Elternzeit, für schwedische Väter eine Selbstverständlichkeit
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 4. Mai 2013
„Auch mein Chef war zweimal sechs Monate in Elternkarenz“, sagt Jonas Ekströmer, Fotograf bei der Fotoagentur Scanpix und Vater von drei Kindern im Alter von fünf Jahren bis acht Monaten. Ab August wird auch er wieder für fünf Monate Elternkarenz in Anspruch nehmen. So wie Ekströmer gehen in Schweden rund 90 % der Väter in Karenz und kümmern sich um Kinder und Haushalt. In Deutschland sind es rund 28 % und in Österreich ca 8 % der Väter. Nachteile für seine berufliche Karriere befürchtet Ekströmer nicht, weil in Schweden jeder – auch Führungskräfte – in Karenz geht.
Von Arbeitgeberseite werde der Wunsch der Väter nach Elternzeit akzeptiert und auch unterstützt, sagt Finanzexpertin Annika Creutzer. „Denn kein Unternehmen will als altmodisch gelten“, sagt sie. Außerdem sei es durchaus üblich, dass der Arbeitgeber zum Kindergeld noch etwas dazuzahlt. Schwieriger könne es für Väter werden, die ihr Recht auf Elternzeit erst in Anspruch nehmen, wenn das Kind bereits älter als zwei Jahre sei, gibt Creutzer zu.
Zwar werde von den wenigen Vätern, die nicht auf Elternzeit gehen, das Nicht-leisten-Können als Argument gebracht, doch das sei meist nur ein Vorwand, sagt Ulrika Hagström, Senior Researcher bei TCO, einer gewerkschaftlichen Organisation. „Mittlerweile ist die Väterkarenz gesellschaftlich so anerkannt, dass nur wenige Väter es wagen würden, sie nicht in Anspruch zu nehmen“, so Hagström.
Das Verhältnis zwischen den beiden Elternteilen bei der Verteilung der Elternzeit ist auch in Schweden noch nicht ausgewogen, aber immerhin werden mittlerweile rund ein Viertel der möglichen Tage von Vätern beansprucht. „Die Elternzeit des Vaters nimmt zwar kontinuierlich zu, von einer gleichen Verteilung ist Schweden aber noch weit entfernt“, sagt Niklas Löfgren von der schwedischen Social Insurance Agency. Mit einem Gender-Equality-Bonus soll diese Dynamik beschleunigt werden. Für jeden Tag, den der andere Elternteil mehr als die 60 Tage übernimmt, wird zusätzlich ein Bonus von rund 300 Euro pro Monat ausgezahlt.
Gleichzeitig werden auch immer mehr Stimmen laut, die eine Fünfzig-zu-fünfzig-Aufteilung fordern, allen voran die NGO Men for Gender Equality. Neben der gesellschaftspolitischen Einflussnahme organisiert die NGO auch Gesprächsgruppen und unterstützt Väter bei den Herausforderungen der Kinderbetreuung. Wahrscheinlicher sei es aber, dass es bei der Elternzeit zu einer Drittellösung kommen werde, meint Creutzer. Jeweils ein Drittel wäre für jeden Elternteil reserviert und ein Drittel würde frei aufgeteilt werden können.
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