Baschi Dürr, der 35-jährige Regierungsratskandidat der FDP in Basel, will – falls gewählt – am Freitagmorgen wie bisher seine Kinder betreuen und im Haushalt arbeiten. Er werde den Freitagmorgen nachholen, und daher auf den Lohn in Höhe von 300.000 Franken will er nicht verzichten.
Mit dieser Forderung sticht er in ein Wespennest: «Regierungskandidat B. Dürr will vollen Lohn bei Freizeit für Haushalt. Berufstätige Mütter mit Teilzeitlohn sofort nachfordern!», schrieb Susanne Leutenegger Oberholzer, SP-Nationalrätin aus dem Kanton Basel-Landschaft, gestern auf dem sozialen Netzwerk Twitter. Frauen würden zu tieferen Löhnen arbeiten und Gratisarbeit leisten. «Männer fordern, bevor sie die Arbeit aufgenommen haben», doppelte Leutenegger Oberholzer nach.
«Waschi» Dürr, wie der FDP-Politiker auf Twitter auch genannt wird, muss auch Kritik von der Basler SP-Regierungsrätin Eva Herzog einstecken. «Ein Regierungsrat kann nicht einen fixen halben Tag pro Woche freinehmen», sagte Herzog zur «NZZ am Sonntag». Das Pensum sei zu gross, und es gebe zu viele Termine, bei denen man nicht einfach sagen könne: «Ich bin heute nicht da.»
Andere Politiker wie der Präsident der Basler SVP, Sebastian Frehner, glauben, dass Dürr mit der Aktion eine «gute Marketingstrategie» verfolge, um vor den Wahlen am 25.November noch linke Stimmen zu ergattern. Auch aus Dürrs Partei wird Skepsis geäußert. Kurt Fluri, FDP-Nationalrat, Stadtpräsident von Solothurn und Vater von fünf Kindern, hält die Absicht für «löblich, aber nicht durchsetzbar». In Exekutivämtern sei man bezüglich der Termine im Wesentlichen fremdbestimmt.
«Ein fixer Halbtag – das funktioniert nicht», sagte Fluri auf Anfrage. Dass er alles unter einen Hut bringen könne, verdanke er seiner Frau. «Sie ist voll für die Familie da und deshalb klappt es bei uns», sagt Fluri.
Vonseiten der Frauen ist jedoch auch Begeisterung zu vernehmen. «Ich finde es sehr gut, wenn Repräsentanten der FDP für solche flexible Arbeitsmodelle einstehen», sagt Claudine Esseiva, Präsidentin der FDP Frauen. Dürr gehe in Basel mit gutem Beispiel voran. Sie hoffe, sein Vorhaben werde Schule machen.
In die gleiche Richtung argumentiert Maya Graf, Grüne-Nationalrätin aus dem Kanton Basel-Landschaft, Biobäuerin, zweifache Mutter und bald Nationalratspräsidentin. «Es ist ein wichtiges Thema, das Herr Dürr aufwirft», sagte Graf auf Anfrage. Die dauernde Verfügbarkeit von Kaderleuten müsse diskutiert werden. Man sollte auch dort Teilzeit arbeiten können. Aber natürlich nur, wenn der Lohn angepasst würde.
Die Kritik von Herzog verstehe sie aber auch. «Wenn das nur eine einzelne Person macht, ist es äußerst schwierig», sagt Graf. Das Wirtschaftssystem sei aber leider so eingerichtet, das man omnipräsent sein müsse. Sie hoffe, dass die Schweiz eines Tages so weit sei, dass die Möglichkeit als selbstverständlich gilt.
Quelle