Im Keller von Ralf Achcenich stapelten sich Kisten mit Spielen und alter Kinderkleidung. „Für meinen Sohn ist das schon lange nichts mehr, der ist schon 16“, sagt Achcenich, „aber ich wollte die vielen Dinge nicht wegwerfen. Und Trödelmärkte sind nichts für mich. Ich finde es anstrengend um fünf Uhr aufzustehen, die ganzen Dinge ins Auto laden. Wenn man dann noch Pech hat, nimmt man die Hälfte wieder mit zurück.“
Die vielen Überbleibsel aus der Kinderzeit seines Sohnes und die Abneigung gegen Trödelmärkte brachte ihn und seine Kollegen auf eine Idee. So entwickelte Achcenich mit drei anderen Vätern ein Secondhand-Portal im Internet. Auf „Pollywoggie“ können Eltern alte Kindersachen verkaufen. „Uns war es vor allem wichtig, dass das Portal schnell und einfach zu bedienen ist“, sagt Achcenich.
„Bei uns können auch alle Vorgänge unterbrochen und später wieder aufgenommen werden. Als Väter wissen wir, dass das oft vorkommt. Uns ist es wichtig, dass es bequem ist.“ Bei dem Namen haben sie sich an „pollywog“, dem englischen Wort für Kaulquappe, orientiert. „Der Name hat wie unser Portal mit entstehendem Leben zu tun, deshalb haben wir ihn ausgewählt.“
Das Portal haben sie nicht selber entwickelt, sondern einen Programmierer damit beauftragt. Seit Ende Juni sind sie online, 350 Nutzer haben sich bereits angemeldet. „Wir haben ein bisschen hier im Umkreis Werbung gemacht, aber wir merken, damit sich Pollywoggie herumspricht.“
Die Väter verdienen an jedem Verkauf mit. Bei Artikeln mit niedrigen Preisen erhalten sie acht Prozent des Verkaufspreises, bei teureren Dingen 4,1 Prozent. Für die Männer ist das Portal nicht einfach ein Hobby. „Wir haben schon das Ziel, nach und nach unsere Familien davon zu ernähren. Wir können uns schon vorstellen, die anderen Jobs aufzugeben und uns dann nur noch um das Portal zu kümmern.“
Wenn viele hessische Familienväter Gedrucktes von der Firma mit nach Hause bringen, dann fällt nicht etwa aufgrund von Überstunden das abendliche Vorlesen aus, sondern ganz im Gegenteil: Sie haben keine Büro-Unterlagen, sondern Vorlesegeschichten im Gepäck. Möglich macht dies ein besonderes Angebot, das seit genau einem Jahr besteht: „Mein Papa liest vor!“.
Die „hessenstiftung – familie hat zukunft“ und die Stiftung Lesen zogen jetzt im Betriebskindergarten der Commerzbank AG in Frankfurt Bilanz ihres erfolgreichen Projektes und kündigten an, die Initiative fortzusetzen. Das Konzept ist einzigartig: jede Woche neu können spannende Geschichten und Tipps zum Vorlesen am Arbeitsplatz aus dem Firmenintranet ausgedruckt werden. Zahlreiche renommierte Verlage sind Partner des Projekts.
„Wir freuen uns sehr, dass unser Angebot von mehr als 50 hessischen Unternehmen genutzt wird – mit noch weiter steigender Tendenz“, erklärte die Vorstandsvorsitzende der Hessenstiftung und Staatssekretärin im Hessischen Sozialministerium, Petra Müller-Klepper. Die große Resonanz belege, dass dieses innovative Projekt auf gelungene Weise die modernen Kommunikationsmöglichkeiten am Arbeitsplatz nutze, um der familiären Vorlesekultur Impulse zu vermitteln. Frau Müller-Klepper betonte: „Das Vorlese-Engagement von Papas ist besonders wichtig, um insbesondere Jungen an das Lesen heranzuführen. Dieses Engagement möchten wir ihnen mit unserem niederschwelligen Angebot erleichtern.“
„Vater sein ist die beste Rolle meines Lebens und nicht ersetzbar“, so kommentierte Michael Heger vom Tourismus & Kongress Service der Stadt Bamberg den Stellenwert seiner Familie im Spannungsfeld zwischen Beruf und Familie. Michael Heger war einer von drei jungen Vätern, die in der Diskussionsrunde „Papas packen aus“ über ihre ganz persönlichen Erfahrungen zum Thema Elternzeit berichteten. Neben ihm beteiligten sich auch Markus Popp von der Bamberger medatixx GmbG und Udo Winkelhorst von der Robert Bosch GmbH.
Das Netzwerk WiR Unternehmen Familie hatte am 17. Mai zu einer Infoveranstaltung zum Thema „Väter im Betrieb“ in die Stadt Bamberg eingeladen. Mit diesem neuen Aspekt stellte das Netzwerk erstmals die Männer in den Fokus der Diskussion um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und nicht mehr nur traditionell die Mütter. Dementsprechend groß war die Resonanz auf die Veranstaltung: rund 50 Teilnehmer aus Unternehmen und Institutionen aus der Region Bamberg-Forchheim informierten sich.
Das Netzwerk hatte sich zum Ziel gesetzt, mit einer Mischung aus Vorträgen und einer Diskussionsrunde konkrete Antworten zu finden, wie Männer Beruf und Familie vereinbaren, ob Männer spezielle Lösungsansätze brauchen und ob es immer noch Vorbehalte in Unternehmen und der Gesellschaft gibt. …
Einer Meinung waren sich sowohl die Referenten als auch die drei Väter der Diskussionsrunde, dass flexible Arbeitszeiten und eine gute Kinderbetreuung die Basis für eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind. Überraschend war die einhellige Meinung aller drei Väter, dass ihre Elternzeit sowohl bei den Arbeitgebern als auch bei den Kollegen positiv aufgenommen worden ist.
Markus Popp von der medatixx GmbH meinte, dass gerade ältere Kollegen ihn um die Möglichkeit beneideten, einige Zeit komplett bei der Familie zu verbringen. Udo Winkelhorst von der Robert Bosch GmbH berichtete, dass sich seiner Meinung nach das Bild der Väter in der Gesellschaft gewandelt hätte und es inzwischen selbstverständlich sei, dass sich Väter aktiv um ihre Kinder kümmern, Babynahrung zubereiten und Windeln wechseln können.
Die Balance zwischen Beruf und Privatleben ist nach Ansicht von Nigel Marsh zu bedeutend, um sie in der Hand des Arbeitgebers zu belassen. Bei TEDxSydney skizziert Marsh einen idealen Tag an dem Familie, Freizeit und Produktivität ausbalanciert sind und bietet eine mitreißende Aufmunterung, diese Vorstellung wahr werden zu lassen.
Einen Monat schon während des Mutterschutzes in Karenz gehen – das können frischgebackene Väter, die als Beamte arbeiten, seit dem 1. Januar in Österreich. Jedoch unbezahlt. In Linz gibt es ab sofort eine Woche bezahlten Sonderurlaub.
Der „Papamonat“ soll in der Stahlstadt durch die Sonderregelung noch attraktiver gemacht werden. „Wir wollen als Vorbild vorangehen“, sagt Frauenstadträtin Eva Schobesberger von den Grünen.
Während die beim Land beschäftigten Väter während der gesamten vier Wochen des Papamonats auf ihr Gehalt verzichten müssen, gibt es für Mitarbeiter der Stadt Linz eine Woche bezahlten Sonderurlaub. Dazu kommen noch weitere zwei Tage mit Bezahlung für neue Väter, die schon bisher ausbezahlt wurden.
Österreichweit sind es bislang 4,5 % der Eltern, die in Karenz gehen, Männer. „Das muss man ausgleichen. Der Papamonat ist eine Möglichkeit für Väter, früh einen Bezug zum Kind zu bekommen“, sagt Schobesberger.
Vorträge für Angestellte und Führungskräfte sollen die potentiellen Väter motivieren, den Monat in Anspruch zu nehmen. Obwohl die Regelung nur für Väter im öffentlichen Dienst gilt, wünscht sich Schobesberger auch einen „Papamonat“ in privaten Betrieben: „Es wäre auch in der Privatwirtschaft sinnvoll, so etwas umzusetzen. Das muss unser langfristiges Ziel sein.“
Ein finanzieller Nachteil entsteht der Stadt Linz durch die Regelung wahrscheinlich nicht. Denn je mehr Väter den Papamonat in Anspruch nehmen, desto öfter spart sich die Stadt drei Wochen Gehalt. „Ersatz für die Väter muss nicht gesucht werden, das funktioniert nach dem normalen Urlaubssystem“, sagt Mayr. „Eine Win-Win-Situation also.“ Mayr fügt hinzu: „Da muss man ja ein Depp sein, wenn man nicht dafür ist.“
Richard Runge ist Vater von zwei Kindern und Berater für Private Banking bei der Deutschen Bank. Das gelingt ihm dank eines vollzeitnahen Teilzeitmodells, bei dem er 32 Stunden in der Woche arbeitet.
In welchem Modell arbeiten Sie?
Seit dem Ende der Elternzeit im Frühjahr 2010 arbeite ich mit 32 Wochenstunden in vollzeitnaher Teilzeit. Meine Arbeitszeit verteilt sich auf vier Tage in der Woche. Einen Tag habe ich immer frei, und donnerstags bin ich erst ab 10 Uhr im Büro. Diese Flexibilität meiner Arbeitszeit hilft mir und der ganzen Familie dabei, die Organisation von Beruf und Kinderbetreuung miteinander zu vereinbaren.
Warum nutzen Sie dieses Modell?
Der Auslöser für die marginale Reduzierung der Arbeitszeit war die Geburt unserer Tochter im Sommer 2003. Dank des vollzeitnahen Arbeitszeitmodells konnte ich mir den Wunsch erfüllen, als Vater bei ihrer Erziehung eine aktive Rolle zu spielen. Im Herbst 2006 kam dann unser Sohn auf die Welt. Deshalb arbeiten meine Frau und ich seit dem Auslaufen der Elternzeit weiter in Teilzeitmodellen. So können wir beide unseren Berufen nachgehen und sind beide an der Erziehung der Kinder beteiligt. Des Weiteren ist die Überbrückung der Ferienzeiten bei schulpflichtigen Kindern so besser möglich.
Welche Probleme hätten Sie ohne familienbewusste Arbeitszeiten?
Ohne die flexiblen Arbeitszeitregelungen hätte ich unter der Woche keinen Alltag mit meinen Kindern und somit weniger Einblicke in das Leben der Kleinen. Ich wüsste weder wie ihr Tag war, noch was sie erlebt haben oder was sie gerade bewegt. Und meine Ehefrau könnte kaum oder gar nicht arbeiten. Deshalb war uns von Anfang an wichtig, dass wir beide in Teilzeit arbeiten und dadurch auch beide möglichst viel von unseren Kindern mitbekommen.
Richard Runge ist eines von über 100 „Guten Beispielen“ von Beschäftigten und Arbeitgebern, die von familienbewussten Arbeitszeiten profitieren. Schade nur, dass darüber auf der Webseite der Deutschen Bank nichts zu erfahren ist.
Ingo Stadler ist Vater von drei Kindern. Für den Wirtschaftsmathematiker stand immer fest, dass er nicht nur ein Feierabend-Vater sein wollte. Und so reduzierte er schon nach der Geburt seiner ersten Tochter seine Arbeitszeit um 10 %. Seitdem sein drittes Kind da ist, hat er noch einmal reduziert. Stadler arbeitet als Senior Project Manager bei einer renommierten deutschen Beraterfirma. Teilzeit als Consultant? Es geht, auch in der aufstiegsorientierten Beraterbranche.
Deutliche Worte im Gespräch mit dem Vorgesetzten hat Stadler nicht benötigt. Sein Chef hatte damit gerechnet und auch beim Geschäftsführer fand Stadler offene Ohren für sein Anliegen. Seit knapp einem Jahr arbeitet Stadler nur noch an vier Tagen in der Woche: einer im Büro in München, drei weitere unterwegs quer durch Deutschland. Drei Tage seiner Woche gehören der Familie.
Teilzeitarbeit in der Beraterbranche erfordert noch mehr Organisation. Auch mit reduzierter Arbeitszeit muss Ingo Stadler viel reisen. Lübeck, Berlin, Mainz. Die Arbeit vor Ort ist wichtig, um mit den Kunden Strukturen und Prozesse zu analysieren und Strategien zu entwickeln. Häufig laufen zwei bis drei Projekte parallel. „Es ist ein Mangel an Lebensqualität, seine Kinder nicht aufwachsen sehen zu können“, sagt er. Darum achtet der Consultant streng darauf, dass Arbeit, Kinder und Partnerschaft in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Ganz ohne die Rückendeckung seiner Frau geht es aber nicht: Stadlers Partnerin ist eigentlich Lehrerin, setzt aber seit der Geburt der Kinder im Beruf aus, um die 6 und 4 Jahre alten Töchter und den knapp ein Jahre alten Sohn zu versorgen.
Eine klassische Arbeitsaufteilung will Ingo Stadler aber nicht. An seinen freien Tage Ingo Stadler ist es für ihn selbstverständlich, die Kinder in den Kindergarten oder zur Turnstunde zu bringen. Und nachts ist er es, der für das Baby aufsteht. Auch das Kochen übernimmt er – auch an Tagen, an denen er von Zuhause aus arbeitet. Dass er Telearbeit nutzen kann, stellt für den Berater und seine Familie eine Entlastung dar.
Aber die Furcht vor dem Karriereknick spielt eine entscheidende Rolle. Weiterlesen »
Familienministerin Kristina Schröder wird heute das neue Kinderschutzgesetz vorstellen. Bereits im Vorfeld hat der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, mehr Hilfen für Familien gefordert.
„Es ist kein Erfolg, wenn man mehr Kinder aus den Familien nimmt und ins Heim bringt“, sagte Hilgers der Rheinischen Post in Düsseldorf. Ein Erfolg sei vielmehr, „wenn man die Familien stärkt, dass sie ihre vornehmste Pflicht, nämlich eine gute, qualitative Erziehung ihrer Kinder, auch wahrnehmen können“.
Der Kinderschutzbund lehnt eine Verschärfung der Möglichkeiten ab, gefährdete Kinder aus den Familien herauszuholen. „Viel wirkungsvoller ist eine verbindliche Prävention vor Gewalt“, betonte Hilgers.
Väter übernehmen zunehmend mehr Verantwortung bei der Erziehung ihrer Kinder. Im Berufsleben stoßen sie mit ihren Wunsch nach mehr Freiräumen für die Familie jedoch vielfach auf Unverständnis. Nicht so in der Unternehmensgruppe Stadtwerke Bielefeld, die als eines der bundesweit ersten Unternehmen begonnen hat, Vätern neue Wege für eine Balance zwischen Beruf und Familie zu ermöglichen.
Stehen bislang die Interessen der Mütter im Fokus familienfreundlicher Arbeitsplätze, weiten die Stadtwerke Bielefeld diese Angebote nun auch auf Väter aus. „Immer mehr Väter signalisieren Interesse an einer aktiven Vaterschaft“, so Karin Schrader, Gleichstellungsbeauftragte der Unternehmensgruppe Stadtwerke Bielefeld, „aber nur wenige setzen diesen Wunsch in berufliche Änderungen um.“
Hinderungsgründe seien Sorge um die Akzeptanz im Betrieb und Unwissenheit über neue Arbeitszeitmodelle. „Mit unserem Projekt „Mit Vätern rechnen“ zielen wir auf eine Unternehmenskultur, die beide Elternteile gleichberechtigt im Blick hat“, ergänzt Personalleiter Volker Wilde. „Wir wollen ein positives Klima im Betrieb schaffen, Barrieren abbauen und den Wunsch nach mehr Zeit mit Kindern erfüllen.“ Erster Schritt auf diesem Weg waren Befragungen der Führungskräfte der Unternehmensgruppe.
Was denken sie über aktive Vaterschaft?
Wie erleben sie Väter, die in Elternzeit gehen oder ihre Arbeitszeiten der Kinder willen reduzieren?
Kann Führung mit reduzierter Stundenzahl gelingen?
Hans-Udo Kessler hat – lange vor Einführung der Elternzeit – den Beruf als Arzt aufgegeben, um sich ganz den beiden Kindern zu widmen, während seine Frau das Einkommen sichert. Fast 16 Jahre ist das her. Nun hat er ein Buch – Papa Löwenherz – über diese Zeit und seine Kinder geschrieben.
Seit Sohn Joe auf der Welt ist, kümmert sich der heute 47-Jährige um die Familie, während seine Frau Diana als Zahnärztin arbeitet. „Ich bin durch die Kinder abhängig geworden, habe keine Rentenansprüche aufgebaut – aber ich bin ein glücklicher Mann“, fasst Kessler sein Lebensgefühl zusammen.
Seine Kinder hätten ihm die Chance gegeben, bei ihnen zu sein, sie zu lieben, zu begleiten und mit ihnen zu wachsen. Seit sieben Jahren beschäftige er sich mit dem Gedanken, ein Buch über seine Erfahrungen als Hausmann und Rund-um-die-Uhr-Vater zu verfassen: „Ich habe damals nach so etwas gesucht und festgestellt: Das gibt es noch nicht.“ Der Eintritt in die Welt der Mütter vor 16 Jahren sei für ihn alles andere als leicht gewesen: „Zu einem Kaffeekränzchen war ich nie eingeladen.“ Zu seiner Zeit sei es noch argwöhnisch beäugt worden, dass er Stethoskop gegen Spültuch eintauschte – „gerade auch einige Mediziner-Kollegen haben das nicht verstanden.“