Reflexhafte Abwehrhaltung statt Zeit für Verantwortung
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Montag 11. April 2011
Am Sonntag noch ein großer Entwurf für eine neue Geschlechterpolitik und die Einbeziehung der Männer in die Bemühungen zur Gleichstellung. Am Tag danach die Bruchlandung: Familienministerin Schröder hat die Pläne zur Verbesserung des Elterngeldes gestoppt. Eine Weiterentwicklung des Elterngeldes sei „im Moment aus finanziellen Gründen nicht darstellbar“.
Im Koalitionsvertrag hatte sich die Bundesregierung diese Weiterentwicklung vorgenommen. Bisher können Eltern nach der Geburt eines Kindes maximal 14 Monate Elterngeld bekommen. Zwölf Monate sind für den einen Partner vorgesehen; zwei weitere Monate finanziert der Staat nur, wenn der andere Partner – meist der Vater – ebenfalls Elterngeld beantragt.
Diese Vätermonate wollte die Koalition ursprünglich ausweiten. So hatten mehrere Unionsabgeordnete 2009 dafür plädiert, dass aus zwei Vätermonaten vier werden sollten. Der Anspruch der Mütter wäre damit gleich geblieben; Väter hätten ihre Babypause verlängern können. Das hätte jedoch die Kosten des Elterngeldes – derzeit etwa vier Milliarden Euro pro Jahr – erhöht, weshalb das Familienministerium diesen Plan nun nicht mehr verfolgt.
Möglich wäre eine Ausweitung der Vätermonate auch, wenn die Aufteilung zwischen Müttern und Vätern anders geregelt würde. So könnte der Gesetzgeber zum Beispiel drei oder vier Vätermonate vorsehen, wenn gleichzeitig der Anspruch der Mütter um einen oder zwei Monate reduziert würde.
In Deutschland hatten vor allem Politiker der Opposition für eine Korrektur nach skandinavischem Vorbild plädiert. … Als heikel erscheint der Union bei diesem Plan, dass einem Teil der Betroffenen – den Müttern – der Anspruch auf Elterngeld gekürzt werden müsste. Solche „Verschlechterungen“ seien unmöglich, hatten Politiker von CDU und CSU mehrfach erklärt.
Unabhängig von diesen politischen Streitfragen entwickeln sich die Vätermonate allmählich zur gesellschaftlichen Normalität. So stellt das Statistische Bundesamt fest, dass derzeit fast 24 Prozent aller Väter nach Geburt eines Babys Elternzeit in Anspruch nehmen.