Nett, aber nutzlos?
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Sonntag 3. Oktober 2010
Im Gespräch mit Eltern.de erklärt der Berliner Frauenarzt Achim Wöckel warum die Anwesenheit der Väter bei der Geburt wichtig ist.
Neuere Studien bringen ein ernüchterndes Ergebnis: Der werdende Vater im Kreißsaal macht die Geburt weder schneller, erträglicher noch schöner. Brauchen wir die Männer dort gar nicht?
Dr. Achim Wöckel: Betrachten wir es doch lieber umgekehrt. Väter im Kreißsaal schaden nicht. Diese Frage war die Ausgangslage für die Studien, die Sie ansprechen: Behindern Männer vielleicht durch die eigene Hilflosigkeit und die eigenen Ängste den Geburtsverlauf? Stehen sie Ärzten und Hebammen im Weg rum? Das hat man ja tatsächlich jahrelang gedacht! Zum Glück kann man das nun klar verneinen. Und was das „schöner“ angeht: Ein nachweisbarer Nutzen von Männern im Kreißsaal ist der, dass die meisten Frauen sich durch ihre Anwesenheit geborgener und sicherer fühlen. Das ist schon eine ganze Menge.
Weder machen Väter die Geburt kürzer, noch sinkt die Rate der Interventionen. Sollten Männer nicht doch besser draußen bleiben?
Auf keinen Fall! Männer gehören heute bei der Geburt einfach dazu, die meisten möchten ja auch dabei sein, dieses unglaubliche Erlebnis nicht verpassen, ihre Frau unterstützen. Wir wollen ja nicht zurück in die 1950er-Jahre, als die Männer ihre Babys auf der anderen Seite der Glasscheibe begrüßten. Wichtiger ist es, die Männer besser auf die Geburt vorzubereiten. Dann sind sie nämlich durchaus eine Stütze!
Aber dafür gibt es doch die Partnerabende in den Geburtsvorbereitungskursen. Reichen die nicht?
Ganz klares „Nein“. Als Anhängsel mit in einen Frauenkurs gehen zu „müssen“, empfinden viele Männer als unangenehm. Sie trauen sich dort nicht, ihre Befürchtungen zu äußern und vermeintlich dumme Fragen zu stellen. Männer wollen ihre Schwächen nur ungern zugeben – erst recht nicht in Anwesenheit von einem Dutzend Frauen!
Was ist also die Alternative?
Beispielsweise ein reiner Männerabend. Auch der Dozent sollte nicht unbedingt eine Frau sein. Wenn die werdenden Väter unter sich sind, trauen sie sich eher, zu fragen: „Wie lange dauert eine Geburt? Wo soll ich stehen? Darf ich auch mal rausgehen?“ Eigentlich sind das banale Fragen. Aber sie zu besprechen nimmt der Geburt auf einfache Weise ihren Schrecken. Dafür braucht man gar nicht viel Zeit, eine Stunde vielleicht. Männer bevorzugen Informationen in komprimierter Form.
Dann gleich mal zu der wichtigsten der genannten Männerfragen: Was macht ein Mann die ganze Zeit im Kreißsaal?
Auf diese Frage gibt es die einfachste und zugleich schwierigste Antwort: nur dabei sein. Eine unserer Studien hat gezeigt, dass Frauen von ihren Männern eigentlich nichts erwarten während der Geburt – außer ihrer Anwesenheit. Massieren, mitatmen: Es gibt Frauen, die das wünschen. Aber die meisten wollen einen Mann, der ohne Angst und möglichst entspannt bei ihnen ist, ihnen leise Mut macht und sie motiviert. …