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Väter in Vollzeit

Erstellt von Hans-Georg Nelles am Montag 19. November 2012

Ein Viertel der Väter nimmt heute eine Elternzeit. Wer allerdings ein Jahr von der Arbeit wegbleibt, gilt als Exot – und wird mit Fragen konfrontiert, die sonst nur Frauen kennen. Philipp Krohn beschreibt in seinem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, wie es Vollzeitvätern in Deutschland ergeht.

So langsam wird er etwas nervös. Die kleine Tochter ist hungrig, die größere muss auf Toilette. Die Kleine kann aber nicht allein bleiben. Überall schwirren Leute herum, auf der Freilichtbühne im Frankfurter Günthersburgpark spielt eine Musikband. Es ist ein sommerlicher Abend im Juli. Karsten Grimm verbringt das erste Mal mehrere Tage und die Nächte allein mit den Kindern. Seit gut einem halben Jahr ist er zwar Elternzeitvater – während die Mutter seiner zwei Töchter arbeitet. Aber bislang kam sie immerhin abends zur Unterstützung. Jetzt ist sie verreist. „Endlich weiß ich, wie sich Alleinerziehende fühlen“, scherzt der 43 Jahre alte Vater.

Und auch sonst lernt Grimm gerade viel in den fast zwölf Monaten, die er zu Hause bleibt – allerdings ganz andere Dinge als zuvor. Saß er früher oft bis in den Abend hinein in einem der Bürotürme der Innenstadt, trug Anzug und beschäftigte sich für seinen internationalen Finanzkonzern mit Vermögensverwaltung, verbringt er nun seine Nachmittage auf den Spielplätzen des Frankfurter Nordends, trägt Shorts, T-Shirt, eine dunkle Kappe und Dreitagebart. Rutschen und Obstessen gehören zum Pflichtprogramm. Vorlesen, Legospielen und Kinderturnen – dazu einmal in der Woche der Singkurs mit der Größeren, die drei Jahre alt ist. „Ich bin prägend dabei in einer Zeit, in der sie laufen und sprechen lernen. Es ist eine der spannendsten Phasen ihrer Entwicklung“, sagt er. …

Väter wie Karsten Grimm dagegen, die ein Jahr oder länger zu Hause bleiben, weist die Statistik gar nicht aus. Ihr Anteil dürfte verschwindend gering sein. Noch immer wirken die alten Mechanismen: Der Mann ist der Ernährer, die Frau kümmert sich um die Kinder. Eine Auszeit für Väter gilt vielen als etwas Besonderes, das belegt ein Blick auf den Büchermarkt. Titel wie „Die männliche Mama“, „Wir Wickelprofis – So wird Elternzeit für Väter zum Kinderspiel“ oder „Morgens um sieben ist die Welt schon ein Chaos: Der ganz normale Wahnsinn eines Vaters in Elternzeit und wie man ihn überlebt“ deuten darauf hin, dass es exotisch genug ist, um ein Thema für die Verlage zu sein, und gleichzeitig von wachsendem Interesse, weil mehr Väter heute über ihre Rolle in der Kindererziehung nachdenken. …

Karsten Grimm hat in Kauf genommen, dass seine berufliche Auszeit Abstriche für die Karriere bedeuten könnte. Fast zwei Jahrzehnte hatte er sich in seinem Unternehmen voll eingebracht und eine Stufe nach der anderen erklommen. „Die Selbstverwirklichung war wichtig: Ich arbeitete im internationalen Kontext, konnte viel reisen und hatte flexible Arbeitszeiten“, sagt er. Als er fast 40 ist, wird seine Freundin schwanger. Sie ist als Managerin eines internationalen Finanzkonzerns ebenfalls beruflich stark engagiert. Beide einigen sich darauf, wenn sie in diesem Alter noch Kinder bekommen, dann wollen sie jetzt richtig Eltern sein. Zudem verstehen sie sich als gleichberechtigte Partner. „Es durfte also nicht einer von uns über Gebühr belastet werden“, sagt er.

Mit der Geburt seiner ersten Tochter geht Grimm deshalb in Elternteilzeit, die jeder Arbeitnehmer je Kind bis zu drei Jahre lang nehmen kann. Seine Arbeitszeit reduziert sich auf 30 Stunden. Noch nie vor ihm hat ein Manager seiner Hierarchiestufe in der Firma dieses Modell in Anspruch genommen. Nur zwei Jahre nach der ersten wird seine zweite Tochter geboren. „Weil meine Freundin beim ersten Mal schon neun Monate ausgesetzt hatte und wir unsere beruflichen Ansprüche gleichberechtigt verwirklichen wollten, wollte ich mich jetzt mehr einbringen.“

Gegenüber einigen Kollegen fühlt er sich wie ein Außerirdischer, andere nennen seinen Schritt bemerkenswert. …

Quelle

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