Väter in der Zwickmühle
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Donnerstag 4. November 2010
Das aktuelle Bild des idealen Vaters setzt Männer unter Druck: Der moderne Vater soll und will nicht nur seine Familie ernähren, sondern auch viel Zeit mit seinen Kindern verbringen. Dieses Spannungsfeld kann dazu führen, dass sich Männer gegen eine Familie entscheiden, aber auch verstärkt Wege suchen, beides miteinander zu vereinbaren, wie die Studie ‚Familiengründung und Kinderlosigkeit bei Männern‚ zeigt. Sie empfiehlt eine neue Familienpolitik für Frauen und Männer.
Familienplanung gilt oft als Frauensache. Ob hingegen ein Mann Kinder will oder wieso er kinderlos bleibt, wurde bislang kaum untersucht. In der nun vorliegenden Studie hat sich das Zentrum Gender Studies der Universität Basel dieses Themas angenommen. Unter der Leitung der Geschlechterforscherin Andrea Maihofer führten sie ausführliche Interviews mit 60 Deutschschweizer Männern, wobei die eine Hälfte Väter und die andere Hälfte kinderlos war. Befragt wurden Akademiker, weil bei diesen mögliche Ursachen für Kinderlosigkeit verstärkt auftreten. So verkürzt das lange Studium die Zeitspanne, in der man eine Familie gründen kann. Wenn auch die Partnerin sehr gut ausgebildet ist, kann die Karriere für beide wichtiger werden als Kinder und sich die Familiengründung immer weiter hinausschieben.
Die Interviews zeigen, dass sich das Bild von Vaterschaft im Umbruch befindet. Die meisten Befragten verweisen darauf, dass ihr eigener Vater in der Erziehung und im Familienalltag wenig präsent gewesen sei. Die Figur des ‚abwesenden Ernährervaters»’ lehnen aber alle Interviewten für sich selber entschieden ab. Vielmehr haben sie den Anspruch, genügend Zeit für die Familie zu haben und ihren eigenen Kindern ein präsenter, fürsorglicher Vater zu sein.
Gleichzeitig und dem neuen Bild der aktiven, präsenten Vaterschaft zum Trotz bleibt der Beruf zentral für das männliche Selbstverständnis. Die Gesellschaft ist nach wie vor darauf ausgerichtet, dass der Mann den Hauptteil der Erwerbsarbeit leistet und die Familie ernährt.
Die Studie zeigt, dass viele der befragten Männer dieses Familienmodell noch immer verinnerlicht haben. Dies führt zu einem äußerst ambitiösen Idealbild des modernen Vaters: Er sollte und möchte viel Zeit zur Verfügung haben, sich um die Kinder zu kümmern, und daneben auch noch im Alleingang oder zumindest hauptsächlich für den Lebensunterhalt der Familie aufkommen.
Diese hohen Ansprüche sind ein wichtiger Grund dafür, dass einige Männer sich gegen Kinder entscheiden. Die Zwangslage kann allerdings auch eine Chance für eine berufliche Neuorientierung sein. Einige der Interviewten handelten mit ihren Partnerinnen vor der Familiengründung eine Aufteilung der Erwerbsarbeit aus, um sich intensiver um ihre Kinder kümmern zu können.
Freitag 3. Dezember 2010 um 00:24
Ansprechender Artikel.Mich hat das Thema schon immer so nebenbei interessiert. Freue mich auf weitere Ausführungen zu diesem Thema!