Politikerin und junge Mutter – Vereinbarkeit im Deutschen Bundestag
Erstellt von Hans-Georg Nelles am 7. Juni 2012
413 Abgeordnete im Deutschen Bundestag haben ein Kind oder mehrere, darunter 288 Väter und 125 Mütter. Die meisten Kinder, nämlich sieben, hat Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, ihr jüngstes Kind ist elf Jahre alt. Damit gehört von der Leyen einer seltenen Spezies an, denn deutsche Politikerinnen mit kleinen Kindern sind eine Rarität. Im Bundestag sitzen 27 Frauen, die 40 Jahre alt sind oder jünger, nur zehn von ihnen haben Kinder. Auch bei den unter 50-Jährigen hat nur knapp die Hälfte Kinder. Im Durchschnitt hat jede weibliche Bundestagsabgeordnete 1,22 Kinder – das ist noch weniger als der im internationalen Vergleich ohnehin schon sehr geringe deutsche Durchschnitt von 1,36 Kindern pro Frau.
Daraus leiten Isabelle Kürschner und Jasmin Siri als Ausgangslage für die von der Hans-Seidel Stiftung publizierten Studie ‚Politik mit Kind und Kegel‘ die Hypothese ab, dass es für Politikerinnen besonders schwer ist, Beruf und Familie zu vereinbaren. Auch wenn sich die Öffentlichkeit längst an Frauen im Parlament gewöhnt hat, sind sie immer noch in der Minderheit. Unter der „Minderheit‛ Frauen stellen junge Mütter mithin eine Minderheit in der Minderheit dar.
Ein Ergebnis der Studie ist, ganz gleich, welcher Partei die Mütter im Bundestag angehören, eines ist ihnen gemeinsam: Sie sollten stets als gute Vorbilder vorangehen, eine Verpflichtung, derer sie sich auch bewusst sind. Denn dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf heutzutage auch in Deutschland möglich ist, soll von Seiten der Politik kein Lippenbekenntnis bleiben, weshalb einige Interviewpartnerinnen beschrieben, dass sie in ihren Fraktionen zwar kritisch beäugt wurden, man aber dennoch froh war, dass man nun auch endlich „so eine‛ hatte; eine junge Mutter, der es offensichtlich gelingt, ihre politische Karriere fortzusetzen. Diese Erwartung führt jedoch zwangsläufig dazu, dass sich die jungen Mütter einem enormen Druck ausgesetzt fühlen. Sie müssen unter Beweis stellen, dass „frau‛ heute tatsächlich alles haben kann und werden dabei von Kollegen, Medien und der Öffentlichkeit sehr genau beobachtet.
Mich würde ja brennend interessieren, wie es den jungen Vätern im Bundestag geht und welchen Druck sie auszuhalten haben, wenn sie aktive Vaterschaft leben möchten.
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