Kündigung raubt Vätern Kinderwunsch
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Dienstag 25. August 2009
Gut ausgebildete Frauen tendieren nach einer Kündigung dazu, ihren Kinderwunsch nicht zu realisieren. Zu diesem klaren Ergebnis kam bereits vor einem Jahr eine Studie der Universität Linz. Dieser zufolge beeinflussen Überlegungen zur Karriereentwicklung nach einer Kündigung Frauen nachhaltig in ihrer Lebensplanung. Darüber hinaus weist die Studie auf weitere sozio-ökonomische Zusammenhänge hin, die mitunter langfristig die Geburtenzahlen beeinflussen.
Mich wundert, dass es nicht schon längst Untersuchungen gibt, die die Auswirkungen der wirtschaftlichen Entwicklung auf die Bereitschaft von Männern, Väter zu werden genau so gründlich untersucht.
Risikofaktoren: Bildung & Gehaltsanstieg
Im Detail zeigt die vorliegende Studie für Österreich einen signifikanten Einfluss von Arbeitsplatzverlust auf die Geburtenzahl. Diese geht, je nach verwendeter statistischer Analysemethode, um 5 bis 10 % zurück – und das langfristig. Dazu Prof. Winter-Ebmer: „Wir konnten diesen Effekt sogar noch neun Jahre nach der Kündigung nachweisen und können auch Risikogruppen identifizieren.
Dazu zählen unter anderem gut ausgebildete und zum Zeitpunkt der Kündigung noch kinderlose Frauen.“ Eine weitere in diesem Zusammenhang besonders auffällige Gruppe umfasst gekündigte Frauen, die bei ihrem letzten Arbeitgeber besonders hohe Gehaltszuwächse erzielen konnten. In dieser Gruppe gab es, verglichen mit beschäftigten Frauen, um etwa 25 % weniger Geburten – und das über einen Zeitraum von sechs Jahren.
Somit scheinen vor allem Frauen (und Männer), deren Karrieren sich erfolgreich entwickelt haben, von Kündigungen massiv in ihrer Lebensplanung beeinflusst zu werden. „Man könnte meinen, dass Frauen aufgrund des Schocks über den Arbeitsplatzverlust ihren Kinderwunsch aufschieben. Jedoch zeigt sich, dass in vielen Fällen aufgeschoben auch aufgehoben ist. Tatsächlich scheint die Fertilität insgesamt zurückzugehen“, ergänzt Prof. Winter-Ebmer.
Geburten, Gehalt, Gesellschaft
In die statistischen Berechnungen gingen Informationen mehrerer Hunderttausend Frauen ein, die in den 1990er-Jahren einer unselbstständigen Beschäftigung nachgingen und von denen mehrere Tausend ihren Job aufgrund eines Firmenkonkurses verloren haben.
Mit der statistischen Auswertung dieser umfassenden Daten konnte nun erstmals ein Zusammenhang zwischen Kündigungen und Geburtenrückgängen über lange Zeiträume hinweg gezeigt werden.
Atypische Beschäftigungsformen und Zeitverträge sind in diesem Zusammenhang ebenfalls als problematisch anzusehen, weil sich Frauen (und Männer) so nicht auf einen stabilen Karrierepfad in einer Firma einstellen können.“
Die bereits auf vielen internationalen Konferenzen zur Diskussion gestellte Studie erbringt damit nicht nur spannende Erkenntnisse über Effekte von Konkursen, sondern kann auch eine Prognose über die Fertilitätsentwicklung im Verlauf der derzeitigen Wirtschaftskrise geben.