Nicht ohne meinen Vater
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Montag 12. März 2007
Thomas Pany berichtete am 8. März in telepolis über die in diesem Blog bereits vorgestellte britische Langzeitstudie zur Bedeutung der Väter für die Entwicklung von Kleinkindern.
Dass der Vater generell wichtig für die Entwicklung der Kinder ist, daran zweifelt wohl niemand ernstlich … . Etwas anders liegt der Fall bei sehr kleinen Kindern, bei Babys. Die Aussage einer klugen und gebildeten Mutter, von Beruf Ärztin, die mir einmal erklärte, dass der Vater für Kinder erst ab einem Alter von drei oder vier Jahren „wirklich interessant und wichtig“ werde, dürfte von einigen unterschrieben werden, die sich dabei auf ihren gesunden Menschenverstand berufen und vergessen, dass er vom Zeitgeist mitbestimmt wird.
Das Kopfschütteln mancher Großväter über Söhne, die zur Geburt ihres Kindes eine ganze Woche oder gar mehr frei nehmen, ist ein weiterer, anekdotischer Beleg für den Wandel des Vaterbildes. Auch wer in Ratgeberbüchern älteren Datums zur Entwicklung des Kindes im ersten Jahr blättert, merkt schnell, dass vor allem von einer Bezugsperson die Rede ist: der Mutter. Väter sind dort vor allem Support im Hintergrund und Bademeister der Kleinsten.
10 Minuten am Tag habe er körperlichen Kontakt mit seiner drei Monate alten Tochter, verriet mir ein Topmanager nebenbei. Das genüge vorerst, sagte er mit einem kernigen Südtiroler-Akzent, der seinen Worten das Gewicht und die Natürlichkeit von Dreitausendern verlieh, unumstößliche Gewissheiten.
Ziemlich ungewiss dagegen ist, wie sich dieser Mann gegenüber Angestellten verhalten wird, die Urlaub zur Geburt des Nachwuchses wünschen oder Vätermonate „einreichen“, obwohl sich das Unternehmen „in einer entscheidenden Phase befindet“ und keiner entbehrt werden kann, so das allfällige Argument. Die gegenwärtig in Deutschland laufende Diskussion über die so genannten Vätermonate und flexiblere Arbeitszeiten, die bessere Abstimmung zwischen Beruf und Familie also, verrät zumindest einige Vorbehalte in der Akzeptanz solcher Anliegen – vermutlich nicht allein bei den „Chefs“, sondern auch bei manchen Angestellten, denen noch die Courage fehlt, mit einem „Softie-Begehren“ eine Auszeit von der Arbeitsfront zu verlangen, um in ihre „Nebenbeschäftigung zu desertieren“.
Mittwoch 14. März 2007 um 23:37
Es gibt ja nun schon einige Untersuchungen zum Thema Bindung und Wichtigkeit der Väter bei Kleinkindern (Camus oder Fthenakis). Aber leider sind die plastischsten Beweise diejenigen, die uns Väter ein wenig Zeit (und manche viel Mut) kosten: Selber Elternzeit zu nehmen. Leider nur aus dem Grund, dass die Emotionalität sich anders, insbesondere durch Daten und Zahlen nicht vermitteln lässt und das Rad der Zeit sich somit allzu langsam in Richtung Veränderung dreht. Ich selber hatte das Vergnügen aufgrund von Abenddiensten und einem halben Jahr Elternzeit sehr viel Zeit mit meinen beiden Töchtern verbringen zu können und ich kann nur sagen: es war gut investierte Zeit, die eben nicht unwiederbringbar weg ist. Es gibt (fast) keine Diskussionen, wer die Kinder in Bett bringen darf und die Frage, zu wem sie wahrscheinlicher rennen, wenn mal wieder das Gesicht zu nah an den Boden kam, ist ebenso nicht eindeutig zu klären. Ganz anders bei Freunden von uns, wo er sehr selten zu Hause ist und entsprechend Probleme hat, akzeptiert zu werden. Und ganz nebenbei: Die Entscheidungen, die mann durch die Verantwortung für seine Kinder beispielsweise in Gesundheitsfragen – Impfen ja oder nein, Antibiotikum ja oder nein – treffen muss, sind oft wesentlich tiefgreifender, als vieles was im Beruf passiert (außer natürlich bei Ärzten).