Väter heute – zwischen Erwerbs- und Familienarbeit
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Donnerstag 6. September 2007
Väter, die erst gegen 22 Uhr aus dem Büro nach Hause kommen und Akten für das Wochenende mitbringen, Mütter, die tagelang auf Dienstreise sind, samstags bis 20 Uhr an der Supermarktkasse oder spätabends noch über Excel-Tabellen am Computer sitzen, nachdem die Hausaufgaben der Kinder durchgesehen, Geschichten vorgelesen und die Küche aufgeräumt sind – das ist heute für viele Familien Normalität, aber in den seltensten Fällen wirklich gewünscht.
Familien leben im 21. Jahrhundert in Zeiten einer doppelten Entgrenzung. Einerseits wird die klare räumliche und zeitliche Abgrenzung der Arbeitswelt von der familiären Privatsphäre zunehmend aufgehoben. Andererseits verwischen auch die Konturen der traditionellen Form von Familie mit miteinander verheirateten Elternteilen und gemeinsamen leiblichen Kindern. Die Zahl alleinerziehender Familien und komplexer Patchwork-Konstellationen wächst kontinuierlich.
Das alte Vereinbarkeitsmodell mit dem Mann als Vollzeiternährer und der Frau als Teilzeitzuverdienerin funktioniert nicht mehr. Heute ist ein „Mitspielen“ aller Familienmitglieder gefragt, damit die Balance von Erwerbsarbeit und Familie austariert und soziales Leben in Familien überhaupt zustande kommen kann. Dafür benötigen sie Unterstützung durch planbare, stabile und verlässliche Rahmenbedingungen. Diese müssen auf der anderen Seite jedoch flexibel genug sein, um auf die im Alltag und im Lebenslauf wechselnden Bedarfe von Familien reagieren zu können.
Das derzeit am DJI laufende Forschungsprojekt „Entgrenzte Arbeit – entgrenzte Familie“ untersucht am Beispiel von Familien im Einzelhandel und in der Film- und Fernsehproduktion, welche neuen Anforderungen sich aus dem gesellschaftlichen Wandel für die permanent zu leistende „Herstellung“ von Familie ergeben.
Was für Mütter schon seit langem Thema ist, wird auch von Vätern zunehmend als Problem wahrgenommen: Familie und Beruf in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen – eine Sisyphosaufgabe, an der viele Eltern verzweifeln und nicht wenige Ehen scheitern. Auf die sich im besonderen Maße wandelnde Rolle der Männer in den Familien geht Harald Seehausen in seinem „Blick von außen“ ein. Seit Mitte der 1980er Jahre engagiert er sich in verschiedenen Netzwerken für eine aktive Vaterschaft und ein partnerschaftliches, gleichberechtigtes Miteinander von Müttern und Vätern in Familien