Nachgezahltes Arbeitseinkommen mindert nicht das Elterngeld von Selbstständigen
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Mittwoch 29. Juni 2011
Entgelte, die Selbstständige für eine bereits früher geleistete Arbeit erst während des Elterngeldbezugs erhalten, dürfen nicht auf das Elterngeld angerechnet werden. Mit diesem Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 12. April 2011 (Aktienzeichen L 13 EG 16/19) liegt nun erstmals ein obergerichtliches Urteil zu diesem Thema vor.
Am 28. August 2007 schrieb ein freiberuflicher Fernsehredakteur für ein abgeschlossenes Projekt eine Rechnung über 7.044,93 € an seinen Sender. Die Zahlung erfolgte zwei Monate später, am 5. Oktober 2007. Soweit für Selbstständige normal. Das Problem war nur: Seit dem 1. Oktober bezog der Redakteur Elterngeld. Und als er dem zuständigen Versorgungsamt später als Einkommensnachweis seine Umsatzsteuervoranmeldung einreichte, sah dieses in der nachträglichen Zahlung ein anrechenbares Einkommen – und kürzte das zunächst auf den Höchstbetrag von 1.800 € festgesetzte Elterngeld auf dem Mindestbetrag von 300 € pro Monat, obwohl er während der Elternzeit überhaupt nicht gearbeitet hatte.
Auf seine Klage bestätigte das Sozialgericht Köln diese Entscheidung mit der Begründung, angesichts des Zuflusses von etlichen tausend Euro fehle es am „Bedarf“ für ein so hohes Elterngeld.
Das aber entspricht nicht der Gesetzeslage, urteilte des LSG NRW: „Das Elterngeld ist keine bedarfsabhängige Sozialleistung, sondern … eine familienpolitische Subvention mit verhaltenssteuernder Zielrichtung.“ Es solle berufstätige Eltern motivieren, sich für eine bestimmte Zeit ausschließlich der Kindererziehung zu widmen.
Das aber habe der Redakteur unbestritten getan: Er habe während der Elternzeit „keine Handlung vorgenommen, die auf einen Erwerbserfolg gerichtet gewesen sei“. Deshalb könne hier nicht das „strenge Zuflussprinzip“ gelten, wie es z.B. für Einkünfte während des Alg-II-Bezug gilt und bei dem es allein auf das Datum des Geldeingangs ankommt, sondern das „modifizierte Zuflussprinzip“ des Steuerrechts. Danach aber habe der Redakteur das strittige Einkommen bereits vor Beginn der Elternzeit „erzielt“, weshalb es beim Elterngeld nicht zu berücksichtigen sei.