Sie sind härter als viele denken
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 9. Juni 2008
Die Gehälter von Frauen sind deutlich niedriger als die von Männern, hat eben wieder eine Studie der EU ergeben. Auch mit Führungspositionen tun sich Frauen schwer – warum das so ist, versucht Stine Bosse, Chefin des skandinavischen Versicherungskonzerns Trygvesta, im Interview mit SPIEGEL ONLINE zu erklären.
SPIEGEL ONLINE: Frau Bosse, die EU hat festgestellt, dass Frauen durchschnittlich 15 Prozent weniger verdienen als Männer. Woran liegt das?
Stine Bosse: Das hat mit den klassischen Frauenberufen zu tun, die traditionell schlechter bezahlt wurden – also etwa alle Berufe im sozialen Bereich. Das spiegelt sich bis heute im Gehaltsniveau wider.
SPIEGEL ONLINE: Sind Frauen dann aber nicht auch selbst schuld, dass sie so wenig verdienen? Sie könnten sich ja auch einfach für andere Berufe entscheiden.
Bosse: Im Gegensatz zu Männern haben sich Frauen einfach jahrzehntelang nicht als Brotverdiener verstanden. Das beginnt sich jetzt langsam zu ändern – und damit wird sich hoffentlich auch irgendwann die Lücke bei den Gehältern und den Führungspositionen ändern.
SPIEGEL ONLINE: Die deutsche Familienministerin hat vor kurzem in einem Interview mit dem SPIEGEL gesagt, Gleichberechtigung sei erreicht, wenn mittelmäßige Frauen in Führungspositionen sind. Wie lange wird das noch dauern?
Bosse: Das ist noch ein langer Weg – leider. Zum einen müssen dafür Männer nach Führungsnachwuchs Ausschau halten, der nicht genauso ist wie sie selbst. Zum anderen müssen Frauen die Führungspositionen auch wirklich wollen.
SPIEGEL ONLINE: Ist das der Grund, warum Frauen es nicht nach oben schaffen – obwohl sie die besseren Schul- und Universitätsabschlüsse machen?
Bosse: Ja – denn immer noch haben viele Frauen Angst davor, keine gute Mutter oder keine gute Frau zu sein, wenn sie auch noch beruflich erfolgreich sind. Sie müssen da etwas cooler werden. Dabei ist es eigentlich ziemlich einfach: Sie müssen mit Ihrem Partner die Dinge teilen – egal, ob im Haushalt oder im Beruf. Meistens bremsen nicht nur gesellschaftlichen Erwartungen, sondern auch die Ansprüche, die die Frauen an sich selbst stellen.
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