‚Liebe Väter, die Elternzeit schadet eurer Karriere (langfristig) gar nicht.‘
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 15. Dezember 2022
Die Aufteilung der Betreuungsarbeit macht trotz Elterngeld lediglich langsame Fortschritte. Nur jeder zehnte Vater nimmt mehr als zwei Monate Elternzeit in Anspruch. Das zeigt eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BIB) für den Zeitraum von 2009 bis 2019.
Der Auswertung zufolge leisten Mütter immer noch den Großteil der Kinderbetreuung. »Über die ersten Lebensmonate des Kindes hinaus sind seit Einführung des Elterngeldes kaum weitere Fortschritte bei der Aufteilung der Familienarbeit zu erkennen«, sagte Mathias Huebener, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim BIB.
Ebenso unverändert ist allerdings auch die Verteilung der Erwerbsarbeitszeiten. Väter von kleinen Kindern leisten hier durchschnittlich 44 Stunden pro Woche, Mütter deutlich weniger als 20 Stunden.
Bei der am 14. Dezember veröffentlichten Studie über die Langzeitwirkungen des Elterngeldes für Väter standen folgende Fragen im Mittelpunkt:
- Wie hat sich die Nutzung des Elterngelds im Zeitverlauf geändert, und
- wie partnerschaftlich wird der Bezug aufgeteilt?
- Wie hat das die Aufteilung der Sorge- und Hausarbeit verändert? Und schließlich:
- Wie haben sich Karriereverläufe von Eltern nach der Elternzeit entwickelt?
Die Ergebnisse: Für die Beteiligung der Väter macht es
keinen Unterschied, ob sie keine oder nur eine sehr kurze Elternzeit genommen
haben. In beiden Konstellationen wenden sie durchschnittlich nur etwa
zweieinhalb Stunden für die Kinderbetreuung und knapp eine Stunde für die
Hausarbeit auf. Dieser Umfang habe sich über die Zeit nicht verändert.
Eine „weniger ungleiche“ Arbeitsteilung lässt sich bei Paaren beobachten, in
denen Väter mindestens drei Monate Elternzeit genommen haben. Zwar ist auch
hier der Zeitaufwand der Mütter größer, allerdings beteiligen sich die Väter deutlich
stärker, insbesondere bei der Kinderbetreuung.
Die Karriereverläufe wurden anhand des ‚Berufsprestiges‘ gemessen, dabei zeigte sich, dass Mütter unabhängig von der Länge der Elternzeit drei Jahre nach dem Wiedereinstieg in den Beruf Rückgänge im Berufsprestige verzeichnen im Vergleich zur Zeit vor der Geburt. Bei Vätern ist es genau umgekehrt: Sie gewannen an Berufsprestige, besonders jene mit einer längeren Elternzeit.
Und auch zu den Gründen, warum Väter überwiegend die für sie
vorgesehenen zwei Partnermonate in Anspruch nehmen, liefert der Artikel
plausible Erklärungen: Die Furcht vor dem Karriereknick wird erst an dritter
Stelle genannt.
Auf Platz eins der Hinderungsgründe stehen finanzielle Nachteile, gefolgt von
der Begründung, dass die Partnerin länger beim Kind bleiben wollte.
Der Höchstsatz beim Elterngeld liegt seit 2007 unverändert bei 1.800 €, eine
Anpassung ist bislang noch nicht vorgenommen worden.
Bereits zum Fünfjährigen hat die damalige Bundesfamilienministerin Schröder weitere
Maßnahmen angekündigt, um noch mehr Väter für die Elternzeit zu gewinnen. Es
gebe „starke Verunsicherungen“ bei beiden Elternteilen, da für Väter genauso
wie für Mütter die zeitliche Inanspruchnahme durch die Kinderbetreuung ein
„Knackpunkt“ sei. „Der Schlüssel liegt darin, die Arbeitszeiten zu verbessern
zum Beispiel eine Reduzierungsmöglichkeit auf 80 %“.
Was die zwei ‚Vätermonate‘ betrifft, haben schon bei der Einführung der Elternzeit 2006 Erfahrungen aus den skandinavischen Ländern gezeigt, dass sich die Inanspruchnahme durch Väter an die für sie ‚vorgesehene‘ Zeit annähert.
Und eine aktuelle Studie aus Schweden zeigt, dass eine Ausweitung der ‚Partnermonate‘ alleine nicht ausreicht: „Die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Inanspruchnahme der Elternzeit sind sowohl bei Adoptiveltern als auch bei leiblichen Eltern groß. Wir wissen, dass einige politische Maßnahmen sehr wirksam waren, um die Normen der Vaterschaft und Mutterschaft in Schweden zu verändern, insbesondere Maßnahmen, die darauf abzielen, die Inanspruchnahme der Elternzeit durch den Vater zu erhöhen. Unsere Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass noch mehr getan werden muss, um die Aufteilung der elterlichen Fürsorge in Richtung einer größeren Geschlechtergleichheit zu verschieben“
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