Umfragen zu Vätern in Elternzeit
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Samstag 22. August 2009
Wie wirkt sich die Elternzeit von Vätern auf Karriere und Partnerschaft aus?
Dazu stellte das Portal ‚vaeter-nrw’ seinen NutzerInnen in den vergangenen Monaten verschiedene Fragen. Die Ergebnisse liegen nun vor. Um sie einzuordnen und zu interpretieren sprach ‚vaeter-nrw’ mit dem Experten Stefan Reuyß aus Berlin, der aktuell eine Studie zur neuen Elternzeit fertig stellt.
„Für alle Väter mit denen wir sprachen, gab es mehr als einen Grund, in Elternzeit zu gehen“, erklärt Reuyß. „Besonders fiel uns eine zunehmende Familienorientierung auf: Die Männer wollten in der Neugründungs- oder Erweiterungsphase ihrer Familie dabei sein.“ An zweiter Stelle wurden Gründe genannt, die mit der Partnerschaft zu tun hatten. Es ging vielen Vätern darum, die Partnerin besonders in der allerersten Zeit mit dem Kind zu unterstützen.
Männer, die ihre Elternzeit gegen Ende der Elterngeldfrist ansiedelten, wollten der Partnerin oftmals den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern, fand Reuyß heraus. Die Elternzeitler sagten auch, dass dies für sie die Möglichkeit sei, eine neue Welt kennen zu lernen und mal etwas ganz anderes zu machen. Auffällig ist dabei, dass die Väter bei der Entscheidung für Elternzeit neben den Belangen ihrer Familie auch immer die Anforderungen am Arbeitsplatz im Blick behielten und versuchten, beides gut zu koordinieren. „Das ist für Arbeitgeber ein sehr erfreuliches Ergebnis“, sagt der Soziologe.
Beeinträchtigt Elternzeit den geplanten Karriereweg von Vätern?
„Glauben Sie, dass Elternzeit Ihren geplanten Karriereweg beeinträchtigen würde?“, fragte vaeter-nrw seine Leser. Das Ergebnis der Befragung: Etwas mehr als 47 % der Umfrageteilnehmer befürchten das und antworteten mit „ja“ (24 %) und „eher ja“ (23 %). Fast 53 % dagegen meinten mit „eher nein“ (15 %) und „nein“ (38 %), dass eine Beeinträchtigung der Karriere nicht zu befürchten sei. „Unsere Befragungen zeigen ein ähnliches Ergebnis“, sagt Reuyß. „Interessant dabei ist, dass die Männer, die ihre Elternzeit bereits hinter sich haben, keine Karrierenachteile sehen.
Die Ängste der Väter durch Elternzeit eventuell ins berufliche Abseits zu geraten, bewahrheiteten sich in der Realität deutlich seltener als von den Männern vorher befürchtet. Es findet derzeit ein kultureller Wandel in den Unternehmen statt, von dem die Väter positiv überrascht sind.“ Je länger eine Elternzeit jedoch dauere, desto schwieriger werde es, an die berufliche Laufbahn anzuknüpfen, gibt der Experte zu bedenken. Komplizierter werde es für Väter genauso wie für Mütter, wenn die Elternzeit ein halbes bis ein Jahr überschreite. Ebenso führt Teilzeitarbeit häufig zu einem Karriereknick, denn auch heute noch schlössen sich Teilzeit und Führungsverantwortung in den meisten Betrieben in Deutschland aus.
Sind Elternzeit-Erfahrungen beruflich nutzbar?
‚Vaeter-nrw‘ fragte seine NutzerInnen auch, ob sie meinen, dass Erfahrungen aus der Elternzeit sich auch beruflich positiv auswirken. 48 % der Umfrageteilnehmer waren der Auffassung, dass sich die Erfahrungen mit Kind(ern) und Haushalt auch im Beruf verwerten ließen und antworteten mit „ja“ (38 %) und „eher ja“ (10 %). Insgesamt 52 % äußerten sich skeptisch und klickten „nein“ (28 %) oder „eher nein“ (24 %) an.
Der Experte Stefan Reuyß berichtet dazu: „Väter erzählten uns, dass sie durch die Elternzeit und die Erfahrungen mit teilweise stressigen Kleinkindern einen neuen Blick auf ihr Berufsleben bekommen hätten.“ Sie sähen danach bei der Arbeit vieles gelassener, arbeiteten zielgerichteter und hielten sich nicht mehr so viel auf ‚Nebenkriegsschauplätzen‘ auf. „Für alle die viel selbst organisieren müssen, kann man die Frage, ob sie aus der Elternzeiterfahrung beruflichen Nutzen ziehen, also auf jeden Fall bejahen“, sagt Reuyß. Auf der anderen Seite gäbe es aber auch sehr viele Berufe, in den Organisationsfähigkeit keine so große Rolle spielte. Dann müsse man die Frage wohl eher mit „nein“ beantworten.
Neue partnerschaftliche Arbeitsteilung durch geteilte Elternzeiten?
Wie wirkt es sich langfristig auf die Partnerschaft aus, wenn beide Elternteile Elternzeit in Anspruch nehmen? Verändert sich dadurch die Aufgabenverteilung in der Familie? Zu dieser Frage äußern sich ‚vaeter-nrw’ NutzerInnen eindeutig. Drei Viertel von ihnen, sagen „ja“ (44 %) oder „eher ja“ (31 %). Ein Viertel der Teilnehmer ist jedoch der Meinung, dass sich nichts („nein“, sechs %) oder wenig („eher nein“, 19 %) verändert. „Wir stellen auf jeden Fall fest, dass Elternzeit einen Bewusstseinswandel bei den Vätern einleitet. Familie und Haushalt gewinnen an Bedeutung“, sagt Stefan Reuyß.
„Männer möchten heute ihre Partnerinnen stärker unterstützen. In Partnerschaften, in denen die Aufgaben egalitär verteilt sind, war das aber zumeist auch schon so, als es noch keine Kinder gab. In eher traditionellen Partnerschaften scheinen Männer, die Elternzeit in Anspruch nahmen, zumindest mehr Anerkennung für die Haus- und Sorgeleistungen der Partnerinnen zu haben und so besteht zumindest die Hoffnung, dass diese Männer im Nachgang häuslich engagierter sind.“