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Archiv für die 'Elternzeit' Kategorie

Neue Väter, alte Rollen? Papas unter Druck

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 13. Januar 2024

Elterngeld wird von weniger als der Hälfte der Väter genutzt. Ein Großteil der Care-Arbeit wie die Kindererziehung bleibt bei den Müttern. Reporter Daniel Tautz macht sich für diese Doku von exactly auf die Suche nach der Rolle der Papas in der Familie von heute. Wer sind die „neuen Väter”? Und warum klafft bei der Gleichberechtigung und der Verantwortung unter Eltern noch immer so eine große Lücke? Wie sind Elterngeld und Elternzeit verteilt?

Vater und Influencer Sebastian Tigges @tigges3866 macht klar, was man aus seiner Sicht von den heutigen Vätern in Sachen Erziehung erwarten kann: “Nicht zu sagen: Ich helfe meiner Frau bei der Kindererziehung und ich helfe meiner Frau im Haushalt, sondern: Ich erziehe die Kinder, ich bin 50 Prozent.”

Auf Instagram erreicht er mit Videos als #thewalkingdad dazu Hunderttausende – zum Großteil: Frauen und Mütter. exactly begleitet Steve aus Magdeburg, der gerade Papa wird: Zu Beginn der Dreharbeiten sitzt der werdende Vater noch kinderlos und spürbar aufgeregt vor einem Stapel Babystrampler.

Am Ende der Recherche wird er seinen dreimonatigen Sohn Luca wippen und seinen Elterngeld Antrag ausgefüllt haben. In Zorge im Westharz taucht Daniel Tautz einen Tag bei einer Vater-Kind-Kur ein. Die Väter dort sind ausgebrannt, vom Alltag überlastet oder trauern wegen einer Trennung oder dem Tod der Partnerin.

Und: Sie haben Stigmatisierung erlebt. “Warum soll ein Vater mit dem Kind zur Kur? Du bist doch kein gestandener Mann”, erzählt Kurpatient Bodo von seinen Erfahrungen. Was hat es mit der Gender-Care-Gap auf sich? Was Väter von heute umtreibt, was von ihnen erwartet wird und wo noch immer die Mütter das meiste liefern, zeigt diese Reportage.

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Becoming Dad!

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 4. Dezember 2023

Vater werden – was heißt das eigentlich, wie geht das, und wer bringt mir das bei? Was muss ich wissen? Wie kann ich meine Partnerin unterstützen? Und was für ein Vater möchte ich sein?

Geht es um Schwangerschaft und Geburtsvorbereitung, steht in der Regel die Frau im Fokus. Dabei tun sich auch für Männer viele Fragen auf. „37°Leben“ begleitet zwei junge Männer ins Abenteuer Vater werden, erlebt mit ihnen die Zeit der Schwangerschaft bis zur Geburt.

Vor der Geburt nochmal ‚die Sau rauslassen‘

Daniel (28) wohnt zusammen mit seiner Frau Amelie (28) in Würzburg. Die beiden sind frisch verheiratet und erwarten ihr erstes Kind. Daniel arbeitet als Verkäufer in einem Motorradladen und fährt auch in seiner Freizeit Motorrad. Ob er das Risiko noch eingehen wird, wenn ihr Baby da ist?

Vor der Geburt will er noch einmal auf der Rennstrecke „die Sau rauslassen“ – so der Deal mit seiner Frau, die ihren Onkel durch einen Motorradunfall verloren hat. Was Daniels neue Rolle als Vater betrifft, ist er in Amelies Augen manchmal zu gelassen: Die Bücher zum Vater werden, die sie ihm gekauft hat, hat er bisher nicht angerührt. Noch scheint viel Zeit bis zur Geburt. Doch als bei Amelie Komplikationen auftreten, geht plötzlich alles ganz schnell.

Geänderte Prioritäten

Julian (32) ist noch mitten im Studium, seine Freundin Gitta (32) hat ihren Job gekündigt. Die beiden haben sich gerade einen Van gekauft und wollen damit auf große Reise gehen, als sie plötzlich einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen halten. Ein Kind – das wollten sie unbedingt, aber gerade jetzt? Für Julian bekommen mit einem Mal ganz andere Dinge Priorität: Gelegenheitsjobs suchen, die Wohnung umgestalten, ein Geburtshaus finden. Unterstützung bekommen sie von Freunden und Familie.

Wie ändert sich die Partnerschaft?

Julian setzt sich aktiv mit der Vaterrolle auseinander und möchte einen Väterkurs besuchen: Was für ein Vorbild will er sein? Was ändert sich für ihre Partnerschaft? Aus der großen gemeinsamen Reise mit dem Van sollen jetzt viele kleine Touren werden – gemeinsam wollen Julian und Gitta noch einmal den letzten Sommer ohne Kind genießen.

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Was sich beim Elterngeld im kommenden Jahr (nicht) ändert

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 29. November 2023

Um die Sparauflagen im Etat des Familienministeriums zu erfüllen, hatte Lisa Paus vorgeschlagen, die Einkommensgrenze beim Elterngeld ab dem 1. Januar 2024 auf 150.000 € abzusenken. Beschlossen wurde nun, die Einkommensgrenze schrittweise zu senken: Bis Ende März 2024 soll sie beim aktuellen Niveau von 300.000 Euro an zu versteuerndem Einkommen bleiben. Dann bis Ende März 2025 soll ein abgesenktes Niveau von 200.000 Euro gelten. Erst ab April 2025 soll eine niedrigere Einkommensgrenze von 175.000 Euro gelten, also 15 Monate später und mit 175.000 statt nur 150.000 Euro wie ursprünglich geplant. Väter und Mütter sollen so mehr Zeit bekommen, sich auf die Änderung einzustellen.

Auch bei der Aufteilung der Elternzeit sind von 2024 an Änderungen geplant. Es bleibt zwar bei der maximalen Bezugsdauer von 14 Monaten. Diese soll aber nur noch beansprucht werden können, wenn die Eltern innerhalb des ersten Lebensjahres des Kindes maximal einen Monat parallel nehmen. Mindestens einer der Partnermonate muss allein genommen werden. Bei Mehrlingsgeburten soll diese Änderung nicht gelten.

„Durch die Einschränkung des Parallelbezugs von Elterngeld ermutigen wir Väter, sich mindestens einen Monat allein als Partner zu nehmen“, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sönke Rix. „Dies wird sich auch nachhaltig auf die Aufgabenverteilung zwischen Paaren auswirken. Denn wo Väter schon früh die alleinige Verantwortung für Familie und Hausarbeit übernehmen, nehmen sie sich später auch mehr Zeit dafür und entlasten so die Mütter.“ Ähnlich äußert sich auch die Grünen-Familienpolitikerin Nina Stahr. Die Neuregelung erfülle nach Auffassung von Rix auch die im Koalitionsvertrag vereinbarte ‚Stärkung der gemeinsamen elterlichen Verantwortung‘.

Das dies von den betroffenen Männern und Vätern komplett anders gesehen wird, macht unter anderem die kürzlich veröffentlichte Studie des Bundesforums Männer deutlich. „Politik muss Männer auch in ihren eigenen gleichstellungsrelevanten Bedarfen ernst nehmen. Wer das nicht tut, verspielt ihre Zustimmung und erhöht das Risiko, sie an die Gegner von Gleichstellungspolitik zu verlieren“, kommentiert Dag Schölper, Geschäftsführer des Bundesforums Männer, die Studie.

Die im Koalitionsvertrag geplanten Maßnahmen einer geschlechtergerechten Familienpolitik bekommen von der Ampel ein ‚Rotsignal‘: die Vaterschaftsfreistellung aka Familienstartzeit, die zum 1. Januar 2024 kommen sollte, steckt immer noch in der ministeriellen Abstimmung und in Sachen Elterngeld gibt es außer Sparmaßnahmen keine Entwicklungsperspektiven.

Selbst der im 9. Familienbericht skizzierte Vorschlag, von den 14 Monaten Elternzeit jeweils 3 Monate dem Vater bzw. der Mutter zuzuordnen und 8 Monate der freien Verteilung zu überlassen (3-8-3 Modell) ist nicht aufgegriffen worden. Der Anreiz für eine partnerschaftliche Aufteilung dieses Modells besteht darin, dass es für die ersten 7 Monate jeweils 80 % des Nettogehalts geben soll, ab dem 8 Monat die Lohnersatzquote dann auf 50% absinken sollte. Der Höchstbetrag des Elterngeldes sollte auf 2.016 € festgelegt und Monate, die die Partner bzw. die Väter mindestens nehmen müssen auf zwei erhöht werden.

Das wäre ein bescheidener Schritt hin zum Ziel einer gerechten Aufteilung von Erwerbs- und Pflegtätigkeiten gewesen, im Hinblick auf die vielfach geäußerten Wünsche junger Väter und Mütter erscheint er aber als politisch mutlos und ermutigt Väter zu wenig, ihr Erwerbsverhalten nachhaltig zu verändern. Selbst das vom Familienministerium geförderte Bündnis Sorgearbeit fair teilen fordert eine 7-7 Regelung beim Elterngeld: 7 Monate für die Väter und 7 Monate für die Mütter.

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… eine überwältigende Mehrheit assoziiert Pflege mit ‚Liebe’

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 2. November 2023

Financial & Mentalload

Die geschlechtergerechte Aufteilung von Erwerbs- und Pflegearbeit ist auch hierzulande ein Thema. Initiativen wie Equal Care Day und ‚Sorgearbeit fair teilen‘ möchten Gesellschaft und insbesondere Männer dafür zu sensibilisieren. Erfolgversprechende Ansätze dazu liefert auch der Bericht ‚State of the World’s Fathers‘.

Dieser enthüllt eine bemerkenswerte Wertschätzung der Pflege durch die befragten Männer. In einer Online-Umfrage assoziierte eine überwältigende Mehrheit ‚Pflege‘ mit positiven Begriffen. ‚Liebe‘ war das am häufigsten genannte Wort in allen Ländern.

Weitere häufig genannte Wörter waren ‚Hilfe‘, ‚Schutz‘, ‚Aufmerksamkeit‘, ‚Verantwortung‘, ‚Gesundheit‘, ‚Freundlichkeit‘ und ‚Familie‘.

Die meisten der an der Umfrage beteiligten Männer geben an, dass sie Betreuungsarbeit leisten und bereit sind, mehr zu tun. Aber viele Hindernisse stehen ihnen im Weg, einschließlich gesellschaftlicher Normen und finanzieller Zwänge.

Der Bericht stellt fest, dass Mütter nach wie vor einen größeren Teil der Verantwortung für Betreuungsaufgaben wie Putzen, physische und emotionale Kinderbetreuung, Kochen und Partnerpflege tragen. In allen Ländern, die für den Bericht befragt wurden, geben Frauen an, 1,32-mal mehr körperliche Kinderbetreuung und 1,36-mal mehr Hausputz zu leisten als Männer.

Aber auch Väter in so unterschiedlichen Ländern wie Argentinien, Irland, China, Kroatien und Ruanda geben an, dass sie erhebliche Stunden für verschiedene unbezahlte Betreuungsaufgaben im Haushalt aufwenden.

Die Studie ‚State of the World’s Fathers‘ führt diese Verschiebung auf mehrere Faktoren zurück, darunter die Auswirkungen von COVID-19, sich verändernde Geschlechternormen in Bezug auf die Pflege und strukturelle Faktoren wie Pflegesysteme und Elternzeitpolitik.

In 15 Ländern stimmen zwischen 70 und 90 % der Männer der Aussage zu: ‚Ich fühle mich für die Betreuungsarbeit genauso verantwortlich wie meine Partnerin‘.

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Die Vollzeitnorm von 40 Stunden nimmt Vätern die Zeit in der Familie

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 25. September 2023

Interview mit Teresa Bücker

In deinem Buch beschreibst du, dass viele Kinder ihre Väter als abwesend wahrnehmen, immer noch. Was hindert denn die Väter daran, präsenter zu sein in ihren Familien?

Mich hat das erst mal überrascht, dass Kinder immer noch sagen, dass ihre Mütter viel präsenter sind als die Väter, weil wir davon ausgehen, dass sich in Familien sehr viel getan hat. Und was Väter wirklich daran hindert, sich mehr zu beteiligen, sind die langen Arbeitszeiten. Das zeigen alle Studien, alle Analysen ganz klar, dass die Vollzeitnorm von 40 Stunden Vätern die Zeit in der Familie nimmt. Dann kommen oft noch Pendelwege dazu. Väter haben oft Arbeitsorte, die länger entfernt sind. Und das ist im Alltag dann ganz wenig Zeit. Also, Arbeitszeit ist eine der großen Stellschrauben und Vätern sollte eben bewusst sein, die Kinder nehmen. Das war heute immer noch. Ja.

Was können denn Väter gewinnen, wenn sie mehr Carearbeiten in den Familien übernehmen?

Jeder Vater, der sich ganz viel in die Familie einbringt, erlebt das eigentlich. Also am besten mal Väter fragen, die lange in Elternzeit waren oder Teilzeit arbeiten. Das entspricht auch eigentlich den Wünschen vieler Vätern, ja, ganz aktiv Vater zu sein, viel Zeit mit den Kindern zu haben. Und diejenigen, die es erleben, die vielleicht jetzt schon in Teilzeit arbeiten, die sagen auch, sie wollen nie wieder dahin zurück, wo sie vorher waren, weil der große Wunsch von den meisten Vätern ist, eben auch eine starke emotionale Bindung an die Kinder. Vorbild sein können und das kann man nur, wenn man im Alltag präsent ist. Und Väter leiden gerade oftmals zwischen der Zerrissenheit von den beruflichen Ansprüchen und wie sie als Vater eigentlich leben wollen. Und das in Einklang zu bringen, darum geht es und dann fühlt man sich auch wohl da in der eigenen Vaterrolle.

Was können wir denn noch an den Strukturen drehen, damit wir den Vätern die Anwesenheit in den Familien erleichtern können?

Was ich empfehlen würde, ist, dass sich Paare, heterosexuelle Paare, wirklich frühzeitig damit auseinandersetzen, wie sie leben wollen und ganz, ganz offen darüber sprechen. Das findet oftmals nicht statt und dann werden wir in alte Rollen gedrängt, in denen wir eigentlich gar nicht leben wollen. Und das wirklich früh zu planen, vielleicht auch zu sagen, wir machen materielle Einschnitte, weil wir beide in Teilzeit arbeiten wollen, aber dann so Eltern sein können, wie wir es wirklich wollen, das ist ganz, ganz wichtig. Und was ich Vätern auch empfehlen würde, wäre sich untereinander zu vernetzen, zu solidarisieren und immer zu sagen, wenn ich hier in meinem Unternehmen den Weg ebne für Familienfreundlichkeit auch für Väter, dann haben ganz viele andere Väter was davon. Also diese solidarische Ebene, politisch auch etwas zu verändern, das ist ganz wichtig.

Zum Schluss, was ist dein Appell an Väter?

Traut euch, in den Familien präsent zu sein, wirklich von Anfang an. Gönnt euch die Zeit. Macht euch ganz klar, wie ihr Vater sein wollt, wie ihr Familie leben wollt. Und seid dann auch mutig, dass es etwas unbequem sein kann, dass es bedeuten kann, beruflich zu reduzieren. Aber redet auch mit anderen Vätern, wie sie es wahrgenommen haben. Redet unbedingt mit Vätern, die lange in Elternzeit waren, die jetzt Teilzeit arbeiten und macht euch gegenseitig Mut. Und traut euch eben, Pioniere zu sein. Es wird euch und eure Kinder stärken.

Das Interview hat Martina Züger am Rande des VäterSummits am 26. August geführt.

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Ist Finnland der beste Ort der Welt, um Eltern zu werden?

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 21. September 2023

Warum rebellieren Männer nicht?“

Finnland ist weltweit führend, was die frühkindliche Bildung angeht. Die Kinderbetreuung ist erschwinglich und Krippenplätze sind überall verfügbar, und das in einem System, das die Rechte der Kinder in den Mittelpunkt der Entscheidungsfindung stellt.

Jetzt wendet das Land die gleiche kinderfreundliche Denkweise auch auf die Politik der Elternzeit für Väter an, um die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern bei der Elternschaft zu bekämpfen.


Alexandra Topping vom britischen Guardian ist nach Helsinki gereist, um die Hintergründe dieser Politik für Kinder, Mütter und Väter zu erkunden.

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Dürfen sich Väter mehr Zeit für Familie nehmen?

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 18. Juli 2023

Vor einem Monat hat die Veröffentlichung von Umfrageergebnissen der Organisation ‚Plan International‘ großen Wirbel verursacht. Begriffe wie ‚Retraditionalisierung‘ und ‚Rollback in Sachen Geschlechtergerechtigkeit‘ waren noch die harmlosesten, die mit den Antworten der befragten Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren in Verbindung gebracht wurden.

Bei den Vorstellungen zur Aufgabenteilung in der Familie sehen 52 Prozent der jungen Männer ihre Rolle darin, im Beruf genug Geld zu verdienen, die Zuständigkeit für die Carearbeit weisen sie ihrer Partnerin zu.
In seiner Stellungnahme hat der Vorstand der LAG Väterarbeit die Frage gestellt, ob diese Rollenerwartung wirklich aus der Welt ist. Das Gerangel um die Familienstartzeit, die als Vaterschaftsfreistellung im Koalitionsvertrag verankert ist, Kürzungen im Bereich des Elterngeldes und ausbleibende Reformen im Familienrecht wecken Zweifel am politischen Willen.

„Wir müssen wieder mehr arbeiten“ wird Michael Hüther, Direktor des arbeitgeberfinanzierten Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), im Spiegel zitiert. Er will dem Fachkräftemangel mit längeren Arbeitszeiten entgegenwirken. Es brauche eine Ausweitung der individuellen Arbeitszeit im Jahr, „nicht den unrealistischen Traum der Viertagewoche“. Bereits im Jahr 2023 würden 4,2 Milliarden Arbeitsstunden fehlen.

An anderer Stelle haben sein und andere Wirtschaftsinstitute vorgerechnet, dass eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit von Müttern mit Kindern unter 18 Jahren um eine Stunde einen jährlichen Zugewinn von mehr als 100 Millionen Stunden bewirken würde.

Eine aktuelle Veröffentlichung zeigt auf, wie es um die Nutzung dieser ‚Stellschraube‘ für die Volkswirtschaft und die Möglichkeiten für Väter zur Reduzierung ihrer Erwerbsarbeitszeit im Sinne einer geschlechtergerechten Aufteilung von Care- und Erwerbsarbeit bestellt ist.

Die Erwerbsbeteiligung von Müttern in Deutschland ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten zwar angestiegen. 2022 gingen 73 Prozent aller Mütter mit minderjährigen Kindern in Westdeutschland und 75 Prozent aller Mütter in Ostdeutschland einer bezahlten Tätigkeit nach, die meisten von ihnen jedoch in Teilzeit. Bei der Einstellung zur Müttererwerbstätigkeit zeigen sich nach wie vor erhebliche Unterschiede, wie die neue Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) belegt. Demnach ist die Einstellung gegenüber einer Erwerbstätigkeit von Müttern stark vom Alter des jüngsten Kindes und der Herkunft der Eltern abhängig.

Darüber hinaus wurden auch die Einstellungen zur Erwerbstätigkeit von Vätern erfasst. Die Mehrheit der befragten Männer und Frauen spricht sich hier für eine Vollzeiterwerbstätigkeit aus. Ist das jüngste Kind in der fiktiven Konstellation zwei Jahre alt, findet eine Teilzeiterwerbstätigkeit von Vätern zwar durchaus noch Zustimmung – ab einem Alter von vier Jahren aber nicht mehr. Frauen befürworten zudem eher als die Männer selbst eine Teilzeitbeschäftigung von Vätern.

Diese Erwartungen erfüllen Väter vollumfänglich. Väter von kleinen Kindern mit einer Vollzeitstelle arbeiten durchschnittlich 44 Stunden pro Woche. Und die Ausgangsfrage lässt sich momentan leider nur mit ‚NEIN‘ beantworten.

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Referentenentwurf zur Vaterschaftsfreistellung ist fertig

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 1. April 2023

… und liegt der Redaktion des ARD Hauptstadtstudios ‚exklusiv‘ vor. Das meldet der Sender gestern Nachmittag und titelt mit der Überschrift „Gesetzentwurf Sonderurlaub nach Geburt des Kindes“ Bundesfamilienministerin Lisa Paus wolle mit dem „Familienstartzeitgesetz“ eine gerechtere Verteilung der Kinderbetreuung und Hausarbeit stärken. Der Partner oder die Partnerin der entbindenden Person soll künftig zwei Wochen nach der Geburt bezahlt freigestellt werden. Finanziert werden soll die Freistellung durch eine Umlage analog zur Mutterschaftsfreistellung sechs Wochen vor und acht nach der Geburt. Über die Höhe der Lohnersatzleistung wird in dem Beitrag nichts gesagt.

Bereits im Dezember 2021 habe ich in einem Interview Stellung zu den ‚kritischen‘ Punkten dieses Vorhabens, dass nach EU Recht auch in Deutschland schon längst gängige Praxis sein müsste, Stellung bezogen.

Wo könnte es Herausforderungen oder Stolpersteine bei der Umsetzung geben?

… Eine Herausforderung ist sicherlich die Finanzierung. Wenn diese jedoch analog zum Mutterschaftsgeld organisiert, also in einem Umlageverfahren durch alle Arbeitgebenden finanziert wird, sehe ich an dieser Stelle keine großen finanziellen Belastungen auf die durch Corona strapazierte Staatskasse und einzelne Arbeitgebende zukommen.
Zufriedene Väter sind ein Gewinn für jeden Betrieb und die Kompetenzen, die sie durch ihr Engagement in Familie erwerben, gleichen die Kosten für die Umlage sehr schnell wieder aus.

Sind zwei Wochen bezahlter Urlaub für das zweite Elternteil genug, um eine Bindung zum Neugeborenen aufzubauen?

Die zwei Wochen bezahlte Freistellung sind meines Erachtens kein ‚Urlaub‘ im landläufigen Sinn. Sie ermöglichen einen niedrigschwelligen Einstieg ins Vatersein, nach der Geburt hat jeder neuer Vater die Möglichkeit, seine Partnerin in der Zeit des Wochenbetts zu unterstützen und eine Beziehung zu seinem Kind aufzubauen. Für eine sichere Bindung sind zwei Wochen eine zu kurze Zeit, aber es geht um einen guten Einstieg und die gesellschaftliche Zuschreibung ‚Mann du kannst ein guter Vater sein und du bist bedeutsam für die Entwicklung deines Kindes‘.

Wie viele Elterngeldmonate für Paare würden Sie sich wünschen? Wie viel bezahlte Freistellung beider Elternteile ist Ihrer Meinung nach nötig?

Bislang gibt es ja 14 Elterngeldmonate, die nach dem Muster 12 plus 2 konstruiert sind und durch Regelungen wie ‚Elterngeld-Plus Monate‘ und dem ‚Partnerschaftsbonus‘ auf bis zu 28 bezahlte Monate Elternzeit ausgedehnt werden können. Die Regelungen sind kompliziert, auch wenn in der Corona Zeit schon einiges vereinfacht worden ist.

Ich würde mir wünschen, dass es für Väter und Mütter jeweils 8 reservierte Elterngeldmonate gibt und dass es weitere 8 bezahlte Monate gibt, die flexibel bis zum Schuleintritt des Kindes eingesetzt werden können. Damit würde ein klares Signal dafür gesetzt, dass Väter und Mütter gleichermaßen für ihre Kinder verantwortlich sind und die damit verbundenen Aufgaben und Arbeiten von Anfang an partnerschaftlich aufgeteilt werden können.

Die weiteren acht Monate bieten den Eltern dann die Möglichkeit sich nach Bedarf und flexibel Zeit für die Kinder zu nehmen, wenn sie gebraucht wird. Neben dem Geld spielt die Zeit, die Väter und Mütter einsetzen können eine große Rolle.
Dazu kommt noch die Infrastruktur, also zum Beispiel die qualitativ hochwertigen Kinderbetreuungsangebote, die in ausreichender Zahl und mit passenden Öffnungszeiten wohnungsnah zur Verfügung stehen.

Gibt es etwas anders, was Sie sich hinsichtlich der Elternzeit-/Elterngeldregelung wünschen würden?

Ja, ich wünsche mir, dass das Engagement von Vätern für ihre Familie und insbesondere für ihre Beteiligung an der Erziehung ihrer Kinder nicht als ‚Ergänzung‘ oder ‚Unterstützung‘ der Leistungen der Mütter betrachtet werden sondern als genauso notwendig wie selbstverständlich. Und zwar von Anfang an und nicht nach dem Motto ‚krabbeln lerne ich bei Mama, laufen dann bei Papa‘.

Damit das Wirklichkeit werden kann, braucht es, quasi als notwendige Bedingung, gute gesetzliche Regelungen zu Elterngeld und Elternzeit, aber auch passende strukturelle Rahmenbedingungen wie Arbeitszeitregelungen und Kinderbetreuungsangebote.

Damit es hinreicht, sind aber auch Haltungen erforderlich, die Vätern von Anfang an, also schon lange vor der Geburt, Kompetenzen zuschreiben und ihnen von Geburt an Möglichkeiten geben, diese zu erwerben und weiterzuentwickeln.

In diesem komplexen Gebilde sind die zwei Wochen Vaterschaftsfreistellung ein ganz wichtiger Baustein.

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Väteranteil beim Elterngeld steigt 2022 weiter an

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 29. März 2023

Für volle Parität sind weitere gesetzliche Maßnahmen erforderlich

Wie Destatis heute berichtet, hat sich die Zahl der Männer mit Elterngeldbezug im Vorjahresvergleich um 10.000 oder 2,1% erhöht. Dagegen ging die Zahl der leistungsbeziehenden Frauen um 32.800 oder 2,3% zurück. Dadurch stieg der Anteil der männlichen Bezieher an allen Elterngeldbezügen (Väteranteil) im Jahr 2022 auf 26,1 % (2021: 25,3 %). Der kontinuierliche Anstieg des Väteranteils hat sich damit fortgesetzt. Im Jahr 2015 hatte er noch bei 20,9 % gelegen. 

Der Väteranteil gibt den Anteil der männlichen Bezieher an allen Elterngeldbezügen an. Er würde also genau 50 % betragen, wenn bei allen Kindern sowohl der Vater als auch die Mutter gleichermaßen Elterngeld beziehen würde. 

Die Stellschrauben, die eine Entwicklung zu dieser partnerschaftlichen Aufteilung beschleunigen können, sind hinlänglich bekannt. Da die Weichen unmittelbar nach der Geburt gestellt werden, ist eine voll bezahlte ‚Vaterschaftsfreistellung‘ in Höhe von mindestens 14 Tagen, wie in der EU Vereinbarkeitsrichtlinie vorgesehen, ein erster Schritt.

Der zweite wäre eine gleichmäßige Aufteilung der für Väter und Mütter vorgesehenen bezahlten Elterngeldmonate, mindestens aber eine deutliche Ausweitung auf 4 Monate, wie auch vom Bündnis Sorgearbeit fair teilen, gefordert. Dazu muss auch noch eine Angleichung der 2007 festgelegten Elterngeldbeträge an die Preisentwicklung sowie eine Vereinfachung der Anträge erfolgen.

606 000 Bezieherinnen und Bezieher von Elterngeld planten im Jahr 2022 die Inanspruchnahme von Elterngeld Plus, und zwar 38,7 % der berechtigten Mütter und 16,1 % der Väter. Seit seiner Einführung wird das Elterngeld Plus somit immer stärker nachgefragt.
2016, im ersten Jahr nach seiner Einführung, bezogen 20,1 % der Mütter und 8,2 % der Väter Elterngeld Plus. Zwar fällt das Elterngeld Plus in der Regel monatlich niedriger aus als das sogenannte Basiselterngeld, wird dafür aber länger gezahlt.

Der Vollständigkeit halber auch die weiteren in der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes veröffentlichten Zahlen: Die durchschnittliche Dauer des geplanten Elterngeldbezugs lag bei den Frauen im Jahr 2022 – wie schon im Vorjahr – bei 14,6 Monaten (2020: 14,5 Monate; 2019: 14,3 Monate). Die von Männern angestrebte Bezugsdauer war mit durchschnittlich 3,6 Monaten dagegen deutlich kürzer und hat sich im Vergleich zu den vergangenen Jahren sogar leicht verringert (2019 bis 2021: 3,7 Monate). 

Spitzenreiter im Bundesländervergleich mit einem Väteranteil von 30,2 % im Jahr 2022 war – wie im Vorjahr – Sachsen, gefolgt von Thüringen (28,4 %), Bayern (28,3 %) und Baden-Württemberg (28,3 %). Am niedrigsten lag der Väteranteil 2022 – ebenfalls wie im Vorjahr – im Saarland (20,8 %). 

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Wenn die Politik es wirklich ernst meinen würde …

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 12. März 2023

Wenn die Politik das Ziel der Chancengleichheit für Frauen und Männer am Arbeitsmarkt ernsthaft verfolgen will, sollte sie an der Aufteilung der Sorge- und Erwerbsarbeit in der kritischen Lebensphase der Familiengründung ansetzen, empfiehlt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in seinem aktuellen Wochenbericht. Eine vielversprechende Maßnahme wäre, die Partnermonate beim Elterngeld auszuweiten. Die derzeit zwei Partnermonate (von 14 Monaten Elternzeit für beide Elternteile insgesamt) wurden 2007 eingeführt und haben dazu geführt, dass deutlich mehr Väter Elternzeit nehmen als zuvor.

Überwiegend tun sie dies jedoch nur im Umfang des gesetzlichen Minimums von zwei Monaten, während Mütter überwiegend zwölf Monate Elternzeit nehmen. Die Partnermonate sollten daher schrittweise erhöht werden, bis eine Quote von 50 Prozent (sieben von 14 Monaten) erreicht ist.

Eine andere Möglichkeit, die längere Inanspruchnahme der Elternzeit von Vätern finanziell zu fördern, wäre eine zeitlich absinkende Lohnersatzrate beim Elterngeld. Beispielsweise könnten beide Elternteile für sieben Monate Elterngeld mit einer Lohnersatzrate von 80 Prozent beziehen, danach würde die Lohnersatzrate auf 50 Prozent gesenkt werden (für maximal vier Monate). In diesem Modell, das der Sachverständigenrat des 9. Familienberichts vorgeschlagen hat, wäre das Elterngeld beider Elternteile insgesamt am höchsten, wenn beide Elternteile eine siebenmonatige Elternzeit wählen.

Aber auch andere Bereiche des Steuer- und Transfersystems müssten reformiert werden, um eine gleichmäßigere Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern zu fördern. So gehen vom Ehegattensplitting – insbesondere in Kombination mit der steuerlichen Behandlung der Einkünfte aus Minijobs – erwiesenermaßen negative Erwerbsanreize für verheiratete Frauen aus.

Daher sollte einerseits eine Reform des Ehegattensplittings beispielsweise hin zu einem Realsplitting mit niedrigem Übertragungsbetrag umgesetzt werden. Zusätzlich sollten die Minijobs – bis auf mögliche Ausnahmen für Schüler*innen, Studierende und Rentner*innen – abgeschafft werden. Diese Maßnahmen hätten nicht nur wichtige gleichstellungspolitische Wirkungen, sondern sie wären auch wirksame Mittel, um dem Arbeitskräftemangel entgegen zu treten.

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