In der Zeit unmittelbar vor der Geburt und in der Frühphase
der Elternschaft werden Entscheidungen getroffen, die richtungsentscheidend für
die Ausgestaltung des Familienlebens und die Aufteilung von bezahlter Erwerbs-
und unbezahlter Familienarbeit sind. Junge Familien wünschen sich seit langem
und gleichberechtigte Teilhabe sowie eine partnerschaftliche Aufteilung von
beiden Sphären. Damit sie ihre Wünsche und Lebenskonzepte realisieren können
brauchen sie passende Rahmenbedingungen. Dies ist seit langem bekannt und
politisch diskutiert.
Bereits in der ersten Lesung zur Einführung des
Mutterschaftsurlaubs im März 1979 wird unter Bezugnahme auf die Wünsche junger
Familien, eine partnerschaftliche Aufgabenteilung zu leben, von den Rednern und
Rednerinnen der Regierungsparteien (SPD und FDP) bedauert, dass aus
abstimmungstaktischen Gründen, Väter von dem geplanten Vorhaben ausgeschlossen
werden müssen. Bundesarbeitsminister Ehrenberg (SPD) bezeichnete das Gesetz aber
dennoch als „Beitrag zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie …
und bedauert, dass er nur den Mutterschutz für die leibliche Mutter
fortentwickelt und nicht die Väter und Adoptiveltern miteinbezieht.
In der zweiten Lesung am 10. Mai 1979 verstärkt die
Abgeordnete Matthäus-Maier (FDP) diesen Gedanken. Eine Wahlmöglichkeit der
Eltern wäre „ein guter Beitrag zur Auflockerung der starren Rollenverteilung
gewesen, … die wir ja heute immer noch haben. … bei einer alternativen
Möglichkeit für Vater oder Mutter wüßte ja ein Arbeitgeber, der eine junge Frau
einstellt, nicht, ob nicht möglicherweise, wenn die Frau schwanger wird, der
Vater den Elternurlaub in Anspruch nimmt, so daß auf diese Weise die Gefahr der
Benachteiligung verringert würde. … Aber eines ist klar: Bei der wachsenden
Erkenntnis gerade auch junger Väter, daß es für sie nicht nur eine Pflicht ist,
an der Kindererziehung teilzunehmen, sondern daß sie sich damit ein Recht
nehmen, das ihnen jahrhundertelang verweigert worden ist: sich um ihre Kinder
zu kümmern.“
Mit dem Inkrafttreten des BEEG zum 1. Januar 2007 ist den
Vätern dieses Recht zugesprochen worden und in den vergangenen 13 Jahren ist
das Gesetz durch verschiedene Änderungen den Bedürfnissen von jungen Müttern
und Vätern entgegengekommen.
Die jetzt vorgeschlagenen Novellierungen
- Erhöhung der während der Elternzeit zulässigen
Arbeitszeit
- Flexibilisierung des Partnerschaftsbonus sowie
der
- Zusatzmonat für Eltern, deren Kind sechs Wochen
oder noch früher geboren wurde,
stellen weitere Schritte in diese Richtung dar.
Zu 1. Die während der Elternzeit mögliche Erwerbsarbeitszeit
wird von 30 auf 32 Stunden angehoben. Dies entspricht in etwa einem
Stellenumfang von 80% und wird vor allem Väter in verantwortungsvollen
Tätigkeiten ermutigen, ElterngeldPlus Monate in Anspruch zu nehmen.
Zu 2. Hier wird zum einen der Arbeitszeitkorridor von 24 bis
32 Stunden wöchentliche Arbeitszeit erweitert und die Mindestanzahl der
Partnerschaftsbonusmonate auf zwei reduziert. Eine wesentliche Reduzierung des
Rückzahlungsrisikos stellen die Regelungen in §4b Abs. 5 dar.
Durch diese Regelungen wird die Hürde, eine partnerschaftliche Aufgabenteilung
einfach mal auszuprobieren, deutlich abgesenkt.
Denjenigen, die aber bereits eine 50/50 Regelung leben, bleiben die
zusätzlichen Bonusmonate aber weiterhin vorenthalten.
Zu 3. Eine Frühgeburt vor der 34 SSW stellt Väter und Mütter
vor erhebliche Belastungen und ein zusätzlicher Elternzeitmonat ist ein
passendes Angebot, diesen Mehraufwand partnerschaftlich bewältigen zu können.
Die jetzt vorgeschlagenen Neuregelungen sind an den jeweiligen
Stellen sinnvoll, bleiben aber nach 30 Jahren Erfahrungen mit den bisherigen
Regelungen und vor allem vor dem Hintergrund des Anspruchs, Weichenstellung für
eine partnerschaftliche Arbeitsteilung zu sein, nicht gerecht.
Wir sehen weiteren Entwicklungsbedarf vor allem in folgenden
Punkten:
- Ausweitung der für die Partner (Väter)
vorgesehenen Monate
- Einführung einer Väterzeit unmittelbar nach der
Geburt im Sinne der europäischen Vereinbarkeitsrichtlinie
- Anpassung der Einkommensgrenzen an den Preis-
bzw. Lohnentwicklungsindex
- Ermöglichung des Elterngeldbezugs auch für
Getrennterziehende
Verhaltens- und Einstellungsänderungen werden am ehesten
durch eigene, neue Erfahrungen erreicht. Das Elterngeld ist im besten Falle ein
Experimentierfeld, dass Vätern und Müttern neue Erfahrungen ermöglicht;
Erfahrungen, die Sicherheit geben, neue Mischungsverhältnisse von Erwerbs- und
Fürsorgearbeit auch im Anschluss an die Elternzeit fortzuführen und die
nachhaltiger wirken als Forderungen und Appelle.