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Väter, die unerforschten Elternteile

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 9. Juni 2013

Väter gehen mit Kleinkindern anders um: Während sich Mütter emotional beschützend mit dem Baby beschäftigen, können die Kleinen mit ihren Vätern den Erkundungsdrang ausleben und sich auch mit Rivalität und Aggressivität konstruktiv auseinandersetzen.

Die Rolle der Mutter ist in der Psychologie gut erforscht. Anders sieht es mit der des Vaters aus. Diesem Forschungsdesiderat möchte die Psychologin Lieselotte Ahnert gemeinsam mit fünf internationalen ForscherInnen in einem kürzlich gestarteten Projekt entgegentreten.

“Die Zeit ist reif dafür, dass das Thema Vaterschaft erforscht wird. Die modernen Väter fordern das mehr oder weniger auch ein: Sie sind quasi in Aufbruchsstimmung. Doch auf wissenschaftlicher Ebene wissen wir fast nichts über Möglichkeiten und Effekte dieses Aufbruchs”, erklärt Projektleiterin Lieselotte Ahnert vom Institut für Angewandte Psychologie der Universität Wien.

Aus diesem Grund hat die Psychologin gemeinsam mit fünf KollegInnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz das “Central European Network on Fatherhood” (kurz CENOF) gegründet. Vor kurzem startete das Netzwerk die erste hochdotierte internationale Studie – “der wir sinngemäß den Titel ‘Väteraufbruch’ gegeben haben und die aus sechs Einzelprojekten besteht”, erklärt Ahnert. Die zentralen Fragen lauten: Was sind die Motive und Möglichkeiten von Vätern, welche Ziele haben sie im Zusammenleben mit ihren Kindern und wie wirken sich diese auf die Kinder aus?

Jedes der sechs Einzelprojekte untersucht Vaterschaft aus einem anderen Blickwinkel heraus. “Dabei verstehen wir unter Vaterschaft nicht nur die biologische, sondern auch die kulturelle Form der Fürsorge für ein Kind”, so die Forscherin: “So ist etwa das heutzutage weitverbreitete Konzept der Patchwork-Familien Bestandteil eines unserer Projekte.”

Insgesamt besticht die groß angelegte CENOF-Studie u.a. durch ihre hohe Stichprobenanzahl: 3.700 Väter sollen einbezogen werden. Allein 250 sind es im Projekt von Lieselotte Ahnert, bei dem verschiedene Methoden eingesetzt werden. Neben “klassischen” Fragebögen zu den Themen Familienklima und Partnerschaftsqualität wird eine Smartphone-App benutzt, mit der die Väter ihr Zeitmanagement dokumentieren.

In der Praxis schaut das folgendermaßen aus: “Die Väter bekommen eine Woche lang zu unterschiedlichen Zeiten eine SMS und müssen dann eingeben, was sie gerade tun”, erklärt Lieselotte Ahnert die innovative Forschungs-App, die sie derzeit gemeinsam mit ihren Studierenden erprobt: “In den meisten Studien werden die TeilnehmerInnen rückwirkend über ihren Wochenablauf befragt, was sich mitunter verzerrend auswirkt. Das wollen wir mit der neuen Methode verhindern.”

Eine besondere Herausforderung im Projekt liegt darin, dass es noch keine erprobten Messverfahren für die Bindung zwischen Vater und Kind gibt. Die traditionellen Verfahren zur Messung der Mutter-Kind-Bindung – etwa ein Setting, wo Mutter und Kind in einem Raum spielen und die Mutter diesen kurz verlässt – lassen sich nicht eins zu eins übertragen. “Deshalb ist ein erklärtes Ziel von CENOF, die Spezifika der Väter herauszufinden und dementsprechende neue Methoden zu generieren.” Hierbei wird auch der psychologische Nachwuchs eingebunden: “Derzeit versuche ich im Rahmen eines Forschungspraktikums gemeinsam mit den Studierenden kreative neue Ideen für eine standardisierte Testsituation mit Vater und Kind zu entwickeln.”

Wichtig ist es den ForscherInnen des CENOF-Netzwerks, ihre Ergebnisse auch in konkrete sozialpolitische Maßnahmen einfließen zu lassen. “In den Erziehungsberatungsstellen und Kliniken, in denen erkrankte Kinder behandelt werden, werden die Maßnahmen immer noch vorrangig an die Mütter adressiert. Der Vater spielt nur eine untergeordnete Rolle”, erläutert die Wissenschafterin.

Quelle

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