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Archiv für November 28th, 2025

Zwanzig Jahre VEND-eV – Wie sich Vaterschaft verändert hat und worauf es in Zukunft ankommt

Erstellt von Hans-Georg Nelles am 28. November 2025

Als das Väterexpertennetz Deutschland (VEND-eV) 2005 gegründet wurde, war Vaterschaft noch ein Randthema. Männer galten überwiegend als Ernährer, pädagogische Fragen oder emotionale Nähe spielten in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. Zwei Jahrzehnte später zeigt sich ein tiefgreifender Wandel – in den Lebensrealitäten von Vätern, in gesellschaftlichen Erwartungen und in den fachlichen Debatten, die VEND-eV maßgeblich mitgestaltet hat.

Vom Patriarchen zum Caring Father

Ein Blick in die Vergangenheit macht die Dimension sichtbar: Die Väter der 1960er Jahre waren geprägt von strenger Rollenaufteilung und körperlicher Distanz. In den 1990ern begann ein Bruch, doch viele Männer standen zwischen tradierten Erwartungen und fehlenden strukturellen Alternativen. Erst seit den 2000er Jahren etabliert sich Schritt für Schritt ein neues Leitbild – der Caring Father, der präsenter ist, Nähe zulässt und Alltagssorge teilt.

Gleichzeitig bleibt die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit bestehen: Viele Väter wollen es „besser machen“ als ihre eigenen, stoßen aber auf Vollzeitnormen, mentale Barrieren und institutionelle Hürden.

Neue Männlichkeiten, neue Baustellen

Der Wandel der Vaterschaft vollzieht sich parallel zu grundlegenden Veränderungen der Männerrollen. Der deutliche Bildungsrückstand junger Männer, die starke Bildungsabhängigkeit von Lebenszufriedenheit und die weiterhin ungleiche Erwerbsverteilung sind nur einige Beispiele für die Herausforderungen, die sich auf Vaterschaft auswirken.

Auch Männergesundheit rückt stärker ins Blickfeld: höhere Sterblichkeit in allen Altersgruppen, eine besonders hohe Suizidrate bei Männern um die 40, große Unterschiede in der Selbstfürsorge je nach Bildung. Es wird sichtbarer, dass Väterarbeit immer auch gesundheits- und sozialpolitische Arbeit ist.

Dazu kommt eine gewachsene Vielfalt: migrantische Väter, queere Familien, junge Männer zwischen Gleichberechtigungswunsch und Rollenambivalenz. Vaterschaft ist heterogener geworden – und verlangt differenzierte Antworten.

Was VEND-eV in den vergangenen 20 Jahren bewirkt hat

Das VEND hat sich in diesen zwei Jahrzehnten zu einem der zentralen Akteure der deutschen Väterpolitik entwickelt. Das Netzwerk bringt Praktiker und Wissenschaftler zusammen, hat Fachbücher mitgestaltet, politische Impulse gesetzt und wichtige Kooperationen aufgebaut – etwa mit der evangelischen Männerarbeit oder dem Bundesforum Männer. Nicht zuletzt bietet es einen Raum für persönlichen Austausch, der viele Fachkräfte durch Höhen und Tiefen der Väterarbeit begleitet hat.

Die Aufgaben der nächsten Jahre

Trotz der Erfolge liegt vor VEND und der Väterarbeit auch in Zukunft anspruchsvolle Herausforderungen.

Strukturelle Verankerung von Vaterschaft: Noch immer werden Väter in Kitas, Schulen oder Sozialarbeit oft nicht automatisch mitgedacht. Die Profession braucht verbindliche Verankerung in Ausbildungsgängen, bessere Daten zur Lebenslage von Vätern und stärkere interdisziplinäre Kooperation.

Nachwuchs gewinnen: Die Väterarbeit altert. Ohne jüngere Fachkräfte drohen wichtige Erfahrungen verloren zu gehen. Nachwuchsgewinnung ist eine der dringlichsten Aufgaben – nicht nur für VEND, sondern für das gesamte Feld.

Diversität ernst nehmen: Zukünftige Angebote müssen kulturelle Vielfalt ebenso berücksichtigen wie neue Familienformen oder unterschiedliche Männlichkeitsbilder. Das bedeutet: migrantische Väter einbeziehen, Regenbogenfamilien fachlich begleiten und Zugänge für verschiedene Vätertypen entwickeln.

Familienrecht geschlechtergerecht gestalten: Neue Lebensmodelle – vom Wechselmodell über Patchwork bis zum Co-Parenting – machen dringende Reformbedarfe im Familienrecht sichtbar. Väter benötigen Rahmenbedingungen, die Caring Fatherhood ermöglichen, statt sie zu erschweren.

Männergesundheit integrieren: Hohe psychische Belastungen und Übersterblichkeit von Männern machen deutlich: Väterarbeit muss Gesundheitsthemen künftig stärker einbeziehen, von Prävention bis zu niedrigschwelligen Beratungsangeboten, nicht nur in Krisensituationen.

Fazit

In zwanzig Jahren hat sich die Vaterschaft in Deutschland grundlegend verändert – und das VEND hat diesen Wandel aktiv begleitet. Doch der gesellschaftliche Aufbruch hin zu einer gleichberechtigten, fürsorglichen Vaterschaft ist noch nicht abgeschlossen. Die nächsten Schritte liegen in der strukturellen Verankerung, der Diversitätsorientierung, der Nachwuchsförderung und der Verbindung von Väterarbeit mit Fragen von Männlichkeit und Gesundheit.

Das Väterexpertennetz Deutschland bleibt ein unverzichtbares Netzwerk: als Fachforum, als politischer Akteur und als Motor für die Weiterentwicklung einer Väterarbeit, die die Lebenswirklichkeiten heutiger und zukünftiger Väter abbildet.

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