Wie viel Kind braucht ein Vater?
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 21. Februar 2012
Der „Männerpolitiker“ und Präsident des Dachverbands der Schweizer Männer- und Väterorganisationen männer.ch Markus Theunert im Interview mit der Neuen Züricher Zeitung über die Bedeutung des Vaters in der Erziehung und die traditionelle Rollenaufteilung
‚… Viele Kinder wachsen ohne Vater auf, was fehlt diesen Kindern?
Zuerst einmal: Es geht primär um alltagsnahe männliche Bezugspersonen, nicht unbedingt um biologische Vaterschaft. Kinder, die keine männliche Bezugsperson haben, sammeln weniger Erfahrungen im Umgang mit einem Mann. Das führt schon zu gewissen Einschränkungen im Erfahrungsraum, zumal auch im Kindergarten fast ausschließlich und in der Primarschule großmehrheitlich die erwachsenen Bezugspersonen weiblich sind. Eine alleinerziehende Mutter oder ein lesbisches Paar, das Kinder erzieht, sind meines Erachtens gefordert, ihrem Nachwuchs den regelmäßigen Kontakt zu einem männlichen «Reibungspartner» zu verschaffen. Umgekehrt gilt das natürlich auch, wobei alleinerziehende Männer selten sind.
Wie viel Kind braucht denn ein Vater?
Mehr als die Strukturen erlauben. Unser System fördert die traditionelle Rollenteilung. Die Mutter steigt bei der Geburt während 14 Wochen aus dem Job aus, und der Vater bekommt zur Geburt einen Tag frei, bevor das Erwerbsleben weitergeht. Die fehlende Väterzeit ist staatlich begünstigte Entfremdung von der Haus- und Familiensphäre. Der Vater hat keinen strukturellen Anreiz, sich seine Art von «Bevattern» zu erarbeiten, sich einen Platz zu suchen im familiären System, eine Selbstverständlichkeit im Umgang mit dem Kind zu entwickeln. Das erschwert die Erfahrung, dass sein Umgang vielleicht anders, aber gleichwertig ist, wie der Umgang der Mutter mit dem Kind. Die Rahmenbedingungen fördern die Ernährerfalle.
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