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Archiv für die 'Väterbilder' Kategorie

Niemand wird auf dem Sterbebett bereuen, zu wenig gearbeitet zu haben

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 18. März 2022

Interview mit Fabian Soethof, Autor des Buchs ‚Väter können das auch!

Der Titel deines am 21. März erscheinenden Buches lautet ‚Väter können das auch!‘ Was können Väter und was können sie unter welchen Umständen lernen?

Außer mit der Brust zu stillen und Babys zu gebären – wobei auch das nur auf biologische Männer zutrifft – können sie alles, was Frauen auch können und sich schon viel zu lange viel zu oft allein darum kümmern: Care-Arbeit, Mental-Load-Übernahme, in Elternzeit und Teilzeit gehen, Karriere-„Rückschritte“ in Kauf nehmen, anwesend, aktiv und eine echte Bezugsperson sein. Viele glauben nur, es nicht zu können oder zu dürfen. Weil ihnen in ihrer Sozialisation seit Jahrzehnten nichts anderes erzählt wird. Und weil sie oft nicht gelassen werden: von der Gesellschaft, der Wirtschaft, der Politik – und von sich selbst.

‚Es ist Zeit, Familie endlich gleichberechtigt zu leben‘ steht ebenfalls auf der Titelseite. In der Ausgangslage schreibst du dazu: ‚ich möchte mit dem Buch ein Plädoyer für eine ‚private, gesellschaftliche und politische Veränderung von Familie, Arbeit, Vereinbarkeit und Rollenbildern‘ bieten‘. Was sind die drei wichtigsten Punkte deines Plädoyers und vor allem, wie sieht der Weg der Veränderung aus?

Die drei wichtigsten Punkte auf dem Weg hin zu mehr Gleichberechtigung lauten vielleicht:

  1. Privilegien, patriarchale Strukturen, Rollenbilder und Ungerechtigkeiten erkennen: Nur wer weiß, wie vergleichsweise gut er oder sie es hat, kann dafür sorgen, dass es anderen auch mal besser geht.
  2. Es gibt kein Wissens-, sondern ein Handlungsdefizit: Fast alles, was in meinem Buch steht, ist seit Jahren bekannt. Theoretisch steht Gleichberechtigung also nichts mehr im Wege – praktisch unter anderem das, was ich auf die erste Frage hin antwortete.
  3. Das Private ist politisch (und umgekehrt): Nur wer Gleichberechtigung selbstverständlich in der Familie und von dort hinaus vorlebt, kann zu einem Rollenwandel beitragen. Und nur, wer von Politik und Wirtschaft dabei hinreichend unterstützt wird, kann sein Privatleben ändern.

In dem Buch sprichst du auch eine Einladung an Väter aus, ihr Verhalten und ihre Haltungen zu reflektieren. Was macht es für Väter attraktiv, sich weniger der Erwerbs- und mehr der Carearbeit zuzuwenden?

Zuallererst ist es der Satz: Niemand wird auf dem Sterbebett bereuen, zu wenig gearbeitet und seine Kinder nur am Wochenende gesehen zu haben. Das sage ich wohlwissend, dass gerade geringverdienende Einverdienerhaushalte oft auf jeden Cent angewiesen sind. Eine gute Bindung zu seinen Kindern erscheint mir aber nicht nur für Väter attraktiv. Kinder profitieren von mehreren engen und wichtigen Bezugspersonen und „modernen“ Vorbildern. Und die Gesellschaft profitiert von einem Rollenwandel: Frauen landen als (potentielle) Mütter nicht länger auf dem beruflichen Abstellgleis. Väter tragen den Financial Load nicht länger allein. Und die nächste Generation lernt, dass auch Männer den Haushalt schmeißen und Frauen jeden Job machen können, den sie wollen.

In dem Buch kommen eine Reihe Väterexpert*innen und Feminist*innen zu Wort. Ein Paradigma aus der feministischen Sphäre lautet ‚Don’t fix the women – fix the system‘. Auf die Väter bezogen lautet die Frage also: Welche strukturellen Rahmenbedingungen im ‚System‘ müssen thematisiert und ggf. verändert werden?

Sprechen wir von Arbeitnehmer*innen, so müssen Männer eher gestern als morgen für Arbeitgeber*innen das gleiche „Risiko“ darstellen, wegen bevorstehendem Nachwuchs länger als nur zwei Wochen auszufallen. Damit Frauen zumindest auf dem Arbeitsmarkt nicht länger derart benachteiligt werden. Wir kommen u.a. durch längere Elternzeiten bei Vätern, mehr Männer in Teilzeit und notfalls finanzielle Anreize dahin. Folgen davon könnten eine Verkleinerung des Gender Care Gaps und des Gender Pay Gaps sein, eine positive Kettenreaktion würde in Gang gesetzt. Erst dann wäre auch keine Quote mehr nötig.

In dem Interview mit Uwe von dem Software Unternehmen SAP sagt dieser: ‚Es gibt die X- oder Y- Strategie. Gehe ich davon aus, dass alle Mitarbeiter*innen schlecht sind … oder davon, dass sie alle eigenmotivierte Individuen sind, die ich nur bei Bedarf unterstützen muss?‘ Könnte der Titel deines Buch dementsprechend auch ‚Väter wollen das!‘ lauten?

Naja. Viele Väter wollen „das“ ja nicht, zumindest nicht wirklich. Sonst würden nicht nur rund 30 Prozent aller Väter Elternzeit in Anspruch nehmen, sondern mindestens 60 Prozent. Viele behaupten, dass sie wollen, aber der Chef es ihnen schwer mache und die Familie ja auch auf „sein“ Geld angewiesen sei, oft stecken nur eine Anstrengungsvermeidung oder andere Prioritäten dahinter. Ein Teufelskreis: Mit den Argumenten und der Aufteilung bleiben wir als Familien und als Gesellschaft in puncto Gleichberechtigung noch lange da stecken, wo wir jetzt stehen: auf scheinbar gutem Weg, aber noch längst nicht so weit, wie wir sein könnten. Die Parität des neuen Kabinetts und der Koalitionsvertrag gehen übrigens mit überraschend gutem Beispiel voran. Darin lautet ein hehres Ziel: „Die Gleichstellung von Frauen und Männern muss in diesem Jahrzehnt erreicht werden“. Mark their words!

Vielen Dank für deine Antworten.

Eine Rezension des Titels finden Sie hier.

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Elternzeit für Väter

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 22. Februar 2022

Noch immer nehmen Mütter mehr Elternzeit als Väter in Anspruch. Warum ist das so? Liegt es an fehlenden Vorbildern, an der Vermutung, dass man nicht ersetzbar ist oder an den Rahmenbedingungen?

Im ersten Job-Talk 2022 der Badischen Zeitung interviewt Moderator Andreas Seltmann die beiden Väter Martin Horn, Oberbürgermeister der Stadt Freiburg und Roland Meder, Leiter des Haupt- und Personalamtes der Stadt Freiburg. Eine kurzweilige halbe Stunde, die ganz unterschiedliche Sichtweisen auf die Elternzeit bietet.

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Väter können das auch!

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 19. Februar 2022

… lautet der Titel des Erstlingswerks von Fabian Soethof, das am 21. März im Kösel Verlag erscheinen wird. Programmatisch heißt es im Untertitel „Es ist Zeit, Familie endlich gleichberechtigt zu leben“. Dem kann ich uneingeschränkt zustimmen. Gedanklich ergänzt sich der Titel bei mir um das Wort ‚lernen‘ und beim Untertitel denke ich daran, was meine Kollegen und ich in den vergangenen 25 Jahren bewegt und erreicht haben, um Rahmenbedingungen so zu beeinflussen, dass dies Vätern und Müttern gleichermaßen gelingt. Aber dazu später mehr.

In dem umfangreichen Vorwort beschreibt der Autor die Ausgangslage aus seiner Sicht und sieht seine Generation als diejenige, die erstmals aus der Ernährerrolle ausbrechen „soll und will“. Im Gegensatz zu „Früher“ wo Rollen klar zugeordnet waren, wollen Väter heute nicht mehr abwesend sein und Mütter am Erwerbsleben teilhaben. Das Spannungsfeld liegt zwischen den zugeschriebenen Erwartungen und den eigenen Wünschen. „Die Aufgaben waren klar verteilt. Frauen und Männer taten vielleicht nicht das, was sie wollten. Aber das, was von ihnen erwartet wurde.“ Und dann kommt ein für mein Verständnis des ganzen Buches entscheidender Satz: „Diese Zeiten sind leider nur teilweise vorbei.“

Vor diesem Hintergrund ist ein „Plädoyer für eine private, gesellschaftliche und politische Veränderung von Familie, Arbeit, Vereinbarkeit und Rollenbildern.“ legitim und die Einladung an Väter, „ihre Rolle zu reflektieren, kritisch zu hinterfragen und sich infolgedessen auch von überholten Erwartungshaltungen zu befreien,“ gut nachvollziehbar.

Der nächste Satz macht mich aber stutzig: „Väter müssen keine Angst verspüren, bisher als selbstverständlich wahrgenommene Privilegien abzugeben, wie das, sich nur um ihren Job zu kümmern.“ Das zu tun, was von mir erwartet wird, Vollzeit in einer oder prekär in zwei oder mehr Beschäftigungsverhältnissen erwerbstätig zu sein, ist für mich kein „Privileg“.
Das sich an der Aufteilung von bezahlter Erwerbs- und unbezahlter Carearbeit etwas ändern muss, ist unbestritten. Das machen auch die von Soethof zitierten Studien und die Zeitverwendungserhebung oder die vom IAB regelmäßig erhobene Verteilung von tatsächlichen und gewünschten Arbeitszeiten deutlich. Da aber Mütter und Väter gleichermaßen in der Summe ca. 11 Stunden für Care und Erwerbsarbeiten aufwenden, ist eine Veränderung nur systemisch zu erreichen.

„Don’t fix the women, fix the system“ lautet eine feministische Vision, für die Google mehr als 90.000 Fundstellen liefert. Dementsprechend hätte ich von einer Einladung an Väter, ihre Wünsche nach einer partnerschaftlichen familialen Aufgabenteilung zu verwirklichen und vielmehr noch von einem ‚Plädoyer für Veränderung‘ erwartet, dass dieser Haltung entsprechend Möglichkeiten erwogen, Spielräume ausgelotet und konkrete strukturelle Veränderungen, die dies ermöglichen, benannt werden.

Aus dem was Soethof auf den nächsten gut 200 Seiten schreibt, lese ich vor allem eine widersprüchliche Adaption dessen, was in Gesellschaft und Politik zu langsam umgesetzt wird und einem ungeklärtem Verhältnis zu dem, was er Vätern tatsächlich zutraut bzw. von ihnen erwartet. „Viele, glaube ich, wollen die Rollenbilder ihrer eigenen Eltern eigentlich gar nicht weiterführen. Allerdings sprechen sie nicht konkret darüber, treffen keine genauen Vereinbarungen und landen schneller als gedacht in vertrauten Mustern oder der Rolle, die gesellschaftlich von ihnen erwartet wird. Manche trauen sich vielleicht auch gar nicht, etwas anderes einzufordern. Niemand trägt hier irgendeine direkte, unmittelbare Schuld. Aber Veränderung beginnt mit Erkenntnis.“

Alexandra Schmidt-Wenzel hat, um auch die individuelle Ebene zu betrachten, vor 15 Jahren mit ihrer Dissertation dargelegt, wie aus Erfahrung Erkenntnis werden und sich daraus Verhalten entwickeln kann. In „Wie Eltern lernen.“ einer empirisch qualitative Studien zum innerfamilialen Kompetenzerwerb hat sie diese Prozesse analysiert und Konsequenzen abgeleitet: „Sehen sich Väter in der Rolle des ‚guten Vaters’, so nehmen sie sich als verantwortungsvolle Versorger wie Fürsorger im Sinne großer Empathiebereitschaft und Beziehungsfähigkeit gegenüber dem Kind wahr. Ihre grundlegend positive Selbsteinschätzung rekurriert jedoch auch auf einem bestätigendem Vergleich zwischen den mütterlichen und den jeweils eigenen Eigenschaften und Fähigkeiten, der wie zur Rückversicherung über das eigene Können immer wieder vollzogen wird. So halten sich Väter prinzipiell für fähig, in gleichem Maße wie die Mutter für ihr Kind sorgen zu können. Das Konzept des empfundenen Stolzes, bei positiven Rückmeldungen (vom Kind selbst, von der Partnerin, aber auch vom gesellschaftlichen Umfeld) auf die väterlichen Kompetenzen untermauert diese Besonderheit des väterlichen Selbstbildes.“

Und zur Bearbeitung des eigenen Erlebens schreibt Schmidt-Wenzel an anderer Stelle: „In der Herkunftsfamilie gesammelte Erfahrungen, verinnerlichte Werte, Haltungen und Rollen werden entweder als bewusst oder auch unbewusst gelebte Adaption in der aktuellen Familie fortgeführt oder aber als bewusst gelebter Gegenentwurf praktiziert. Den bewussten Haltungen gemein ist die jeweils vorangegangene reflexive Auseinandersetzung mit der Herkunftsfamilie, auf deren Basis für das eigene Leben, für die eigene Familie neu entschieden werden kann, welche Werte transferiert, modifiziert oder auch gebrochen werden. Dabei existieren gelebte Konzepte der Adaption wie des Gegenentwurfs durchaus nebeneinander und schließen sich nicht gegenseitig aus.
Für Väter liegt ein zentraler Gegenentwurf in dem Anspruch, ihrem Kind ein emotional wie physisch präsenter Vater zu sein, der aus der Reflexion eigener schmerzvoller Vaterentbehrungen hervorgeht.“

Es braucht also vor allem positive Zuschreibungen ‚Väter können das‘, Ermutigung und Unterstützung bei den erforderlichen Reflexions- und Aushandlungsprozessen in den Paarbeziehungen und in, wie Klaus Althoff es nennt ‚Väterbanden‘.

Aber zurück zu dem Vorhaben von Soethof. Das Buch ist in drei Abschnitten eingeteilt. Im ersten wirft er einen „subjektiven Blick auf unser elterliches Gestern“, im zweiten auf das Heute und abschließend auf das Morgen. „Wo wir herkommen wir ? Wo wir stehen wir? Wo wir hingehen sollten?“

Soethof porträtiert dazu in Vollzeit arbeitende Väter und Hausmänner, wie zum Beispiel Heiner Fischer von vaterwelten.de. Er zitiert Mütter, die sich aktiv und öffentlich für mehr Gleichberechtigung einsetzen. Er interview den Väterforscher Andreas Eickhorst und stellt Literatur vor, die sich aus anderer Perspektive mit ähnlichen Problemen beschäftigt. Dazu zitiert er „(ernüchternde) Zahlen zu Care-Arbeit aus aktuellen Studien“. Um die Frage zu klären, wie mit Arbeitnehmer*innen, die Eltern sind oder werden, umgegangen wird, hat er im kleinen Familienbetrieb seines Vaters und bei SAP nachgefragt.

Am Ende zahlreicher Abschnitte stellt der Autor Fragen, Aufgaben und biete Reflexionsanreize, die ihm während der Recherche selbst kamen und ich mir gewünscht hätte, dass der Autor sie auch für sich beantwortet. „Bist du dir deiner eigenen Filterblase bewusst? Wie könntest du sie öffnen?

Er ist der Überzeugung, „nur so können Väter erkennen, welche Leistung Mütter stemmen, und dass es nicht nur Eltern, sondern auch Kindern und der Gesellschaft hilft, wenn wir hinterfragen, warum wir Familienarbeit so aufteilen, wie wir sie häufig noch aufteilen. Ich jedenfalls mache den überholten Scheiß nicht länger und um jeden Preis mit.“ Das ist eine ehrliche Aussage, ich habe aber meine Zweifel, ob die zu Beginn ausgesprochene Einladung auf diesem Niveau zu dem gewünschten Erfolg führt.

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Väter sind als Hauptbezugsperson gleichermaßen kompetent

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 31. Januar 2022

In einer neuen Studie der Universität Cambridge (Vereinigtes Königreich) wurden Väter, die sich hauptsächlich um das Kind kümmern, mit Müttern, die sich hauptsächlich um das Kind kümmern, und mit Doppelverdiener-Paaren aus Mutter und Vater verglichen. Die Forscher fanden keine statistisch signifikanten Unterschiede in Bezug auf die Qualität der Elternschaft, Depressionen, Ängste, Stress, das Gefühl der sozialen Unterstützung, die Qualität der Ehe, Konflikte mit dem Kind oder das Verhalten des Kindes selbst.

„Die vorliegende Studie stellt die Annahme in Frage, dass Frauen für die primäre Kinderbetreuung besser geeignet sind als Männer … Väter und Mütter sind in der primären Betreuungsrolle gleichermaßen kompetent.”

Auf der Grundlage dieses Ergebnisses empfehlen die Forscher:innen: „Die hohe Qualität der Elternschaft, die von den Vätern in der Hauptbetreuungsrolle gezeigt wird, legt nahe, dass mehr Väter ermutigt werden sollten, sich in der Kindererziehung zu engagieren. Um dies zu erreichen, müssen politische Maßnahmen, die dies erleichtern, wie geteilter Elternurlaub und flexible Arbeit, einschließlich mehr Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeiten, sowohl von den Regierungen als auch von einzelnen Unternehmen umfassend gefördert werden.”

Frühere Forschungen zu Vätern, die die Hauptpflege übernehmen, konzentrierten sich häufig auf schwule Väter, die durch Adoption oder Leihmutterschaft Eltern wurden. In diesen Studien wurde auch festgestellt, dass die Anpassung der Kinder positiv war. Die vorliegende Studie erweitert die Untersuchungen auf heterosexuelle Elternpaare.

An der Studie, die zwischen 2017 und 2019 im Vereinigten Königreich durchgeführt wurde, nahmen 41 Väter als Hauptbezugspersonen, 45 Mütter als Hauptbezugspersonen und 41 Doppelverdienerpaare (sowohl Mutter als auch Vater) teil. Die Mütter und Väter waren seit mindestens sechs Monaten die Hauptbetreuer ihrer Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren. Ihr:e Partner:in war der bzw. die Hauptverdiener:in; einige Hauptbetreuer (Väter mehr als Mütter) waren auch teilzeitbeschäftigt oder arbeiteten flexibel von zu Hause aus, verbrachten aber mehr Zeit mit der Betreuung als mit der Arbeit.

In den Doppelverdiener-Familien waren beide Elternteile erwerbstätig und viele arbeiteten Vollzeit. Die Familien waren überwiegend weiß, hatten ein hohes Bildungsniveau und keine ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten.

Anhand von Fragebögen und Interviews bewerteten die Forscher mit zuvor getesteten Messinstrumenten Depressionen, Ängste, Stress, soziale Unterstützung, die Qualität der Ehe, die Beziehung zwischen den Eltern, die Akzeptanz/Ablehnung des Kindes durch die Eltern, die Qualität der Elternschaft und das Verhalten der Kinder. Bei der Bewertung des Verhaltens der Kinder füllten die Vorschul- oder Schullehrer der Kinder ebenfalls einen Fragebogen aus.

Diese Studie bestätigt zahlreiche frühere Forschungsergebnisse, die zeigen, dass das Erziehungsverhalten von Vätern und Müttern ähnlich ist und dass sie einen ähnlichen Einfluss auf die Entwicklung der Kinder haben. Väter, die als Hauptbezugspersonen fungieren, beschreiben ihre Rolle in der Regel so, dass sie eine enge Bindung zu ihrem Kind aufbauen.

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Vaterschaft in der Coronapandemie

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 3. Januar 2022

In seinem Vortrag ‚Engagement von Vätern, Entwicklung, Bedeutung und Rahmenbedingungen‚ bei der Fachtagung ‚Lockdown als Chance?‘ präsentierte Jan Braukmann unter anderem Ergebnisse aus dem Update des Väterreports.

Vaterschaft ist im Wandel und Rollenbilder ändern sich fortlaufend. ‚Vater sein‘ heute ist anders als ‚Vater sein‘ früher. Nicht nur die Erwartungen der Väter an ihre Rolle haben sich grundlegend geändert, auch die gesellschaftlichen Erwartungen sind im Wandel und Elternschaft intensiviert sich. Das Leitbild der aktiven Väter verbreitet sich immer stärker.

Auch Corona hat die familiäre Aufgabenteilung verändert und wirkt zugleich wie ein Spiegel und ein Brennglas:

Einerseits hat die Corona-Krise zu einer  Retraditionalisierung der Elternrollen geführt: Mütter übernehmen in der Krise den Großteil der  Betreuungs- und Erziehungsaufgaben. Das  haben sie auch schon vor der Krise getan.

In 20 Prozent der Familien ist die  Aufgabenteilung ungleicher geworden. Mütter bleiben möglicherweise häufiger im  Homeoffice und sind im Unternehmen weniger  sichtbar.

Andererseits hat die Corona-Krise auch Chancen geboten, traditionelle Elternrollen zu überwinden. Die Krise wirkt wie ein Innovationslabor: Schon jetzt ist in 20 Prozent der Familien die Aufgabenteilung  partnerschaftlicher geworden als vor der Pandemie. Gerade Väter mit kleinem Einkommen oder  niedrigem Bildungsstand verbringen mehr Zeit  mit der Kinderbetreuung.

Das Video zu dem Vortrag finden sie hier.

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Die neue Papa-Lese-Liste ist da

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 21. Dezember 2021

Es ist wieder Winter, eine Zeit, sich mit Büchern zu beschäftigen, selber zu lesen oder Kindern oder Erwachsenen vorzulesen. Christian Meyn Schwarze sucht seit 20 Jahren den Vater – und nun auch altersbedingt – den Großvater in der Literatur.

Kinderbücherei Christian Meyn Schwarze wird einen Papa Jungen Vormittag veranstalten mit lesen und Murmelbahn basteln

Einige Bücher macht er ‚lebendig‘ und gestaltet in Büchereien die sogenannte ‚Papa-Zeit‘ – eine Mischung aus einer Lesung und einem kleinen Erlebnis – einer Aktion oder einer Bastelei. Papas und Opas erleben zwei intensive Stunden und dann leihen noch Bücher aus und Papa liest zuhause vor.

Um den richtigen Vorlesestoff für Papas zu finden, verfasst er die Papa-Lese-Liste. Sie enthält lieferbare Titel, in denen ein Vater oder ein Großvater eine wichtige Rolle spielen. Manchmal auch ein anderer Mann, der für die Entwicklung eines Kindes eine bedeutsam ist.

Und damit Väter auch etwas mit ihren Kindern unternehmen, gibt es auch eine Reihe von ‚Beschäftigungsbüchern‘ für diejenigen, die noch Anregungen brauchen.

Damit das ganze jetzt ein bisschen bunter wird, hat er diejenigen Titel, die seit Juni 2021 neu dazu gekommen sind, blau eingefärbt. Und druckfrische Titel des Frühjahrs 2022 sind grün markiert.

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5 Väterfragen an Hans-Georg Nelles

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 10. Dezember 2021

Hans-Georg Nelles vertritt das Väterexpertennetz Deutschland VEND-eV in der LAG und ist auch deren Vorsitzender.

Ergänzen Sie bitte den Satz ‚Vater werden ist …‘

das spannendste Projekt, auf dass Mann sich einlassen kann und bei dem alle Beteiligten gemeinsam wachsen, auch wenn sie schon oder irgend wann einmal Erwachsene sind.

Welche Eigenschaften fallen ihnen beim Wort ‚Vater‘ ein?

… vom Wortstamm her bedeutet Vater ‚nähren, hüten, schützen‘. Das ist quasi die Beschreibung der traditionellen Vaterrolle. Heute wollen Väter aber mehr sein als Ernährer der Familie. Sie wollen die Entwicklung ihrer Kinder von Anfang an aktiv begleiten und eine Hauptrolle in ihrem Leben einnehmen.

Was sollte Mann beim Vater werden unbedingt beachten?

‚Vater werden ist nicht schwer‘ hat Wilhelm Busch vor über 150 Jahren gedichtet, aber machen sich Viele die Entscheidung fürs ‚Vater werden‘ nicht leicht. Es gibt Einiges zu beachten und ändern tut sich danach fast Alles. Aber darauf kann Mann sich vorbereiten, alleine, gemeinsam mit der Partnerin und anderen werdenden Vätern. Es ist wichtig für sich als Vater und gemeinsam als Eltern positive Vorstellungen und Bilder zu entwickeln. Also eine Vorstellung davon, wie man Vater sein möchte. Anschließend können Bedingungen geschaffen und Entscheidungen getroffen werden, die eine Verwirklichung der (gemeinsamen) Vorstellungen ermöglichen.

Was würde Ihrer Meinung nach Vätern in Zukunft das Vater sein erleichtern?

… wenn Vätern von Anfang an die Kompetenzen und Bedeutung zugeschrieben wird, die sie für die Entwicklung ihrer Kinder haben und ihnen auch die Zeit zugestanden wird, die Vatersein braucht. Es braucht aber auch passende Rahmenbedingungen in Gesellschaft und Unternehmen sowie von Seiten der Väter mehr Gelassenheit und Zuversicht.

An welches Erlebnis mit Ihrem Vater erinnern Sie sich am liebsten?

Das sind die Fahrradtouren die er mit uns unternommen hat. Außerdem habe ich einem Haushalt ohne Auto erfahren, (trotzdem) mobil sein zu können.

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Dieses neue Vatergefühl

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 27. November 2021

Es geht um die erforderlichen Weichenstellungen für mehr väterliches Engagement. Katja Gelinsky hat in einem Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung den roten Faden der Fachtagung der LAG-Väterarbeit in NRW aufgegriffen und notwendige Konsequenzen aufgezeigt.

‚Marco hat in der Corona- Pandemie seine Stelle als Fahrer verloren – und seine Stellung als Ernährer der Familie. Die übernahm seine Frau; sie ist Bürokauffrau. Marco kümmerte sich den ganzen Tag um den zweijährigen Sohn; das Kind erhält in normalen Zeiten Frühförderung. Seine Frau sei nach ihrem anstrengenden Arbeitstag kaputt gewesen, erzählt Marco in einem Interview. „Bis spätabends war ich mit dem Kind beschäftigt.“

Klingt nach einer weiteren der vielen Corona-Stress-Geschichten. Doch dann die Überraschung: „In einer ruhigen Minute, wenn mich keiner sieht, springe ich manchmal noch vor Freude in die Luft“, berichtet Marco. Der Mann mit eckiger Brille im grauen Sweatshirt lächelt vorsichtig, dann ein bisschen mehr: „Dass ich das geschafft habe, was ich immer wollte – ein besserer Vater zu werden, als mein Vater es gewesen ist!“

Andere Väter, deren Corona-Erfahrungen ebenfalls unlängst auf einer Tagung der „Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit in NRW“ in Video-Einspielern vorgestellt wurden, äußern sich nicht ganz so enthusiastisch. Aber im Ergebnis stimmten die Männer – Krankenpfleger, Beamte, Handwerker und Architekten – Marco zu: Die Pandemie habe sie zu engagierteren, sensibleren Vätern gemacht. Es ist die Art Erfahrung, wie die Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit sie fördern will; die LAG ist ein Zusammenschluss von etwa einem Dutzend Organisationen und Vereinen, der sich, unterstützt vom Land, dafür einsetzt, dass Väterpolitik stärker als gesellschaftliche Querschnittsaufgabe wahrgenommen wird. …‘

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#TollerPapa

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 4. Oktober 2021

… lautet der Titel des #Vaeter Buchs von Benjamin Wockenfuß, dass an diesem Freitag erscheint. Grafisch ist es ein Hingucker und auf den zweiten Blick fällt auf, dass es eigentlich mindestens zwei Bücher sind. Am einen Ende ist ein in sieben Kapitel gegliederter ‚Wissens-Input‘ wie es der Autor nennt, am anderen Ende ist eine wunderbare ‚Power-Papa & Kreativ-Kid Geschichte, die von Stefanie Messing bebildert ist. In der Mitte des Buches ein analoges Planungstool für die ersten 22 Tage #TollerPapa.

Man kann das Buch aber auch einfach umdrehen und dann ergibt sich eine andere Reihenfolge und eine andere Perspektive. Das gibt den Anspruch und die Haltung von Ben, so tritt der Autor den Lesern und Leserinnen gegenüber, ganz gut wieder. Sein Buch soll kein Fachbuch sein und die fachlichen Erfahrungen die er weitergibt sind seine Erkenntnisse, seine Wahrheit und seine Gefühle.

Das besondere an dem Buch ist, dass es nicht nur an verschiedenen Stellen an fachlich fundierte Texte verweist, die per QR-Code leicht zu erreichen sind, sondern auch in den sozialen Medien über den im Titel formulierten Hashtag eine Community für #Vaeter eröffnet und diese zum aktiven Austausch ihrer Erfahrungen einlädt.

Die im Untertitel vorsichtig formulierte These ‚Erziehung ist (auch) Männersache‘ bildet, versehen mit einem Ausrufezeichen und dem Zusatz ‚… Echt?‘ ist auch die Überschrift zum Kapitel 1. Der Autor positioniert sich hier aber eindeutig: ‚Jeder Mann kann Erziehung!‘ „Ein Vater ist mehr als nur ein Assistent der Mutter. Er hat eigene/ andere Fähigkeiten, die Kinder dringend brauchen.“

So ist es, aber so einfach ist es leider nicht. Lernen tut Mensch dass, was er tut und es gibt weder die geborene Mutter noch den geborenen Vater. Das was einen tollen Papa, einen (hinreichend) guten Vater ausmacht wird gelernt, indem ich es mache und von anderen abgucke. Das was Mann macht oder besser lässt hängt vielfach von gesellschaftlichen und eigenen Erwartungen und gegenseitigen Rollenzuschreibungen ab. Wockenfuß führt noch weitere Faktoren an, die den Lernprozess und eine gelingende Erziehungsgestaltung beeinflussen: Aktives Mitfühlen, Verantwortung annehmen und aushalten und trotz Uneinigkeit ein Elternteam bleiben.

Zu allen drei Punkten bietet er dann praktische Tools an, die dazu anleiten, sich mit seinen eigenen Positionen und Haltungen auseinanderzusetzen und diese auch zu visualisieren. Am Ende dieses und jedem der folgenden 6 Kapitel gibt es ein ‚Fazit to Go‘ einen Einseiter, auf dem die wichtigsten Aussagen noch einem kurz und grafisch ansprechend zusammengefasst werden.

Die einzelnen Abschnitte sind jeweils in sich abgeschlossen und das Buch kann kreuz und quer gelesen und bearbeitet werden. Dazu fordert der Autor auch explizit auf, es sei ein Arbeitsbuch und das Notieren von Gedanken und die Verschriftlichung von Routinen erleichtere den Blick auf das Wesentliche. Dazu bietet Wockenfuß an vielen Stellen neben den im Buch skizzierten analogen auch digitale Werkzeuge an und stellt deren Vorzüge heraus. Das macht er auch in Bezug auf die digitalen Medienzugänge für Kinder: „Durch digitale Medien, wie etwas Spiele-Apps, haben Kinder die Chance, kreative Gestalter:innen statt lineare Konsument:innen zu sein. Ein großer Schatz!“

Die im Kapitel 4 dargestellte ‚Einfachheit im Vatersein‘ und dem Plädoyer für Langeweile aus der Kreativität erwächst getreu der Gleichung ‚Weniger ist Mehr‘ erinnert mich an eine zentrale Aussage aus dem 2015 erschienen Buch ‚Geht Alles gar nicht Warum wir Kinder, Liebe und Karriere nicht vereinbaren können‘ von Marc Brost und Heinrich Wefing:

„ … Auch früher gab es Erwartungen an Väter …, aber sie waren klarer und eindeutiger, weil es auch klare und eindeutige Rollen gab. Heute dagegen gibt es unendlich viele Erwartungen, weil es unendlich viele Möglichkeiten gibt, … ein guter Vater zu sein, und deswegen scheint es das Beste zu sein, einfach alle Erwartungen zu erfüllen.“

Benjamin Wockenfuß zeigt einen ‚einfachen‘ Weg auf, mit diesen Erwartungen und Möglichkeiten umzugehen. Nicht nur zu Hause mit der Familie, sondern auch im Beruf. Er schlägt hier einen neues Verständnis dafür vor, wie Arbeitswelt und Vatersein zusammengehen können. „Welche Position in meinem Selbstbild übernimmt meine Arbeit eigentlich? Wie sinnstiftend ist sie für mich?“ Die praktischen Vorschläge an dieser Stelle sind meiner Auffassung nach eher auf Väter mit gut abgesicherten Jobs zugeschnitten. Diejenigen die zwei oder drei prekäre Jobs zur Absicherung des Lebensunterhalts haben, stellen sich die Frage „Brauche ich wirklich eine Vollzeitstelle“ wohl nicht.

Eine gute Zusammenfassung formuliert der als Experte in Kapitel 6 zitierte Organisationsberater Hendrik Epe: [es] … wird deutlich, dass ich (m)eine Rolle als Vater … darin sehe, Ambiguitätstoleranz vorzuleben. Es gibt nicht den einen, richtigen Weg in der Erziehung der Kinder, ebenso wenig wie es die eine, richtige Art und Weise der Gestaltung der Arbeitswelt der Zukunft gibt.

#TollerPapa liefert jede Menge Anregungen für Väter, diese ambivalenten Möglichkeiten zu entdecken, eigene Positionen zu bilden und sich gemeinsam mit den Kindern weiter zu entwickeln und der Papa zu sein, den man selber als Kind gebraucht hätte. Das Wendebuch zum Preis von 18 € ist eine tolle Investition sowohl für werdende als auch schon vor langer Zeit gewordene Väter.

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Papa kann das am besten, was ihm vor der Geburt an Kompetenzen zugeschrieben wird

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 19. August 2021

Partnerschaftliche Aufgabenteilung geht nur gemeinsam, das ist ebenso selbstverständlich wie der blaue Himmel bei Sonnenschein. Trotz dieser Erkenntnis und entgegen dem Wunsch der überwiegenden Zahl junger Väter und Mütter wirken traditionelle Rollenmuster nach wie vor mächtig.

‚Don’t fix the WoMen‘ heißt es zurecht. Individuelles Wollen ist notwendig, strukturelle Rahmenbedingungen und gesellschaftliche Diskurse aber nach wie vor prägend. Vor diesem Hintergrund ist es bedeutsam, Wirkungen und Mechanismen von dem, was Vätern und Müttern an Erwartungen zugeschrieben wird und sich nicht nur in deren Haltungen und Überzeugungen, sondern vor allem im familiären Handeln widerspiegelt, nicht zu verleugnen und nach dem Motto ‚das nicht sein kann was nicht sein kann‘ aus der Welt zu schaffen. Der Elefant, und in diesem Fall das Phänomen des ‚maternal Gatekeeping‘ ist virulent.

Der Begriff ist erstmals 1989 in der Dissertation „Toward a reconceptualization of paternal involvement in infancy: The role of maternal gatekeeping” von Ashley Howard Beitel beschrieben worden. Inzwischen verzeichnet Google Scholar gut 3.000 wissenschaftliche Arbeiten zu diesem Thema.

Nicht nur vor diesem Hintergrund halte ich es für abwegig, dass aus dem Spiegel Schwerpunkt dieser Woche ‚Papa kann das schon alleine‘ eine Bühne des Geschlechterkampfs konstruiert wird. Worum geht es in dem Beitrag ‚Papa von Mamas Gnaden – Worunter moderne Väter leiden‘?

Die Überschrift spitzt sicherlich thematisch zu, in dem Text wird das Anliegen aber als Erleben und Empfinden von konkreten Vätern bzw. Expert:innen und Praktker:innen wie Marc Schulte vom Papaladen in Berlin oder Simon Bohn von der Friedrich-Schiller-Universität in Jena, dargestellt und wiedergegeben.

Und dann kommen im letzten Drittel des Beitrags folgende verallgemeinernde Aussagen: „Und wie es so ist mit der Mehrheitsdynamik: Mütter rühmen sich großer Weisheit, wenn es um ihre Domäne geht. Sie halten es nicht aus, wenn der Vater dem Kleinkind den gestreiften Pulli zur karierten Hose anzieht. Sie runzeln die Stirn, wenn er vom Einkaufen eine andere Windelmarke mitbringt als sie. Stellen Väter ihren Kindern Fragen, antworten gern stellvertretend die Mütter.

Die Mutterliebe? Für Väter eine fürsorgliche Belagerung, eine Festung. Im Vaterland sprechen alle die Muttersprache. »Maternal Gatekeeping« heißt das Stichwort, das viele Frauen als Kampfbegriff empfinden. Sie begegnen der neuen Väterlichkeit auch deshalb mit Misstrauen, weil sie über Jahrhunderte die Erfahrung gemacht haben, dass im Zweifelsfall doch wieder vieles an ihnen hängen bleibt. Warum also, fragen sie sich, wollen Männer jetzt eigentlich gefeiert werden für etwas, was Mütter schon immer getan haben?“

‚Maternal Gatekeeping‘ wird losgelöst von inhaltlichen Bedeutungen als ‚Kampfbegriff‘ eingeführt und es wird ignoriert, dass er ein wissenschaftlich sehr umfangreich untersuchtes psychologisches Phänomen beschreibt, das sich nicht für einfache Schuldzuweisungen eignet.

Aber es gibt immer Menschen, die über das angebotene Stöckchen springen und sich in den sozialen Medien wider besseres Wissen selbst wiederholen. Ich erinnere mich noch gut an die Diskussion beim Väterkongress Anfang 2017 in Bielefeld. Dort hatte Frau Prof*in Lieselotte Ahnert in ihrem Vortrag ‚Wieviel Mutter braucht ein Kind? … und kommt es überhaupt auf den Vater an‘ auch zum ‚Maternal Gatekeeping‘ umfangreich Stellung bezogen. Die Postings auf Twitter und anderen Kanälen wiederholen teilweise dieselben, dort widerlegten Behauptungen.

So kommen wir nicht weiter. Birk Grüling entwirft in einem Beitrag für Men’s Health Dad eine Vision, wie es gelingen könnte: „Richtiger wäre es, wenn wir uns gegenseitig aus dem Teufelskreis helfen und an einem Strang ziehen. Ohne Misstrauen, ohne Zwietracht, dafür gemeinsam. Dann hätten wir vielleicht eine so mächtige Lobby wie die Automobilbranche, einen so starken Zusammenhalt wie Bundesligavereine. Bildungs- und Familienpolitik hätten plötzlich oberste Priorität. Kinderbetreuung und Hausarbeit würden höchste gesellschaftliche Anerkennung genieße. Zeit für die Familie einzufordern, wäre kein Grund für berufliche Diskriminierung und Vereinbarkeit kein Problem mehr.“

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