Die Sache mit dem Testosteron …
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 6. Dezember 2009
Mann hat es im Blut, es beeinflusst das Verhalten, so wie viele andere Stoffe auch. Dennoch kommt ein Redner, eine Rednerin damit durch, diesem Hormon eine bestimmende Rolle zuzumessen. Andrea Nahles wünschte sich auf dem SPD-Parteitag in Dresden einen neuen Stil in der Führung und sagte: „Basta und Testosteron hatten wir in den letzten Jahren genug!“
Und diesen sexistischen Quatsch zitieren alle zustimmend, obwohl der neue Vorsitzende, mit dem Nahles zusammenzuarbeiten hat, einen höheren Testosterongehalt im Blut haben dürfte als der dort verabschiedete, einfach weil er jünger ist. Doch außer dieser sachlichen Unrichtigkeit ist die symbolische Operation der Reduktion von individuellem, interesse- und ideologiegeleitetem Verhalten auf die Wirkung eines Hormons zwar typisch und geläufig, aber eigentlich ein echter Hammer. …
Die biologistische Reduktion männlichen Verhaltens klingt so schön wissenschaftlich und geht offenbar voll in Ordnung, so als wäre es das von der Natur gewollte Wesen des Mannes, zu poltern, andere zu unterbrechen und sich generell blöd und unangenehm zu benehmen.
Doch nicht nur über erwachsene Männer, schon über Jungen werden die steilsten Thesen verkündet. Man mag da über die offensichtlichsten Klischees noch hinweggehen, etwa die Bebilderung des aktuellen Katalogs der Spielwarenfirma Playmobil: Da ist ein kleines Mädchen abgebildet, das konzentriert mit einer großen Schule spielt, also Bildung, soziale Kompetenz und solche Sachen pflegt, während der Junge mit der knallroten, lauten Feuerwehr rummacht, und sicher auch nur deswegen, weil Playmobil gar keine Soldaten anbietet. Die Abbildung eines Mädchens mit Babyfiguren und in einer Küche hätte den Hersteller vor den Europäischen Gerichtshof bringen können, der Junge hingegen kann sich freuen, nicht auch noch beim wie irre „Tatütata“-Schreien abgelichtet worden zu sein.
Was das Testosteron angeht, eine eben veröffentlichte Studie der Universitäten Zürich und Royal Holloway London beweist an über 120 Versuchspersonen: Das Sexualhormon mit dem schlechten Ruf kann faires Verhalten fördern, wenn dies dazu dient, den eigenen Status zu sichern.
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