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Engagierte Väter sind immer noch Exoten

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Dienstag 7. Mai 2013

… diese Ansicht vertritt Familienforscherin Irene Mariam Tazi-Preve im Interview mit Meredith Haaf in der Zeitschrift Nido über die Identitätssuche neuer Väter.

‚Sie beobachten seit Jahrzehnten die Entwicklung der Familie im deutschsprachigen Raum. Mal ehrlich: Sind diese neuen Väter nicht ein Mythos?

Der engagierte Vater, der sich die Familienarbeit partnerschaftlich mit der Mutter teilt, ist tatsächlich nach wie vor ein Exot. Noch immer überwiegt das Modell mit männlichem Haupternährer, während die Frau Haushalt und Kinderbetreuung übernimmt. Das Problem an der ganzen Debatte ist aber, dass wir gar nicht wissen, was das eigentlich sein soll, ein neuer Vater.

Woran erkennt man denn einen, Ihrer Meinung nach?

Zunächst die Frage: Woran misst man, was ein moderner Vater ist? An der Zeit, die er mit seinen Kindern verbringt? Da stellt sich heraus, dass ein hoher Prozentsatz aller Väter nach der Geburt des ersten Kindes länger arbeitet als zuvor. Oder verhalten sich moderne Väter anders? Messen wir sie am Anteil ihrer Elternzeit? Die Vaterrolle ist sowohl auf gesellschaftlicher wie auf individueller Ebene unklar, ganz anders als bei der Mutterrolle. Wir wissen ganz genau, was eine Rabenmutter ist, aber einen schlechten Vater in dem Sinn gibt es nicht.

Der abwesende Vater gilt doch aber als schlecht.

Ja, mit dem haben sich Generationen von Männern bereits auseinandergesetzt. Aber was ist mit dem nachlässigen, unansprechbaren Vater? Der ist relativ normal.

Kann es sein, dass Männer sich als Väter viel leichter positiv abgrenzen können – weil ein Vater sofort als neu und modern gilt, sobald er nicht autoritär oder abwesend ist?

Wir wissen, dass etwa zehn bis zwanzig Prozent der Männer wirklich aktiv versuchen, ganz anders als ihre eigenen Väter zu erziehen. Die strampeln sich dann ordentlich bei der Identitätssuche ab und weisen die traditionelle Männerrolle von sich.

Was heißt das?

Der Mann ist bei uns immer noch erwerbszentriert. Er identifiziert sich über seinen Beruf, über seine Position, das Geld, das er verdient – und erst dann über seine Kinder. Deswegen nehmen Männer zum Beispiel einen beruflichen Abstieg durch Teilzeitarbeit praktisch nie in Kauf. Da sind Frauen anders, die planen ihr Berufsleben um die Kinder herum. …

Ein moderner Vater zu sein ist also mit viel Selbstüberwindung verbunden, richtig?

Die handeln sich vor allem harte Konflikte mit der Arbeitswelt ein. Da herrscht ja dieses erwerbszentrierte Männerbild, das müssen sie aktiv zurückweisen. Was die machen, ist echte Emanzipationsarbeit. Das kostet Kraft, und die bringen wirklich nur die wenigsten auf.

Also hat sich eigentlich nicht viel verändert bei den modernen Vätern?

Anspruch und Wirklichkeit klaffen stark auseinander. Wenn man die Einstellungen abfragt, hat sich viel getan: Männer glauben nicht mehr, dass Frauen für Haushalt und Kinderbetreuung alleine zuständig sein sollen. Sie glauben, dass sie sich genauso gut kümmern könnten. Aber in der Wirklichkeit sieht das so aus: Leider geht es nicht, weil der Chef keine Vätermonate akzeptiert. Weil man eben bis neunzehn Uhr arbeiten muss. Die Fakten passen nicht zum Wandel in der Mentalität. Deswegen kommen wir nicht um die Debatte über die Arbeitskultur herum. Eine Kultur des Teilens von Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung muss normal werden – sonst kommen wir mit der Gleichberechtigung niemals ernsthaft weiter.‘

Quelle

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4 Kommentare zu “Engagierte Väter sind immer noch Exoten”

  1. Michael Strasosky sagt:

    Ich habe es anders erlebt.
    Mit 42 Jahren das erstemal Vater geworden, war die Organisation meiner Elternzeit bei beiden Töchtern
    bei meinem Arbeitgeber (Eine große deutsche Fluggesellschaft) nur ein Verwaltungsakt, danke.
    Durch meinen Schichtdienst habe ich mindestens die Hälfte der Kinderbetreuung trotz nebenbei betriebener Selbständigkeit übernehmen können. Mein Freundeskreis hat zwar gelitten,
    aber gefehlt hat mir am meisten der Sport.
    Wichtiger als die gemeinsame Anzahl der Stunden ist für meine Töchter aber die Intensität der Beziehung und
    das Erleben einer männlichen Präsenz.
    Ich glaube,
    das gelingt mir meistens…

  2. Niegel sagt:

    Ein ziemlich kluger Text. Wenn Vaterschaft weiterhin aktiv politisch gefördert wird, so wie von der jetzigen Bundesregierung, wird die Akzeptanz von Erwartungen von Vätern an Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zunehmen. Daraus würde sich dann auch ergeben, dass Frauen im Beruf weniger strukturell benachteiligt werden, weil Chef „befürchten“ muß, dass Sie für Jahre in Elternzeit versinkt. Wenn Chef das genau so, oder wenigstens zunehmend auch bei Männern „befürchten“ muß, wird die Arbeitswelt kinderfreundlicher. Deshalb ist eine gesetzliche Frauenquote ja auch der falsche Weg. Statt dessen braucht es eine „Erziehungszeiten“-Quote.

  3. Matthias Scheibe sagt:

    Eine „Erziehungszeitenquote“, eine nette Idee, aber wie Herr Strasosky richtig bemerkte, es kommt nicht auf die Stunden an, sondern auf die Art und Intensität der Beziehung. Was hat ein Kind von seinem Vater, wenn dieser die Elternzeit nutzt, um ein bischen am Haus zu bauen (oder verglichbares).
    Dann doch lieber gleich „Pekip-Kurs-Zwang“ ;),aber dann ist die Freiheit dahin und es wird trotzdem Schlupflöcher geben. Es muss etwas im Bewusstsein geschehen, damit sich die Alltagspraxen ändern und was hat ein der Häuslebauer im Falle einer Scheidung, da er nicht glaubhaft nachweisen kann, sich aktiv um sein Kind gekümmert zu haben,bekommt sie das Sorgerecht und bleibt mit dem Kind aber ohne ihn im, von ihm schön renovierten, Haus. Zugegeben, dass war jetzt etwas übertrieben.
    Elternzeit muss auch wirlich Elternzeit sein, damit sie auch akzeptiert. das Kind gehört ins Zentrum der vtagesplanung, für’s Heimwerken gibt es den Jahresurlaub.

  4. Hans sagt:

    Frauen sind, im Schnitt, mental gar nicht bereit „Familien- und Hausarbeit“ mit den Männern zu teilen. Auch die Aufteilung in Erwerbsarbeit und Familienarbeit unterstellt einen Unterschied des Zweckes beider Tätigkeitsfelder. Für wen geht denn der Mann arbeiten? Darüber hinaus sind Frauen meist beruflich überhaupt nicht in der Lage, die Haupternährerrolle zu übernehmen. Die Heerscharen von Frauen möchte ich sehen, die in Verzückung geraten wenn der Mann verkündet, jetzt nur noch 20 Stunden arbeiten zu wollen und ihr weiter mitteilt, sie müsse die Familie jetzt finanziell über die Runden bringen. Er wolle die Familienarbeit übernehmen. Mal sehen wie weit die Familien mit den Verkäuferinnen-, Arzthelferinnen-, Friseusen-, Erzieherinnen- und Krankenschwesternlöhnen so kommen -oder was immer Frauen so zu lernen bevorzugen. Es geht letztlich, wie immer, darum, die ohnehin schon privilegierten Frauen noch weiter zu entlasten ohne jedoch über erweiterte Verpflichtungen für sie zu sprechen.

    http://www.theatlantic.com/sexes/archive/2013/06/the-distinct-positive-impact-of-a-good-dad/276874/

    http://www.sueddeutsche.de/leben/kinder-in-der-pubertaet-welche-rolle-die-vaeter-haben-1.1836442

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