalls im Bericht erwähnte Familiengipfel statt. In der Erklärung ist u.a. zu lesen, „… dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit Müttern und Vätern gemeinsam das Gespräch über die unterschiedlichen Ausgestaltungsmöglichen der Elternzeit suchen und den werdenden Müttern und Vätern Ansprechpartner zur Beratung und Beantragung des Elterngelds benennen, …“ und weiter unten „… dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und ihren Vertretungen in einer Kultur gegenseitiger Wertschätzung die Inanspruchnahme der Elternzeit festlegen.“

Das klang und klingt gut und wäre, wenn den Worten denn Taten gefolgt wären, echt innovativ gewesen, aber …

Und auch der Kampagne ging schnell die Luft bzw. das Geld aus und nach der Landtagswahl im Mai 2017, bei der eine Koalition aus CDU und FDP die bisherige Regierung ablöste wurde auch die erfolgreiche Facebook Seite ebenso wie das Portal vaeter.nrw in den neuen Auftritt der Landesregierung „integriert“. Die besondere Ansprache der Zielgruppe und das Kommunikationsdesign dem allgemeinen ‚Corporate Design‘ untergeordnet.

Die Fachstelle ist bis Ende 2018 und mit einem halben Jahr Unterbrechung ab Juli 2019 die Geschäftsstelle der LAG-Väterarbeit weiterhin gefördert. Seit dem Familienbericht sind sechs Fachtagungen zu Väterthemen gefördert worden, u.a. 2017 in Bielefeld ‚Bewegte Zeiten für Väter‘ und Olpe ‚Vater ist, was du draus machst!‘, 2019 in Düsseldorf ‚Eltern bleiben trotz Trennung‘ und 2021 online per Zoom ‚Lockdown als Chance? – Weichenstellungen für mehr väterliches Engagement‘.

Von den Veranstaltungen gingen wichtige Impuls aus und die Geschäftsstelle der LAG-Väterarbeit arbeitet kontinuierlich daran, die Weichen für väterliches Engagement zu stellen. Als Dienstleister für alle diejenigen, die in Familienbildung- und beratung, Kitas und Familienzentren Angebotejetzt schon Angebote für Väter machen, aber auch als Lobbyist bei denen, die Rahmenbedingungen für väterliches Engagement strukturell gestalten.

In dem Sinne sieht nicht nur die Landesregierung die Arbeitgebenden als wichtige Akteure, wenn es um aktive Vaterschaft und eine Unternehmenskultur geht, in der die Bedarfe von Vätern respektiert und „mitgedacht“ werden.

Der Bericht „Familien gestalten Zukunft“ und insbesondere der Abschnitt ‚Mehr Zeit mit der Familie für Väter‘ sind ein erster Meilenstein nicht nur auf dem Weg zu einer kontinuierlichen Familienberichterstattung, sondern auch im Hinblick darauf, wie ernsthaft das Ziel einer partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbs- und Carearbeit in der Landespolitik verfolgt und umgesetzt wird. In der Legislaturperiode 2017 bis 2022 ist kein weiterer Bericht erfolgt. Dieses Vorhaben steht nun auf der Agenda der neuen Landesregierung und die Krisen ‚Corona‘ ‚Krieg‘ und ‚Inflation‘ und ihre Auswirkungen auf Väter, Mütter und Kinder sind mehr als ein Anlass für die Schwerpunktthemen des neuen Berichts.

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Väter im System Geburtshilfe – Gedanken zu einer neuen Einordnung

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 13. Oktober 2022

Vater werden und sein verändert alles. Diese an sich triviale Aussage verweist auf die Großartigkeit des Ereignisses einer Geburt und die Komplexität der Wirkungen, die sie auslöst. Sie zeigt aber auch auf die Fülle der Möglichkeiten auf, die Hebammen und andere haben, werdende Väter und Mütter auf diesem Weg zu begleiten und sie auf das dieses Ereignis und die folgenden Jahrzehnte vorzubereiten. Mehr als 90 Prozent der werdenden Väter sind bei der Geburt ihres Kindes dabei und eine gute Vorbereitung wirkt sich nicht nur auf den Geburtsverlauf positiv aus.

Wenn Männer Väter werden, wollen sie nicht nur beruflich weiterhin erfolgreich, sondern gleichermaßen auch gute Väter sein. Das bedeutet in erster Linie, Zeit haben, für die Kinder da zu sein, präsent zu sein, ihre Entwicklung zu begleiten und zu fördern, ihnen die besten Möglichkeiten für einen guten Schulabschluss zu verschaffen sowie möglichst viele Risiken des Alltags von ihnen fernzuhalten. Also ein durch und durch fürsorglicher Vater zu sein.

Im Hinblick auf die Partnerschaft und die Partnerin steht der Anspruch, sich anfallende Aufgaben partnerschaftlich aufzuteilen und nicht in traditionelle Rollenmuster zurückzufallen, im Raum. Eltern werden, Partner bleiben. Die große Herausforderung bei der Umsetzung dieser Ansprüche ist, dass Väter (und Mütter) kaum auf erprobte Muster und Rollenmodelle zurückgreifen können und sich einen eigenen Weg suchen müssen. Es ist zwar inzwischen viel zu diesem Thema geschrieben worden, aber verwirklichen müssen Mann und Frau ihren Traum von einer partnerschaftlichen Aufgabenteilung, einer geteilten Verantwortung für die Kinder und genügend Gelegenheiten für die Pflege der Paarbeziehung schon selber.

Erfahrungen und Studienergebnisse (BMFSFJ, 2011) zeigen, dass die gewählten Lebensmodelle vielfach nicht Ergebnis zielgerichteter Aushandlungsprozesse sind, sondern Paare vor dem Hintergrund vermeintlich rationaler Gründe nach der Geburt dort ‚hineingeschliddert‘ sind und Väter sich mehr oder weniger freiwillig auf die traditionelle Rolle des Ernährers und Assistenten in der Familie einlassen.

Was Väter brauchen, sind passende Erwartungshaltungen, Rahmenbedingungen und Wertschätzungsstrukturen. Es kommt vor allem darauf an, dass es völlig normal sein wird, beruflichen Erfolg und fürsorgliches Verhalten in Familie und anderswo nicht mehr als Gegensätze zu denken, sondern als gegenseitige Ergänzung und Bereicherung.

In dem Zeitraum zwischen der Entscheidung Vater und Mutter werden zu wollen und der Geburt, der in den meisten Fällen länger als die 280 Tage der Schwangerschaft umfasst, werden nicht nur Pläne geschmiedet und das ‚Nest‘ hergerichtet, sondern die Weichen dafür gestellt, ob die Vorstellungen sich Erwerbs- und Familienarbeit partnerschaftlich aufzuteilen gelingen können oder nicht.

Auf die Vorbereitung kommt es an

Auf der Grundlage internationaler Forschungsergebnisse, die die Zusammenhänge zwischen dem Verhalten, den Erfahrungen, Einstellungen und Merkmalen von werdenden und neuen Vätern und der Gesundheit und Wohlbefinden von Mutter und Kind aufzeigen, hat die Weltgesundheits-organisation (WHO) eine der zehn Empfehlungen zu Maßnahmen der Gesundheitsförderung von Müttern und Neugeborenen zur Einbeziehung von Vätern formuliert.

Die WHO empfiehlt, die Beteiligung von Männern während der Schwangerschaft, der Geburt und nach der Geburt zu fördern, um die Selbstsorge von Frauen und die häuslichen Pflegepraktiken für Frauen und Neugeborene zu verbessern, den Einsatz qualifizierter Vorsorge für Frauen und Neugeborene während der Schwangerschaft, der Entbindung sowie in der postnatalen Periode zu erleichtern, und die Einrichtung für Geburtshilfe rechtzeitig zu nutzen falls es Komplikationen bei den Neugeborenen gibt.

Neben dieser auf die Gesundheit von Mutter und Kind bezogenen Perspektive, die für sich genommen schon Grund genug ist, Väter während der Schwangerschaft, bei der Geburtsvorbereitung, der Geburt und der Zeit danach aktiv einzubeziehen, gibt es weitere, ebenfalls wissenschaftlich gut belegte Gründe, dies zu tun.

Die Gesundheit der Väter und ihre Beziehung zu dem ungeborenen Kind haben einen großen Einfluss darauf, in welchem Maße sie sich an der Erziehung des Kindes beteiligen und Ressourcen für seine gelingende Entwicklung zur Verfügung stellen.

In dem 2016 auf 136 Seiten ausformuliertem ‚Nationalen Gesundheitsziel Gesunde Geburt‘ wird die Einbeziehung von Vätern an verschiedenen Stellen erwähnt. Unter anderem heißt es dort ‚Väter bzw. Partnerinnen und Partner sollen dazu ermutigt werden, sich von Anfang an in der Babyversorgung zu engagieren und einen eigenen positiven Stil im Umgang mit dem Neugeborenen zu finden‘.

Ansprüche und Wirklichkeiten

Obwohl also Alles dafürspricht, (werdende) Väter rechtzeitig einzubeziehen und als aktive Subjekte im Geburtsgeschehen zu betrachten, werden sie hierzulande häufig immer noch als ‚Beifahrer‘ (BZgA 2011) betrachtet. In Großbritannien, wo bereits 2006 im Nationalen Gesundheitssystem ein Paradigmenwechsel zugunsten der Einbeziehung von Vätern stattgefunden hat, zeigen gerade veröffentlichte Befragungsergebnisse, dass dieser empfohlene Wandel auch dort noch längst nicht überall praktiziert wird. (Thorpe, 2018)

  • 92% der Väter nehmen an den Vorsorgeuntersuchungen teil, aber 61% berichten, dass ihre Rolle als Vater zu keinem Zeitpunkt angesprochen worden ist
  • Väter haben keinen formalen Status bei der Geburtsvorbereitung, selbst ihr Name wird nicht erfasst. Lediglich 16 % der Väter werden während der Geburt nach ihrem Befinden gefragt.
  • Wenn ‚Väter‘ und ‚Mütter‘ statt ‚Eltern‘ adressiert werden und deutlich gemacht wird, dass beide gefragt sind, steigt die Beteiligung von Vätern bei der Nachsorge von ca. 20% auf bis zu 70%

Ein Blick hinter die Kulissen

Zu der Thematik liegen vor allem Praxis- und Forschungsberichte aus dem angelsächsischen Raum vor. Auf der Website www.familyincluded.com werden diese seit 2015 systematisch ausgewertet, thematisch gelistet und zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist nach der Erklärung der Weltgesundheitsorganisation im Jahr 2013, in der erklärt wurde, dass die Zusammenarbeit mit den Vätern eine globale Priorität für die Gesundheitsversorgung von Müttern haben sollte, und vor dem Hintergrund, dass es weder Pläne noch Ressourcen gab, um dies umzusetzen, entstanden. Als Haupthindernisse für die tatsächliche Einbeziehung von Vätern werden dort folgende Punkte identifiziert:

Das erste Problem ist die Professionalisierung und die Perspektive auf die Gesundheit von Müttern und Neugeborenen. Häufig wird diese Gesundheitsversorgung als eine Angelegenheit betrachtet, die sich nur zwischen dem Gesundheitspersonal und der „Patientin”, in diesem Fall der Schwangeren abspielt.

Das zweite Problem ist die Sorge um die Gleichberechtigung der Geschlechter. Fast alle Familien umfassen Männer, und sie haben oft mehr vor allem finanzielle Ressourcen. Wenn man sie in die Pflege einbezieht, so wird befürchtet, könnte dies dazu führen, dass die Autonomie der Frauen eingeschränkt wird und die geschlechtsspezifischen Unterschiede in den Familien nicht in Frage gestellt werden. Diese Aussage spiegelt die Tatsache wider, dass zahlreiche Forschungsprojekte in Ländern mit noch ausgeprägteren patriarchalen Strukturen durchgeführt werden.

Hierzulande geht es vor allem darum, Väter für eine Beteiligung in Familie und an den in der Familie zu erledigenden Arbeiten zu gewinnen und zwar von Anfang an. Für den deutschsprachigen Raum liegen zwei Untersuchungen vor, die die von ‚Family Included‘ identifizierten Hindernisse bestätigen.

Marion Müller und Nicole Zilien (2016) verifizieren in ihrem Forschungsprojekt die Ausgangsthese, „dass die heutigen Geburtsvorbereitungskurse durch ihre Ausgestaltung Geschlechterdifferenzen hervorheben, diese weiterhin mit geschlechterdifferenzierenden Zuschreibungen häuslicher Arbeit koppeln und durch eine wissenschaftlich gestützte Naturalisierung legitimieren. Geburtsvorbereitungskurse bahnen demnach bereits in der pränatalen Phase eine geschlechterdifferenzierende Arbeitsteilung an und lassen sich deshalb als Institutionen der Retraditionalisierung interpretieren.“

Lisa Maria Groß (2017) kommt in ihrer Arbeit ‚Väter als Adressaten in Frühen Hilfen? Über die Konstruktion von Väterlichkeit im professionellen Handeln von Familienhebammen‘ zu dem Ergebnis, „In Interviews mit Familienhebammen und ethnographischen Beobachtungsprotokollen von Hausbesuchen zeigt sich allerdings eine Mütterorientierung im professionellen Handeln von Familienhebammen, die zu einer sekundären Adressierung der Väter hinsichtlich innerfamilialer Sorgetätigkeiten bis hin zur Exklusion väterlicher Fürsorge aus dem Binnenraum der Familie führt.“

Die Vorbereitung des geburtshilflichen Teams auf die Väter

Wie Väter auf die Geburt vorbereitet werden können und welche Rolle die verschiedenen Professionen dabei spielen, hat schon 2014 das, in einer von der Bundeszentrale für gesundheitliche veröffentlichten Broschüre, Ergebnis einer multiprofessionellen Arbeitsgruppe deutlich gemacht. (BZgA 2014)

Ein entscheidender Faktor dabei ist die Haltung gegenüber der Rolle sowie der aktiven Einbeziehung von Vätern. Ihre gute Vorbereitung auf die Geburt kommt auch der werdenden Mutter zugute. Studien zeigen, dass Väter, die ihre Rolle während der Geburt kennen und verstehen, was dort geschieht, selbst besser vor übermäßigem Stress geschützt sind und seltener Gefahr laufen, den Ablauf der Geburt negativ zu beeinflussen. Das gilt insbesondere in den Momenten, in dem es mal nicht „nach Plan läuft“, was aber auch völlig normal ist. (Schäfer, Abu Dakn 2008)

Die Rolle, die sie während der Geburt wahrnehmen können, für ihre Partnerin da zu sein, den neuen Lebensabschnitt gemeinsam zu beginnen und von Anfang an als Vater präsent zu sein. Dabei erleben sie sich vielfach in einer völlig ungewohnten Situation: Sie haben keine Kontrolle über das Geschehen und die Mächtigkeit der Gefühle führt sie vielfach nicht nur emotional an ihre Grenzen, sondern manchmal sogar darüber hinaus. Das Vertrauen in die Kompetenzen des geburtshilflichen Teams und ihr Wissen um die natürlichen Abläufe sind in diesen Momenten gute Stützen.

Dieses Vertrauen kann im Vorfeld der Geburt durch verschiedene Angebote zur Geburtsvorbereitung in den Geburtskliniken und den Kursen der Hebammen bzw. der Familienbildung gebildet werden. Dabei geht es verständlicherweise vorrangig um die biologischen Abläufe der Geburt und die Vorbereitung der Mütter darauf, um ihre Bedürfnisse, Ängste und Sorgen.

Darüber hinaus sind aber zwei weitere Ebenen der Vorbereitung auf die Geburt und vor allem die Zeit danach für Väter von großer Bedeutung. Die gemeinsamen Planungen der werdenden Eltern für die Zeit zu Dritt und der Austausch des werdenden Vaters mit anderen Männern.

Einbeziehung von Vätern nutzt partnerschaftlicher Aufgabenteilung

Die Entscheidung Eltern werden zu wollen, ist heute eine bewusste, auch wenn eine exakte Planung nicht garantiert ist. Im Rahmen dieses Prozesses können Fragen der beruflichen Weiterentwicklung, der familiären Arbeitsteilung und auch die Vorstellungen zu den Rollen als Mutter und Vater sowie die Erfahrungen und Prägungen in der eigenen Herkunftsfamilie thematisiert werden. In ihrem Papa Handbuch beschreiben die Autoren eine Fülle von praktischen Möglichkeiten dazu. (Richter, Schäfer 2020)

Darüber hinaus gibt es eine Fülle an ‚Väterthemen und fragen‘, die am besten bearbeitet werden können, wenn Väter unter sich sind und diese Phase auch von einem erfahrenen Mann und Vater betreut wird:

  • Welche Wünsche und Befürchtungen habe ich für die Geburt?
  • Will ich bei der Geburt dabei sein? Was will ich sehen, was nicht?
  • Was ist mir wichtig für die erste Zeit zuhause?
  • Welche Bedeutung habe ich als Vater für die Entwicklung des Kindes?
  • Wie kann ich meine Vaterkompetenzen entfalten?
  • Wie entwickelt sich das Verhältnis zu meiner Partnerin, wenn sie auch Mutter ist?
  • Was ist mit dem Sex in der Schwangerschaft und nach der Geburt?
  • Wie kann es gelingen, dass wir auch als Vater und Mutter die Verantwortung für finanzielle Versorgung der Familie und die dort anfallenden Care-Aufgaben partnerschaftlich aufteilen?

Die Möglichkeit, sich mit anderen Vätern darüber auszutauschen, haben einen bedeutenden Einfluss auf das spätere Geburtsgeschehen. Derart vorbereitet können Väter vom geburtshilflichen Team als unmittelbar Beteiligte des Geschehens wahrgenommen und als Personen mit eigenen Bedürfnissen und eigenem Erleben angesprochen und einbezogen werden.

Diese „Männerrunden“ sind teilweise schon Praxis bei der Geburtsvorbereitung. Darüber hinaus gibt es an wenigen Orten spezielle Angebote für werdende Väter. (Mens Health 2016)

Ergebnisse eines Praxisprojekts in NRW

Ein vom Familienministerium in NRW gefördertes Praxisprojekt beschäftigte sich mit der Fragestellung, wie die Einbeziehung von Vätern im Rahmen der Geburtsvorbereitung durch Hebammen gefördert werden kann. Im Zentrum standen dabei die Entwicklung und Erprobung eines Fortbildungs-Curriculums. (Nelles 2020)

Die Annahme, Väter und Mütter im Kontext der Geburtsvorbereitung durch Hebammen anzusprechen und dort das Anliegen ‚partnerschaftliche Aufgabenteilung‘ zu thematisieren hat sich bestätigt, da in diesem Zeitraum entscheidende Weichenstellungen vorgenommen werden und mehr als 90 % der Väter an der Geburt und, zumindest beim ersten Kind, auch an angebotenen Kursen zur Vorbereitung teilnehmen.

Auf der Basis freiwilliger Fortbildungen für Hebammen lässt sich das Ziel, partnerschaftliche Aufgabenteilung im Rahmen der Geburtsvorbereitung zu thematisieren jedoch nicht erreichen. Das liegt zum einen, an der von der, an den unterschiedlichsten Stellen beschriebenen Haltung der Hebammen, Frauen und Männern traditionelle Rollen zuweisen und selbst wenn sie Angebote für Väter machen, diesen Unterstützungs- und Assistentenaufgaben zuweisen.

Auf der anderen Seite sind es strukturelle Rahmenbedingungen wie Personalschlüssel in Kliniken und der Blick der dort arbeitenden Gynäkologen auf die Hebammen sowie die schlechte Bezahlung von letzteren. Dazu kommt die Akademisierung der Hebammenausbildung und die Umsetzung der entsprechenden Verordnungen und die Sicherstellung der praktischen Ausbildungsanteile auf den ‚letzten Drücker‘.

Die Neuaufstellung der Hebammenausbildung bietet, zumindest theoretisch, die Chance, die Themen ‚Bedeutung von Vätern‘ und ‚Aufstellung der Akteure im System Familie‘ in den neuen Curricula zu verankern zumal es in der Anlage 1 der ‚Studien- und Prüfungsverordnung für Hebammen des Bundesministeriums für Gesundheit‘, in der die Kompetenzen von Hebammen aufgeführt sind, ausdrücklich heißt: [ sie] ‚verfügen über Kenntnisse …  über Prozesse der Familiengründung und bereiten die schwangere Frau und ihre Familie ihrer individuellen Lebenssituation entsprechend auf die Geburt, das Wochenbett und die Elternschaft vor …‘ (BMG 2019)

Um die Chance, die Themen im Rahmen der zu erarbeitenden neuen Ausbildungsordnungen breiter zu verankern, wird es aber notwendig sein, mit Unterstützung bereits im System tätigen Akteur*innen, Professor*innen mit ausgewiesener Väterexpertise und Praktikern der Väterbildung zunächst eine Expertise und darauf aufbauend Bausteine für die universitären Lehrpläne zu entwickeln.

Ein anderer Ansatzpunkt die Themen in bestehenden Geburtsvorbereitungskursen zu verankern sind die Qualitätsstandards. Die Kurse werden, zumindest für die Frauen, von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert. Jede Hebamme, die derartige Kurse anbietet kann sie über die Krankenkassen abrechnen. Diese könnten also mit entsprechenden Standards auch Einfluss auf die Inhalte ausüben

Fazit

Als Vision und Wunsch abschließend formuliert: um werdenden und gewordenen Vätern und Müttern die Verwirklichung ihres Wunsches nach einer gleichberechtigten Aufgabenteilung zu ermöglichen braucht es, neben den äußeren, passenden Rahmenbedingungen, ein Angebot sich vor und nach der Geburt mit den oben genannten Themen auseinanderzusetzen. Und zwar an den Orten und zu den Anlässen, die Väter und Mütter sowieso gemeinsam oder getrennt aufsuchen und nutzen. Die Geburtsvorbereitung gehört in jedem Fall dazu. Es braucht aber neben den Hebammen weitere (männliche) Akteure und Angebote für Väter, vor allem für die Zeit nach der Geburt.

Literatur

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (2014). „Arbeitszeit: Wünsche nach Verkürzung und Verlängerung halten sich weitgehend die Waage“ http://www.iab.de/de/informationsservice/presse/presseinformationen/azw.aspx (11. Mai 2021).

Beck, Ulrich (1986). Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt am Main: S.169.

BMFSFJ (2011) https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/vaeter-und-der-wiedereinstieg-der-partnerin-82110 (11. Mai 2021)

BMG (2019) Studien- und Prüfungsverordnung für Hebammen https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/H/RefE_Studien-_und_Pruefungsverordnung_fuer_Hebammen.pdf (11.Mai 2021)

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (2011) Beifahrer, Kleiner Tourenplaner für werdende Väter

BZgA (2014) Väter auf die Geburt vorbereiten, Informationen und praktische Tipps für Fachkräfte https://publikationen.sexualaufklaerung.de/themen/geburt/vaeter-auf-die-geburt-vorbereiten/ (11. Mai 2021)

Family Included (2018) https://familyincluded.com/fatherhood-researchers-respond-who-unicef-early-childhood-development/ (11. Mai 2021)

Fisher, Duncan (2010) Baby’s here! Who does what? How to split the work without splitting up

Groß, Lisa Maria (2017) Väter als Adressaten in Frühen Hilfen? https://www.budrich-journals.de/index.php/diskurs/article/view/28992/25248 (11. Mai 2021)

Mens Health (2016) Das bringen Geburtsvorbereitungskurse für Männer https://www.menshealth.de/dad/partner-family/das-bringen-geburtsvorbereitungskurse-fuer-maenner/ (11. Mai 2021)

Müller, Marion; Zillien, Nicole (2016) Das Rätsel der Retraditionalisierung https://www.akf-bonn.de/files/mueller__marion___zilien__nicole_das_raetsel_der_retraditionalisierung_____zur_verweiblichung_von_elternschaft_in_geburtsvorbereitungskursen._in_kzfss__jahrgang_68__heft_3__2016___s._409-433.pdf (11. Mai 2021)

Nelles, Hans-Georg (2020) Sachbericht ‚Bedeutung von Vätern im Geburtsprozess – Ein Fortbildungs­konzept für Hebammen‘ unveröffentlichtes Manuskript

Richter, Robert; Schäfer, Eberhard (2020) Das Papa Handbuch, Alles, was Sie wissen müssen zu Schwangerschaft, Geburt und dem ersten Jahr mit Baby

Schäfer, Eberhard; Abou-Dakn, Michael; Wöckel, Achim (2008) Vater werden ist nicht schwer? Zur neuen Rolle des Vaters rund um die Geburt

Schopp, Johannes (2019) Eltern stärken, Die Dialogische Haltung in Seminar und Beratung

Thorpe, Nick (2018) https://www.fathersnetwork.org.uk/maternity_services_results_news (11. Mai 2021)

Quelle

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… die Kultur der Geburtshilfe in Deutschland muss neu gedacht werden

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 28. September 2022

Newsletter der LAG Väterarbeit 2022-05

Das ist eine zentrale Aussage in dem Strategiepapier des ‚Runden Tisches Elternwerden‘ das im Februar letzten Jahres erstmals veröffentlicht und im August aktualisiert wurde. Dieser Aussage können wir uneingeschränkt zustimmen. In unseren Augen braucht es aber es aber auch einen Paradigmenwechsel im System der Geburtshilfe.
Und zwar was die Bedeutung der Väter angeht: werdende Väter sind neben den Hebammen und dem ärztlichen Personal wichtige Akteure im gruppendynamischen Geschehen einer Geburt. Ihre Handlungen beeinflussen den Geburtsprozess, die Geburt selbst wirkt nachhaltig auf sie.
Die Vorbereitung auf die Geburt und das Vatersein, die Zuschreibung und das Erleben der eigenen Bedeutung und Selbstwirksamkeit sind prägende Weichenstellungen für zukünftiges väterliches Engagement und die Stabilität der Paarbeziehung.

Mit den damit zusammenhängenden Themen und Herausforderungen werden wir uns in diesem und dem kommenden Monat beschäftigen.

Väter ansprechen und erreichen

Väter sind schwer zu erreichen und Angebote, die in Kitas und Familienzentren gemacht werden, kommen häufig nicht zustande, weil sich zu wenige Väter anmelden.
Auf der anderen Seite wollen Väter mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen und suchen nach passenden Angeboten und Möglichkeiten sich mit anderen Vätern auszutauschen.

Die Geschäftsstelle der LAG-Väterarbeit möchte dazu beitragen dieses Dilemma aufzulösen und bietet dazu Vorträge und Fortbildungen an, die Beschäftigten verschiedener Einrichtungen oder auch einzelnen Teams die Möglichkeit gibt, sich intensiv mit einem Thema auseinanderzusetzen und ihre Arbeit mit und die Angebote für Väter weiterzuentwickeln.
Mögliche Themen sind: ‚Grundlagen der Arbeit mit Vätern‘, ‚Väter ansprechen und erreichen‘, ‚Wie ticken Väter eigentlich?‘, ‚Die Bedeutung von Vätern für die Entwicklung von Kindern‘, ‚Väter in den frühen Hilfen‘ …

Melden Sie sich einfach telefonisch oder per Mail bei uns. Die Kontaktdaten finden Sie am Ende des Newsletters.

… mir fehlt vor allem eine systemische Perspektive

In den vergangenen beiden Monaten standen Väter und Kinder, die Opfer von Gewalt geworden sind, im Blickpunkt.
Bei dem Werkstattgespräch am 12. August berichtete Tobias Schiefer über die Arbeit der Männerschutzwohnungen in Düsseldorf: Ziele des Schutzkonzepts, das mit regelmäßiger Beratung verbunden ist, sind Schutz-, Rückzugs- und Wohnraum für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung zu stellen. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt ca. 3 Monate.
Im Mittelpunkt der Arbeit mit den Klienten steht deren psychische Stabilisierung und Entlastung sowie die Stärkung der Handlungsfähigkeit und der Selbstbestimmung. Perspektivisch geht es um die persönliche Weiterentwicklung und Neuorientierung außerhalb der ‚Gewaltbeziehung‘ sowie die Vermittlung weiterführender Hilfen.
In einem Interview mit Christoph Liel vom Deutschen Jugend Institut in München äußerte er sich unter anderem zu den zukünftigen Bedarfen in diesem Hanlungsfeld:
„Ich finde schon, dass es in Bezug auf Väter große blinde Flecken gibt, und zwar sowohl in der Praxis wie auch in der Forschung. Und zwar im gesamten erweiterten Kontext des Kinderschutzes. Weil Väter da häufig keine oder eine untergeordnete Rolle spielen, obwohl sie sowohl eben als Gefährder für Kinder auftreten können, wie auch als Unterstützer in der familiären Situation. Und da brauchen wir sehr viel mehr Wissen.“ Die Aufzeichnung des Gesprächs können Sie hier nachlesen und hören.

Welchen Kulturwandel brauchen Väter in der Geburtshilfe – aktuelle Eckpunkte und Perspektiven

Im System der Geburtshilfe rumort es. Immer mehr Geburtskliniken schließen, aus Mangel an Hebammen oder Renditegründen. Während der Pandemie wurden Väter ganz oder teilweise bei Vorsorgeuntersuchungen und der Geburt ausgeschlossen und auch wenn sie dabei sein dürfen, fühlen sich Väter vielfach nicht einbezogen.

Es gibt zwar seit 2016 ein auf 136 Seiten ausformuliertes ‚Nationales Gesundheitsziel Gesunde Geburt‘, aber die von vielen Seiten erhobene Forderung nach einem ‚Geburtsgipfel‘ und der im Frühjahr gestarteten Initiative ‚Bündnis Gute Geburt‘ verdeutlichen den tatsächlichen Handlungsbedarf.

In dem Werkstattgespräch am 26. Oktober wird Hans-Georg Nelles, der u.a. bei der Broschüre der BZgA ‚Väter auf die Geburt vorbereiten – Informationen und praktische Tipps für Fachkräfte‘ mitgewirkt hat, Eckpunkte einer Reform in der Geburtshilfe aus der Perspektive der Väter präsentieren und diese in die aktuelle Diskussion einordnen.

Zu dem Werkstattgespräch können Sie sich hier anmelden

https://www.surveymonkey.de/r/LAG20221026

Praxis Tipp

Geburt ist Teamwork – Der Väterflyer

Jeder Mann sollte mit gutem Gefühl Vaterwerden können. Deshalb unterstützt die ‚Erzählcafé-Aktion‘ Väter mit einem kostenlosen Flyer voller Fakten & Forschung. Kurz und knackig bringt dieser auf den Punkt, was Männer beim Vaterwerden wissen sollten, auch um selbst gesund zu bleiben. „Lies los Mann, damit Du gestärkt aus dem größten Abenteuer Deines Lebens hervorzugehen kannst!“

Der Flyer ‚Respekt Mann, Du wirst Vater‘ ist kostenfrei und gibt es hier zum Download!

Ausblick

Das letzte Schwerpunktthema in diesem Jahr wird im November und Dezember ‚Väter im Strafvollzug‘ sein. Dazu planen wir interessante Einblicke, Praxistipps und ein Werkstattgespräch, bei dem es um die praktische Arbeit mit Vätern und deren Kindern im Justizvollzug gehen wird.

Im kommenden Jahr haben wir uns vorgenommen, uns noch intensiver mit den einzelnen Themen auseinanderzusetzen und vor allem durch unsere Arbeit darauf hinzuwirken, in den angesprochenen Bereichen nachhaltige Veränderungen für Väter und aktive Vaterschaft anzustoßen und da wo möglich auch strukturell zu verankern.

Im Themenspeicher stehen jetzt schon ‚Großväter‘ und ‚getrennt erziehende Väter‘.

Termine

25. Oktober 2022, 15:30 bis 17 Uhr, Online Member Meeting der LAG Väterarbeit

26. Oktober 2022, 15:30 bis 17 Uhr, Werkstattgespräch Kulturwandel in der Geburtshilfe

Alle Beiträge und Terminhinweise finden Sie auf der Webseite www.lag-vaeterarbeit.nrw

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Wann kommt die Vaterschaftsfreistellung?

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 20. Juni 2022

Offener Brief an Lisa Paus macht Anliegen von Vätern deutlich

Auf Initiative des Bundesforum Männer – Interessenverband für Jungen, Männer & Väter e.V. fordern insgesamt 19 Organisationen aus der gleichstellungsorientierten Männer- und Väterarbeit Bundesfamilienministerin Lisa Paus in einem offenen Brief dazu auf, bei Vereinbarkeitsfragen Väter offensiver in den Blick zu nehmen und eine zweiwöchige Vaterschaftsfreistellung mit Lohnausgleich noch in diesem Jahr einzuführen.

In ihrem Koalitionsvertrag »Mehr Fortschritt wagen« einigten sich SPD, Grüne und FDP im vergangenen Jahr unter anderem darauf, Eltern dabei zu unterstützen, Erwerbs- und Sorgearbeit partnerschaftlicher aufteilen zu können. Ein zentrales Vorhaben in dieser Hinsicht ist die zweiwöchige vergütete Freistellung für Partner:innen nach der Geburt.

Genau eine solche Leistung ist als Vaterschaftsfreistellung (§4 paternity leave) bereits in der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie verankert. Die Richtlinie definiert Mindeststandards zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für alle Mitgliedsstaaten der EU. Sie muss bis August 2022 in nationales Recht umgesetzt werden. Die Erwartung aus der Zivilgesellschaft war insofern, dass die vergütete Freistellung nach Geburt als erste große Maßnahme für mehr Partnerschaftlichkeit nun im Sommer kommt.

Jetzt aber verweist die Bundesregierung darauf, die Vaterschaftsfreistellung aufgrund der in Deutschland geltenden umfassenderen Regelungen bei Elterngeld und Elternzeit nicht im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie einführen zu müssen. Geplant sei demgegenüber, die im Koalitionsvertrag verabredete „zweiwöchige vergütete Freistellung für die Partnerin oder den Partner nach der Geburt eines Kindes“ in einem eigenen Gesetzgebungsverfahren auf den Weg zu bringen – immerhin angestrebt noch für das Jahr 2022.

Ein hartes Datum zur Einführung dieser wichtigen familien- und gleichstellungspolitischen Leistung ist damit vom Tisch. Auch ist nun politisch erst mal offen, wie diese Leistung konkret ausgestaltet sein wird. Und im Gegensatz zur EU-Vereinbarkeitsrichtlinie, wird Vaterschaft im Wortlaut der Leistung nicht mehr explizit in den Fokus genommen. Dabei wäre aus unserer Sicht gerade dies notwendig, um die gleichstellungspolitische Bedeutung von Vätern hervorzuheben. Viele Väter wollen heute mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen und sich partnerschaftlich einbringen. Sie sind ein selbstverständlicher Teil der Familie und von Anfang an wichtig. Daher müssen Väter bei politischen Maßnahmen, die sie betreffen, auch deutlich als Zielgruppe adressiert werden.

Gemeinsam mit allen am offenen Brief Beteiligten fordert die LAG Väterarbeit NRW die Bundesfamilienministerin deshalb auf, den Koalitionsvertag ernst zu nehmen und durch die schnelle Einführung der Vaterschaftsfreistellung eine partnerschaftliche und gleichstellungsorientierte Familienpolitik zu stärken. Dazu sind in dem Offenen Brief Eckpunkte zur Ausgestaltung formuliert.

Quelle

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16 Jahre Vaeter.NRW

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 8. Juni 2022

Interview mit Andreas Haase und Alexander Bentheim

Lieber Andreas, du hast gemeinsam mit Alexander Bentheim das Portal vaeter-nrw.de aufgebaut. Kannst du dich noch daran erinnern, wie Ihr an den Auftrag gekommen seid?

Andreas Haase Ja. Es gab einen Fachtag im Jahr 2005 zum Thema Väterarbeit in NRW auf der Basis der Untersuchungen von Martin Verlinden. Diesen hatten wir als männerwege GbR für das Ministerium konzipiert und organisiert. Er war in der Vernetzung der Akteure in der Väterarbeit so erfolgreich, dass das Ministerium danach an diesem Thema weiterarbeiten wollte. In einem Brainstorming-Workshop im Spätsommer 2005 mit uns und Martin Verlinden entstand dann die Idee eines Portals, auf dem alle wichtigen Informationen und Anregungen für Väter und Fachpersonal gebündelt werden sollten.

Alexander Bentheim … neben Martin Verlinden war zeitweilig noch Robert Richter dabei, um Optionen für eine arbeitsteilige Umsetzung zu beraten. Die Freischaltung des Portals fand dann am 12. Mai 2006 in Anwesenheit von Armin Laschet, damals NRW-Familienminister, statt.

Welche Erwartungen hat das Familienministerium mit dem Väter-Portal verknüpft?

AH Das Ministerium wollte damals vor allem (jungen) Väter Hilfestellungen geben, ihre Vaterrolle im Sinne einer zugewandten Erziehung auszuüben. Eine weitere Erwartung war sicherlich, dass durch die Bündelung aller Aktiven im Bereich Väterarbeit in NRW, dieses Thema hoch professionell nach außen getragen werden konnte.

Was waren eure persönlichen Ziele beim Aufbau und der Betreuung der Webseite?

AH Meine Ziele bestanden darin, sowohl für die Väter als auch für das Fachpersonal die bestmöglichsten Informationen bereitzustellen, um einerseits die Väter zu motivieren, ihre Vaterrolle anzunehmen und so auszugestalten, dass es dem Kind, ihnen selber und der Familie zu Gute kommt. Zum anderen sollte das Fachpersonal im Bereich Väterarbeit angeregt werden, durch neue Ideen ihren Arbeitsbereich weiterzuentwickeln und sich selber zu reflektieren.

AB Ich fand es spannend, jahrelange Erfahrungen vieler in der Väterarbeit Engagierter in einem ministeriellen Vorhaben konzentriert bündeln und zugänglich machen zu können – exemplarisch in dieser offiziellen Form erstmals und mit Reichweite auch über NRW hinaus. Mein persönliches Ziel war, die Auftraggeber*innen von der Notwendigkeit einer Ermutigung von Vätern für ihre Belange, und natürlich auch der Sichtbarmachung ihrer verschiedenen Lebenslagen, zu überzeugen. Dass wir neben der Zielgruppe Väter parallel auch Fachkräfte und Multiplikator*innen mit entsprechenden eigenen Inhalten direkt erreichen konnten, fand ich folgerichtig und in der hier mit dem Ministerium gemeinsam geteilten Wahrnehmung sehr angenehm.

Rückblickend betrachtet, hat das Projekt die Wirkungen erzielt, die erreicht werden sollten?

AH Ich kann nur für die Jahre 2006 bis 2009 dazu etwas sagen, da wir das Väterportal nur bis 2009 gepflegt haben. In dieser Zeit entstand aus meiner Sicht eine gute Vernetzung der Väterarbeit in NRW sowie viele Idee in der Väterarbeit, um Väter mit ihren Anliegen zu unterstützen. Zudem konnten wir m.E. viele Väter durch das Väterportal erreichen, um ihnen auf diesem Wege viele Anregungen und wichtige Informationen rund um ihre Vaterschaft zu vermitteln.

AB … aus meiner Sicht wären fundiertere Wirkungsanalysen in den Zielgruppen wünschenswert gewesen, weil »gefühlte» Erkenntnisse oder rein statistische Daten zur Nutzungsfrequenz des Portals allein nicht ausreichen, um die Frage valide beantworten zu können.

Wie müsste eurer Meinung nach heute, im ‚Social-Media‘ Zeitalter, ein Portal aussehen, dass Väter anspricht und begleitet?

AB Es müssten sicher mehr Apps und Tools für Smartphones zum Einsatz kommen, um die zu verbreitenden Informationen schneller, prägnanter, übersichtlicher zur Verfügung stellen. Auch Bildmarken und andere kommunikative Elemente spielen heute eine größere Rolle als vor 16 Jahren. Ich denke, dass Väter einen guten Mix aus praktischer Information und auch unmittelbarer Interaktion schätzen würden.

AH Da kann ich leider nicht viel zu sagen, da ich derzeit die Bedürfnisse der Väter, wie eine Informationsaufbereitung aussehen sollte und ihren Umgang mit ‚Social-Media‘ nicht ausreichend genug kenne.

Quelle

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#VaterschaftistMEHR

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 26. Mai 2022

auch in diesem Jahr sind mehr als 25 Väter der Einladung von Heiner Fischer gefolgt und haben zum Vatertag in einem kurzen Videostatement erzählt, was Vaterschaft für sie bedeutet und haben sich so als Väter in Verantwortung sichtbar gemacht.

Väter wollen mehr Verantwortung übernehmen

Das sieht selbst das Arbeitgeber*innen nahe Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft: In einem Beitrag zum Vatertag ist zu lesen: „Die meisten Väter wünschen sich eine gleiche Aufgabenteilung bei der Kindererziehung:
Die positiven Entwicklungen beim Elterngeld weisen darauf hin, dass sie es ernst meinen. … War Kindererziehung lange Zeit fast ausschließlich Frauensache, wollen sich die Väter heutzutage mehr engagieren. 55 Prozent der Männer mit Kindern unter zehn Jahren wollen die Hälfte der Betreuung übernehmen, 23 Prozent sogar den größeren Anteil.
Dass es den Vätern mit der Kinderbetreuung ernst ist, zeigt sich beim Elterngeld: Nutzten dies bei den im Jahr 2008 geborenen Kindern knapp 21,2 Prozent, waren es bei 2018 geborenen Kindern mit 42,1 Prozent bereits nahezu doppelt so viele. Ein weiterer Anstieg zeichnet sich ab. Allerdings nehmen die meisten Väter bisher lediglich die zwei vorgesehen ‚Partnermonate‘ in Anspruch.“

Das ist nicht nur in Deutschland so, auch in Island, wo seit langem die Regelung 3 Monate für die Mütter, 3 für die Väter und 3 zur freien Verfügung gilt und mehr als 90 % der Väter Elternzeit nehmen, sind es die für sie ‚vorgesehenen‘ drei Monate.

Da liegt es doch auf der Hand, die Zahl der für Väter reservierten Monate heraufzusetzen und am besten eine paritätische Aufteilung: je sieben Monate für Väter und Mütter einzuführen.

Der Lackmustest dafür, wie die Arbeitgeber*innen tatsächlich zu mehr väterlichem Engagement von Anfang an stehen, ist ihre Haltung zur 14tägigen ‚Vaterschaftsfreistellung‘ unmittelbar nach der Geburt. Die ersten Reaktionen auf die Ankündigung der ehemaligen Familienministerin Anne Spiegel, dieses Vorhaben schnell umzusetzen, ergab eine falsche Färbung.

In dem üblichen Abwehrreflex ließen sie verlauten, die bisherigen tariflichen Regelungen, d.h. eine Freistellung an einem Tag, reiche vollkommen aus.

Die Kampagne #VaterschaftIstMehr wird auch an dieser Stelle ‚dran bleiben‘.

#Vatertag2022 #VaterschaftIstMehr #NeueVäter #Familie #Vereinbarkeit #Vaeter #vaeterarbeitnrw

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Vaterschaftsfreistellung jetzt einführen!

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 21. Mai 2022

Petition noch bis zum 19. Juni unterzeichnen

Vor drei Jahren wurde die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie beschlossen, um in der Europäischen Union notwendige Mindeststandards zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben herzustellen und die Rahmenbedingungen für eine partnerschaftliche Aufteilung von Haus-, Sorge- und Erwerbsarbeit zwischen den Geschlechtern zu verbessern.

Bis August 2022 muss die Vereinbarkeitsrichtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Ein zentraler Bestandteil der Richtlinie ist die Einführung einer Vaterschaftsfreistellung. Eine solche Leistung gibt es in dieser Form in Deutschland bisher nicht, anders als in anderen EU-Mitgliedsstaaten.

Das Bundesfamilienministerium hat Ende April einen Referent*innenentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie vorgelegt. Die Vaterschaftsfreistellung wird darin mit keinem Wort erwähnt, obwohl die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt hat, „eine zweiwöchige vergütete Freistellung für die Partnerin oder den Partner nach der Geburt eines Kindes ein[zu]führen.“

Die LAG Väterarbeit NRW, die sich von Anfang an für die Umsetzung der Richtlinie eingesetzt hat ist darüber sehr irritiert und fordern die Bundesregierung auf, zeitnah zu klären und öffentlich bekannt zu machen, wann und in welcher Form eine vergütete Freistellung für Väter (und andere zweite Elternteile) nach der Geburt gesetzlich eingeführt werden soll. Die Gleichstellung der Geschlechter geht nur gemeinsam und wird nur dann nachhaltig gelingen, wenn auch Jungen, Männer und Väter dabei stärker als bisher in den Blick genommen werden.

Anlässlich des »Vatertags« am 26. Mai möchten wir daran erinnern. Jetzt ist es an der Ampelkoalition zu zeigen, dass sie es beim Thema Gleichstellung ernst meint und auch Männer für das Thema gewinnen will.

Bis zur Vorlage des Gesetzentwurfs schien die Vaterschaftsfreistellung politisch ein Selbstläufer zu sein. Die vormalige Familienministerin Anne Spiegel kündigte sie im vergangenen Dezember als wichtiges Vorhaben an. Nun schweigt allerdings der Referent*innenentwurf der Bundesregierung ausgerechnet zur Vaterschaftsfreistellung. Diese ist wichtig, um einen klaren rechtlichen Rahmen auch gegenüber Arbeitgeber*innen zu schaffen, damit Väter sich in dieser wichtigen ersten Phase voll und ganz auf ihre Kinder und die Unterstützung ihrer Partnerinnen konzentrieren können.

In einem offenen Brief an Bundesfamilienministerin Lisa Paus vom 20. Mai 2022 fordert Holger Strenz vom Projekt »Papaseiten.de« des Väterzentrum Dresden die Einführung der Vaterschaftsfreistellung nicht weiter hinauszuzögern. Vor einem Jahr hat Papaseiten.de eine Petition zur Vaterschaftsfreistellung initiiert, die auch von der LAG-Väterarbeit NRW unterstützt wird und die noch bis zum Internationalen Vatertag am 19. Juni 2022 mitgezeichnet und geteilt werden kann.

Bislang sind mehr als 9.000 Unterschriften zusammengekommen. Gemeinsam können wir bis zum Internationalen Vatertag ein deutliches Zeichen setzen. Dafür benötigen wir gerade jetzt Eure und Ihre Unterstützung!

Quelle

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Der Anteil der männlichen Teilnehmer an Angeboten der Familienbildung hat sich seit 2006 kaum verändert

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 4. Mai 2022

„Beim differenzierten Blick auf die Einrichtungsarten wird deutlich, dass Väter 2019 am häufigsten Angebote in Beratungseinrichtungen in Anspruch nahmen, am seltensten in Einrichtungen der Eltern- und Familienbildung. Gerade mit Blick auf die Einrichtungen der Eltern- und Familienbildung deuten die Ergebnisse darauf hin, dass sich der Anteil der männlichen Teilnehmer im Verhältnis zur Bestandsaufnahme von 2006 kaum verändert hat.“

Prognos AG Familienbildung und Familienberatung in Deutschland eine Bestandsaufnahme

Die LAG Väterarbeit hat im Vorfeld der Landtagswahl am 15 Mai fünf konkrete väterpolitische Forderungen aufgestellt und die im Landtag vertretenen Parteien darum gebeten darzulegen, inwieweit eine Stimme für Ihre Partei zu einer Umsetzung in den kommenden 5 Jahren beitragen wird.

Die zweite Forderung lautet:

„Einrichtung eines Bildungsbudgets im Rahmen des Weiterbildungsgesetzes (§17 WbG) um neue Zugänge, offene Angebote, aufsuchender Bildung für die bislang kaum erreichte Zielgruppe der Väter zu entwickeln und durchzuführen. Dadurch wird auch die regionale Vernetzung und sozialräumliche Ausrichtung der Angebote gewährleistet.“

Die CDU hat dazu geantwortet:

Durch die Reform des Weiterbildungsgesetzes haben wir die nordrhein-westfälische Spitzenstellung bei der gemeinwohlorientierten Weiterbildung in den vergangenen fünf Jahren ausgebaut, die Grundförderung verlässlicher gestaltet und innovative neue Förderinstrumente geschaffen. Diese Dynamisierung der Landesförderung im Bereich der Weiterbildung werden wir fortschreiben, um bedarfsorientierte Fördermöglichkeiten zu gewähren. Auch weiterhin wollen wir die starke Weiterbildungslandschaft mit über 450 Volkshochschulen und freien Weiterbildungseinrichtungen, die mehr als 1,5 Millionen Menschen in unserem Land jährlich besuchen, stärken.

Die FDP hat dazu geantwortet:

Lebenslange Weiterbildung hat für uns in einer Welt im Wandel eine zentrale Bedeutung. Deswegen haben wir in dieser Legislatur das Weiterbildungsgesetz novelliert und die gemeinwohlorientierte Weiterbildung zukunftsfähig aufgestellt. Insgesamt wollen wir bessere Voraussetzungen für die Vereinbarung von Weiterbildung und Familie schaffen, da speziell Familienarbeit und insbesondere die Betreuung und Erziehung von Kindern eine wichtige Phase der Persönlichkeitsentwicklung ist. Verantwortung für Kinder und Familie zu übernehmen, stärkt auch die Bereitschaft und Fähigkeit im beruflichen Kontext Führungsrollen einzunehmen. Daher steigern familienfreundliche Weiterbildungen die Karrierechancen von Menschen, die auch zu Hause Verantwortung übernehmen. Aus-, Fort- und Weiterbildung bleiben das ganze Leben Grundlage für sozialen Aufstieg und beruflichen Erfolg. Die Entscheidung für Weiterbildung darf nicht finanziell erschwert werden. Wir unterstützen deswegen die umfassenden Vorhaben der neuen Bundesregierung in diesem Bereich, vor allem die Schaffung ganz neuer Gamechanger-Instrumente wie das Lebenschancen-Bafög.

Die Grünen haben dazu geantwortet:

Auf Initiative der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Grünen wurde das Weiterbildungsgesetz in diesem Jahr novelliert. Insbesondere war das Anliegen, neue Formate zu fördern und bislang wenig erreichte Zielgruppen in den Fokus zu nehmen. Deshalb gibt es nun Innovationsfonds und Entwicklungspauschalen für die Einrichtungen. Spezielle Bildungsbudgets für bestimmte Zielgruppen sind nicht vorgesehen. Die Erfahrung zeigt, dass es zielführender ist, die Einrichtungen entscheiden zu lassen, wie sie auf welche Zielgruppe zugehen.

Die SPD hat dazu geantwortet:

Sozialräumliche Arbeit ist ein Kernpunkt der NRWSPD und unserer Kinder- und Familienpolitik, wir wollen flächendeckend Familienbüros in den Quartieren etablieren, die die Angebote der Familienbildung, der Jugendhilfe und der Familienberatung bündeln. Die alle Angebote im Stadtteil bewerben und so auch Initiativen für Väter bewerben. In Kooperation mit den Familienzentren in Kitas und Grundschulen wollen wir die Elternarbeit stärken und hier auch besonders auf spezifische Angebote für Elternteile stärken, eben auch besonders für Väter.

Quelle

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