Familienzeit für Väter gilt (nicht) als Karriere-Knick
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Mittwoch 27. April 2011
Riskiert ein Schweizer seine berufliche Karriere, wenn er zugunsten seines Kindes das Arbeitspensum reduziert? Angesichts der lebhaften öffentlichen Diskussion von Vaterschaftsurlaub und Elternzeit wollte es das Magazin Reader’s Digest genau wissen und beauftragte das Meinungsforschungsinstitut Isopublic. Das Ergebnis: Mit 52,6 % glaubt mehr als die Hälfte der Befragten nicht, dass eine Auszeit für die Familie das berufliche Weiterkommen gefährde. 41,8 % haben diese Befürchtung schon.
Beträchtlich fallen die Unterschiede zwischen den Geschlechtern aus: Während 46,4 % der befragten Männer die Baby-Pause als ein berufliches Risiko einschätzen, sind nur 37,3 % der befragten Frauen dieser Ansicht. Vielmehr sind 57,1 % der Frauen der Überzeugung, die Entscheidung, für den Nachwuchs da zu sein, stelle keine Gefahr für die Karriere des Mannes dar; bei den Herren glauben das zumindest 48 %.
Deutlich auseinander driften die Meinungen zwischen Deutschschweizern und Westschweizern: 51,7 % der Romands sind der Meinung, ein Mann riskiere seine berufliche Karriere, wenn er eine Baby-Pause einlegt. 44,9 % sehen darin keine Probleme. In der Deutschschweiz sind mit 55,1 % mehr als die Hälfte der Befragten so zuversichtlich. Nur 38,6 % hätten Angst um ihren Job.
Betrachtet man die Ergebnisse nach Wirtschaftsregionen fällt auf, dass besonders die Befragten aus der Alpen-/Voralpen-Region ihren Beruf mit 61,7 % für vereinbar mit einer familiären Auszeit halten. Negative Auswirkungen befürchten mit 43,3 % mehrheitlich Personen aus dem westlichen Mittelland.
Beruflich gut abgesichert fühlen sich mit 56,9 % die bis zu 34-Jährigen, unsicher sind mit 44,9 % mehrheitlich die über 55-Jährigen. Klartext spricht die Einkommensstruktur der Befragten: Angst um den Job im Fall einer Auszeit hätten mit 56,3 % vor allem die finanziell Schwächsten.
Mehreren Studien und Erhebungen zufolge möchten Männer zwischen 30 und 40 Jahren mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen. Der Arbeitnehmerverband Travail.Suisse forderte beispielsweise die Einführung eines bezahlten Vaterschaftsurlaubs von mindestens 20 Tagen. Und die Eidgenössische Kommission für Familienfragen hat im Oktober 2010 ein Modell für Elternzeit vorgelegt: Eltern sollen über 24 Wochen Elternzeit verfügen, die sie sich untereinander aufteilen und die sie von der Geburt bis zur Einschulung des Kindes beziehen können.